Analyse | BrandenburgTrend - Heißer Sommer für Brandenburgs Parteien

Do 11.07.24 | 18:00 Uhr | Von Thomas Bittner
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Archivbild: Die Kuppel über dem Plenarsaal leuchtet in der Sonne bei der Abschlusssitzung des Landtages. (Quelle: dpa/Settnik)
Audio: rbb24 Inforadio | 11.07.2024 | Birgit Raddatz | Bild: dpa/Settnik

Im letzten BrandenburgTrend vor den Sommerferien setzen sich Bewegungen in der politischen Stimmung fort: Die AfD verliert, bleibt aber stärkste Kraft. Auch bei SPD, Grünen und Linken geht es abwärts. Eine Partei ist klare Gewinnerin. Eine Analyse von Thomas Bittner

  • Bündnis Sahra Wagenknecht nur drei Prozentpunkte hinter SPD und CDU
  • Befragte sehen SPD bei Kompetenz für soziale Gerechtigkeit und Bildung vorn, CDU bei Wirtschaft, AfD bei Flüchtlingspolitik, Grüne in der Klimapolitik
  • Außer Woidke sind Spitzenkandidatinnen und -kandidaten wenig bekannt

Nur noch zweieinhalb Monate Zeit haben Brandenburgs Parteien bis zur Landtagswahl. In der nächsten Woche beginnen die Ferien. Die mediale Aufmerksamkeit wechselt bald vom Fußball zu den Olympischen Spielen. Und wenn die Brandenburgerinnen und Brandenburger aus dem Urlaub kommen, geht es Schlag auf Schlag. Erst wird in Sachsen und Thüringen gewählt, gleich danach kommt der heiße kurze Wahlkampfsprint. Umso entscheidender ist es, mit welchen Zustimmungswerten die potenziellen Wählerinnen und Wähler die politischen Akteure in den Sommer schicken.

Dabei kommt ausgerechnet eine Parteineugründung am besten aus dem Startblock. Seit dem letzten BrandenburgTrend im April macht das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit einem Gewinn von sechs Punkten den größten Sprung. Mit 16 Prozent liegt BSW nur noch drei Punkte hinter den beiden bisherigen Regierungsparteien, die nach dem September den Ministerpräsidenten stellen wollen.

Dass CDU-Chef Redmann und SPD-Ministerpräsident Woidke in einem Kopf-an Kopf-Rennen das Finale für sich entscheiden, ist längst nicht ausgemacht. Zwar ist Landesparteichef Robert Crumbach ein weitgehend Unbekannter, acht von zehn Brandenburgern können mit seinem Namen nichts anfangen. Aber das Bündnis hat ja bereits ein bekanntes Gesicht, auch wenn die Namensgeberin in Brandenburg nicht zur Wahl steht.

Absturz der Linken und Aufstieg von BSW

Viele verbinden die neue Partei mit einer Hoffnung. 15 Prozent der Befragten trauen der Wagenknecht-Partei die größte Kompetenz in Sachen sozialer Gerechtigkeit zu. Das ist besonders tragisch für die Linkspartei, die bei diesem Thema zur Landtagswahl vor fünf Jahren noch ein Viertel der Befragten für sich gewinnen konnte und jetzt bei mageren vier Prozent liegt. Der Absturz der Linken und der Höhenflug des neuen Bündnisses stehen offensichtlich in einem Zusammenhang.

Nach über 30 Jahren parlamentarischer Arbeit, davon zehn in Regierungsverantwortung, droht die Linke ganz aus dem Landtag zu fliegen. Egal ob Schule, Wirtschaft, Umwelt oder Flüchtlingspolitik – überall sammelt das BSW höhere Sympathiepunkte als die Linke ein. Das Vertrauen in die Lösungskompetenz der Linken liegt am Boden. Noch nie ist ein tieferer Wert bei der Sonntagsfrage für die Partei gemessen worden, mit vier Prozent steht die Partei am Abgrund.

In fünf Jahren hat sich viel verändert. 2019 vor der letzten Landtagswahl standen die Themen Umwelt und Klima ganz oben auf der Agenda. Den Grünen war es gelungen, dass fast jeder zweite Brandenburger die Kompetenz für Klima- und Umweltpolitik bei den Grünen sah. Aus den 47 Prozent von damals sind jetzt 19 Prozent geworden, die der Partei die größte Öko-Kompetenz zuschreiben. Die Grünen stehen damit immer noch vor den anderen Parteien in diesem Kompetenzfeld, mit diesem Alleinstellungsmerkmal können die Grünen auf einen knappen Wiedereinzug ins Parlament hoffen.

SPD setzt auf Woidke-Erfolg im Endspurt

Die SPD leidet unter dem schlechten Ruf der Berliner Ampel-Regierung. Nur 19 Prozent der Deutschen sind mit der derzeitigen Bundesregierung zufrieden. Das wird ein Hürdenrennen für die märkischen Sozialdemokraten. Die Popularität des Ministerpräsidenten und das halbwegs stabile Vertrauen in die Lösungskompetenzen der Brandenburger SPD kann den Absturz mildern. Trotzdem: Unter dem Umfragebalken der SPD steht ein Minus. Nur im Juni 2019 stand die SPD im BrandenburgTrend schlechter da, bei 18 Prozent. Dass es damals doch gelungen ist, am Ende als Sieger über die Ziellinie zu kommen, nährt die Hoffnung der Genossen auf eine Wiederholung des Endspurts.

Doch anders als 2019 hat sich die AfD in Brandenburg inzwischen ziemlich fest vor den Mitbewerbern etabliert. Sie lag bei der Europawahl und in den Kommunalwahlen vorn und führt seit über einem Jahr auch in allen Umfragen des BrandenburgTrends. In allen abgefragten Kompetenzfeldern macht sie Plus, beim Thema Asyl- und Flüchtlingspolitik trauen ihr die Brandenburger mehr zu als allen anderen Parteien. Und heute stehen Zuwanderung und Flucht mehr im Fokus.

Für die AfD können die neuen Zahlen dennoch kein Anlass für Siegesgewissheit sein, der Abstand zu den Zweitplatzierten schmilzt. Die neue Konkurrenz im Parteienspektrum, die eigenen Europawahl-Kapriolen und der Widerstand gegen die rechtsextremen Auffälligkeiten der AfD haben Spuren hinterlassen. Und: Dass sich unter den politischen Konkurrenten eine Kraft findet, die der AfD zum Einzug ins Büro des Ministerpräsidenten verhilft, ist nicht zu erwarten.

CDU bei Wirtschaftskompetenz vorn

Umso interessanter ist der Blick auf Platz zwei. Das Patt zwischen Sozial- und Christdemokraten lenkt die Aufmerksamkeit auf Dietmar Woidke und Jan Redmann. Wer kann am Ende besser punkten? Die SPD verweist im Wahljahr stets auf die wirtschaftlichen Erfolge in Brandenburg, auf Wirtschaftswachstum, Ansiedlungen und neue Arbeitsplätze. Und dennoch trauen es mehr Menschen der CDU zu, die Wirtschaft im Land voranzubringen. Der CDU hilft auch der Rückenwind aus der Oppositionsrolle im Bundestag gegen die ungeliebte Ampel. Dass aber Jan Redmann als Brandenburgs Herausforderer immer noch nicht viel bekannter als vor einem Jahr ist, bleibt ein Malus.

Nur 16 Prozent sind mit seiner politischen Arbeit zufrieden, genauso viele unzufrieden, nur 32 Prozent kennen ihn. Dietmar Woidke, Landeschef und Landesvater, kennen neun von zehn Brandenburgern. Und 55 Prozent sind mit ihm zufrieden. Im Ländervergleich steht Woidke besser da als seine Kollegen Michael Kretschmer (CDU) in Sachsen oder Bodo Ramelow (Linke), die in jüngsten Umfragen bei 53 bzw. 52 Prozent Zufriedenheit lagen.

Was inzwischen Brandenburg mit Sachsen und Thüringen verbindet, ist der bange Blick auf den Tag nach der Wahl. Wie soll in einem möglicherweise Fünf-Fraktionen-Parlament ohne Linke, Freie Wähler oder FDP unter Ausschluss der AfD eine Koalition gebildet werden? Muss das BSW in die engere Wahl für ein Regierungsbündnis genommen werden? Oder wird es eine Neuauflage von Kenia geben müssen? Die Brandenburgerinnen und Brandenburger haben mit dem jüngsten BrandenburgTrend die nächsten Vorwahlwochen zum heißen Sommer gemacht.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 11.07.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Thomas Bittner

14 Kommentare

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  1. 14.

    Na Schnabeltier,ein Fünfer Bündnis.Darauf haben aber alle gewartet.Die Vorstellung schon macht Übelkeit und schlechte Laune.

  2. 13.

    Was erwarten Sie? Es geht um die Sicherung der Pfründe und dafür geht man gerne mal, ohne moralischen Anspruch, mit anderen ins Bett.
    Die CDU buhlt um die Grünen, die SPD um alle, BSW schmeißt sich an jeden ran.
    Nur, ändert es etwas an der Politik? Werden BSW und Grüne nur zum Steigbügelhalter von Parteien, die schon seit Jahrzehnten die BRD abwirtschaften?

  3. 12.

    Wie kann man nur in Erwägung ziehen mit BSW eine Regierung aufbauen zu wollen. Wer ihre Argumente gestern im TV gesehen hat, strengste Putinversteherin. Null Empathie für die Ukraine. Faktenverdreherin. Herr Woidke , sie waren mir bis jetzt sympathisch, aber gehen sie nicht den falschen Schritt.

  4. 10.

    Wie in Frankreich? Mit der LFI und dessen Führer Mélenchon?
    Der LFI-Chef zählt außerdem zu den wichtigsten Vertretern des Islamo-Gauchisme, also der taktischen Allianz aus Linksextremen und Islamisten, die beide im bürgerlichen Westen den Hauptfeind sehen. Als sich die britische Labour-Partei 2019 mehrheitlich gegen ihren offen antisemitischen Chef Jeremy Corbyn stellte, verteidigte ihn Mélenchon ausdrücklich, und warf ihm lediglich vor, dass er sich für bestimmte Äußerungen entschuldigt habe. Nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 versagte der LFI-Führer Israel jede Solidarität. Die LFI, erklärte er damals, nehme an einer Kundgebung zum Gedenken an die Opfer nicht teil. Er weigert sich außerdem, die Hamas als Terrororganisation zu bezeichnen. Das sind Ihre Brüder?

  5. 9.

    Schade, dass die Partei für schulmedizinische Verjüngunsforschung in Brandenburg nicht antritt.

    Das wär der Stimmungsfang und breiter Koalitionspartner, denn jede Partei will ja überleben.
    Für mich stimmfähig. Basta!

  6. 8.

    Schade, dass die Partei für schulmedizinische Verjüngunsforschung in Brandenburg nicht antritt.

    Das wär der Stimmungsfang und breiter Koalitionspartner, denn jede Partei will ja überleben.
    Für mich stimmfähig. Basta!

  7. 7.

    Ach komm, das ist doch Krümelkackerei. Blick nach vorne und eine neues Bündnis wagen, wie unsere französischen Brüder!
    d'accord?

  8. 6.

    Die SPD bei der Bildung vorne? Das aktuelle Bildungsranking und PISA sagen das Gegenteil über die regierenden SPD aus. Seit 34 Jahren!

  9. 5.

    "15 Prozent der Befragten trauen der Wagenknecht-Partei die größte Kompetenz in Sachen sozialer Gerechtigkeit zu."

    Nicht gerade viel. Und stellt sich die Frage, warum der Wagenknecht-Partei bzw. mehr als Die Linke.. Anderseits, ist ja auch nur ein Randthema

  10. 4.

    Netter Versuch. Rechtsextreme können einfach keine Satire.

    "Dann doch lieber putintreue Parteien wählen? Stalinistin und Rechtsradikale an de Spitze?" SO geht Satire oder bitterböser Sarkasmus.

    Warum wählt "der Osten" solche Leute, was ist da schiefgelaufen?

  11. 3.

    Nein, ich sehe es ganz anders. Ich freu mich auf das neue Bündnis von SPD, BSW, Linke, Grüne und FW. Dieser Schritt war überfällig und ist die Konsequenz aus der destruktiven Kampagne der AfD, mit dem Ziel der Zerstörung und Desinformation. Es gibt uns Zuversicht, daß die Unvernunft und Aggression bald der Vergangenheit angehört!

  12. 2.

    Dann doch lieber putintreue Parteien wählen? Stalinistin und Rechtsradikale an de Spitze?
    Sollte die CDU mit einer der beiden Parteien koalieren, wäre es ein Offenbarungseid, der aus reiner Machtgier jegliche Brandmauern abreißen und die wirtschaftliche Zukunft des Landes massiv gefährden
    würde.

  13. 1.

    In Brandenburg geht es erst Aufwärts wenn Rot und Grün in die Wüste geschick werden. Woidke und Co haben es zu nichts gebracht. SCHULDEN und Persektlosikkeit sind in BRB zuhause.