Berlin und Brandenburg - Mit Diphtherie infizierter Schüler wird beatmet - zweite Person negativ getestet

Mi 16.10.24 | 15:44 Uhr
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Symbolbild:In einem Impfbuch ist "Diphterie" zu lesen, eine Spritze liegt darauf.(Quelle:picture alliance/Bildagentur-online/Schoening)
Video: rbb24 Abendschau | 15.10.2024 | Norbert Siegmund | Bild: picture alliance/Bildagentur-online/Schoenin

Die Diphtherie war einst als "Würgeengel der Kinder" bekannt. Eine Zeit lang galt die potenziell tödliche Infektionskrankheit als fast verschwunden. Nun hat sich ein ungeimpfter Schüler angesteckt. Er wird invasiv beatmet. Auch ein zweiter Fall wurde gemeldet.

  • Zwei Personen aus dem Havelland an Diphtherie erkrankt
  • Berliner Schulklasse des schwer betroffenen 10-Jährigen wurde vorsorglich vom Unterricht befreit
  • Diphtherie ist hochansteckend
  • Krankheit galt in Deutschland 20 Jahre als fast ausgerottet

Ein zehn Jahre alter Junge aus dem Havelland, der in Berlin zur Schule geht, ist an der Infektionskrankheit Diphtherie erkrankt. Das bestätigte der brandenburgische Landkreis.

Den Angaben zufolge gibt es mittlerweile auch eine zweite Infektion. Es handele sich um jemanden aus dem Umfeld des ersten Falls. Wie der Landkreis dem rbb bestätigt hat, weisen Abstriche bei der Kontaktperson aber auf einen Fall mit einem milden Verlauf hin. Die Person sei den Angaben zufolge bereits wieder negativ getestet worden. Weitere Angaben zu dem Fall machte der Landkreis mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte nicht. Im Gegensatz zu dem Zehnjährigen soll der oder die zweite Betroffene gegen Diphtherie geimpft sein.

Aus Brandenburger in Berliner Klinik verlegt

Das ungeimpfte Kind war zunächst wegen einer akuten Entzündung der Rachenmandeln in einem Krankenhaus in Brandenburg behandelt worden, wie der Landkreis Havelland mitteilte. Das Krankenhaus habe am 27. September einen Verdacht auf respiratorische Diphtherie bei einem ungeimpften Kind gemeldet. Der Verdacht habe sich durch Laboruntersuchungen bestätigt.

Aufgrund des Gesundheitszustandes wurde das Kind in eine Berliner Klinik verlegt, wie der Landkreis weiter erklärte. Dort werde es invasiv beatmet. Der "Bild"-Zeitung zufolge wird das Kind an der Charité behandelt. Die Charité verwies auf Anfrage auf die ärztliche Schweigepflicht.

Mitschüler haben unterrichtsfrei

Der erkrankte Zehnjährige besucht die Waldorfschule Havelhöhe in Berlin-Kladow. Nach Angaben des Schulleiters, Merten Bangemann-Johnson, hat es vor Ort keine weiteren Fälle der meldepflichtigen Krankheit gegeben.

Die anderen Kinder seiner Klasse seien vorsorglich für mehrere Tage vom Unterricht befreit worden, sagte der Schulleiter weiter. Die Eltern seien gebeten worden, die Kinder untersuchen zu lassen. Das Gesundheitsamt bestätigte nach Angaben der Schulleitung schon vergangene Woche, dass keine Infektionsgefahr mehr bestehe. Das liege auch daran, dass ein Großteil der Schüler geimpft sei, so Bangemann-Johnson.

Nach seinen Angaben erkrankte das betroffene Kind in der letzten Septemberwoche und sei direkt aus der Klasse genommen worden. Über den aktuellen Gesundheitszustand konnte er keine Auskunft geben.

"Würgeengel der Kinder"

Bei der Krankheit bilden sich weiß-graue Beläge im Hals und Rachen, die in jedem zehnten Fall trotz Behandlung tödlich endet. Diphtherie ist hochansteckend und deswegen meldepflichtig. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder einzelne Fälle. So traten in Berlin und Brandenburg in diesem Jahr jeweils zwei Fälle auf. Im Jahr 2023 waren es in Berlin ebenfalls zwei und in Brandenburg elf Fälle.

Einst war die Diphtherie als "Würgeengel der Kinder" bekannt. 1892 erlagen der Infektion in Deutschland mehr als 50.000 meist junge Menschen. 1913 wurde die Impfung eingeführt, wodurch die Zahl der Infektionen deutlich sank. 20 Jahre lang galt die Krankheit in Deutschland sogar fast als ausgerottet.

Eine Impfung gegen Diphtherie gehört zu den von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Standardimpfungen für Säuglinge und Kinder und wird auch als Auffrischungsimpfung für Erwachsene alle zehn Jahre empfohlen.

Die Impfung bietet laut Robert Koch-Institut (RKI) einen zuverlässigen Schutz gegen die Symptome der Diphtherie [rki.de], nicht aber vor der Infektion mit dem Erreger. Somit können Personen trotz Impfung und bestehender Immunität Träger und Überträger sein.

Nach den zwei Nachweisen der lebensgefährlichen Infektionskrankheit dringt Brandenburgs
Gesundheitsministerium auf einen besseren Impfschutz. "Nur durch gute Impfquoten lässt sich verhindern, dass sich die Diphtherie verbreitet", erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage. Es sei auch für Erwachsene wichtig, auf einen Impfschutz zu achten. "Wir rufen deshalb dazu auf, die von der Ständigen Impfkommission (...) empfohlenen Schutzimpfungen in Anspruch zu nehmen."

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.10.2024, 19:30 Uhr

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100 Kommentare

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  1. 100.

    Global gesehen sind wir extrem privilegiert und zum Glück gut versorgt bei solchen Erkrankungen und können uns ja auch einfach impfen lassen, während Menschen in manchen Ländern heute leider noch daran sterben. Das ist sehr tragisch.

  2. 98.

    "Warum sollte ich mein Kind der Gefahr einer (Mehrfach)impfung aussetzen, wenn ich nicht in betroffene Länder reise? "

    Warum? Die Antwort steht ja eigentlich für alle im rbb-Beitrag nachlesbar!?

  3. 97.

    "Und die Erkrankung galt als ausgerottet."
    Ja, in Deutschland. Aber in vielen Teilen der Welt eben NICHT. Und dass es in Deutschland einen regen Zustrom von dort gibt, dürfte selbst Ihnen bekannt sein.

  4. 96.

    "Na, die Impfungen in der DDR waren sogar Vorbild für die BRD, die dann nachzog."
    Na, da hat sich die BRD aber beeilt! Ich wurde Anfang 1962 geboren, da waren in West-Berlin die Impfungen bereits Usus.

  5. 95.

    Und warum gab es wohl nur 2 Fälle?

    Weil die meisten so schlau sind zu erkennen dass dies eben nur durch die Impfungen zustande kommt und nicht etwa weil der Erreger plötzlich weg ist. Ab dem Moment wo die Impfquote sinkt erhöht sich Fallzahl, siehe Osteuropa und ganz besonders Russland, wo nach Zusammenbruch der Sowjetunion die Impfquote deutlich sank und die Fallzahl hochschoss.

    Der eigene Schutz hilft den anderen, nicht andersherum.

  6. 94.

    Ich vermute, dass es zu der damaligen Zeit bei diesen Seuchen auch keine Impfgegner gegeben hätte,...:-)

  7. 93.

    Tja - ich erinnere gerne an Zeiten der Pest, Cholera und Pocken sowie Windpocken, dazu die Spanische Grippe... Naja - Beispiele gäbe es genügend.

  8. 91.

    >"Hab ich tatsächlich mal zum Anlass genommen zu prüfen, wann meine letzte Impfung diesbezüglich der Fall war."
    Das sollte jeder mal machen. Denn einige Schutzimpfungen aus Kindertagen müssen nach paar Jahrzehnten aufgefrischt werden. So gings mir während Corona. Wenn der Hausarzt einmal den Impfstatus vor Augen hatte wegen Corona-Impfungen, kamen bei mir gleich die anderen Auffrischungsimpfungen dazu. Zeitweise sah mein Oberarm so perforiert aus wie der Unterarm bei nem Junkie... ;-)

  9. 90.

    "Solidarität ist eigentlich immer freiwillig "

    Stimmt. Das war auch nur ein Appell, sowas freiwillig zu tun. Ich hab auch nicht den Zwang gefordert. Zwang ist immer das letzte Mittel der Wahl. Ob der in dem Fall gerechtfertigt gewesen wäre, wage ich auch nicht einzuschätzen. Dazu wissen wir hier auch zu wenig.

  10. 89.

    Ja einer Solidargemeinschaft... nicht eine "Zwangsgesellschaft"
    Solidarität ist eigentlich immer freiwillig und man sollte auch bei etwaigen Zwangsüberlegungen den Nutzen mit einbeziehen.
    Die letzten beiden Jahre gab es jeweils 2 Fälle in Berlin.
    Ich finde eine gesundheitliche Bedrohung, die einen Zwang/Pflicht rechtfertigen könnte ist das nicht.

  11. 88.

    Hab ich tatsächlich mal zum Anlass genommen zu prüfen, wann meine letzte Impfung diesbezüglich der Fall war. Zum Glück noch gar nicht lange her.

  12. 87.

    >"Mehr Ausgrenzung wir zu Corona Zeiten hat es wohl nie gegeben. "
    Wissen wir ja. Und hinterher ist man immer schlauer. Erst Recht bei einem neuen noch unbekannten Krankheitserreger.
    Jetzt bitte keine dieser leidigen Corona-Diskussionen hier...

  13. 86.

    Zum Thema Grundimmunisierung "Kinderkrankheiten" im Zusammenhang mit den aktuellen Diphtherie-Fällen gibts bereits einen Parallel-Thread im rbb.
    Und ja die Ablehnung der Impfung ist natürlich ein Dauerproblem; eben nicht nur für die Ungeimpften selber! Es fängt damit an, dass sich bereits Geimpfte bis ins hohe Alter weiter Immunisieren lassen müssen und endet mit den vermeidbaren Kosten und Ressourcen im Gesundheitssystem.

  14. 85.

    Mehr Ausgrenzung wir zu Corona Zeiten hat es wohl nie gegeben. Es gab zwar eine Impfpflicht, aber keinen Zwang. Um das zu erkennen müsste man von seinem hohen Ross runterkommen.

  15. 84.

    >"Allerdings war die DDR auch eine Diktatur (!) und dort wurden sicherlich die Kinder zwangsimpft, versehen mit entsprechenden Druck auf die Eltern."
    Auch Quatsch. Gezwungen im Sinne von an Stuhl binden und Spritze rein in Arm wurde niemand. Es war in der DDR gängige Anschauung und auch Überzeugung, dass solche Impfungen sehr sinnvoll zum Schutz des eigenen Lebens und der gesamten Gesellschaft seind. Eine hohe Impfquote war ein gesellschaftliches Anliegen. Und wenn man gute Gründe hatte oder diese medizinisch nachweisen konnte, gab es auch sehr wenige Kinder, die nicht alle empfohlenen Schutzimpfungen hatten. Aber die waren dann durch die hohe Allgemeinimmunität der Gesellschaft (als Gruppe von Menschen) mitgeschützt.

  16. 83.

    >"Auf jeden Fall wird hier der Begriff Anthroposophie ad absurdum geführt."
    Eine anthroposophische Weltanschauung können die Leuts ja haben. Die spirituelle und esoterische Weltanschauung sowie der zugehörige Ausbildungs- und Erkenntnisweg ist aber immer sehr persönlich dieses Einzelnen, der daran glaubt und kann damit nicht auf die gesamte Gesellschaft übertragen werden. Denn andere haben andere Weltanschauungen und Erkenntnisse. Dazu gehören auch wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse und Handlungsweisen, um das eigene und das Leben anderer nicht zu gefährden. Was mir bei solchen "Weltanschauungen" immer ein wenig aufstößt ist, dass Eltern mit Lebensweisen fern von wissenschaftlichen Erkenntnissen dies auch ihren Kindern aufzwingen. Da gibts noch mehr außer dem Vorenthalten von lebenswichtigen Schutzimpfungen - mal so allgemein formuliert und nicht speziell auf den hier im Artikel beschriebenen Fall gedeutet.

  17. 82.

    Dank der "Zwangsimpfung" (ihrer Aussage nach) sind wir auch gegen Pocken geimpft. Bis zu einem bestimmten Zeitraum. Auch unsere Kinder haben alle empfohlenen Impfungen erhalten. Selbst die HPV-Impfung bekamen unsere Jungs.

  18. 81.

    Das ist schon durchaus richtig. Den Einrichtungen wurde dies auferlegt, um die Ausbreitung zu verhindern. Die Entscheidung über eine Impfung müssen aber immer noch die Eltern treffen. Wenn Sie dies für ihr Kind nicht wollen oder vielleicht aus medizinischen Gründen konnten, müssen die Eltern dann immer noch jede Gefahr der Ansteckung vermeiden. Z.B. fallen dann Reisen in solche Länder aus, in denen es keine "Durchimpfung" gegen diese Krankheit gibt.
    Nun haben die Eltern den Salat und das Kind wird hoffentlich bald gesund ohne bleibende Schäden.

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