Streit um Lärm - Späti-Betreiber kritisieren in Pankow geplantes Stühleverbot

Fr 14.07.23 | 20:54 Uhr
  44
Späti in Berlin (Quelle: dpa)
dpa
Video: rbb24 | 12.07.2023 | Material: Nils Hagemann | Bild: dpa

Der Berliner Bezirk Pankow will Stühle und Tische vor Spätis verbieten. Grund seien Beschwerden von Anwohnern über Lärm. Betreiber der Läden sehen das kritisch - und wollen selbst für Ruhe vor ihren Geschäften sorgen.

Sich abends noch schnell auf ein Bier vor den Späti setzen: In Pankow soll das bald nicht mehr möglich sein. Der Bezirk will nämlich Tische und Stühle vor den Kiosken verbieten. Laut Bezirk haben sich immer wieder Anwohner über abendlichen Lärm beschwert.

"Es geht um Menschen, die Schlaf brauchen, weil sie im Schichtdienst arbeiten. Und um Fälle, wo nicht die Toilette im Spätkauf aufgesucht wird, sondern wo man sich an Hauseingängen erleichtert", begründet Ordnungsstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) die Entscheidung in der "Berliner Morgenpost" [Bezahlinhalt].

Zu weiteren Details wollte sich der Bezirk gegenüber dem rbb nicht äußern. Bei Betreibern und Gästen der Spätis kommt der Plan - wie nicht anders zu erwarten - gar nicht gut an.

"Dieser Plan ist reiner Schwachsinn!"

"Wieso ist die Lautstärke vor Kneipen kein Problem, vor Spätis aber schon", fragt Arthur, der als Minijobber in einem Pankower Späti arbeitet. Er sieht schon länger Probleme für seine Branche. "Spätis sind doch eigentlich dafür da, dass man 24/7 einkaufen kann. Auch Sonntags. Schon das ist immer weiter beschnitten worden. Das ist alles Schikane." Er habe das Gefühl, dass Berlin seine Späti-Vielfalt nach und nach abschaffen wolle.

Mit seiner Kritik ist er nicht alleine. "Dieser Plan ist reiner Schwachsinn", schimpft Ibo. Er betreibt einen Spätkauf in Prenzlauer Berg und kann das Problem nicht verstehen. "Ich habe sehr viele Stammkunden. Die sitzen bei mir fast täglich auf den Bänken und trinken ihr Bierchen." Probleme mit Nachbarn gebe es hingegen keine. "Zu denen habe ich einen guten Draht. Und wenn es vor meinem Laden zu laut wird, dann baue ich die Tische einfach selbst um 22 Uhr ab."

Späti-Betreiber fürchten um Kundschaft

Hafiza ist dagegen erst seit Kurzem in der Branche. Seit einem halben Jahr verkauft sie Bier, Tabak, Süßigkeiten in einem Pankower Späti. "Für die Kunden wäre das schlecht", sagt sie zu den Verbotsplänen. "Wenn sie ein kaltes Getränk kaufen, wollen sie sich auch hinsetzen und in Ruhe trinken."

Und was sagen die Kunden selbst? Jannes sitzt regelmäßig vor einem Späti in Pankow. "Das ist einfach angenehm. Man hat einen Tisch, kann Karten spielen oder Schach", sagt er. Aber die Gemütlichkeit ist nicht der einzige Grund, wieso er immer wieder kommt. "Es gibt hier billiges Bier. In eine Kneipe zu gehen, wäre für mich zu teuer." Jannes findet den Plan des Bezirks deshalb "doof". "Das würde auch die Stadt treffen”, sagt er, "Viele Leute kommen ja her, weil man einfach entspannt auf ner Bank vorm Späti sitzen kann."

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.07.2023, 19.30 Uhr

44 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 44.

    Späti schließen, fertig. Man lungert überall auf der Straße herum und verdirbt den nicht (Alkohol) trinkenden Leuten alles. Diese Läden aus "Besatzungszeiten" gehören schon längst aufgegeben.

  2. 43.

    Sorry Klischee erfüllt... Hartz 4 oder jetzt Bürgergeld... Vorab ich bekomme keinerlei Leistung von einem Amt... Arbeite dafür hart unser Sozialleben findet auch nicht im Kreis der oberen zehntausend statt aber wir pflegen unsere sozialen Kontakte mit gegenseitigen Besuchen in den Wohnungen, gemeinsamen Spaziergängen und ab und an wenn finanziell für alle möglich mit einem Einkehrschwung zum gemeinsamen Essen... auch mal ne Curry... Also sie sollten über ihre Begründung nochmal stark nachdenken.

  3. 42.

    Und was antworten Sie wenn man vor der Kneipe schon dort wohnte? Ihr Kommentar will in meinen Augen nur provozieren.. Wer so darauf angewiesen ist Alkohol zu bekommen die Person sollte darüber mal nachdenken... Und wenn SIE das Ordnungsamt des Bezirkes kontaktieren auch telefonisch möglich oder per App wird der Müll auch zeitnah entsorgt.. Ansonsten ja Bürgerruhe hat Vorrang in einer Stadt muss es Regeln und Ordnung geben für sozialen Umgang miteinander zu diesem Schluss kommen hier viele Danke

  4. 41.

    Danke für diesen ehrlichen guten Kommentar. Auch in meinem Kiez findet unser Sozialleben mit Nachbarn und Freunden im Späti. Ein Restaurant kann ich mir als Hartz4-Empfängerin nicht leisten. Es wäre schlimm, wenn uns sozialschwächeren diese Möglichkeit ein wenig Sozialleben zu haben genommen werden würde.

  5. 40.

    Es ist erschreckend, dass es immer mehr Menschen gibt, die ihren Mitmenschen einfach nichts mehr gönnen. Schon mal darüber nachgedacht, dass sich nicht alle ein Restaurant oder eine Bar leisten können? Sie sollten sich schämen, diese Menschengruppe hier so herabzuwürdigen mit ihrem Kommentar

  6. 39.

    Fehlende gesellschaftliche Teilhabe, weil man nicht beim Späti sitzen kann? Der war gut...

  7. 38.

    Der Nachfolger der Eckkneipe ist nicht der Späti sondern die Dönerbude. In der Dönerbude sind Kalle, Uwe und Berni willkommen, trinken ihr Sterni und gehen keinem auf den Keks. Alles gut.

  8. 37.

    "... Zu deren Kunden gehören Menschen, die es nicht geschafft haben, in der Woche ihren Einkauf zu organisieren oder aber...ihr Bier zu kaufen. ..."
    Widerspruch!
    Es gibt mitunter Menschen, die nicht einsam im ihrem Wohnzimmer ein Bier zu trinken wollen oder um Touristen-Gruppen.
    Alt-Berliner-Kneipen - für viele ein 2. Wohnzimmer - werden immer rarer und sind für viele nicht mehr finanzierbar.

  9. 36.

    Wenn schon vepflichtend eine Sitzgelegenheit, dann nur im Geschäft!

  10. 35.

    Wie wäre es denn damit, das Problem menschlich zu lösen, und für die gesetzlich garantierte und in GANZ Deutschland geltende Nachtruhe zu sorgen, indem man laute Mittrinkende um Ruhe bittet? Das hat auch deutlich bessere Erfolgschancen als der Gang vor Gericht. Der könnte sogar ganz schnell nach hinten losgehen, wenn die Gesetzeskonformität der Späti-Praxis mal gründlich geprüft wird (vgl. Ausschankgenehmigungen, WCs u.ä.).

  11. 34.

    "Die Späti als Nachfolger der Eckkneipe muss geschützt werden ...." DER Späti kann nicht Nachfolger einer Kneipe werden: wenn aussen bestuhlt ist, muss das Lokal Toiletten haben und für die Aussennutzung eine Genehmigung haben und zusätzlich bezahlen.

  12. 33.

    >“ Die Späti als Nachfolger der Eckkneipe muss geschützt werden…“
    Warum das? Als Ersatz für die Eckkneipen gibts doch schon genug kleine Gastrobetriebe von schmaler Handtuchbar bis Imbiss. Alle haben Tische für gemütlich was schlürfen bis spät in die Nacht. Ein Späti ist eine Verkaufsstelle und keine Kneipe.

  13. 32.

    Guter Kommentar. Dem kann ich nur zustimmen. Vielleicht gibt der Vermieter ja auch einen Zuschuss zur Klimaanlage bzw. schallschützendere Scheiben. Sonst bleibt halt nur der Umzug, wenn es einem nicht passt.

  14. 31.

    Ich hoffe, dass sich die Späti-Betreibet organisieren, wenn ein Verbot kommen sollte, und dagegen klagen. Ich will meinen Späti behalten.

  15. 30.

    Wenn die Späti-Trinkenden sich an simple Regeln des Zusammenlebens halten würden, wäre alles überhaupt kein Problem: 'Rücksicht' heisst das Zauberwort: An Zeiten und Orten, wo üblicherweise viele Andere schlafen, redet man einfach in ganz normaler Lautstärke und schreit nicht rum, wie es leider viele tun. Und schon wären völlig ohne Aufwand alle zufrieden.

  16. 29.

    Die Späti als Nachfolger der Eckkneipe muss geschützt werden in Pankow. Diese Initiative dient doch nur den Restaurants, die hier teurer ihe Getränke anbieten. Durch ein Bestuhlungsverbot in Pankow werden ärmere Menschen von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen.

  17. 27.

    Also wir gehen gern mal zum Späti, haben normale Jobs und sitzen auch gern Mal zum Feierabend-Sekt dort. Bitte schließen sie nicht von sich auf andere und unterlassen sie Beleidigungen. Danke.

  18. 26.

    "Tanta Emma-Läden" und Ecknkeipen z.B. sind /waren ein Teil der Berliner Kiezkultur. Diese wurden leider verdrängt.
    Spätis gehören für mich nicht dazu. Zu deren Kunden gehören Menschen, die es nicht geschafft haben, in der Woche ihren Einkauf zu organisieren oder aber...ihr Bier zu kaufen. Welcher normale Berufstätige kauft im Späti ein? Ich kenne keinen.

  19. 25.

    Verbote/Verordnungen sind leider schlussendlich erforderlich, weil immer mehr Regeln aus purem Egoismus missachtet werden. Gegenseitige Rücksichtnahme, mehr Respekt und alles könnte so einfach sein. Leider hat sich die Gesellschaft insgesamt negativ verändert. Freiwilligkeit ist out. Ergo= Verbote/Verordnungen, also selbst schuld.

Nächster Artikel