Waldbrandsituation in Brandenburg - Viel Feuer - weniger Schaden

Di 21.05.24 | 18:42 Uhr | Von Andre Kartschall und Philipp Rother
  5
Rauchschwaden ziehen bei einem Waldbrand zwischen Windkraftanlagen am frühen Morgen über ein Waldgebiet. Elbe Elster, Brandenburg. 25.07.
Bild: picture alliance | Jan Woitas

Bereits Mitte Mai ist die Waldbrandsaison in Brandenburg im vollen Gange. Landesweit wurde schon die höchste Gefahrenstufe ausgerufen, dennoch zeigt sich der oberste Brandschützer des Landes zufrieden. Von Andre Kartschall und Philipp Rother

Es ist der Freitagnachmittag kurz vor Pfingsten und Brandenburgs Waldbrandschutzbeauftragter Raimund Engel hat alle Hände voll zu tun. Es brennt im Süden des Landes, gleich an zwei Stellen. Hinzu kommt noch eine auffällige Rauchentwicklung kurz vor der polnischen Grenze - möglicherweise ein Brand an einer Biogasanlage, die Kollegen klären das gerade. Ein vierter Brand wird gelöscht, quasi direkt vor der Haustür der Waldbrandzentrale in Wünsdorf (Teltow-Fläming), südöstlich von Berlin.

Engel verfolgt das alles auf einer großen Monitorwand.

Brandenburg ist nicht nur das Bundesland mit den meisten Waldbränden, sondern auch führend bei deren Bekämpfung. Und um Waldbrände zu bekämpfen, muss man sie so schnell wie möglich erkennen.

Automatische Branderkennung

Das erledigt zum großen Teil das Früherkennungssystem "Fire Watch". Bilder von 105 Kameras laufen hier unentwegt ein. Jede von ihnen dreht sich automatisch um 360 Grad, ein Umlauf dauert sechs Minuten. Sensoren identifizieren die typischen Grauwerte einer Rauchwolke in der Frühphase eines Waldbrandes. "Die können 18.000 Graustufen im Vergleich zum Hintergrund auswerten", konkretisiert Engel.

In der Zentrale identifiziert eine selbstlernende Software dann bereits minimale Rauchentwicklungen und schlägt gegebenenfalls Alarm. "Damit können wir rund 95 Prozent der Waldflächen abdecken", sagt Engel. Wenn eine Rauchwolke von den Mitarbeitern als Brand bestätigt ist, wird Alarm geschlagen. Die Koordinaten des Brandherds liefert das System auf einzelne Flurstücke genau.

Das aufwändige System ist dringend notwendig - nirgendwo brennt der Wald so oft wie in Brandenburg. In keinem anderen Bundesland wird durchschnittlich jedes Jahr mehr Waldfläche vernichtet. Ausgedehnte Kiefernwälder, der trockene märkische Sandboden und relativ geringe Niederschläge bieten dem Feuer günstigste Voraussetzungen.

Landesweit Waldbrandstufe fünf

An diesem Freitag vor Pfingsten herrscht in allen Brandenburger Landkreisen die höchste Waldbrandstufe fünf. Was in mach anderen Bundesländern eine Ausnahmesituation wäre, ist für Engel Normalität: "Es ist ein ganz durchschnittliches Jahr. Solche Phasen gibt es eigentlich immer im Frühjahr. Die stabile Hochdrucklage und der Wind machen die Lage aber durchaus gefährlich."

Für das Wochenende ist etwas Regen prognostiziert, aber auch der dürfte die Lage nicht grundlegend ändern, so Engel. In den Datenbanken der Waldbrandzentrale sind Jahrzehnte an Messwerten gespeichert. Für Engel ist jede Gefahren- und Wetterlage relativ.

Mit ein paar Klicks überprüft er die vorhergesagten Regenmengen und setzt sie ins Verhältnis zu seinen Statistiken, dem Wetterbericht für die darauffolgenden Tage und präsentiert seine Einschätzung: "Die Regenfälle dürften nicht ausreichend Regen bringen, dass die Waldbrandgefahr als gering eingestuft werden kann."

2024 - ein Durchschnittsjahr?

Dabei war der Jahresauftakt vielversprechend aus Brandschutzsicht. Es gab viele Regentage, die Bäume und der Waldboden konnten sich endlich einmal vollsaugen. Doch Engel geht nicht nach Gefühl, er schaut lieber in seinen Rechner.

"Gefühlt hat es viel geregnet", korrigiert er und zieht sich die nächste Statistik aus dem Rechner. "Von der Niederschlagsmenge her liegen wir aber einfach im Durchschnitt. Lediglich im Februar war es viel - im März und April hatten wir weniger als den Mittelwert. Und der Mai ist bislang auch sehr trocken."

Er zitiert weitere Zahlenkolonnen. Es bleibt dabei: 2024 ist bislang ein normales Jahr. Sprich: Engel rechnet mit vielen weiteren Feuern: "Wir fangen ja jetzt erstmal an. Die Sommermonate kommen ja noch. Ich gehe wieder von extremen Hitzewellen aus. Das hier ist nur der Vorgeschmack."

Schnell zitiert Engel noch eine weitere Statistik: 57 Brände habe es bislang in diesem Jahr gegeben, die vom heutigen Freitag noch nicht mitgerechnet. Das sei ziemlich genau im langjährigen Mittel. Und er sieht einen Erfolg. "Mit bisher rund 10 betroffenen Hektar sind wir noch passabel unterwegs. Das ist ein Erfolg", konstatiert Engel. Durchschnittlich viele Brände - aber verhältnismäßig wenig verbrannte Fläche. Erfolg ist eben eine relative Angelegenheit, wenn man Brandschützer in Brandenburg ist.

Beitrag von Andre Kartschall und Philipp Rother

5 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 5.

    Das frage ich mich auch, von dieser Zählweise hörte ich noch nie. Noch besser wäre, es würde gar nicht brennen.
    Was die Pflicht zu Ersatzpflanzungen bei Rodungen wie Tesla angeht, bin ich übrigens immernoch der Ansicht, dass ein Teil dieser Aufforstung gegen die Finanzierung von Löschbrunnen getauscht werden soll. Es bringt nicht viel, wenn vorn 6 ha aufgeforstet werden und hinten mangels Wasser 60 ha abbrennen.

  2. 3.

    Waldbrände sind zum großen Teil vermeidbar, wenn jeder die Natur achtet und sorgsam mit ihr umgeht. Ich bin selbst Raucher, aber außerhalb meines Grundstückes überlege ich mir sehr genau, ob der Griff zur Kippe nötig ist - meistens nicht. Und auch Lagerfeuer - wie hier schon erwähnt, haben in Wald- und Feldnähe einfach mal nichts zu suchen. Waldspaziergänge der Trockenheit wegen zu verbieten, wäre eine logische Konsequenz der bestehenden Gefahr - allerdings unglaubwürdig, solange sogar Gerichte das wilde Campen im Brandenburger Wald erlauben.

  3. 2.

    Man sollte wissen, daß jeder "Waldbrand" ab 1 Hektar erst gezählt wird. Es muß aber nicht zwingend Wald sein, sondern auch Acker und Geünland. Das bedeutet, die Größe eines Grundstückes von 500 qm, gleich 20 Grundstücke 1 ha sind. Bei 10 ha in diesem Jahr, gleich einer Größe von 200 Grundstücke um die Dimension mal einzuschätzen. Das ist für das Flächenland Brandenburg mit knapp 3 Millionen ha, nicht viel. Und fast 90% der Brände entstehen durch Brandstiftung, davon 26% durch Kinder!!!

  4. 1.

    2. Versuch, verehrte Rbb24- Lektoren:
    Gestern hab ich wieder zwei Lagerfeuerstellen (mit Steinring) am Waldrand und Seeufer zerstört. Es lagen auch viele Zigarettenkippen verteilt am See! Im Gebüsch versteckt ein Sack mit Brennholz! Hallo? Wem gehört die Natur? Ich erwarte Respekt und Verantwortungsbewusstsein vor unserer, schützenswerte Natur! Rauchen und saufen könnt Ihr in Euren Wohnhöhlen!

Nächster Artikel