Festival in Lärz beginnt Mittwoch - Fusion-Veranstalter warnen vor Ticket-Betrug und überfüllten Zügen des RE5
Etwa 70.000 Menschen feiern ab Mittwoch wieder auf der Fusion, der selbstbetitelten "Vollversammlung zur Alltagsverdrängung". Die Festival-Veranstalter warnen vor gefälschten Tickets und überfüllten Regio-Zügen im Norden von Berlin.
Wegen der am Mittwoch startenden Fusion müssen sich sowohl Festivalgäste als auch Bahnkunden auf Einschränkungen im Zugverkehr einstellen. Zu dem fünftägigen Festival auf dem ehemaligen Militärflughafen Lärz in Mecklenburg-Vorpommern werden nach Angaben der Veranstalter etwa 70.000 Menschen erwartet. Viele Feiernde werden die Züge der Linie RE5 nutzen, die nahe des Festivalgeländes in Neustrelitz halten.
"Wir rechnen auch dieses Jahr mit einer Überlastung der Bahnverbindung von Berlin nach Neustrelitz", heißt es auf der Webseite des Festivals. In den vergangenen Jahren war auf der Strecke des RE5 aus Berlin Richtung Ostsee ab Oranienburg teils stundenlang nicht möglich, zuzusteigen. Betroffen sind unter anderem die Stationen Oranienburg, Fürstenberg, Gransee und Löwenberg. Voraussichtlich werden die Züge ab Mittwochvormittag überfüllt sein.
Auch Staus seien in Richtung Seenplatte zu erwarten. Gleiches gilt für die Rückreise via Zug und Auto ab Sonntagmittag, 2. Juli bis zum späten Montagnachmittag.
DB bietet zusätzliche Zugfahrt an - Bundespolizei kontrolliert Bahnhof
Die Deutsche Bahn teilt auf rbb-Anfrage mit, dass sie am Sonntag und Montag abends um 23:04 Uhr eine zusätzliche Fahrt von Neustrelitz nach Berlin anbieten wird. Darüber hinaus seien an beiden Rückfahrt-Tagen Sonderzüge eingeplant, die bei Bedarf nach Berlin fahren würden. Ein Einsatz längerer Züge auf der Linie RE5 sei allerdings nicht möglich, da hierfür die Bahnsteiglänge an mehreren Stationen entlang der Strecke nicht ausreichend sei.
Die Bundespolizei will nach eigenen Angaben den Bahnhof Neustrelitz kontrollieren und gegebenenfalls den Zugang zu den Zügen zu regulieren, sollten diese zu voll sein.
Radtouren ab Oranienburg
Wegen der erwartbar überfüllten Züge empfehlen die Veranstalter alternativ eine Anreise mit Bussen und bieten auf ihrer Webseite eine Fusion-Mitfahrzentrale für Autos an. Die Festival-eigenen Shuttle-Busse von und nach Berlin sind allerdings bereits ausgebucht. Zusätzlich soll es ab Oranienburg für Interessierte geführte Radtouren bis Lärz geben, um den Bahnverkehr etwas zu entlasten. Die Touren starten Mittwoch und Donnerstag jeweils 10 Uhr am Bahnhof Oranienburg, die Strecke ist 87 Kilometer lang.
Wer weder mit Bus noch Rad anreist, sollte möglichst früh die Züge nutzen. Empfehlenswert sei es, bereits am Südkreuz einzusteigen und am frühen Mittwochmorgen zu starten.
Warnung vor Betrug
Die Festival-Veranstalter warnen vor Betrügern. Unbekannte versuchten, Festivalbändchen zu verkaufen, teilten die Organisatoren vom Verein Kulturkosmos in ihrem Newsletter mit. "Hier handelt es sich eindeutig um Betrug und Abzocke", hieß es darin. Bändchen gebe es noch gar nicht, alle Tickets seien personalisiert und würden am Einlass mit Personalausweisen abgeglichen. Bereits beim Einstieg in die Shuttle-Busse würden ebenfalls Tickets kontrolliert. Ein Zugang allein mit dem ab Mittwoch ausgeteilten Festivalbändchen wie in den Vorjahren sei deshalb auch nicht mehr möglich.
Seit Anfang Mai könnten Festivalkarten nicht mehr storniert werden. Wer noch ein Ticket erwerben wolle, könne dies nur über die Ticketbörse der Veranstalter, die bis 30. Juni geöffnet bleiben soll. Außerdem wies der Verein darauf hin, dass in diesem Jahr nur Besucher auf das Festivalgelände dürfen, die 18 Jahre und älter sind.
Zum ersten Mal gibt es dieses Jahr die Sonntagstickets online im Vorverkauf. Mit dem eintägigen Ticket ist der Einlass ab Sonntag 8 Uhr morgens möglich.
Waldbrandstufe hoch - erstmals erst Einlass ab 18
Auch wenn im Verlauf der Woche die Temperaturen etwas runtergehen sollen, ist es im Süden von Mecklenburg-Vorpommern weiterhin viel zu trocken. In diesem Jahr zählte das Bundesland bereits 32 Waldbrände. Deshalb warnen die Festival-Veranstalter vor der hohen Waldbrandgefahr und bitten die Gäste, auf Lagerfeuer und Grillen auf dem Campinggelände zu verzichten. Das Verbot werde konsequent kontrolliert und verhindert, Festivalbesucher werden aufgefordert, ihre "Campingnachbar:innen" daran zu erinnern.
Zur 24. Auflage des Festivals werden erstmals keine Menschen unter 18 Jahren aufs Gelände gelassen. "Wir werden das Alter tatsächlich kontrollieren und machen auch bei allen Mitwirkenden keine Ausnahmen." Wer ein Ticket gekauft hat, obwohl er noch keine 18 Jahre alt ist, sollte das Ticket nach Veranstalter-Empfehlung über die Börse weitergeben. Den aus den Vorjahren bekannten Kinderspace wird es in der Form nicht mehr geben.
"Keep the good memories in your heart - not on a chip!"
Seit Jahren sei darauf hingewiesen worden, dass die Fusion keine geeignete Umgebung für Kinder sei. "Eine Fusion 2023 für alle Altersgruppen würde mit den verschärften Auflagen des Jugendamts einen erheblichen Mehraufwand an den CheckIns, den Bars, dem Ticketing, den Securities und für die Jugendschutzbeauftragten bedeuten." Der Aufwand stehe in keinem vertretbaren Verhältnis zu einer "noch so ärgerlichen und bedauerlichen Absage an jene Eltern, die ihre Kinder mitbringen wollen."
Angesichts vieler Fotos, die nach der Fusion 2022 im Internet zu sehen waren, erinnerte der Verein daran, dass die Mehrzahl der Gäste nicht wolle, dass Fotos beim Feiern gemacht und später veröffentlicht würden. Die Fusion sei ein Freiraum, auf dem viele Gäste frei und unkontrolliert sein wollten: "Und das wollen wir nicht photographisch dokumentiert auf Insta oder Tiktok oder sonst wo wiederfinden." Das Recht am eigenen Bild solle gewahrt werden.
Millionen-Defizit bei Fusion
Vergangenes Jahr meldete die Fusion nach dem Festival ein "großes finanzielles Defizit", nach eigenen Angaben fehlten etwa 2 Millionen Euro. Als Gründe für das Defizit wurden "enorme Preissteigerungen" für Materialien, Dienstleistungen, Technik und Infrastruktur genannt. Auch der Aufbau des Festivals und der Infrastruktur nach zwei pandemiebedingten festivalfreien Jahren habe einen Mehraufwand bedeutet.
Der Ticketpreis lag im vergangenen wie auch dieses Jahr bedeutend höher als in den Jahren vor der Pandemie. Insgesamt kostete die Fusion für jeden der etwa 70.000 Gäste 220 Euro inklusive 10 Euro Müllpfand. Insgesamt machen die Veranstalter somit über 15 Millionen Euro Umsatz.
Sendung: radioeins, 21.06.2023, 15 Uhr