"#GoodCop1" in Berlin - Eine Klimakonferenz, die keine sein will
Einen Tag vor Beginn der internationalen Klimakonferenz in Aserbaidschan haben sich am Sonntag in Berlin Menschen zur Veranstaltung "GoodCOP" getroffen. Und sich angesichts der politischen Lage gefragt: Was bringt eigentlich noch Protest? Von Birgit Raddatz
Der Knall kommt kurz nach der Pause am späten Nachmittag: Raphael Thelen, Autor und Aktivist der "Letzten Generation", tritt für einige Minuten ans Rednerpult im Haus der Demokratie und Menschenrechte im Prenzlauer Berg. Er sei irritiert, warum er für ein Grußwort zur ersten "GoodCOP" eingeladen worden sei, sagt er. Er habe erwartet, man komme ins Handeln, setze sich in Kleingruppen zusammen, bespreche konkrete Aktionen. Stattdessen gebe es Vorträge, eine Musikeinlage sowie ein Publikum, das bereits jede Kurve und Statistik zum Klimawandel gesehen zu haben scheint. "Niemanden juckt diese Veranstaltung!", ruft er und erntet dafür Applaus.
Denn Selbstkritik ist hier am Sonntag durchaus erwünscht. Später wird jemand sagen, dass man es leider wieder nicht geschafft habe, alle Teile der Klimabewegung zur Teilnahme an der Konferenz zu bewegen, etwa die Gruppe "BIPoC for Future" - es ist also einmal mehr eine Veranstaltung von Menschen weißer Hautfarbe. Damit hätte die erste "GoodCop"-Konferenz zu Ende sein können.
Knapp 100 Menschen sind gekommen
Doch bei allem Frust über den Sieg Donald Trumps in den USA, der Unsicherheit angesichts bevorstehender Neuwahlen in Deutschland und einer gescheiterten Weltnaturkonferenz in Kolumbien scheint der Wille ungebrochen, sich innerhalb der Klimabewegung zu vernetzen und auch einmal die Meinung zu sagen. Viele kennen sich bereits, begrüßen sich herzlich, sprechen sich mit Vornamen an. Sprechen sich Mut zu in für die Klimabewegung schwierigen Zeiten.
Knapp 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind nach Berlin gekommen, rund 500 schauen über den Livestream zu, heißt es von den Veranstaltenden. Corinna Hägele ist seit 2019 bei "Parents for Future", hat viele andere Initiativen mitgegründet und ist außerdem Mitglied der Klimaliste Berlin. Damals wie heute wünscht sie sich eine lebenswerte Welt für ihre Tochter. Das habe sie zur Aktivistin gemacht und auf die Straße gebracht, erzählt die 63-Jährige. Hägele arbeitet eigentlich bei einer Hausverwaltung. "Da kann ich Vermieter schon mal dazu bringen, die Wärmepumpe einzubauen", sagt sie.
Die internationale Klimakonferenz, die hier nur die "BadCOP" genannt wird, kritisiert Corinna Hägele scharf. "Das ist eine reine Gruselveranstaltung." Sie störe, dass schon bei der An- und Abreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Privatjets Unmengen an CO2 verbraucht würden. Die jetzt organisierte Veranstaltung betrachte sie hingegen als "Keimzelle" und bestenfalls "als den Beginn von etwas ganz Großem". Trotzdem wissen sie hier: Auch wenn Nichtregierungsorganisationen ebenfalls auf Klimakonferenzen vertreten sind, ihr Zugang ist nicht gleichzusetzen mit Einfluss. Die Welt wird in diesen Tagen auf die COP29 in Baku schauen.
Linsenpampe, die befriedigt
Naiv wirkt hier niemand, sie alle kennen die Zahlen und Statistiken. Etwa, dass bereits sechs von neun planetaren Grenzen überschritten sind, Temperaturen von 40 Grad in Deutschland spätestens im Jahr 2050 normal sein werden und dass ein Burger mit Fleisch fast 2.500 Liter Wasser verbraucht.
Mit den reinen Fakten komme man jedoch besonders bei einer "Esswende", wie sie es nennt, nicht weiter, sagt Saskia Meyer, Ernährungswissenschaftlerin und Journalistin aus Berlin. Auch hier gehe es um Glaubenssätze: "Omas Erbsensuppe war die beste, weil Oma die beste war", so nennt sie das. Trotzdem könne man neue Emotionen rund um klimafreundlicheres Essen schaffen, zeigt sich Saskia Meyer sicher. Ihr gehe es um Gerechtigkeit auf dem Teller.
Für die Konferenz hat sie einen Aufstrich mitgebracht, den sie liebevoll "Linsenpampe" nennt. Eine Mischung aus roten Linsen, getrockneten Tomaten, Kernen und Öl. "Beim Kauen merkt man, es ist total befriedigend, denn es hat genau die richtige Anzahl von Eiweißen und Fetten, die der Körper braucht", sagt Saskia Meyer.
Eine Art Motivationsseminar
Auch wenn es den Anschein habe: Man wolle keine alternative Klimakonferenz sein, stellt Marco Bülow, Mitgründer von "überLeben" und Mitglied bei "Die Partei", klar. Er war vor knapp 20 Jahren selbst auf einer Weltklimakonferenz, wie er erzählt. Schon damals sei ihm aufgefallen, wie sehr die Lobby für fossile Energie und Staaten mit einer hohen CO2-Ausstoß-Bilanz die Klimakonferenzen für ihre Zwecke nutzten. Man wolle nicht zeigen, wie es besser gehe, betont Bülow. "Sondern vielmehr mit denen vorangehen, die nicht auf den letzten Blockierer warten wollen", sagt er. Es ist auch eine Art Motivationsseminar für die Aktivistinnen und Aktivisten, die noch nicht aufgegeben haben, dass ihr Protest etwas verändern könnte.
Pünktlich auf die Minute endet an diesem Tag die erste "GoodCOP". Weder gibt es ein Abschlusspapier, noch ein Versprechen auf weitere Veranstaltungen dieser Art. Trotzdem verabschieden sich die Teilnehmenden mit einem Lächeln. Positiver wird es nicht mehr.