Vorbereitung Bundestagswahl 2025 - "Schweißperlen auf der Stirn": Neuwahlen belasten Berliner Bürgerämter

Mo 18.11.24 | 17:46 Uhr
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assadArchivbild: Der Schriftzug Bürgeramt ist an der Fe vom Bürgeramt Lichtenberg beim Bezirksamt Lichtenberg zu sehen am 28.06.2024. (Quelle: picture alliance/dpa/Jens Kalaene)
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Die Berliner Bezirksämter sollten inzwischen geübt sein, was die Durchführung von Wahlen angeht. Die Neuwahlen im Februar haben aber eine besondere Herausforderung: eine ungewöhnlich kurze Vorbereitungszeit. Welche Auswirkungen hat das auf die Bürgerämter?

Nur etwas mehr als drei Monate bleiben noch, dann muss alles sitzen: Stimmzettel müssen bereit liegen, knapp 30.000 Wahlhelfende in Schulen und Sporthallen Wahlurnen bewachen und Kreuze zählen. Die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar stellt die Bezirksämter vor eine logistische Herausforderung. Einzelne Bürgerämter sollen deshalb tausende Termine streichen und vorübergehend ihre Türen schließen, wie der Tagesspiegel vergangene Woche berichtete.

Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg steht eine Schließung bereits fest: Das Bürgeramt in der Frankfurter Allee schließt zur Vorbereitung der Bundestagswahl für etwa vier bis sechs Wochen, bestätigt ein Sprecher des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg auf Anfrage von rbb|24. Auch in Spandau rechnet man damit, dass eines der drei Bürgerämnter vorübergehend schließen muss, sagt Bezirksstadtrat Gregor Kempert (SPD). Weitere Schließungen von Bürgerämtern scheinen allerdings - zumindest drei Monate vor der Wahl - nicht geplant zu sein, wie aus Anfragen von rbb|24 bei den zwölf Berliner Bezirksämtern hervorgeht.

Überstunden und Urlaubssperren für Mitarbeitende

Für eine Bundestagswahl planen Bezirksämter normalerweise mit bis zu zwölf Monaten Vorbereitungszeit, heißt es aus dem Bezirksamt Reinickendorf. Dort hatte man schon mit den Vorbereitungen für den ursprünglichen Wahltermin im September begonnen. Räumlichkeiten für Wahllokale finden, freiwillige Wahlhelfende für den Wahltag organisieren, die Logistik hinter einer Wahl benötige Zeit. In diesem Jahr müssen die Bezirksämter es in nur etwas mehr als drei Monaten schaffen.

Mit einem normalen, achtstündigen Arbeitstag, sei dieser Aufwand kaum stemmbar, sagt Tim Richter (CDU), Bezirksstadtrat in Steglitz-Zehlendorf. “Wir haben Schweißperlen auf der Stirn, aber es stellt uns nicht vor unlösbare Aufgaben”, sagt Richter in einem Gespräch mit rbb|24. Im Bezirksamt Treptow-Köpenick ist von einem "absoluten Ausnahmezustand" die Rede, der nur mit großer Motivation der Mitarbeitenden möglich sei. Aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes gilt eine Anordnung von Überstunden, sowie eine Urlaubssperre für die Mitarbeitenden, auch über Weihnachten und Silvester, heißt es von einer Sprecherin aus dem Bezirksamt Treptow-Köpenick.

Tausende Termine gestrichen

Die genauen Konsequenzen dieser kürzeren Vorbereitungszeit auf Termine und angebotene Dienstleistungen sind für viele Bürgerämter noch nicht absehbar, mit Schließungen von Bürgerämtern rechnen die meisten Bezirksämtern derzeit noch nicht. Sebastian Christ, Sprecher der Senatskanzlei, schließt eine Schließung weiterer Bürgeramtsstandorte zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus.

Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin im Bürgeramt beträgt laut Christ derzeit 33 Tage. Fast alle Bezirksämter, die sich auf die Anfrage von rbb|24 geäußert haben, rechnen in den nächsten Monaten mit längeren Wartezeiten. In Friedrichshain-Kreuzberg werden insgesamt etwa 5.000 Termine gestrichen. Für dringende Anliegen sollen aber auch in Friedrichshain-Kreuzberg kurzfristig Termine zur Verfügung stehen, zum Beispiel beim Verlust einen Ausweisdokuments.

Dass einzelne Bürgerämter übergangsweise schließen oder ihre Dienste einschränken, passiert nicht zum ersten Mal. Auch bei der Wiederholungswahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksversammlungen vor zwei Jahren wurden Bürgerämter vorübergehend geschlossen, beispielsweise in Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf-Ost.

Herausforderung Briefwahl

Der stellvertretende Kreis- und Bezirkswahlleiter in Reinickendorf, Hauke Haverkamp, sieht eine weitere Herausforderung: Ein hohes Briefwahlaufkommen, auch durch befürchtete Glätte. Bei der EU-Wahl seien fast 50.000 Briefwahlaträge eingegangen, sechs Wochen hatte das Bezirkswahlamt zur Bearbeitung. Eine ähnliche, oder gar höhere Menge in nur zwei oder drei Wochen zu bearbeiten, stelle eine "enorme Herausforderung" dar. Deshalb rät der stellvertretende Kreis- und Bezirkswahlleiter, direkt am Wahltag zu wählen oder die Briefwahl direkt im Bezirkswahlamt durchzuführen.

Zusätzliche Mitarbeitende eingestellt

Bislang gab es in den Berliner Bezirken jeweils eine offizielle Leitung des Wahlamts. Alle anderen Mitarbeitenden wurden in der Vergangenheit temporär für die Vorbereitung der Wahl eingestellt. Viele Aufgaben wurden übergangsweise von Verwaltungsmitarbeitenden aus anderen Fachbereichen übernommen. Außerdem wurden externe Zeitkräfte eingestellt, in Steglitz-Zehlendorf knapp 50 Mitarbeitende.

Zwar gibt es auch in diesem Jahr temporäre Unterstützung durch Mitarbeitende aus anderen Bereichen und befristete Zeitkräfte, eines aber ist anders, sagt Sebastian Christ. Aus Mitteln der Staatskanzlei wurden in diesem Jahr pro Bezirk drei zusätzliche Stellen geschaffen, um ständige Wahlämter einrichten zu können. Die Neuwahlen im Februar sind die ersten Wahlen seit Einführung dieser Stellen. Für Gregor Kempert im Bezirksamt in Spandau ist diese Entwicklung trotz Zeitdruck deutlich spürbar.

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16 Kommentare

  1. 16.

    Das bezweifle ich doch sehr, auch Wahlhelfer bekommen Schulungen und sind mit den grundsätzlichsten Abläufen vertraut.

  2. 15.

    "Wir haben Schweißperlen auf der Stirn" - Angstschweiß?
    Es heisst ja, Angst überwindet man besser, wenn man sich ihr stellt - also ran an die Arbeit. Die beisst nicht.

  3. 14.

    Falsch, der Job sind normale Verwaltungsarbeiten, Anmeldung, Ausweis etc. Die Wahl ist keine reguläre Verwaltungsaufgabe, sieht man ja auch daran, dass jedesmal Personal von den Bürgerämtern extra dafür freigestellt werden muss, mit Folgen fur den normalen Ablauf siehe Termine.

  4. 13.

    Falls sie es noch nicht bemerkt haben, aber man bekommt erst die Wahlbenachrichtigung, dann kann man Briefwahl beantragen. D.h. es ist ein zusätzlicher 2. Arbeitsschritt nötig, bedeutet natürlich Mehrarbeit. Je mehr Leute also Briefwahl machen, umso größer der Mehraufwand.

  5. 12.

    Wenn Sie seit Jahren als Wahlhelferin ehrenamtlich tätig sind und beobachten können, dann wissen Sie wo das das Problem liegt.

  6. 10.

    Was soll dann sein ? Dann gehen 60% nicht wählen und meckern nachher, weil keine sie gehört hat. Es zählt nur die Stimme .

  7. 5.

    Schwitzende Beamte. Das möchte ich sehen. Immer wieder überfordert.

  8. 4.

    Ich verstehe das Umhergejammer nicht, daß ist ihr Job wofür die Mitarbeiter am Monatende ihr Geld bekommen und nicht für Anwesenheit.

  9. 3.

    Ich verstehe es nicht ....
    Wo ist das Problem?
    Etwas überspitzt: Werden die Adressen für die Briefwahl per Hand geschrieben?

  10. 2.

    Was ist wenn es am 22. Februar stark schneit und der Wahlbeteiligung nur etwa 40% beträgt?

  11. 1.

    Jede Wette - die werden Weihnachten/Neujahr plötzlich alle krank.

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