Umfrage zu Berliner Kita-Eigenbetrieben - Eine Erzieherin betreut laut Verdi doppelt so viele Kleinkinder wie empfohlen

Mo 17.02.25 | 10:00 Uhr
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Gummistiefel von Kindern befinden sich in einem rollbaren Ständer, der im Eingangsbereich eines Kindergartens steht. (Quelle: dpa/Wolf von Dewitz)
Video: rbb24 Abendschau| 17.02.2025 | M. Wenzel | Bild: dpa/Wolf von Dewitz

Die Gewerkschaft Verdi hat den Betreuungsschlüssel in den Berliner Kita-Eigenbetrieben kritisiert. Laut einer Gewerkschafts-Umfrage betreut eine Erzieherin dort im Durchschnitt rund acht Kinder unter drei Jahren, 13 Kinder sind es bei den über Dreijährigen.

Die Gewerkschaft Verdi will, dass eine Erzieherin für deutlich weniger Kinder verantwortlich ist. Sie pocht auf einen Personalschlüssel von 1:3 für die unter Dreijährigen und von 1:7,5 bei den über Dreijährigen. In der Realität betreut der Gewerkschaft zufolge eine Erzieherin allerdings rund doppelt so viele Kinder, in Spitzenzeiten noch mehr. Die Bildungsverwaltung nennt andere Zahlen und verweist dabei auf das Kita-Förderungsgesetz.

Demnach gilt ein Betreuungsschlüssel von einer Vollzeiterzieherin für rund vier Kinder unter zwei Jahren. Rund fünf Kinder seien es bei den unter Dreijährigen. Die Gewerkschaft Verdi hatte für ihre Umfrage zum Betreuungsschlüssel in den Berliner Kita-Eigenbetrieben im vergangenen November (18. bis 24.11.2024) nach eigenen Angaben rund 3.200 Rückmeldungen erhalten. Zwei Drittel der Antworten kamen demnach von Beschäftigten, ein Drittel von Eltern.

Verdi kritisiert, die im Kita-Fördergesetz vorgesehenen Personalschlüssel würden vor Ort flächendeckend nicht eingehalten. Der pädagogische Auftrag, Kinder zu bilden, erziehen und betreuen, könne "unter diesen Bedingungen nicht mehr erfüllt werden".

Mehr als die Hälfte der Eltern berichten der Gewerkschafts-Umfrage zufolge von eingeschränkten Kita-Betreuungszeiten. Fast jede fünfte der befragten Fachkräfte war laut Verdi krank. Als alarmierend wertet es die Gewerkschaft, "dass 88 Prozent der krankgeschriebenen Kolleginnen und Kollegen einen direkten Zusammenhang zwischen ihrer Erkrankung und der hohen Arbeitsbelastung sehen". Sie fordert daher "Maßnahmen, um die Belastung der Beschäftigten zu reduzieren und ihre Gesundheit zu schützen".

Mehrere Warnstreiks 2024

Im vergangenen Jahr hatte Verdi mit mehreren Warnstreiks darauf gedrängt, die Situation in den Kitas zu verbessern. Ein unbefristeter Streik für pädagogische Qualität und Entlastung wurde aber gerichtlich untersagt. Als Begründung führte das Arbeitsgericht im Herbst unter anderem eine noch geltende Friedenspflicht nach der letzten Tarifvereinbarung 2023 an. Auch in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht unterlag Verdi.

Bildungssenatorin Katharina-Günther-Wünsch (CDU) kündigte im Januar dieses Jahres auf einer Veranstaltung des Berliner Kita-Bündnisses an, den Betreuungsschlüssel für die Unter-Dreijährigen trotz angespannter Haushaltslage verbessern zu wollen. Sie ist laut der Bildungsverwaltung dazu in Gesprächen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.02.2025, 10:00 Uhr

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33 Kommentare

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  1. 33.

    Ihre Erfahrungen sind anscheinend Jahrzehnte her. Früher wurden Kinder, die nicht in den Mainstream passten, einfach weggesperrt, die gab's in den Kitas nicht. Dokumentation der individuellen Entwicklung, hoch anspruchsvolle Bildungsarbeit, Sprachförderung, von Senat und Eltern gefordert, auch nicht. Die Eltern machten den Mund nicht wegen jeder Kleinigkeit auf, so wie heute (was manchmal gut, manchmal schlecht ist). Man vergisst, dass wir ALLE Kinder bilden wollen, auch die, die körperlich/familiär nicht dem Mainstream angehören. Ebenso weisen heute viel mehr Kinder (aus ALLEN sozialen Gruppen) Sprachentwicklungsstörungen auf. Und woher wissen Sie, dass die Erzieher Smalltalk machen? Ich spreche mit den Kollegen zu 90% über Arbeitsbelange - Absprachen zu Kooperationen, Aufgabenverteilung, Kinderbeobachtung etc.

  2. 32.

    Sry aber aus welcher Perspektive behaupten sie das hier bitte, nebenbei mit einer Beleidigung ggü allen Eltern? Dieses Land braucht dringend Kinder, sie im übrigen auch persönlich oder wer soll ihre Rente erarbeiten oder vielleicht die Infrastruktur betätigen, die sie so brauchen? Wenn das so ist, kann man als steuernzahlender Mensch erwarten, dass wir nicht über das Mittelalter nachdenken, sondern über ein reiches Land in dem Bildung oberste Priorität hat. Bildung die eine enorme Rendite für die gesamte Volkswirtschaft bedeutet - das verstehen viele offensichtlich absichtlich nicht. Kinder sind kein Privatvergnügen der Eltern, sondern eine Voraussetzung für eine prosperierende Gesellschaft. Care-Arbeit sollte es auch nicht sein, da leisten Familien schon mehr als andere, denn von dieser Arbeit profitieren alle. Arbeitende Eltern, die kaum Freizeit haben, neben Care Arbeit, Job, Haushalt, Bildung und Familienaufgaben als faule Stellen zu bezeichnen, ist einfach dreist oder ahnungslos.

  3. 31.

    Vielleicht sollte man das Kind beim Namen nennen und differenzieren: die Politik gibt es nicht, aber es gibt Politiker in Parteien mit sehr unterschiedlichen Wahlprogrammen. Die AFD will Bildung eher inkl. Frauen ins Heimische umsiedeln, die CDU sieht Eltern auch in der Verantwortung (klar, unser Tag hat 34h) und will schon lieber bei der Schuldenbremse bleiben, die SPD hat immerhin engagiert das Kita Qualitätsgesetz verlängert (gegen Stimmen der CDU), die Grünen weisen zusätzlich darauf hin, dass Eltern ohne Kinderbetreuung vielleicht gar nicht so gut die Wirtschaft ankurbeln können (wohl wahr, Kita und Schule sind ein vielfältiger Wirtschaftsfaktor und kein Privatvergnügen), das BSW findet Bildung schon eher wichtig, hat das Gesetz aber lieber nicht unterstützt und Die Linke will bessere Personalschlüssel, mehr Geld und Co. in die Bildung investieren. Also am Ende bleibt es auch unsere Entscheidung, ob wir die Parteien wählen, die uns Familien belasten oder tatsächlich entlasten..

  4. 30.

    Frühkindlicher Stress und fehlende Förderung in der Entwicklung verursachen Mehrkosten im Gesundheitswesen, Bildungsdefizite müssten in der ebenso überlasteten Grundschule ausgeglichen werden, die Studien rund um Pisa und Co. erzählen uns von den vielfältigen Auswirkungen und natürlich geht es rund um die jungen Erwachsenen später nicht besser weiter. Wollen wir uns das bzw. können wir uns das in einer Wissensgesellschaft wirklich leisten? Das Entziehen des gemeinsamen gesellschaftlichen Fundaments erzeugt einen Bumerang, der gesellschaftspolitisch weitreichende Folgen haben wird und auch schon hat. Das Gefüge ist nur so gut, wie die einzelnen Bausteine stabil sind – von der persönlichen Entwicklung und dem sozialen Zusammenhalt bis hin zur wirtschaftlichen Stabilität und dem gesellschaftlichen Frieden. Fehlende Solidarität und Unterstützung in der Bildung führen dazu, dass diese Ebenen brüchig werden und letztlich die gesamte Gesellschaft destabilisieren können.

  5. 29.

    Aha und welche Kitas fallen ggf wie auf? Natürlich sind Kitas keine gleichgeschalteten Einrichtungen, das ist ein nobrainer. Trotzdem und das ist leider auch ein nobrainer ist in den letzten Jahren sehr eindeutig, dass die Kita-Versorgung zunehmend dysfunktional wird. Es gibt diverse Studien, die das belegen. Das es hingegen keine Erhebungen der Kita-Träger zur Qualität (Stichwort reales Personal vor Ort jeden Tag)ist schon sehr aussagekräftig. Die vielen Elterninitiativen - wie zb "Einhorn sucht Bildung" haben sich auch nicht aus Spass an der zusätzlichen Freizeitarbeit gegründet. Einfach mal in eine städtische Kita hospitieren gehn, dann möchte ich sehen, wer a) sein Kind dort gern hinschickt und b) sich vorstellen könnte, dort zu arbeiten. Mein Kind ist in Pankow in einer städtischen Kita und ich erlebe ständig, dass eine Fachkraft für über 15 Kids zuständig ist. Inklusive Integrationskids! Da kommt kein Kind auch nur in die Verlegenheit von Förderung.

  6. 28.

    Vielleicht kann sich jmd von den Älteren an den längsten Streik in Berlin erinnern. Er wurde in 02/1990 nach 10 Wochen ohne Ergebnis abgebrochen. Die meisten Kitas in Berlin blieben geschlossen. Gekämpft wurde um kleinere Gruppen, einen besseren Betreuungsschlüssel und die Tarifierung von Vor- und Nachbereitungszeiten. Nichts davon ist bis heute umgesetzt worden! 35 Jahre später ist der Beruf der Erzieherin immer noch schlecht bezahlt, weil es weiterhin ein Frauenberuf ist. Wäre damals für eine bessere Eingruppierung, sprich mehr Gehalt, gestreikt worden, wäre der Streik vielleicht nach kurzer Zeit beendet worden. Denn das, was gefordert wurde, hätte viel mehr Geld gekostet. Der Staat legt sein Interesse und damit die Ausschüttungen der Staatskasse auf andere Inhalte. Bildung war den Regierenden noch nie viel wert. Jedenfalls nicht so viel, dass sich die Bedingungen in den Einrichtungen verbessert hätten.

  7. 27.

    Dieselbe Gewerkschaft, die für uns Schlüssel festgelegen will, bestreikt Do und Fr die BVG. Da kommen wir nicht einmal an unseren Arbeitsplatz.

  8. 26.

    Durch Umzüge habe ich mehrere Berliner Kitas erlebt. Es ist von Einrichtung zu Einrichtung sehr verschieden, das hat mit dem Bundesland weniger zu tun als mit der Kitaleitung.

  9. 24.

    Wenn sie den Matheunterricht besucht haben kommen sie bei 2 Erziehern pro Gruppe (was meistens der Fall ist) auf 15 Kinder.
    2 mal 7,5 ist 15. Klar? Wenn man es also auf einen Erzieher herunterrechnet, um es vergleichen zu können, ist es nicht anders darstellbar. Also bitte einmal kurz grübeln vor dem Maulen.

  10. 23.

    1:7,5 bei den über Dreijährigen - wie bekloppt muss Verdi sein so ein Verhältnis zu veröffentlichen.

  11. 22.

    Warum gehen Kommentare durch, die nach 35 Jahren auf die tolle Zeit der "SBZ" hinweisen8? Bla,bla,bla es war nicht alles schlecht!

  12. 21.

    Sinnlose Streiks, solange die Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen nicht mitmachen dürfen. Ja, richtig gehört. Und das im 21 Jhd.! Da ca. die Hälfte der Einrichtungen in D aber in kirchlicher Hand sind können Streiks nicht genug Druck aufbauen um Änderungen der Arbeitsbedingungen wirksam durchzusetzen. Sowas gibt es keiner anderen Branche. Wer austritt verliert seinen Job. Abartig. Und so gibts vllt. ein paar Krümel und Beifall in der Pandemie. Das wars dann.

  13. 20.

    Ja das ist ja heutzutage das grausame (für die Kinder). Die Alten kriegen das mit der Individualität des Kindes nicht gebacken und schieben die Verantwortung auf Andere. Wenn es an Oma oder Opa geht wäre es ja noch Okay.
    Aber das was heutige Eltern erwarten ist schlimm, am Besten wohl eine 1 zu 1 Betreueung.
    Dann sollen solch Eltern der Betreuerin aber auch 1 zu 1 den Lohn (2000-4000€) zahlen, plus Unterkunft, Essen, Abnutzungspauschale der Einrichtung.

  14. 19.

    Ich als Erzieherin in Berlin kann davon sprechen das die tägliche Arbeit mit überfüllten Gruppen tatsächlich sehr schwer ist. Ja früher war alles ganz anders, die Kinder auch vergisst das nicht !!
    Wir wollen eure Kinder bilden und nicht nur betreuen ! Man kommt als Erzieher schnell zu Überforderung wenn man da alleine ( weil die Kollegin krank ist ) auf 13 Kinder UNTER 3 beaufsichtigt. Da kommt man nicht mal dazu die Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen !
    Deswegen finde ich sehr gut das darüber diskutiert wird, damit endlich eine Entlastung stattfindet !! Ich liebe mein Job, aber wenn’s so weiter geht Ende ich mit einem Blackout leider !!!! Da muss ich rasant was ändern !

  15. 18.

    "Früher" mutete man den Kindern zu, dass alle zur selben Zeit ein Bild malen bzw die gesamte Gruppe ein Buch anschaut.
    Heute darf man kein Kind dazu zwingen, an einer Aktivität teilzunehmen. ( Das kann man gut oder schlecht finden, ist aber so.)
    Von daher ist der personelle Aufwand höher, da es mehr um die Individualität des Kindes geht, man also seine individuellen Bedürfnisse mit berücksichtigen sollte. Und in einer Gruppe gibt es je nach Struktur und Öffnungsansatz der Einrichtung viele individuelle Bedürfnisse.......
    Auch sind die grundsätzlichen Tagesstrukturen in einer Kita verändert, im Vergleich zu " früher" .

  16. 17.

    Man spart Sozialabgaben, dafür lässt man eine Erzieherin für 3 arbeiten.

    Gut, dass es Gewerkschaften gibt.

  17. 16.

    Und Sie meinen, Ihre Erinnerung belegt zweifelsfrei dass a. früher alles besser war und sich die Leute b. heute nur anstellen? Können Sie sich ansonsten vorstellen, dass die Welt heute eine andere ist?

  18. 15.

    Ja, genau, dahin wollen wir wieder zurück, zur Zufriedenheit der Arbeitenden. Das sollten wir den heutigen Arbeitenden doch gönnen. Und Sie müssen ja nicht mehr zu diesen Bedingungen heute arbeiten, aber unsere Solidarität sollte immer mit jenen sein, die diese Gesellschaft zusammenhalten, sie und ich wurden ja auch durch die solidarische Gemeinschaft getragen, gell? Ich kenne das aus meiner Heimat Russland eher im negativen Sinne.

  19. 14.

    …meine Mutter nun 84 Jahre brachte mich als Kind in di3 Kita wo ich mit 23 Kindern sehr schön verbrachte. Es ga@ 1 Erzieherin. Diese hatte nie eine Überfiorderung geäußert. Sie liebte ihren Beruf, der ja Berufung sein sollte.
    In meiner Nachbarschaft ist eine Kita, die 2 Erzieher stehen oft vor der Tpr und halten smalltalk.