Analyse | Jüterbogs Bürgermeister - AfD-Transfer mit Ansage

Mi 13.11.24 | 19:48 Uhr | Von Hasan Gökkaya
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Arne Raue (parteilos), Bürgermeister der Stadt Jüterbog, spricht auf dem Landesparteitag der Berliner AfD. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 13.11.2024 | Theresa Majerowitsch | Bild: dpa/Annette Riedl

Die AfD könnte mit Arne Raue den ersten hauptamtlichen Bürgermeister Brandenburgs stellen. Einen Mitgliedsantrag hat der bisher parteilose Bürgermeister von Jüterbog bereits gestellt. Überraschend ist das Manöver nicht, verrät aber einiges über die AfD. Von Hasan Gökkaya

Die AfD in Brandenburg bekommt Verstärkung und wird sich schon in wenigen Wochen mit einem neuen Titel schmücken. Er könnte lauten: "Der erste hauptamtliche Bürgermeister mit AfD-Parteibuch in Brandenburg". Möglich soll das Arne Raue machen, der parteilose Bürgermeister Jüterbogs, der dem AfD-Landeschef zufolge bereits einen Mitgliedsantrag gestellt hat. Der Rest ist schnell erzählt: Gibt es in den nächsten Wochen keinen Widerspruch, wird Raue Parteimitglied und damit der erst zweite hauptamtliche Bürgermeister dieser noch jungen Partei in Deutschland.

Wirklich überraschend dürfte der Wechsel für die rund 13.000 Einwohner der Stadt im Landkreis Teltow-Fläming nicht sein, und mit großer Wahrscheinlichkeit ist er das nicht einmal für die AfD selbst. Zu deutlich waren dafür zuletzt Raues öffentliche Auftritte, zu auffällig das Geschacher zwischen der AfD und dem seit 2011 amtierenden Bürgermeister kurz vor der Landtagswahl im September.

Seit 13 Jahren Bürgermeister von Jüterbog

Der 54-Jährige kann einen lockeren Redestil auffahren, wenn er auf der Bühne steht. Raues Worte bedürfen keiner großen Analyse, um zu verstehen, wie unzufrieden der Bürgermeister ist. Mit der Regierung in Brandenburg. Mit der Regierung in Deutschland. Und die Menschen seien es auch.

Als "Hauptverwaltungsbeamter" seiner Stadt bekomme er das mit, vor allem beim Thema Geld, sagte Raue in einem rbb-Interview im Mai dieses Jahres. "Die Steuerlast, gepaart mit den vielen Vorschriften", das mache die Menschen unglücklich. Seine Rechnung: "17 bis 18 Millionen" Menschen in Deutschland würden "den Laden mit 83 Millionen plus x am Laufen halten". Kritik übte Raue in dem Interview an der AfD nicht, im Gegenteil: Auf Nachfrage gab er an, dass über das, was die AfD vor Ort mache, er sich "tatsächlich nicht beschweren" könne. Von einem Schulterschluss mit der Partei wollte er aber damals nichts wissen.

Raue ist seit 13 Jahren Bürgermeister der Stadt Jüterbog. Der Bürgermeister ist bei weitem nicht der einzige parteiunabhängige Kommunalpolitiker im Land, gerade in den letzten Monaten zeichnete sich aber zunehmend ab, wie sehr er die politischen Ideen der AfD teilt.

AfD-Listenparteitag: "Die Halle habe ich in dieser Qualität nicht gesehen"

Da war etwa die Rede in Herzberg (Elbe-Elster) im März, eingeladen hatten die "Freunde der Demokratie Elbe-Elster", als Raue gleich einmal die Ukraine-Politik der Bundesregierung kritisierte. Was da seit 2014 wirklich passiere, könne er von hier nicht mitbekommen. Was er aber mit Blick auf Putin sagte: "Die Nato und die EU provozieren den Bären, wo sie nur können."

Zu Beginn der Rede stellte Raue klar, alles was er sage, sei seine "private Meinung", er stehe hier nicht als Bürgermeister Jüterbogs. Seine Grußworte richtete er dann auch "an den Verfassungsschutz", der sich ja ins Publikum gemischt haben könnte. "Ich unterstelle mal dem einen oder anderen, dass er hier noch einen Sonntagsdienst machen muss. Verstehe ich aber nicht, bei der ganzen Technik, die es heute gibt."

Einen Monat später wurde der Listenparteitag der AfD im April in der städtischen Wiesenhalle Jüterbogs ausgetragen. Dort trat ein gut gelaunter Raue an, sprach als Bürgermeister das Grußwort. "Die Halle habe ich in dieser Qualität nicht gesehen. Das ist eine sehr hohe Qualität", sagte er vor Mitgliedern der Partei, die in Brandenburg als Verdachtsfall einer rechtsextremen Bestrebung unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes geführt wird. Raue sagte dem rbb später, dass er das Grußwort auch für jede andere demokratisch legitimierte Partei in der städtischen Halle tun würde - mit Ausnahme der Grünen.

Absprache zur Landtagswahl - doch Raue scheitert

Den AfD-Fraktionsvorsitzenden Hans-Christoph Berndt bezeichnete Raue im Mai als "integer". Berndt vertrat die AfD als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl. Auf Wahlkampfveranstaltungen machte er Stimmung gegen Flüchtlinge und Migranten, sprach öffentlich etwa von "hergelaufenen Arabern", brachte oft den Begriff "Gruppenvergewaltigungen" in Verbindung mit dem Thema Migration, kündigte aber auch an, die "kranke Ideologie des Regenbogens" von Schulen entfernen zu wollen.

Besonders auffällig war jedoch, dass die AfD zur Landtagswahl im Wahlkreis von Raue keinen Kandidaten aufstellte - Raue hingegen als Direktkandidat antrat. Das Mandat ging letztlich an SPD-Mann Stohn. Der Kandidatenverzicht der AfD verwunderte, war die Partei bei den Wahlen zum Kreistag und zum Europarlament im Juni in Teltow-Fläming II doch stärkste Partei geworden. Gab es eine Absprache zwischen Raue und der AfD? Raue selbst bestätigte dies nie. Im rbb-Interview konterte er: "Glauben Sie ernsthaft, dass sich die AfD von mir vorschreiben lässt, wo sie antritt?"

Der AfD-Kreisvorsitzende, der Landtagsabgeordnete Daniel Freiherr von Lützow, bestätigte hingegen dem rbb, dass es eine Absprache gegeben habe. In der Summe wirkte es wie ein Postengeschacher, wie ein Manöver, wofür die AfD die "Altparteien" doch so oft kritisierte.

Jüterbogs Bürgermeister will auf AfD-Ticket in den Bundestag

Und jetzt? Der Deutschen Presse-Agentur sagte Raue: "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mit Inhalten der AfD übereinstimme." Mit einem großen Aufschrei in seiner Stadt rechne er nicht. "Ich bin dieses Brandmauer-Geschwafel leid."

Offenbar treibt es Raue nicht nur zu einem Parteibuch, sondern auch raus aus Jüterbog - auf einem AfD-Ticket. Nach Berlin in den Bundestag? Ob er dies vorhabe, fragte der rbb. Raue antwortet: "Angesichts der galoppierenden Ereignisse ist das ein Gedanke, den ich in Erwägung ziehe. Dazu bedarf es aber parteiinterner Entscheidungen, denen ich nicht vorgreife. Vorstellbar wäre es."

Mit Informationen von rbb24Recherche/Olaf Sundermeyer

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 13.11.2024, 19:30 Uhr

 

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Beitrag von Hasan Gökkaya

65 Kommentare

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  1. 64.

    wollten das ganze Gesellschaftssystem ändern und die Bedarfsorientierte Wirtschaft beenden. In dem von Grün angestrebten System die fdGO nicht mehr anwenden. Was hat dieses Bestreben mit Herrn Raue zu tun ?

  2. 63.

    Rechtsextremismus steht der Verfassung feindlich gegenüber. Die Verfassung ist unser aller Schutz, siehe Grundgesetz.
    Ich erkläre es Ihnen gern mehrmals, wenn Sie die Gefahr nicht einschätzen können. Ich bin für ein Verbot der AfD, es wird Zeit.

  3. 62.

    In Jüterbog scheint ein AfD Bürgermeister, nicht weiter zu stören ???
    Ist halt ,,der nette Herr, vom Amt,,.
    Und immer schön grüßen, wenn man dort in's Rathaus geht - man weiß dort ja nie, wer bei der AfD ist oder deren Gedankengut vertritt !

  4. 61.

    wirklich daran erinnern wer die Verfassung in mehreren Fällen aushebeln wollte und durch das Verfassungsgericht gestoppt werden musste.

  5. 59.

    Sie sich, ich verurteile weder die Einen noch die Anderen. Wenn Herr Raue bisher so gute Arbeit geleistet hat, dass er 13 Jahre lang im Amt bleiben konnte, ändert auch eine neuerliche Parteizugehörigkeit nichts an seiner Arbeitsweise.

  6. 58.

    Hier wieder ein gutes Beispiel für die Strategie der Rechten. Rhetorik der Verharmlosung. Der nette „rechte“ Bürgermeister, der gegen Homosexuelle und Ausländer hetzt.
    Und da gibt es tatsächlich Menschen, die das übersehen und so tun, als wäre das dann auch noch ein „guter“ Bürgermeister.

  7. 57.

    Stimmt, aber Rechtsextreme sind nun einmal jene, die die Demokratie abbauen wollen, sogenannte Verfassungsfeinde, wie alle Extremisten.

    Da müsste eigentlich die ganze Bundesrepublik aufschreien, wenn Rechtsextreme die demokratischen Strukturen unterwandern. Beschäftigen Sie sich mal mit parlamentarischer Demokratie. Das Wissen fehlt den Ossis.

  8. 56.

    "Ich versuche allerdings immer beide Seiten zu sehen, was von einigen Foristen, die dem linken Spektrum nahestehen nicht zu erwarten ist."

    Das ist Ihre Meinung dazu und ich denke, manche Menschen aus dem eher linken Spektrum würden vielleicht etwas ähnliches schreiben, nur dass vor dem 'linken' ein 'rechten' stehen würde? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Nur bringen solche Aussagen keinen weiter, außer dass es ein gutes Beispiel dafür ist, wie Schubladendenken funktioniert und das Toleranz ohne Vorurteile nun mal anders aussieht.

  9. 55.

    Sie reden von Feinden, da muss ich hinzufügen, es gibt nur Verfassungsfeinde. Zu denen zählen Extremisten.
    Demokraten stehen vor der fdGO. Demokraten stehen sich nicht als Feinde gegenüber. Diese Rhetorik der Feinde ist wahrscheinlich in der rechtsextremen Szene geläufig.

    Wo vermuten Sie Rechtsextreme, vor der fdGO oder muss diese geschützt werden, vor ihnen?

  10. 54.

    Einträge weiter zurück und erkennen Sie den Zudammenhang.

  11. 53.

    Rau ist in der SPD?
    Ein Menschenfreund?

    Was erzählen Sie denn hier. Er äußert rassistische und homophobe Aussagen. Wer findet denn Bürgermeister gut, die gegen Bürger hetzen?
    Da muss man schon recht unbedarft sein, um das nicht zu hinterfragen.

  12. 51.

    ...dann Rechtsextremismus. Dass die AFD rechtsextrem ist, hat ja nichts mit Schubladendenken zu tun. Den Rechtsextremismus der AFD immer noch zu leugnen, ist mittlerweile doch ziemlich albern. Was finden Sie denn so gut an Ihrer rechtsextremen Partei?

  13. 50.

    Teile der SPD als sehr extrem, die CDU ist mittlerweile ein ganzes Stückchen links der Mitte.
    Ich versuche allerdings immer beide Seiten zu sehen, was von einigen Foristen, die dem linken Spektrum nahestehen nicht zu erwarten ist.

  14. 49.

    Vollkommen falsch, das wissen Sie auch. Wer gegen Minderheiten hetzt, ist kein guter Bürgermeister. Wie kommen Sie denn darauf, dass das gut ist, was er da macht? Finden Sie Hetze gegen andere Menschen denn richtig? Lesen Sie sich mal das GG durch.

  15. 48.

    ich bin auch Mitglied und würde es eher als Beleidigung ansehen wenn man mich als rechts-extrem bezeichnet. Es ist eine normale Partei, die eben etwas verändern möchte. Dieses Schubladendenken, in Rechts und Links ist nicht mehr zeitgemäß.

  16. 47.

    ...ist die AFD rechtsextrem. Schön, dass Sie darauf hinweisen. Preisfrage: Warum wohl tritt jemand in eine rechtsextreme Partei ein?

  17. 46.

    ...sind immer alle anderen linksextrem, ja sogar die CDU/CSU. Ja nee, is klar, wer keinen moralischen Kompass hat...
    Ich könnte jetzt Sachargumente anführen, aber Sie würden das vermutlich als Einladung interpretieren, sämtliche demokratische Institutionen zu diffamieren. Weil Verfassungsschutz, Justiz, Medien - die lügen bestimmt alle...

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