TuS Makkabi vor Berliner Landespokalfinale - Endlich mal sportliche Schlagzeilen
TuS Makkabi kennen viele eher wegen antisemitischer Anfeindungen statt sportlicher Leistungen. Nun steht der deutsch-jüdische Klub im Berliner Landespokalfinale und will dort sportliche Schlagzeilen schreiben und Einmaliges erleben.
Hören fußball-interessierte Menschen in Berlin den Namen TuS Makkabi, dürfte der erste Gedanke meist der gleiche sein: Ein jüdischer Verein, der sich immer wieder mit antisemitischen Vorfällen auseinandersetzen muss. Selbst Menschen, die weder wissen, in welcher Liga Makkabi gerade spielt, noch wie es da gerade läuft, dürften schon von Beleidigungen, Drohungen oder gar Gewalt gegen Spieler von Makkabi gehört oder gelesen haben.
Über Jahre zusammengewachsen
Der Berliner Oberligist hat am Wochenende nun die Chance, sportlich Schlagzeilen zu schreiben. Am Samstag (3. Juni, 12:15 Uhr im Mommsenstadion und im rbb24-Livestream) trifft TuS Makkabi im Endspiel des Berliner Landespokals auf Sparta Lichtenberg. Es ist ein Finale zwischen zwei Überraschungs-Finalisten und alten Bekannten. Ein Finale, in dem TuS Makkabi seine bemerkenswerte Entwicklung der letzten zwei Jahre krönen und mit dem erstmaligen Einzug in den DFB-Pokal ein rein sportliches Ausrufezeichen setzen will.
Ihren Anfang hatte die besagte Entwicklung von Makkabi im Sommer 2021: Nach mal mehr, mal weniger durchwachsenen Jahren in der Berlin-Liga startete der Klub da in eine Saison, in der das Team erst am 18. Spieltag seine erste (von am Ende auch nur zwei) Niederlage kassieren sollte.
So ließ Makkabi auf dem Weg zum Aufstieg in die Oberliga Nord auch die schlussendlich drittplatzierten Konkurrenten von Sparta Lichtenberg hinter sich. "Wir sind über die Jahre zusammengewachsen", sagt Kapitän Doron Bruck mit Blick auf den Aufstieg und das, was folgte. Auch das kann sich nämlich sehen lassen: Spielerisch ver- und finanziell gestärkt steht Makkabi aktuell als Aufsteiger einen Spieltag vor dem Saisonende auf Rang drei der Oberliga. "Wir haben eine gute Tiefe, aber auch Breite im Kader", ergänzt Abwehrspieler Leon Sandhowe.
Sportliches rückt in den Mittelpunkt
Und dennoch war auch in den vergangenen Monaten wieder von Antisemitismus die Rede, wenn über TuS Makkbi berichtet wurde. 90 Jahre nachdem der Verein im Jahr 1938 vom NS-Regime verboten wurde, registriert Doron Bruck nicht als einziger, dass mit dem Landespokalfinale nun der gute Fußball, den Makkabi nicht erst seit dieser Saison spielt, in den Mittelpunkt rückt: "Makkabi war ja oft mit Themen abseits des Sports im Fokus. Deswegen genießen wir es, jetzt verdientermaßen mal sportlich im Mittelpunkt zu stehen", sagt er.
Dabei hat Makkabi – neben der guten Oberliga-Saison – insbesondere mit dem Halbfinal-Sieg im Landespokal gegen Viktoria Berlin aufhorchen lassen. 3:2 hieß es am Ende gegen den letztjährigen Drittligisten. "Das Aufstiegsjahr hat uns geholfen, unsere Nerven zu stählen – da hatten wir jedes Jahr Druck", führt Leon Sandhowe Makkabis Stressresistenz als einen Erfolgsfaktor auf.
Denn auch im Endspiel am Samstag liegt besagter Druck nun eher auf Makkabi als auf Sparta Lichtenberg. Wenngleich Letztgenannte nach ihrem bereits feststehenden Aufstieg nächste Saison ebenfalls in der Oberliga auflaufen werden, geht Makkabi doch als leichter Favorit ins Spiel um den Landespokal-Titel und den Einzug in den DFB-Pokal. Übermäßige Anspannung scheint das bei Sandhowe, Bruck und Co. jedoch nicht auszulösen: Während Makkabis Kapitän von nur gelegentlichen "Wellen der Nervosität" spricht, sagt Sandhowe: "Wer der Favorit ist, spielt keine Rolle mehr, wenn der Schiedsrichter pfeift."
Eine gute Balance
Einer der Gründe für die spürbare Zuversicht und Vorfreude bei Makkabi vor dem Finale ist, dass in Klub und Mannschaft eine gute Balance herrscht. "Bei uns gibt es einen guten Kontrast zwischen guter Stimmung und Ernsthaftigkeit auf dem Platz", sagt Sandhowe. Hinzukommen eine gute Mischung aus langjährigen Makkabi-Spielern und Neuverpflichtungen der letzten Jahre und eine Ausgewogenheit von klaren Ansagen und Freiheiten durch den, auch im Landespokal, erfahrenen Trainer – Leon Sandhowes Vater Wolfgang.
Die dreifache Balance soll für Makkabi nun auch die Grundlage für den ersten Gewinn des Berliner Landespokals bilden. Der würde dem Verein rund 200.000 Euro einbringen, die es für das Erreichen der ersten Runde im DFB-Pokal gibt und die für einen Oberligisten eine beachtliche Summe sind. Zudem würde der Erfolg den Spielern des Klubs ein seltenes, vielleicht sogar einmaliges Erlebnis bescheren.
"Ich bin ein Kind des Fußballs, das den Sprung zu den Profis eben nicht geschafft hat. Jetzt vor ein paar tausend Leuten zu spielen, ist eine sehr schöne Sache", sagt Leon Sandhowe und ergänzt: "Der DFB-Pokal zum Einstieg in die nächste Saison wäre eine noch größere Sache." Eine, die für Mitspieler Doron Bruck eine Bedeutung doch wieder über das Sportliche hinaus hätte: "Gerade mit der Geschichte, dass der Verein zu Kriegszeiten verboten war, ist es besonders, mit so einer Multikulti-Truppe integrativ auch sportlich erfolgreich zu sein."
Sendung: rbb24, 01.06.2023, 18:00 Uhr