Union Berlins neuer Trainer - Das sind die Gefahren bei der Baumgart-Verpflichtung

Mo 30.12.24 | 17:26 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Union Berlins neuer Trainer Steffen Baumgart (imago images/Beautiful Sports)
Bild: imago images/Beautiful Sports

Die Verpflichtung Steffen Baumgarts als neuer Trainer von Union Berlin gilt als so etwas wie die Rückkehr eines verlorenen Sohnes. Emotional ist der Schritt auch zweifelsohne ein Volltreffer. Fußballerisch hingegen gibt es Fragen. Von Ilja Behnisch

Würde man vor einem Gericht vorbringen müssen, weshalb es eine gute Idee sei, dass Steffen Baumgart neuer Trainer des Fußball-Bundesligisten 1. FC Union Berlin wird, man dürfte sich auf ein ausführliches Plädoyer einstellen.

In gebührender Kürze: Baumgart war nicht nur Profi bei Union, sondern Kapitän und zwei Mal "Spieler der Saison", er hat einen Wohnsitz in Köpenick, seine Frau Katja leitete einst die Fanshops des Vereins, Unions Sport-Geschäftsführer Horst Heldt holte ihn ehedem schon 2021 zum 1. FC Köln, außerdem kennt Baumgart die Bundesliga und gilt als Menschenfänger und Motivator.

Passt Unions Mannschaft zu Baumgart?

Es dürfte daher als ausgemacht gelten, dass die überragende Mehrheit der Union-Fans mit voller Vorfreude ins neue Fußball-Jahr rutschen wird. Weil Baumgart als Union-Trainer immer so ein wenig als Fieber-Traum über dem Stadion An der Alten Försterei hing, seit dieser sich von 2017 an aufmachte, mit dem SC Paderborn von der dritten in die erste Liga durchzumarschieren und anschließend mit dem 1. FC Köln bis nach Europa.

Doch die Sterne standen nie so recht günstig für dieses mutmaßliche Traumpaar, immer war eine der beiden Parteien gerade zu erfolgreich in einer bereits bestehenden Konstellation. Und so ging Baumgart im Februar 2024 zum Hamburger SV, der seine andere große Liebe ist, neben dem 1. FC Union. Oder war, je nachdem wie gut er sein Aus beim ehemaligen Bundesliga-Dino nach nur 278 Tagen Amtszeit im November verkraftet hat.

Dabei schien Baumgart nahezu ähnlich gut gemacht für den HSV wie nun für Union: Ein riesiger Traditionsverein, im Herzen mit seinem neuen Trainer verbunden, der nur darauf wartet, emotional über die Ziellinie und also zurück in die erste Liga geschubst zu werden. Doch der Plan ging nicht auf. Wohl auch, weil der Kader nicht so recht passte oder zumindest nicht zu Baumgarts Idee von Fußball. Die große Frage lautet deshalb nun: Passt Unions Mannschaft zu Steffen Baumgart?

Seine Spielphilosophie erklärte Baumgart einst im Gespräch mit dem Fachblatt "Kicker" wie folgt: "Lieber gibt es hinten eines mehr und dafür sehen wir vorne viele Tore." Ein Satz, der vielen Fußball-Fans ein Lächeln auf die Lippen zaubern dürfte, der zum 1. FC Union der vergangenen Jahre aber ungefähr so gut passt wie dieser hier: "Die Heimspiele des Vereins werden im Olympiastadion ausgetragen."

Korrigiert der Verein die Versäumnisse des Sommers?

Der ehemalige Stürmer Baumgart steht für fast schon bedingungslose Offensive, intensives Pressing und schnelles Umschaltspiel. Er setzte im Laufe seiner Trainer-Karriere zumeist auf eine Viererkette und klare Zielspieler im Sturm. Würde man eine Merkmal-Liste des aktuellen Union-Kaders erstellen, fände sich davon höchstens das Bestreben nach zügigem Umschaltspiel wieder.

Die Hoffnung der Köpenicker muss daher lauten, dass Unions Verteidigungsqualitäten regelrecht in der Mannschafts-DNA stecken, so dass selbst der vermutlich deutlich offensivere Ansatz Baumgarts nicht zu Lasten der defensiven Stabilität geht. Und dass Baumgart aus den vorhandenen und bislang unglücklichen Stoß- und Zielstürmern wie Jordan, Andrej Ilic und Ivan Prtajin mehr herauszuholen vermag als sein Vorgänger Bo Svensson.

Sich darauf zu verlassen, dass der "rustikale Rhetoriker" (Süddeutsche Zeitung) diese Spieler schlagartig entscheidend verbessert, dürfte dem Verein aber womöglich als zu riskant erscheinen. Und nicht wenigen Experten als nahezu unmöglich.

Korrigiert der Klub seine Versäumnisse aus dem Transfersommer aber mit offensiven Neuverpflichtungen, hätte es auch gute Gründe gegeben, die Zusammenarbeit mit dem Defensiv-Coach Bo Svensson fortzusetzen. Denn warum der Däne ziemlich gut zum 1. FC Union passt, lag vor seiner Verpflichtung auch recht deutlich auf der Hand. Die meisten davon waren, im Gegensatz zu Baumgart, fußballerischer Natur.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.12.2024, 18:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

42 Kommentare

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  1. 41.

    Ich schätze Steffen Baumgart wird sich auf Köpenick lange und superbequem im (Trainer-)Sattel halten können, weil er sich hier voll zuhause fühlen kann und es mit ihm ja nicht plötzlich um die Meisterschaft geht.

  2. 40.

    Zitat: Das Du alles verteidigst, was Union macht . . . Du magst keine Kritik an Union . . ."

    Das mögen Sie so empfinden, ist aber unzutreffend. Unter einem anderen Artikel zur Baumgart Verpflichtung schrieb ich gestern noch, dass ich mir nicht sicher bin, ob er der richtige Kandidat ist. Und Kritik am FCU wird von mir immer akzeptiert, wenn es sich denn auch um solche handelt. Anders verhält es sich, wenn Unwahrheiten oder stumpfes Getrolle über den FCU ausgeschüttet werden. Dann kann ich schonmal 'n bisschen kiebig werden, was für einen Fan nun nicht gerade ungewöhnlich ist.

    Und ja, Baumgart wurde in Köln und Hamburg freigestellt, weil er jeweils etwa zur Saisonmitte die sehr unterschiedlichen Erwartungen der Klubführungen nicht erfüllen konnte. Dabei hatte er im ersten Jahr beim Effzeh durchaus Erfolg, indem er den Klub in die ECL führte. Wie es mit ihm und dem FCU läuft wird man abwarten müssen - und als Fan nat. auf das Beste hoffen.

    Guten Rutsch wünsche ich, "Das".

  3. 39.

    "Seine Spielphilosophie erklärte Baumgart einst im Gespräch mit dem Fachblatt "Kicker" wie folgt: "Lieber gibt es hinten eines mehr und dafür sehen wir vorne viele Tore." "

    Daraus abzuleiten, dass er defensiv nachlässig spielen lässt, ist fragwürdig. In seiner erfolgreichsten Trainersaison in der BL hatte Köln (7.) gerade einmal 5 Gegentore in 34 Spielen mehr kassiert als das so defensive Union (5.). Das sind 0,15 Gegentore pro Spiel mehr. Köln schoss übrigens damals nur 2 Tore mehr, 0,06 pro Spiel.

    Das Gerede vom zu offensiven Baumgart für Union ist wohl ein Vorurteil.

  4. 38.

    Ich habe fie PKs bon Union geseh3nm nicht nur gelesen.
    Daher kommt mein Bild.

    Und ehrlich gesagt verstehe ich das Dreinhauen auf Zingler nivht. Ohne ihn wäre Union nicht da, wo wir jetzt sind.
    Und ich erinnere daran, dass Zingler, Ruhnert und Fischer IMMER gesagt haben, dass der Weg steinig wird und nicht frei von Rückschlägen.

    Mein Tipp: Engagiere Dich selbst, wenn Du die Clubspitze gür unfähig hältst!

  5. 37.

    Zitat: "... und das war also erfolgreich ???"

    Ich habe nicht behauptet, dass Baumgart erfolgreich im Sinne des vom HSV anvisierten Aufstiegs war, das war er ganz klar nicht, sondern lediglich denen widersprochen, die hier und unter anderen Artikeln zum Thema, Baumgart totale Erfolglosigkeit in Köln und Hamburg zuschreiben und den FCU unter ihm schon in der 2. Liga sehen (wollen) etc., Thomas.

  6. 36.

    Schon lustig. Bevor er sein erstes Spiel hat wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schon der erste Punkt am grünen Tisch verloren gehen.
    Mal sehen ob der Trainerwechsel was bringt. Ich denke nich wirklich.
    Entscheidend ist doch die Mannschaft. Diese ist aber mMn offensichtlich nur ansatzweise erstligatauglich.

  7. 35.

    Und Du scheinst über die Lesegewohnheiten anderer informiert zu sein. Auch wenn Dein Fazit richtig ist, den Aufgang hättest Du Die schenken können. Beim Thema Fußball redet jeder einfach mit. Und jeder hat eine Meinung. Zeigt sich besonders zu WM und EM immer wieder. Da redet wirklich jeder mit, und warum auch nicht? Das gehört nunmal dazu. Besser als wenn man überhaupt keine Meinung hat.

  8. 34.

    Das Du alles verteidigst, was Union macht, ok. Ist wohl Dein persönliches Fanleben. Aber den Besserwisser auf eine etwas arrogante Art raushängen zu lassen, macht Dich unsympathischer als Du vielleicht bist. Baumgart ist weder ein guter noch ein schlechter Trainer. Erfolge hatte es bislang nicht. Und er musst halt immer wieder gehen. Nicht freiwillig. Ob er zu Union als Trainer passt? Keine Ahnung. In jedem Fall ist da ein Geschmäckle im Zusammenhang mit Heldt. Der hat nun bei Union auch noch nichts bewirkt. Du magst keine Kritik an Union, aber versuche mal neutral auf die Situation zu blicken. Ob nun BS oder SB. Beide Trainer sind auf ihre Art gut. Aber vielleicht nicht gut für Union. BS ist weg, nun SB.

  9. 33.

    Irgendwie kurios, dass es immer Nutzer gibt, die es augenscheinlich besser wissen, weil sie einen oder zwei Artikel im Kicker gelesen haben. Wahrnehmungen und Meinungen aufgrund persönlicher Befindlichkeiten sind aber grundsätzlich subjektiv. Ob Baum erfolgreich sein wird oder nicht, ist nicht ansatzweise vorherzusagen. Dem Team, dem Verein und vor allem ihm wäre es zu wünschen.

  10. 32.

    ziemlich viel Gegenwind für Herrn B.
    sieht aber auch offensichtlich nach bissel zu viel "Nächstenliebe" zwischen ihm und Herrn Heldt aus :-(
    wir sind seeeeehr gespannt, was das Ergebnis sein wird ......
    wer gewinnt ???
    die Skeptiker, die Träumer oder die, die's können:
    Tore schießen :-)

  11. 31.

    Zitat "Baumgart war dort gerade mal die halbe Saison 23/24 Trainer und hat mit Platz 4 abgeschlossen"
    ... und das war also erfolgreich ??? ... Bei der Übernahme stand der HSV mit 2 Punkten Vorsprung auf Relegationsplatz 3 und Platz 4 fehlten 5 Punkte zur Relegation ...

  12. 30.

    Der Kult begründet sich mehr mit dem Drumherum! Der bekannteste Kult ist das Weihnachtssingen, oder die Anteile der MitgliederInnen am Stadionbau, oder das Drachenbootrennen,..
    Das kenne ich von keinem anderen Berliner Verein. Auch nicht als Alt-Herthaner.
    Der Spielbetrieb muss dem System des Verbandes geschuldet sein, um bestehen zu können. Ich kenne keinen Verein, der sich dem entziehen kann.
    Den einzig ehrlichen, nichtkommerziellen Fussball sehe ich in den Jugendabteilungen der Amateurclubs

  13. 29.

    Wenn du die PKs aus Hamburg gelesen hast, siehst du das gleiche Ergebnis. Oder glaubst du, dass er zwischen Zeitlich erhellt wurde.
    Eigentlich müsste die Geschäftsführung ausgetauscht werden. Aber ein Hr. Z. und Hr. H. kleben an ihren Sesseln. Da steht der Verein nicht an erster Stelle.

  14. 28.

    Guten Morgen.

    Abwarten, ob seine Motivationskünste und seine Fähigkeiten, eine Mannschaft auf den jeweiligen Gegner einzustellen, ausreichen, um Union Berlin wieder in die Spur zu bekommen. Menschlich eine gute Verpflichtung, aber hier sind wir nicht bei „Wer wird Schwiegermutters Liebling?“.

    Ich drücke als waschechter Berliner natürlich die Daumen.

  15. 27.

    So kann nur jemand reden, der von der Vereinsgeschichte so absolut keine Ahnung hat. Aber naja…hier kann ja jeder seinen Senf dazugeben…

  16. 26.

    Es mag sicherlich sein, daß Union ein Kultverein ist. Ich habe dreimal am Exilertreffen, mir meinem Sohn, teilgenommen. Ich habe ein Verein zum anfassen erlebt und gesehen. Bis hin zum Präsidenten.
    Sicherlich weht in der Bundesliga, ein anderer Wind. Hat der Verein, schnell verstanden. Besser als blauäugig da hinzustolpern.

  17. 25.

    Was hier und in den anderen Threads zum Thema Baumgart viele immer wieder mit dem HSV haben, verstehe ich nicht wirklich. Seit dem Abstieg haben sich sieben Trainer daran versucht, den HSV wieder in die Buli zu führen - und keiner hat's geschafft. Baumgart war dort gerade mal die halbe Saison 23/24 Trainer und hat mit Platz 4 abgeschlossen, ist in der aktuellen Saison hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben und wurde nach 13 Spieltagen freigestellt. Daraus nun ein großes Scheitern herbei zu fabulieren, scheint mir reichlich übertrieben.

  18. 24.

    Klar ist Union anders als die anderen, siehe Fankultur oder Stadionbau.
    Aber natürlich kann man sich nicht total den Regeln der Profifussballs entziehen.

  19. 23.

    Heißt übrigens Eisern Union(E.U.) und nicht Super Union(S.U.).Aber als wahrer Berliner wissen Sie das bestimmt. Mit einem neuen Stürmer und Baumes Emotionen könnte es klappen.

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