"Business Improvement Districts" - So will der Senat gegen Leerstand in Berliner Einkaufsstraßen vorgehen
Schon länger ist sichtbar, dass Berlins Einkaufsstraßen und -zentren wirtschaftliche Probleme haben. Der Senat will mit gezielter Förderung gegensteuern, doch die Idee von mehr "Business Improvement Districts" hat auch Kritiker. Von Sebastian Schöbel
Dass viele Berliner Einkaufsstraßen und -zentren Unterstützung brauchen, ist spätestens seit der Pleite von Galeria Karstadt Kaufhof klar. Im Juni hatte der Senat eine gesamtstädtische Strategie beschlossen, mit der vor allem zwölf Zentren speziell gefördert werden sollen. Schon damals wurde die Hoffnung geäußert, dass sogenannte "Business Improvement Districts" Teil der Lösung sein könnten. Nun wurde das entsprechende Gesetz im Abgeordnetenhaus verabschiedet.
Die Idee ist eigentlich recht simpel: Geschäftstreibende in einem Kiez tun sich zu einer Interessensgemeinschaft zusammen, um die lokale Einkaufsstraße oder gar mehrere Straßenzüge aufzuwerten. "Sauberkeit, Beleuchtung, Bepflanzung, gemeinsame Aktionen, an bestimmten Tagen besondere Angebote für die Bürgerinnen und Bürger", fasst Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) die Möglichkeiten zusammen. Sie verweist auf das wohl bekannteste Vorbild in der Stadt: Den Tauentzien, wo sich 2016 eine Gemeinschaft von Grundstücksbesitzern, die bereits in der AG City engagiert waren, zusammentat, um die Straße zu verschönern - unter anderem mit einer Bepflanzung des Mittelstreifens.
Neues Gesetz soll Unternehmergemeinschaften ermöglichen
Dieses freiwillige Pilotprojekt, das 2023 auslief, soll nun zur Regel werden: Durch ein neues Gesetz, das gerade im Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde, will das Land Berlin mehr solcher Unternehmergemeinschaften ermöglichen, vor allem in den wirtschaftlich angeschlagenen Zentren. "Es wird eine Frage der Initiative der Geschäftsleute sein", so Giffey, "und wenn die dann sagen, wir brauchen dabei Unterstützung, dann werden wir die geben."
Als Vorgabe gilt: Mindestens 15 Prozent der Grundstückseigentümer in einem ausgewählten Gebiet – zum Beispiel einer Einkaufsstraße - müssen gemeinsam den Antrag auf Einrichtung einer solchen Standortgemeinschaft beim jeweiligen Bezirk stellen. Wird er bewilligt, sind dann allerdings auch alle Grundstückseigentümer in diesem Gebiet verpflichtet, sich finanziell zu beteiligen - gemessen an der Grundsteuer, die sie bezahlen.
Gennburg (Linke): "Das ist eine reine Touri-Ökonomie"
Die Gemeinschaft muss regelmäßig zusammenkommen und beraten, welche Aktionen sie durchführen. IHK-Präsident Sebastian Stietzel betont: Mitglieder sind die Grundstückseigentümer, nicht die Geschäftstreibenden, und sie entscheiden nicht nur über Pflanzkübel und Straßenfeste. "Insofern ist ein Stück weit eine Abstimmung über die Durchmischung des Angebotes da schon möglich." Die "Business Improvement Districts" können also mitentscheiden, welche Läden es in der Gegend überhaupt gibt.
Damit hat Linken-Politikerin Katalin Gennburg ein Problem. Sie befürchtet, dass dadurch kleine Eigentümer von großen Unternehmen ausgebootet werden könnten. "Die großen Zentren in Berlin bieten inzwischen nur das Gleiche an, da sind immer die gleichen Konzerne unterwegs", so die Stadtentwicklungsexpertin. "Das ist null attraktiv, das ist eine reine Touri-Ökonomie, und die bringt uns alle gemeinsam nicht voran."
Sie fordert eine Zentrenpolitik, die vor allem auch kleine Gewerbe fördert. Und Gennburg befürchtet, dass die "Business Improvement Districts" die Gestaltung öffentlicher Räume in die Hand von Unternehmen legen und damit privatisieren.
Senat will jeden "Business Improvement District" mit bis zu 300.000 Euro fördern
Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler von der SPD weist das allerdings zurück. Grundlage der Gemeinschaften sei, dass die Anlieger einer Geschäftsstraße gemeinsam Geld in die Hand nehmen, um zum Beispiel Werbeaktionen oder Verschönerungsmaßnahmen zu finanzieren. "Die Geschäftsleute zahlen, und zwar alle müssen mitmachen, auf eigene Kosten, nicht auf Kosten der Kunden oder Passanten."
Der Senat will jeden neuen "Business Improvement District" mit bis zu 300.000 Euro fördern. Wann der erste startet, ist bislang allerdings offen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.12.2024, 08:00