Fachkräftemangel - Berliner Gewaltschutz-Ambulanz: Zu wenig Personal für weitere Ambulanzen

Do 12.10.23 | 14:33 Uhr
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Symbolbild:Eine Assistenzärztin zeigt im Untersuchungsraum der Opferambulanz am Institut für Rechtsmedizin einen Fotoapparat und ein Winkellineal, mit denen Verletzungen dokumentiert werden.(Quelle:dpa/B.Wüstneck)
Audio: rbb24 Inforadio | 12.10.2023 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/B.Wüstneck

Berlin kann wegen fehlender Fachkräfte keine weiteren Gewaltschutzambulanzen aufbauen. Das sagte die Leiterin der bisher einzigen Gewaltschutzambulanz an der Charité [gewaltschutzambulanz.charite.de], Saskia Etzold, am Donnerstag dem rbb.

Damit kann die Stadt einer zentralen Anforderung der 2018 in Kraft getretenen Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von häuslicher und sexueller Gewalt gegen Frauen nicht nachkommen.

Berlin bräuchte mindestens vier weitere Einrichtungen

Gemessen an der Bevölkerungszahl, so Etzold, müsste Berlin mindestens vier solcher Einrichtungen schaffen. "Wir haben überall in Deutschland einen massiven Mangel an ärztlichem Nachwuchs", sagte Etzold, "so dass man, selbst wenn mehr Geld käme, gar nicht in der Lage wäre, weitere Ambulanzen rechtsmedizinisch zu besetzen".

Rund 1.500 Fälle im letzten Jahr betreut

Die vor rund zehn Jahren an der Charité eingerichtete Gewaltschutzambulanz ist in Berlin Anlaufstelle für Opfer von Übergriffen wie Vergewaltigungen, sexueller Nötigung, aber auch häuslicher Gewalt. Die rechtsmedizinisch geschulten Ärztinnen und Ärzte untersuchen Opfer nicht nur, sondern dokumentieren die Verletzungen auch rechtssicher für mögliche weitere polizeiliche Ermittlungen und strafrechtliche Maßnahmen.

Besonders relevant ist dabei die Untersuchung auf Spuren von Gewalt, die äußerlich nicht erkennbar sind, wie innere Verletzungen. Zudem kann eine anonymisierte DNA-Spurensicherung durchgeführt werden. 2022 wurden in der Gewaltschutzambulanz der Charité rund 1.500 Fälle betreut. Im Schnitt stellen pro Jahr rund 300 Erwachsene und 100 Kinder Anzeigen wegen sexueller Gewalt.

Etzold wechselt nach Bremen

Laut Etzold leidet die Rechtsmedizin allerdings unter Personalmangel, weil sich zu wenige junge Akademiker für die Fachrichtung entscheiden oder ausgebildete Rechtsmediziner ins Ausland wechseln. "Ich glaube, der Beruf der Ärztinnen und Ärzte muss in Deutschland wieder attraktiver werden."

Die Einrichtung in Berlin wird von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz mit 1,3 Millionen Euro im Jahr finanziert und hat inzwischen zwölf Mitarbeitende, davon acht Ärztinnen und Ärzte. Die Finanzierung für die kommenden zwei jahre ist laut Etzold gesichert.

Etzold selbst wird die Charité nach 16 Jahren zum Ende des Monats verlassen: Sie soll in Bremen eine Gewaltschutzabulanz nach Vorbild der Charité aufbauen.

Sendung: rbb24, 12.10.2023, 16:00 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Das ganze Geschrei um den Fachkräften Mangel und überhaupt ….keine Arbeitskräfte, geht einen langsam auf die Nerven. Woher kommt den das Dilemma?? Wer genau so viel Geld erhält, wie ein arbeitender …….[ der bleibt doch lieber zu Hause.] Damit sind nicht die gemeint , die Krankheitsbedingt Gründe nicht arbeiten können. Da hat Hr. Lindemann gut Ideen.

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