Waldbrandsituation in Brandenburg - Viel Feuer - weniger Schaden
Bereits Mitte Mai ist die Waldbrandsaison in Brandenburg im vollen Gange. Landesweit wurde schon die höchste Gefahrenstufe ausgerufen, dennoch zeigt sich der oberste Brandschützer des Landes zufrieden. Von Andre Kartschall und Philipp Rother
Es ist der Freitagnachmittag kurz vor Pfingsten und Brandenburgs Waldbrandschutzbeauftragter Raimund Engel hat alle Hände voll zu tun. Es brennt im Süden des Landes, gleich an zwei Stellen. Hinzu kommt noch eine auffällige Rauchentwicklung kurz vor der polnischen Grenze - möglicherweise ein Brand an einer Biogasanlage, die Kollegen klären das gerade. Ein vierter Brand wird gelöscht, quasi direkt vor der Haustür der Waldbrandzentrale in Wünsdorf (Teltow-Fläming), südöstlich von Berlin.
Engel verfolgt das alles auf einer großen Monitorwand.
Brandenburg ist nicht nur das Bundesland mit den meisten Waldbränden, sondern auch führend bei deren Bekämpfung. Und um Waldbrände zu bekämpfen, muss man sie so schnell wie möglich erkennen.
Automatische Branderkennung
Das erledigt zum großen Teil das Früherkennungssystem "Fire Watch". Bilder von 105 Kameras laufen hier unentwegt ein. Jede von ihnen dreht sich automatisch um 360 Grad, ein Umlauf dauert sechs Minuten. Sensoren identifizieren die typischen Grauwerte einer Rauchwolke in der Frühphase eines Waldbrandes. "Die können 18.000 Graustufen im Vergleich zum Hintergrund auswerten", konkretisiert Engel.
In der Zentrale identifiziert eine selbstlernende Software dann bereits minimale Rauchentwicklungen und schlägt gegebenenfalls Alarm. "Damit können wir rund 95 Prozent der Waldflächen abdecken", sagt Engel. Wenn eine Rauchwolke von den Mitarbeitern als Brand bestätigt ist, wird Alarm geschlagen. Die Koordinaten des Brandherds liefert das System auf einzelne Flurstücke genau.
Das aufwändige System ist dringend notwendig - nirgendwo brennt der Wald so oft wie in Brandenburg. In keinem anderen Bundesland wird durchschnittlich jedes Jahr mehr Waldfläche vernichtet. Ausgedehnte Kiefernwälder, der trockene märkische Sandboden und relativ geringe Niederschläge bieten dem Feuer günstigste Voraussetzungen.
Landesweit Waldbrandstufe fünf
An diesem Freitag vor Pfingsten herrscht in allen Brandenburger Landkreisen die höchste Waldbrandstufe fünf. Was in mach anderen Bundesländern eine Ausnahmesituation wäre, ist für Engel Normalität: "Es ist ein ganz durchschnittliches Jahr. Solche Phasen gibt es eigentlich immer im Frühjahr. Die stabile Hochdrucklage und der Wind machen die Lage aber durchaus gefährlich."
Für das Wochenende ist etwas Regen prognostiziert, aber auch der dürfte die Lage nicht grundlegend ändern, so Engel. In den Datenbanken der Waldbrandzentrale sind Jahrzehnte an Messwerten gespeichert. Für Engel ist jede Gefahren- und Wetterlage relativ.
Mit ein paar Klicks überprüft er die vorhergesagten Regenmengen und setzt sie ins Verhältnis zu seinen Statistiken, dem Wetterbericht für die darauffolgenden Tage und präsentiert seine Einschätzung: "Die Regenfälle dürften nicht ausreichend Regen bringen, dass die Waldbrandgefahr als gering eingestuft werden kann."
2024 - ein Durchschnittsjahr?
Dabei war der Jahresauftakt vielversprechend aus Brandschutzsicht. Es gab viele Regentage, die Bäume und der Waldboden konnten sich endlich einmal vollsaugen. Doch Engel geht nicht nach Gefühl, er schaut lieber in seinen Rechner.
"Gefühlt hat es viel geregnet", korrigiert er und zieht sich die nächste Statistik aus dem Rechner. "Von der Niederschlagsmenge her liegen wir aber einfach im Durchschnitt. Lediglich im Februar war es viel - im März und April hatten wir weniger als den Mittelwert. Und der Mai ist bislang auch sehr trocken."
Er zitiert weitere Zahlenkolonnen. Es bleibt dabei: 2024 ist bislang ein normales Jahr. Sprich: Engel rechnet mit vielen weiteren Feuern: "Wir fangen ja jetzt erstmal an. Die Sommermonate kommen ja noch. Ich gehe wieder von extremen Hitzewellen aus. Das hier ist nur der Vorgeschmack."
Schnell zitiert Engel noch eine weitere Statistik: 57 Brände habe es bislang in diesem Jahr gegeben, die vom heutigen Freitag noch nicht mitgerechnet. Das sei ziemlich genau im langjährigen Mittel. Und er sieht einen Erfolg. "Mit bisher rund 10 betroffenen Hektar sind wir noch passabel unterwegs. Das ist ein Erfolg", konstatiert Engel. Durchschnittlich viele Brände - aber verhältnismäßig wenig verbrannte Fläche. Erfolg ist eben eine relative Angelegenheit, wenn man Brandschützer in Brandenburg ist.