Berliner Milieuschutzgebiete - Verwaltungsgericht: Handtuchheizkörper und Balkone sind kein Luxus

Fr 04.04.25 | 10:57 Uhr
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Balkon in Berlin
Audio: rbb 88.8 | 04.04.2025 | Micheal Ernst | Bild: Bernd Diekjobst/dpa-tmn/

Eigentümer von Wohnungen in Berlin-Mitte haben sich das Recht erkämpft, kleine Balkone, Handtuchheizkörper und eine hängende Toilette einbauen zu dürfen - obwohl die Mehrfamilienhäuser in einem sogenannten Milieuschutzgebiet stehen. So würden die Wohnungen zeitgemäß ausgestattet, erklärte das Verwaltungsgericht der Bundeshauptstadt am Freitag. In Milieuschutzgebieten müssen bauliche Änderungen genehmigt werden.

So soll die Zusammensetzung der dort Wohnenden geschützt werden, indem nicht zu viele Menschen wegen steigender Mieten umziehen müssen. In Berlin sind dem Gericht zufolge die Bezirke zuständig. Es gebe dort mehr als 40 Milieuschutzverordnungen.

Auch "wandhängende Toiletten" erlaubt das Gericht

Eine Klägerin will im Badezimmer einer Wohnung ein Stand-WC durch eine wandhängende Toilette ersetzen und einen Handtuchheizkörper einbauen. Eine andere Klägerin will an 13 Wohnungen ihres Mehrfamilienhauses jeweils einen Balkon von vier Quadratmetern Größe anbauen. Das Bezirksamt genehmigte das nicht. Es argumentierte, dass die Pläne über einen zeitgemäßen Ausstattungszustand hinausgingen. Sie würden den Wohnwert erhöhen und seien im Milieuschutzgebiet nicht zulässig.

Die Eigentümerinnen zogen nun vor Gericht. Dieses gab den Klagen nun statt und verpflichtete das Bezirksamt dazu, die Genehmigungen zu erteilen. Im Baugesetzbuch sei geregelt, dass bauliche Veränderungen genehmigt werden müssten, wenn eine durchschnittliche Wohnung so einen zeitgemäßen Ausstattungszustand erreiche.

Gericht: Kleine Balkone sind bundesweit verbreitet

Auch in Milieuschutzgebieten dürfe die Ausstattung behutsam auf den Standard mittlerer Wohnverhältnisse angehoben werden, erklärte das Gericht. Bei wandhängenden Toiletten und Handtuchheizkörpern in Standardausführung sowie bei vier Quadratmeter großen Balkonen werde dieser Standard nicht überschritten.

Dafür spreche, dass eine solche Ausstattung bundesweit verbreitet sei. Die Mietspiegel der größeren deutschen Städte stuften sie überwiegend nicht als wohnwerterhöhend ein.

Gegen die Urteile kann noch Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Sendung: rbb 88.8, 04.04.2025, 11:00 Uhr

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29 Kommentare

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  1. 29.

    Wenn man sich den Mietspiegel anschaut, dann empfinde ich Wohnwertsteigerungen durch solche Albernheiten als nichtmehr hinnehmbar. Auf 25 qm gibt es für mein Empfinden keinen Luxus, der 750 € kalt rechtfertigt, Loch bleibt Loch.

  2. 28.

    Man hat diese Milieuschutzgebiete nicht aus Jux und Dollerei eingerichtet, sondern um Mieter vor gierigen Spekulanten zu schützen.

    Mit solchen Gefälligkeitsurteilen unterlaufen skrupellose Richter solche Bemühungen absichtlich. Schlimm genug dass sich die Immobilienbranche mit Millionen"spenden" Politiker kaufen die dann günstige Gesetze für sie herausbringen, jetzt wird sogar noch der minimalste Schutz für wehrlose Mieter ausgehebelt.

  3. 27.

    Man hat diese Milieuschutzgebiete nicht aus Jux und Dollerei eingerichtet, sondern um Mieter vor gierigen Spekulanten zu schützen.

    Mit solchen Gefälligkeitsurteilen unterlaufen skrupellose Richter solche Bemühungen absichtlich. Schlimm genug dass sich die Immobilienbranche mit Millionen"spenden" Politiker kaufen die dann günstige Gesetze für sie herausbringen, jetzt wird sogar noch der minimalste Schutz für wehrlose Mieter ausgehebelt.

  4. 26.

    " Ihre Idealvorstellung wäre vll. eine super Wohnung für lau und vll. noch Geld oben drauf. "

    Ich frage mich ob sie überhaupt in der Lage sind zu diskutieren, was soll diese blödsinnige weil völlig überflüssige Unterstellung?

    Und was sie behaupten wäre keine Sanierung die ich auf die Miete umschlagen kann, sondern eine notwendige Reparatur. Sagen sie ja selbst: "Der Preisunterschied zwischen Hänge- und Sitz-WC ist in den Standardausführungen marginal, "

    Nochmal, das machen die ja ausschließlich deshalb um die Miete drastisch erhöhen zu können. Man bekommt den Hals nicht voll genug.

  5. 25.

    Das weiß ma; doch schon seit 30 Jahren. Muss man das berichten. Unglaublich

  6. 24.

    Ist dieses Urteil im Interesse der Mieter? Wollen die Mieter diese Umbauten? Wieviel Mieterhöhung bringen diese Umbauten?

  7. 23.

    Unglaublich, was hier für ein Blödsinn geschrieben wird. Urteil ist so Menschenverachtend und man unterhält sich über Handtuchhalter, Toiletten und Balkone, die wirklich toll sind.
    Dann macht man sich lustig über jemand, der sich vertippt hat mitb, Balkon in der Wohnung. Oh mein Gott - hat man sonst nichts besseres zu tun.
    Es gibt halt nur mal keine Mieten unter zehn Euro in einer Hauptstadt in Europa geht nach Paris. London, Frankfurt egal wohin Barcelona, Madrid, Amsterdam, Dublin, ihr wisst gar nicht, was ihr in Berlin alles habt.
    Völlig irre Kommentare

  8. 22.

    Wo ist das Urteil menschenverachtend. Nun bleiben Sie auf dem Teppich und in der Realität

  9. 21.

    Wenn weniger Wohnungen gebaut werden, als es der Bedarf verlangt, steigen die Mieten.
    Da hilft auch kein Verbot "hängender Toiletten".

  10. 20.

    Warum Balkone rangebappt werden weiß ich nicht, aber Bäder werden oft vom Eigentümer vor einem Mieterwechsel oder im Rahmen einer notwendigen Sanierung auf Vordermann gebracht. Ideal Standard ist ein Austausch der meist etwas mitgenommenen sanitären Einrichtungen und der Heizkörpers. Letzterer ist oft einfach am Ende und so'n durchgerotteten Miefquirl braucht niemand - also neu. Der Preisunterschied zwischen Hänge- und Sitz-WC ist in den Standardausführungen marginal, der Zugewinn an Hygiene bedeutend. Ein Handvoll Fliesen verteilt und schon sieht das Örtchen wieder hübsch und neu aus. Wo ist ihr Problem? Ist die Bude verranzt - wird gemeckert. Ist die Hütte schick - wird gemeckert. Klar wird da oft die Wohnung teurer. Der Eigentümer steckt ja auch sein Geld rein. Ihre Idealvorstellung wäre vll. eine super Wohnung für lau und vll. noch Geld oben drauf. Tipp - gibts nicht.

  11. 19.

    Unerhört. Damit Vermieter noch mehr Geld aus ihren Mietern oder dem Staat herauspressen können, ist sich auch die Judikative nicht zu schade. Zumal es gerade in Berlin wiederholt zu erleben und wahrzunehmen ist, dass Balkone gebaut werden, die kein Mensch nutzen kann. Natürlich ist ein Balkon zur Hauptstraße das Gegenteil von Wohnwert erhöhend, entsprechende abwägende Akzeptanzkriterien wären doch mal was...

    Und so wird peu a peu der Mietspiegel immer wieder nach oben geschraubt. Schade nur, dass keiner die Löhne bzw Reallöhne so kontinuierlich anhebt. Verrückte Welt.

  12. 18.

    Vor 3 Jahren geschehen in einem Berliner Milieuschutzgebiet: die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Gewobag baut bei der Sanierung/Modernisierung sowohl Balkon (>4m²) als auch Handtuchheizkörper und hängende Toilette ein.

    rbb scheibt: "Die Mietspiegel der größeren deutschen Städte stuften sie überwiegend nicht als wohnwerterhöhend ein."
    Warum erwähnt der rbb nicht ausdrücklich, daß im Berliner Mietspiegel diese Merkmale sehr wohl als wohnwerterhöhend gelten?

    Mit der Folge übrigens, daß im oben genannten Fall bei Neuvermietung mittlerweile eine Kaltmiete von 16,80€/m² gefordert wird. Es wurde so clever saniert, daß in allen 5 möglichen Kategorien ein wohnwerterhöhendes Merkmal auftaucht und die Miete das Maximum innerhalb der Spanne erzielen darf. Wohlgemerkt: kommunales Unternehmen im Milieuschutzgebiet !!!

  13. 17.

    Erstens wird es bei 13 € nicht bleiben, zweitens finde ich 13 € monatlich mehr für eine Schönheitreparatur happig und drittens 80 € mehr für einen winzigen Balkon unverschämt.

  14. 15.

    13 € Mieterhöhung für Handtuchhalten und Wand WC finden Sie drastisch??? Was haben Sie den für Vorstellungen? Der Balkon würde die Miete für die Wohnung um ca. 80 € erhöhen, mir wäre das das Wert. Balkon ist echt geil immer draußen sitzen zu können.

  15. 14.

    Finde es schon krass, dass sie sich beschweren und die Vermieter beschimpfen, dass sie Steuergeld über Wohngeld „kassieren“. Warum wollen/können Sie ihre Miete nicht alleine bezahlen? Die Vermieter von Sozialwohnungen bekommen auch das Geld der Steuerzahler. Neubau Städtische vermieten für 7€ Sozialmiete, die Kostenmiete beträgt aber 16€ bei Neubau. Wer bezahlst?

  16. 13.

    Was denken sie warum die Eigentümerinnen Balkone, Handtuchheizkörper und wandhängende Toiletten einbauen wollen?

    Aus reiner Menschenfreundlichkeit oder um die Miete drastisch zu erhöhen?

    Das Verwaltungsgericht Berlin fällt immer wieder mit menschenverachtenden Urteilen auf, Richter sind halt keine Mieter.

  17. 12.

    Sie haben Recht ,dass ist Ironie. Ich meine die Worte im Artikel ... Balkon einbauen. An den Häusern wo ich wohne (nicht in Berlin) hat man Balkone draußen angebracht.

  18. 11.

    Bei einem Balkon kann ich es noch irgendwie verstehen. Außenwirkung, Baurecht - ok. Aber sonst muss man sich nicht wundern, wenn Vermieter und Eigentümer "keinen Bock" mehr haben und die Hütten vergammeln lassen oder sich ganz abwenden. Die Steigerung wäre, das Klopapier vorzuscheiben - zweilagig, grau, leicht rauh - also Behördenschleifpapier - um keine Komfortsteigerung in einem Milljöhschutzgebiet zu erreichen.
    Manche Bezirksämter, oder wäre Lokalfürsten angebracht, scheinen doch etwas übergriffig zu sein.

  19. 10.

    >",einen Balkon in die Wohnung einbauen. Ich würde einen Balkon eher an die Wohnung (außen)vom Haus anbauen."
    Dit is Berlin! Da is allet möglich!
    Balkon AN der Wohnung finde ich z.B. ja auch praktischer als IN der Wohnung. Aber die Geschmäcker sind halt unterschiedlich. Genauso wie bei anderen eben das durch alle gerichtlichen Instanzen durchzusetzende Lebensziel ist, einen hängenden Lokus zu haben oder einen Heizkörper, an den man auch Handtücher anhängen kann. Bei meiner nächsten Klositzung auf meinem stehendenden Lokus neben einem normalen Wandheizkörper und dem Händeabtrocken an Handtüchern, die einfach nur am Haken hängen, werde ich mal über solche Lebensziele nachdenken ;-))
    *Satire Ende*