Früherkennungssystem - 106 Kamerasensoren spüren Waldbrände auf
Immer wieder brennt es in den brandenburgischen Wäldern. Das Früherkennungssystem "Fire Watch" hilft, den aufsteigenden Rauch möglichst früh zu erkennen. Auch die Waldflächen Berlins werden durch das System kontrolliert. Von Philipp Rother
Ausgedehnte Kiefernwälder, wenig Niederschlag und leichte Sandböden: Brandenburg ist bundesweit das Land mit der höchsten Waldbrandgefährdung. Ein Drittel aller Waldbrände Deutschlands ereignen sich in der Mark.
Die EU schätzt die Gefahrenlage in Brandenburg genauso hoch ein wie in den südeuropäischen Ländern Spanien oder Italien - aktuell steigt sie wieder an: Seit Dienstagmorgen gilt in 13 der 14 brandenburgischen Landkreisen die höchste Warnstufe.
Acht Kamerasensoren in Potsdam-Mittelmark
Der Landesbetrieb Forst nutzt das sensorgestützte Waldbrand-Früherkennungssystem "Fire Watch", um die 1,1 Millionen Hektar Wald in Brandenburg zu überwachen - unabhängig davon, ob sich die Flächen in Privat- oder Landesbesitz befinden.
Insgesamt 105 Kamerasensoren sind im Einsatz, um Brände frühzeitig zu erkennen. "Damit können wir rund 95 Prozent der Waldflächen abdecken", erklärte der Waldbrandschutzbeauftragte des Landes Brandenburg, Raimund Engel, dem rbb auf Nachfrage.
Im Landkreis Potsdam-Mittelmark sind zum Beispiel acht Sensoren positioniert; dazu einer im Gebiet der Stadt Brandenburg an der Havel und ein weiterer auf dem Kleinen Ravensberg in Potsdam. Die meisten Sensoren sind auf Mobilfunkmasten angebracht, einige befinden sich auf Aussichtstürmen oder alten Feuerwachtürmen.
System schlägt automatisch Alarm
Die Kamerasysteme drehen sich um 360 Grad, eine Umdrehung dauert sechs Minuten. Sie scannen die Landschaft und identifizieren die typischen Grauwerte einer Rauchwolke in der Frühphase eines Waldbrandes. "Die Sensoren können 18.000 Graustufen im Vergleich zum Hintergrund auswerten", konkretisierte Engel. Erkannt werden können Rauchwolken auf eine Entfernung von 20 Kilometern. Bei guter Sicht können sogar kleinste Rauchwolken auf Distanzen von bis zu 50 Kilometern entdeckt werden.
Bei Rauchentwicklung schlägt das System automatisch Alarm - auch wenn ein Auto brennt oder ein Industrieschornstein Rauch ausstößt. Die Meldungen werden in den beiden Waldbrandzentralen des Landes in Eberswalde (Barnim) und Wünsdorf (Teltow-Fläming) von Mitarbeitenden geprüft. Gegebenenfalls ermitteln sie konkrete Koordinaten und alarmieren dann die regionalen Leitstellen des Brand- und Katastrophenschutzes. "Mensch und Technik arbeiten eng zusammen. Die Technik zeigt, der Mensch prüft - im Schnitt geht die Alarmierung zwei bis drei Minuten nach der Ersterkennung raus", erklärte Engel: "Wir wollen das Bodenfeuer schon kriegen, das qualmt am meisten."
Sensoren wurden für Weltraummission entwickelt
Entwickelt wurden die Sensoren einst für eine Weltraummission, um damit auf dem Mars Staubwolken zu erkennen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelte das System immer weiter, ein Unternehmen aus Berlin brachte es dann als Waldbrandfrüherkennungssystem "Fire Watch" auf den Markt.
Brandenburg vertraut seit 2003 auf das digitale Frühwarnsystem, die erste Kamera wurde in Peitz (Spree-Neiße) in Betrieb genommen. Zuvor saßen Waldarbeiter mit Ferngläsern in Feuerwachtürmen und beobachteten die Landschaft. 136 hatte es im Jahr 1992 gegeben. Per Telefon oder Funk gaben die Arbeiter von dort aus ihre Beobachtungen weiter. Diese wurden dann mit den Informationen von Kollegen auf anderen Türmen abgeglichen. "Das dauerte lange und war zudem ziemlich ungenau", so Engel. Bis 2005 seien die Türme teils noch besetzt worden.
KI ermöglicht noch höhere Raucherkennungsraten
Das heutige Waldbrand-Früherkennungssystem wird ständig weiterentwickelt: Seit zwei Jahren kommt auch Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Sie ermöglicht noch höhere Raucherkennungsraten und den besseren Ausschluss von Fehlmeldungen. "Das System lernt permanent dazu", so Engel.
Auch die Berliner Wälder werden mithilfe des Systems überwacht - aktuell gibt es nur einen Kamerasensor auf dem Müggelberg im Südosten der Stadt. Die Daten werden in der Brandenburger Zentrale in Eberswalde ausgewertet. Ein zweiter Standort soll im Bereich Grunewald hinzukommen.
Auch die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen nutzen "Fire Watch". "Alle sind vernetzt", sagte Engel: "Wir arbeiten zusammen, sonst wären wir in Grenzbereichen aufgeschmissen."
Sendung: Antenne Brandenburg, 14.05.2024, 10 Uhr