Interview | Feuerwehrsprecher Kasch - "Wir fragen uns langsam: Wo soll das noch hinführen?"

Do 02.01.25 | 09:18 Uhr
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Durch die Explosion einer mutmaßlichen Kugelbombe sind zahlreiche Fensterscheiben in der Vorbergstraße im Stadtteil Schöneberg zu Bruch gegangen. (Quelle: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen)
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Audio: Radioeins vom rbb | 02.01.2025 | Julia Menger | Bild: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen

Mit schweren Kugelbomben-Detonationen haben die Silvester-Exzesse in Berlin eine neue Dimension erreicht. Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch über einen herausfordernden Einsatz zum Jahreswechsel.

rbb: Herr Kasch, fangen wir mal mit den Kugelbomben an. Da ist nicht nur eine in Schöneberg explodiert, sondern auch in einer Menschenmenge in Tegel. Acht Menschen wurden dabei verletzt, zwei lebensbedrohlich. In Brandenburg ist ein Mensch gestorben. Was unterscheidet diese Böller von anderen?

Vinzenz Kasch: Also das ist natürlich kein zugelassenes Feuerwerk für jedermann. Diese Bomben haben tatsächlich eine sehr hohe Kraft, sehr hohe Energie. Die sind dafür gedacht, weit oben in den Himmel tolle Lichteffekte zu machen. Wenn die am Boden explodieren, dann haben die genauso eine Kraft wie wir das hier sehen. Menschen werden schwer verletzt oder es gehen noch in weiter Entfernung Scheiben zu Bruch.

Zur Person

Vinzenz Kasch, Behördensprecher der Berliner Feuerwehr, spricht während eines Statements über die Ereignisse der zurückliegenden Berliner Silvesternacht. +++ dpa-Bildfunk +++
dpa

Vinzenz Kasch ist seit September 2023 der Leiter des Stabs Kommunikation der Berliner Feuerwehr. Zuvor war Kasch Leiter des "Einsatzbereichs 1" und verantwortlich für Feuerwachen in den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg.

Aber die Kugelbomben sind illegal, oder? Wie hätte das verhindert werden können?

Die sind auf jeden Fall nur in zertifizierte Hände beziehungsweise in geübte Hände zu geben. Dafür gibt es spezielle Schulungen und Lehrgänge - für Feuerwerker. Und deswegen hat das natürlich nichts in Händen von jedermann zu suchen, insbesondere nicht in einer Silvesternacht, wo man vielleicht noch alkoholisiert damit umgeht. Und insbesondere nicht mitten in Schöneberg in der Hauptstraße.

Welches Fazit ziehen Sie denn insgesamt, also wie lief die Silvesternacht für die Berliner Feuerwehr ab? Die Zahlen sind ja ähnlich wie im letzten Jahr.

Tatsächlich sind die Zahlen aus unserer Sicht noch mal deutlich gestiegen. Unsere Brandeinsätze sind noch mal um ein Viertel gestiegen. Und wir fragen uns langsam: Wo soll das noch hinführen? Wir wissen gar nicht mehr, wo wir noch mehr Personal herziehen sollen für ein kommendes Silvester, um weiterhin auch gewisse Reserven vorhalten zu können. Das hat uns in diesem Jahr wirklich gefordert, und wir sehen ja auch eine Steigerung in den vergangenen Jahren, so dass wir mit Sorge in die Zukunft schauen.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Sie zu deutlich mehr Wohnungsbränden ausrücken mussten diese Silvesternacht?

Was die Brände angeht, das hat auch immer mit dem Wetter zu tun. Wenn es trocken ist und viele Menschen auf den Straßen sind, gibt es schon mehr Brände. Aber uns hat trotzdem überrascht, wie viele Notrufe es gab. Unsere Leitstelle hatte alle Mühe, diesem Notrufaufkommen Herr zu werden.

Sie haben im Vorfeld viel auf Prävention gesetzt - mit diversen Kiezprojekten, mit Jugendlichen, weil es in den vergangenen Jahren immer wieder Angriffe auf die Einsatzkräfte gab. Hat das Ihrer Meinung nach was gebracht?

Also zumindest was die Anzahl angeht an Übergriffen auf Rettungskräfte, können wir tatsächlich nochmal eine Reduzierung zu letztem Jahr sehen. Weniger als die Hälfte der Fälle sind bisher gemeldet. Jetzt muss man abwarten, wie sich die nächsten Tage ergeben, was noch nachgemeldet wird. Wir wissen selbst, dass es ein langer Weg ist. Diese Projekte in den Kiezen, da ist nicht von heute auf morgen die Arbeit erledigt. Dass es trotzdem wieder Übergriffe gab - bei einem Fahrzeug von uns flog ein Stein durch die Scheibe - das sind Situationen, die dürfen nicht sein.

In vielen Haushalten war ja auch zu Silvester das Wasser weg wegen eines riesigen Wasserrohrbruchs. Hat dieser Einsatz Sie eigentlich von der wichtigen Silvesterarbeit abgehalten?

Wir haben ja häufiger solche Wasserrohrbrüche in Berlin, selten einen so schwerwiegenden. Und der kam einfach zur ungünstigsten Zeit. Wir waren in einer Phase, da starteten viele Brände, wir waren auch in der Nähe der Seestraße bereits unterwegs zu Brandeinsätzen. Natürlich behindert uns das, wenn aus dem Hydrant plötzlich kein Wasser mehr kommt. Wir mussten dann sofort taktisch umstellen und setzten auf Tanklöschfahrzeuge. Wir waren aber heilfroh, dass die Wasserwerke das dann relativ schnell hinbekommen haben noch in der Nacht.

Vielen Dank für das Gespräch.

Nach der Silvesternacht wird in Berlin aufgeräumt

Das Gespräch führte Julia Menger für Radioeins. Es handelt sich um eine gekürzte und redigierte Fassung. Das Interview können Sie im Audio nachhören.

Sendung: Radioeins vom rbb, 02.01.2025, 06:50 Uhr

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101 Kommentare

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  1. 101.

    Macht endlich Schluss mit dieser Art Silvester!
    Kein öffentlicher Verkauf von Feuerwerk.
    Jedes Jahr die gleiche Diskussion ist für jeden Bürger eine Verarsche !!!

  2. 100.

    Nicht schlecht, auch wenn der Kommentar nicht von mir ist. Kannte ich noch nicht. Ich bin nicht so der Biermann Fan.

  3. 99.

    Macht es denn überhaupt noch Sinn irgend etwas zu wählen??letztlich wird der Bürger ja doch übergangen da hilft weder eine Volksabstimmung noch Neuwahlen . Bestes Beispiel ; Wowereit und die Volksabstimmung zum Flughafen Tempelhof.

  4. 98.

    Es wird immer schlimmer!!!
    Da hilft auch das immer wiederkehrende SCHÖNREDEN nicht!!
    Es muß durchgegriffen werden!!!
    Hier helfen nur Verbote und harte Strafen !!!

  5. 97.

    Der gleiche rechtsextreme Schwachsinn, nur unter anderen Namen.

    Böllern ist für sie also "deutsche Kultur? Na, das lässt ja tief blicken.

    Ich will sie ja nicht überfordern aber "wir" sind erst seit 1871 überhaupt eine Nation. Vorher war Kleinstaaterei, nachdem der erste Versuch 1848 gescheitert war.

    Da hat jeder Fürst bestimmt was "deutsche Kultur" ist, die schon immer von anderen beeinflusst war. Selbst die "Werte" die sie ansprechen war maßgeblich von der französischen Revolution geprägt.

  6. 96.

    Wie bitte?!?! Ich wohne in einer Sperrzone. Warum sollte ich also Silvester meine Wohnung verlassen? Es ist doch wohl angemessener zu verlangen, dass die aus dem Verkehr gezogen werden, die sich nicht an Sperrzonen und Gesetze halten.

  7. 95.

    Wir verlassen schon seit einigen Jahren Berlin über den Jahreswechsel und verleben Silvester ganz entspannt in Bayern. Natürlich wird vor der Abreise noch das Haus soweit möglich vor potentiellen Angriffen während unserer Abwesenheit gesichert. Es ist einfach nur traurig, dass wir uns in unserer Heimatstadt Berlin nicht mehr sicher und beschützt fühlen können und unsere bislang selbstbestimmte Lebensweise ganz offensichtlich den zunehmenden (kriminellen) Gefahren anzupassen haben.

  8. 93.

    Richtig erkannt ! Die Deutschen sind und bleiben das eigentliche Problem ! Sie wollen sich selbst abschaffen, ihre eigene Kultur zu Gunsten von anderen aufgeben, scheitern aber der konsequenten Umsetzung, weil die Werte und Identität doch noch eine zu große Rolle spielen. Das wird und muss sich ändern, sonst wird das nichts. Der Widerstand muss auch weiter gebrochen werden.

  9. 92.

    Darf Herr Wendt jetzt keineveigene Meinung mehr haben? Oftbgenug teile ich seine Auffassung nicht. Hier tue ich es.

  10. 91.

    Du, laß dich nicht verhärten In dieser harten Zeit
    Die all zu hart sind, brechen
    Die all zu spitz sind, stechen
    Und brechen ab sogleich...

  11. 89.

    Antwort auf Hydra vom 2.1., 12.26 h
    Dazu kann ich nur sagen, Sie gaben Glück gehabt, unbeschadet nach Hause gekommen zu sein.
    Ich wohne auch in einer Grosssiedlung, es wurde über 15 h lang ununterbrochen geballert wie im Krieg, und Bekannte von mir wurden am Neujahrsmorgen um 3.30 Uhr von Jugendlichen mit Raketen und Böllern beschossen....

  12. 88.

    Bei uns am Platz gab es auch ein paar sehr laute Kanonenschläge, die sicher nicht aus dem Supermarkt waren, aber ich habe mich nicht darüber aufgeregt. Meine Meinung: Wer verbotenes oder selbstgebasteltes Feuerwerk zündet, der gehört hart bestraft (§308 StGB Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion). Aber insgesamt fand ich es dieses Mal schön und ich habe mich gefreut. Warum fahren Sie nicht über Silvester - wenigstens die eine Nacht - irgendwo in eine Pension am Land? Sie regen sich doch sonst so auf.

  13. 87.

    An dieser Stelle mal ein dickes Danke, dass eine Debatte in den Kommentarspalten von rbb24 möglich ist, um das Für und Wider des Böllerns abzuwägen. Mir persönlich hilft es, mit den belastenden Silvestervorkommnissen besser klar zu kommen, in der Hoffnung dass sich politisch endlich etwas bewegt. So kanns nicht weitergehen.

  14. 86.

    Man sollte nicht laut "Schwachsinn" rufen wenn man selbst welchen schreibt.

    „ Felix Martens, der Sprecher des Bundesverbands Pyrotechnik, sagte im rbb, dass es ein Skandal sei, so gefährliche Materialien einfach online bestellen zu können. "Im Prinzip sind das wenige Klicks. Sie gehen in einen Onlineshop, die befinden sich meist im Ausland, und können das innerhalb weniger Minuten bestellen und innerhalb weniger Tage ist es bei Ihnen."

    Das hat überhaupt nichts mit 2015 zu tun, was immer sie damit andeuten wollen und auch Grenzkontrollen sind reiner Populismus wie sie Rechtsaußen Dregger fordert.

    Die betroffene Bevölkerungsgruppe wird von der Direktorin des Berliner Unfallkrankenhauses klar benannt.

    "Die Betroffenen seien ihrer Beobachtung nach "alle im jugendlichen Alter oder junge Erwachsene, ausschließlich männlich"."

    Und das ALLER Nationalitäten.

  15. 85.

    Alle lieben den Frieden und spielen dann Krieg, weil der Frieden zu langweilig geworden ist.

    Menschen eben.

  16. 84.

    Träumen Sie weiter. Übers Internet kann man alles bestellen, wirklich alles. Und was glauben Sie, was zBsp in Hellersdorf los ist. Da sind auch Biodeutsche fleißig am Werk und toben sich heftigst aus.

  17. 83.

    Der Aufschrei ist schon seit Jahren groß, aber politisch dreht sich kaum etwas. Wer hier blockiert, ist bekannt.

  18. 82.

    Nein das ist Schwachsinn! Man sieht doch wer das ist, das ist seit 2015 so extrem. Die Grenzen müssen geschlossen werden und wieder Kontrolliert werden. Dann kommt auch kein Illegales Feuerwerk her.

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