Interview | Luca Netz vor Rückkehr nach Berlin - "Hertha entwickelt in der Akademie extrem gute Spieler"
Elf Jahre spielte Luca Netz in der Jugendabteilung von Hertha BSC. 2021 entschied er sich für einen Wechsel nach Gladbach. An die Zeit in der Akademie erinnert er sich vor dem Duell der Klubs trotzdem gerne zurück - und lobt Herthas neues Führungs-Duo.
rbb|24: Luca Netz, Ihre Mannschaft hat in diesem Jahr aus vier Pflichtspielen vier Punkte geholt. Wie schätzen Sie die Form Ihres Teams seit dem Bundesliga-Wiederbeginn ein?
Luca Netz: Aus den ersten Spielen wollten wir natürlich so viele Punkte wie möglich mitnehmen, und natürlich sind wir nicht zufrieden, wenn wir 0:1 in Augsburg verlieren oder daheim 0:0 gegen Schalke spielen. Dazwischen gab es aber auch einen überzeugenden Auswärtssieg in Hoffenheim. Klar gibt es in dem einen oder anderen Bereich noch Verbesserungspotenzial, aber insgesamt sehe ich uns auf einem guten Weg.
Sie kommen in dieser Saison bislang auf acht Einsätze, auf Ihrer Position ist Ramy Bensebaini der Stammspieler. Im Winter gab es Gerüchte, Sie könnten verliehen werden. Wie schätzen Sie Ihre Rolle im Klub ein?
Ich weiß, dass Borussia mit mir plant. Das wurde mir so auch gesagt. In Ramy haben wir einen weiteren Top-Spieler auf meiner Position in unserem Kader und daher heißt es für mich geduldig zu sein. Trotzdem will ich natürlich mehr Spielzeit. Ich werde meine Gelegenheiten nutzen. Im Winter habe ich einige Gespräche mit den Verantwortlichen geführt, eine Leihe stand im Raum, es gab attraktive Angebote. Von Gladbacher Seite wurde aber klar kommuniziert, dass sie mich nicht abgeben wollen.
Sie haben Hertha BSC im Sommer 2021 verlassen. Wie haben Sie sich seitdem in Gladbach entwickelt?
Ich glaube, dass ich mich in vielerlei Hinsicht verbessert habe. Insbesondere in der ersten Saison, als ich viele Spielanteile hatte. Ich hatte die Möglichkeit, mich Woche für Woche auf höchstem Niveau zu messen. Es ist schon ein großer Unterschied im Vergleich zum Jugendfußball. Es kommen viel mehr Details zum Vorschein. Es wird zum Beispiel viel mehr auf das Stellungsspiel geachtet. Dribbeln kann man hingegen auf diesem Niveau nicht mehr so leicht, weil die Verteidiger jetzt viel abgezockter sind. (lacht)
Am Sonntag sind Sie mit Gladbach zu Gast bei Ihrem alten Verein Hertha BSC. Wie schätzen Sie die Ausgangslage vor der Partie ein?
Wenn man auf die Tabelle schaut, stehen wir sicherlich als Favorit da. Hertha hatte nicht den besten Start. Nichtsdestotrotz hat Hertha eine sehr gute Mannschaft und eine hohe individuelle Qualität. Der aktuelle Tabellenplatz spiegelt nicht ihre Möglichkeiten wider. Es wird demnach ein hartes Spiel: Hertha wird fighten, alles geben, um die Punkte zu behalten und die Fans werden da sein. Es könnte für uns ein ähnliches Spiel werden wie gegen Schalke (0:0, Anm. d. Red.) - sehr intensiv und kämpferisch. Aber wir wollen als Sieger vom Platz gehen.
Welche Bedeutung hat das Spiel für Sie? Sie haben immerhin lange in Herthas Jugend gespielt.
Natürlich ist es kein normales Spiel, man freut sich, die bekannten Gesichter wiederzusehen. Man geht es aber an wie jedes andere auch.
Welche Verbindungen haben Sie noch nach Berlin? Hatten Sie vor dem Spiel schon Kontakt zu Freunden oder alten Mannschaftskollegen?
Unmittelbar vor dem Spiel schreiben wir nicht. Mit Marton Dardai, mit dem ich auch in der Jugend und bei der Nationalmannschaft zusammengespielt habe, habe ich aber schon noch ab und zu Kontakt. Die meisten Spieler von damals, wie zum Beispiel Jordan Torunarigha (mittlerweile KAA Gent, Anm. d. Red), mit dem ich viel Kontakt hatte, spielen aber inzwischen nicht mehr bei Hertha.
Sie haben die Hertha-Akademie insgesamt elf Jahre lang durchlaufen. Wie bewerten Sie die Nachwuchsabteilung?
Ich habe dort eine super Ausbildung genossen. Es hat sich dort auch stetig verbessert. Es wurde viel in das Nachwuchsleistungszentrum investiert, um perfekte Bedingungen zu schaffen. Sie entwickeln extrem gute Spieler. Auch in diesem Jahr sind bei Hertha im Kader wieder viele gute Talente dabei. Wenn man zurückblickt, fällt mir zum Beispiel Lazar Samardžić ein, der ebenfalls dort ausgebildet und ein Top-Spieler ist. Sie machen in dem Bereich wirklich einen guten Job.
Trotzdem haben Sie sich vor anderthalb Jahren dafür entschieden, Berlin zu verlassen und nach Gladbach zu gehen. Warum sind Sie nicht bei Hertha geblieben? Der Klub hätte Sie gerne gehalten.
Ich habe meine sportliche Zukunft nicht mehr bei Hertha gesehen, sondern bei Gladbach. Ich wollte unbedingt hier hin. Das war der richtige Schritt. Meine erste Saison hier war gleich sehr gut für mich. Darauf will ich aufbauen.
Seit dem Manager-Wechsel wird bei Hertha viel vom "Berliner Weg" gesprochen. Der Fokus soll vermehrt auf junge Spieler aus der eigenen Jugend gelegt werden. Wie blicken Sie, der die Akademie gut kennt, auf diese Strategie?
Mit Benni Weber und "Zecke" Neuendorf haben sie zwei Personen im Verein, die viel auf Talente setzen. "Zecke" hat damals auch auf mich, Marton Dardai oder Lazar Samardžić gesetzt und hat uns sehr gepusht. Ich kann mir deshalb schon vorstellen, dass in nächster Zeit wieder mehr Talente aus der eigenen Jugend zum Vorschein kommen werden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb sport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.02.23, 10:15 Uhr