Brandenburg - Landwirte bekommen weiter keine Entschädigung für Zugvogel-Fraß

Mo 30.10.23 | 16:27 Uhr | Von Sabine Tzitschke und Georg-Stefan Russew
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Kraniche auf einem Acker, Foto: imago stock&people, Frank Sorge
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 30.10.2023 | Nachrichten | Bild: imago stock&people

Die Zug- und Rastvögel haben Brandenburg erreicht und tanken Kraft auf den zum Teil abgeernteten oder neu ausgesäten Feldern. Für sogenannte Fraßschäden erhalten Landwirte in Brandenburg nach wie vor keinen Ausgleich vom Land. Von S. Tzitschke und G.-S. Russew

Im Oktober und November fressen tausende durchziehende Wild-Gänse und andere freilebende Vögel die Äcker kahl, doch Brandenburgs Landwirte können erst einmal nicht damit rechnen, dafür eine Entschädigung vom Land zu erhalten. Dies wird aus einer Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums deutlich. Man müssen sich an die Förderrichtlinien der EU halten, heißt es. In Brandenburg werden auf einer Fläche von insgesamt 500 Quadratkilometer Fläche besonders viele Rast- und Zugvögel beobachtet. Dazu gehören alle Gebiete der Havel und Oder, aber auch die Lieberoser Endmoräne und die Schorfheide sowie die Märkische Schweiz.

Vor allem im November landen die nordischen Gänse hier auf ihrem Weg in den Süden. Dazu gehören die Blässgans, die Zwerg- und Waldsaatgans sowie die Tundra-Saatgans. Hinzukommen Graugänse, die hier auch brüten. Landesweit sind es fast eine halbe Millionen Gänse, die sich auf den Äckern wohlfühlen. Dazu tummelten sich auch Kraniche und andere wildlebende Zugvögel auf den Äckern. Wenn überhaupt könnte Brandenburg erst im nächsten Jahr bei der EU für eine Entschädigung werben, hieß es in der Stellungnahme.

Landesbauernpräsident kritisiert Förderpraxis

Brandenburgs Bauernpräsident Henryk Wendorff kritisiert diese Förderpraxis in Brandenburg, dass es keine Unterstützung bei Fraßschäden vom Land gebe. "Gerade da wir vielfältige Fruchtfolgen - zunehmend auch ganzjährige Begrünungen haben, decken wir für Wandervögel den Tisch und die nehmen den auch an", sagte Wendorff dem rbb. Das führe oftmals bei der Aussaat zu Totalausfällen. "Und Saatgut ist bekanntlich ein sehr teures Gut. Von daher sind die Schäden bei den Landwirten sehr hoch", klagte Wendorff.

Wendorff: Andere Bundesländer unterstützen

Daher hatte der Verband Mitte dieses Jahres eine erneute Initiative gestartet, für Fraßschäden durch Zug- und Wandervögel vom Land zu erhalten. "Uns ist als Landwirten bewusst, dass es eine hundertprozentige Sicherheit in der Natur nicht gibt. Aber wir wollen nur erreichen, dass man auch in Brandenburg Programme, die EU-refinanziert sind, aufgelegt werden", unterstrich Wendorff und verwies beispielsweise auf Regelungen in Nordrhein–Westfalen und Schleswig–Holstein. So etwas fehle in Brandenburg aber, klagte der Landesbauernpräsident.

"Wir haben hohe Einkommensverluste bei den Landwirten und gleichzeitig einen hohen Anteil von Schutzgebieten, wo der Landwirt nichts machen kann." Etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Flächen lägen Wendorffs Angaben zufolge in Ostbrandenburg in Vogelschutzgebieten. Hier könnten die Landwirte die Zugvögel noch nicht einmal von den Feldern vergrämen. "Hier eine Balance zwischen den Einkommen der Landwirte und mehr für Zug- und Rastvögel zu finden, ist der richtige Weg. Und hier bietet die EU nicht umsonst Förderprogramme an. Hier sollte Brandenburg einen Schritt tun", forderte Wendorff.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 30.11.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Sabine Tzitschke und Georg-Stefan Russew

6 Kommentare

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  1. 6.

    "Deutschland ist eine Föderation, deshalb gibt es in den unterschiedlichen Bundesländern auch unterschiedliche Rechtsnormen. " Das ist richtig aber vollkommen irrelevant hier, da die Begründung in BRB lautete: "müssen sich an die Förderrichtlinien der EU halten", welche unabhängig von der internenen Rechtnorm eines Bundeslandes EU-weit gleich sind und deshalb auch für alle Mitglieder der Bundesrepublik gleich sein müssen.

  2. 5.

    Und wenn die Menschen sich an die Naturkreisläufe anpassten? Man weiß ja seit Jahrhunderten, wann Vogelzug ist. Muss man da vorher aussäen? Und falls ja, kann man nicht leben und leben lassen?
    Wir Menschen sind nicht die einzigen Erdenbewohner, tun aber so, als müssten sich alle an uns ausrichten.

  3. 4.

    Und wenn die Menschen sich an die Naturkreisläufe anpassten? Man weiß ja seit Jahrhunderten, wann Vogelzug ist. Muss man da vorher aussäen? Und falls ja, kann man nicht leben und leben lassen?
    Wir Menschen sind nicht die einzigen Erdenbewohner, tun aber so, als müssten sich alle an uns ausrichten.

  4. 3.

    Die Sorgen der Landwirte verstehe ich durchaus. Und frage mich, wie war das vor 100 Jahren .... Zugvögel gabs schon immer. Und auf den Äckern kann Mensch im Herbst oder Frühjahr die wunderbarsten Beobachtungen machen mit den Kranichen, Gänsen, und den vielen anderen Schwärmen. Die Natur macht das so. Vergrämen wird nicht viel bringen. Ich habe kein Rezept für die Vermeidung des Kahlschlags auf Äckern. Haben wir zu hohe Erwartungen oder respektieren wir immer weniger die Lebewesen um uns in der Natur.....

  5. 2.

    Deutschland ist eine Föderation, deshalb gibt es in den unterschiedlichen Bundesländern auch unterschiedliche Rechtsnormen.

  6. 1.

    "Man müssen sich an die Förderrichtlinien der EU halten" versus "und verwies beispielsweise auf Regelungen in Nordrhein–Westfalen und Schleswig–Holstein." Warum werden die Bundesländer unterschiedlich von der EU behandelt? Es sind doch nicht die einzelnen Bundesländer Mitglieder der EU, sondern der gesamte Bundesstaat Deutschland. Sollte dann nicht auch für den gesamten Bundestaat und damit für alle seine Bestandteile das gleiche Recht bezüglich der EU gelten?

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