"#GoodCop1" in Berlin - Eine Klimakonferenz, die keine sein will

Mo 11.11.24 | 10:10 Uhr | Von Birgit Raddatz
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Marco Bülow, Teilnehmer der Klimakonferenz "GoodCop" und Mitglied von "Die Partei" am 10.11.2024 im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte (Quelle: rbb / Raddatz).
Bild: rbb / Raddatz

Einen Tag vor Beginn der internationalen Klimakonferenz in Aserbaidschan haben sich am Sonntag in Berlin Menschen zur Veranstaltung "GoodCOP" getroffen. Und sich angesichts der politischen Lage gefragt: Was bringt eigentlich noch Protest? Von Birgit Raddatz

Der Knall kommt kurz nach der Pause am späten Nachmittag: Raphael Thelen, Autor und Aktivist der "Letzten Generation", tritt für einige Minuten ans Rednerpult im Haus der Demokratie und Menschenrechte im Prenzlauer Berg. Er sei irritiert, warum er für ein Grußwort zur ersten "GoodCOP" eingeladen worden sei, sagt er. Er habe erwartet, man komme ins Handeln, setze sich in Kleingruppen zusammen, bespreche konkrete Aktionen. Stattdessen gebe es Vorträge, eine Musikeinlage sowie ein Publikum, das bereits jede Kurve und Statistik zum Klimawandel gesehen zu haben scheint. "Niemanden juckt diese Veranstaltung!", ruft er und erntet dafür Applaus.

Denn Selbstkritik ist hier am Sonntag durchaus erwünscht. Später wird jemand sagen, dass man es leider wieder nicht geschafft habe, alle Teile der Klimabewegung zur Teilnahme an der Konferenz zu bewegen, etwa die Gruppe "BIPoC for Future" - es ist also einmal mehr eine Veranstaltung von Menschen weißer Hautfarbe. Damit hätte die erste "GoodCop"-Konferenz zu Ende sein können.

Knapp 100 Menschen sind gekommen

Doch bei allem Frust über den Sieg Donald Trumps in den USA, der Unsicherheit angesichts bevorstehender Neuwahlen in Deutschland und einer gescheiterten Weltnaturkonferenz in Kolumbien scheint der Wille ungebrochen, sich innerhalb der Klimabewegung zu vernetzen und auch einmal die Meinung zu sagen. Viele kennen sich bereits, begrüßen sich herzlich, sprechen sich mit Vornamen an. Sprechen sich Mut zu in für die Klimabewegung schwierigen Zeiten.

Knapp 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind nach Berlin gekommen, rund 500 schauen über den Livestream zu, heißt es von den Veranstaltenden. Corinna Hägele ist seit 2019 bei "Parents for Future", hat viele andere Initiativen mitgegründet und ist außerdem Mitglied der Klimaliste Berlin. Damals wie heute wünscht sie sich eine lebenswerte Welt für ihre Tochter. Das habe sie zur Aktivistin gemacht und auf die Straße gebracht, erzählt die 63-Jährige. Hägele arbeitet eigentlich bei einer Hausverwaltung. "Da kann ich Vermieter schon mal dazu bringen, die Wärmepumpe einzubauen", sagt sie.

Die internationale Klimakonferenz, die hier nur die "BadCOP" genannt wird, kritisiert Corinna Hägele scharf. "Das ist eine reine Gruselveranstaltung." Sie störe, dass schon bei der An- und Abreise der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Privatjets Unmengen an CO2 verbraucht würden. Die jetzt organisierte Veranstaltung betrachte sie hingegen als "Keimzelle" und bestenfalls "als den Beginn von etwas ganz Großem". Trotzdem wissen sie hier: Auch wenn Nichtregierungsorganisationen ebenfalls auf Klimakonferenzen vertreten sind, ihr Zugang ist nicht gleichzusetzen mit Einfluss. Die Welt wird in diesen Tagen auf die COP29 in Baku schauen.

Hintergrund

Fahnen mit dem Logo der COP29 wehen vor dem Veranstaltungsgelände in Baku.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Peter Dejong

Weltklimakonferenz - COP29 in Baku

Die COP29, die 29. UN-Klimakonferenz, findet ab Montag in Baku, Aserbaidschan statt. Vertreter aus fast 200 Ländern diskutieren dort über Klimaschutzmaßnahmen und finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer. Hauptthemen sind die Reduzierung von Emissionen und die Bewältigung der Klimawandelfolgen. Der Gastgeber Aserbaidschan steht wegen seiner Öl- und Gasförderung in der Kritik

Linsenpampe, die befriedigt

Naiv wirkt hier niemand, sie alle kennen die Zahlen und Statistiken. Etwa, dass bereits sechs von neun planetaren Grenzen überschritten sind, Temperaturen von 40 Grad in Deutschland spätestens im Jahr 2050 normal sein werden und dass ein Burger mit Fleisch fast 2.500 Liter Wasser verbraucht.

Mit den reinen Fakten komme man jedoch besonders bei einer "Esswende", wie sie es nennt, nicht weiter, sagt Saskia Meyer, Ernährungswissenschaftlerin und Journalistin aus Berlin. Auch hier gehe es um Glaubenssätze: "Omas Erbsensuppe war die beste, weil Oma die beste war", so nennt sie das. Trotzdem könne man neue Emotionen rund um klimafreundlicheres Essen schaffen, zeigt sich Saskia Meyer sicher. Ihr gehe es um Gerechtigkeit auf dem Teller.

Für die Konferenz hat sie einen Aufstrich mitgebracht, den sie liebevoll "Linsenpampe" nennt. Eine Mischung aus roten Linsen, getrockneten Tomaten, Kernen und Öl. "Beim Kauen merkt man, es ist total befriedigend, denn es hat genau die richtige Anzahl von Eiweißen und Fetten, die der Körper braucht", sagt Saskia Meyer.

Saskia Meyer, Teilnehmerin der Klimakonferenz "GoodCop" am 10.11.2024 im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte teilt selbstgemachtes Essen aus (Quelle: rbb / Raddatz).
Saskia Meyer teilt ihre "Linsenpampe" aus. | Bild: rbb / Raddatz

Eine Art Motivationsseminar

Auch wenn es den Anschein habe: Man wolle keine alternative Klimakonferenz sein, stellt Marco Bülow, Mitgründer von "überLeben" und Mitglied bei "Die Partei", klar. Er war vor knapp 20 Jahren selbst auf einer Weltklimakonferenz, wie er erzählt. Schon damals sei ihm aufgefallen, wie sehr die Lobby für fossile Energie und Staaten mit einer hohen CO2-Ausstoß-Bilanz die Klimakonferenzen für ihre Zwecke nutzten. Man wolle nicht zeigen, wie es besser gehe, betont Bülow. "Sondern vielmehr mit denen vorangehen, die nicht auf den letzten Blockierer warten wollen", sagt er. Es ist auch eine Art Motivationsseminar für die Aktivistinnen und Aktivisten, die noch nicht aufgegeben haben, dass ihr Protest etwas verändern könnte.

Pünktlich auf die Minute endet an diesem Tag die erste "GoodCOP". Weder gibt es ein Abschlusspapier, noch ein Versprechen auf weitere Veranstaltungen dieser Art. Trotzdem verabschieden sich die Teilnehmenden mit einem Lächeln. Positiver wird es nicht mehr.

Beitrag von Birgit Raddatz

23 Kommentare

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  1. 23.

    Liebe Remonda,
    Sie haben absolut Recht, vielen Dank für den wichtigen Hinweis auf meine blinden Flecken. Ich lasse die betreffenden Zeilen aus Transparenzgründen stehen.
    Grüße

  2. 22.

    Hat das Teufelchen wahrlich auf meinen Kommentar reagiert
    oder wollte es lediglich wieder seine "Klimawandeleugner und Schwurbler" Phrasen los werden.
    Erkenne keinerlei Bezug auf meinen Kommentar.

  3. 21.

    Sie haben Ihre Meinung dazu und ich meine, wenn Sie das als Panikmache empfinden, werde ich Sie nicht von dem Gegenteil überzeugen können. Ich sehe das als Realität und bin mit meiner Meinung auch bei der überragenden Anzahl der Wissenschaftler. Wie stark wir als Menschen das Klima schon beeinflusst haben, wird ja durch den Temperaturanstieg alleine schon deutlich. Wobei wir einer Meinung sind ist, dass Klimaschutz wichtig und gut ist. Wenn Sie das allerdings auch so sehen, verstehe ich nicht wirklich, warum Sie damit argumentieren, dass wir als Menschen an dem Klima nichts ändern können. Machen wir doch gerade schon. Bisher aber eben im Negativen.

  4. 20.

    Quatsch ist es wenn man behauptet dass "Das Thema ist durch, die Menschen lassen sich nichts mehr vorschreiben oder einreden. ".

    Es IST eine Minderheit die so denkt. Ihr Klimawandeleugner und Schwurbler seid eine Minderheit.

  5. 19.

    Warum schreiben sie den gleich Quatsch hier nochmal? Minderheiten würde ich gerne in Prozent angeben bzw. deutlich machen.
    Na klar kann man auch sagen:
    nur jeder Zehnte ... (z.B. fährt Fahrrad)
    oder an anderer Stelle
    bereits jeder Zehnte ... (z.B. ist an diesen Virus erkrankt)
    Die Objektivität ist jeden selbst überlassen, der Teufel denkt darüber garantiert anders.

  6. 18.

    Nie hätte ich erwartet, das aus dem Munde der LG mal was "Echtes" kommt. Klar, auch - die Erbensuppe von Oma war die Beste, mit angebratenem Speck und Wiener Würstchen drin. Der Topf mit Löwensenf war auch immer dabei. Nur jeden Tag geht einfach nicht. Das hält weder Fahrgast noch Hose aus. Die "Linsenpampe" mag ja bei manchem den Körper befriedigen und was ist mit der Seele? Um mal bei Oma zu bleiben, eine richtig Bemme mit selbstgemachtem Schmalz oder die Marmelade "Made by Oma" - unschlagbar. Da brauche ich kein Motivationsseminar - das ist eins. Mit dem Klima ist es ja ok, das sich welche drum kümmern. Macht man ja selbst auch schon. Aber liebe "Aktivisten", von zwei Dingen aber bitte die zarten Pfötchen lassen: Essen und Sprache

  7. 17.

    Richtig, warten wir noch ein paar Jahre ab. Irgendwann wird den meisten Menschen dann klar sein bzw. werden das wir das Klima nicht ändern können. Auch wenn der letzte böse Verbrenner von der Straße ist, die letzte schmutzige Industrie abgeschaltet ist und den Menschen das letzte Geld durch eine sinnlose CO2 Steuer aus den Taschen gezogen wurde. Das Klima, wird das alles nicht beeindrucken. Klimaschutz ist wichtig und gut, das was hier passiert ist Panikmache und völlige Übertreibung.

  8. 16.

    Man könnte meinen, sie haben die Veranstaltung nicht besucht - ja es wurde diskutiert und sogar gestritten - aber ist das nicht Demokratie … also wer die Debatte und die Initiative schlecht reden möchte, macht es genau so. Triump wird sie einstellen …

  9. 15.

    Na dann warten Sie einfach noch ein paar Jahre ab und irgendwann wird den meisten Menschen klar sein bzw. werden, dass es so nicht weitergehen kann. Vielleicht heißt die Partei dann nicht mehr die Grünen, aber alle Parteien, die sich dann intensiver damit auseinandersetzen, werden irgendwann wieder an Zuwachs gewinnen, es ist nur eine Frage der Zeit. Sobald klar ist, dass die extremen Parteien keine wirklichen Lösungen für die Probleme haben bzw. anbieten, sondern nur kritisieren können und die außergewöhnlichen Naturereignisse immer öfter und krasser werden, werden auch die meisten Menschen das Problem nicht mehr wegignorieren können und zwar weltweit. Das einzige Problem ist, dass wir Menschen in erster Linie viel zu große Egoisten sind und ein Umdenken schwerfällt, aber irgendwann wird es nicht mehr anders gehen.

  10. 14.

    Nun,weil VW in Deutschland seit Jahren Verluste "produziert" und das Land Niedersachsen ein Mitteigner ist, da focusiert sich die Politik und Medien vornehmlich darauf.
    Tja der Mittelstadt geht leise unter, und auch einige Konzerne ziehen sich aus Deutsland zurück.
    Übrigens, die Marke VW, die wird seit Jahren nur durch Tochtefirmen im EU-Ausland am Leben gehalten, mehr oder weniger durch die Billiglöhne dort, die sind sehr weit von den fürstlichen hiesigen Löhnen entfernt.
    Diese Strategie geht nicht auf, das ist alles zum Thema VW..
    Es lohnt sich, sich einmal umfassedn mit diesem Thema- zu befassen,

  11. 13.

    Eine umfangreiche Langzeitstudie zeigt, dass Windparks erhebliche Schäden an Wäldern verursachen. Über 22 Jahre hinweg wurde in China untersucht, wie der Bau und Betrieb von Windkraftanlagen die Biomasseproduktion reduziert.

  12. 12.

    Quatsch? Die Minderheit von der Sie sprechen ist wahrscheinlich auf Ihrer Seite. Grüne Politik hat ca. 9% und es sind immer noch 5% zuviel.

  13. 11.

    Kennen wir uns? Bleiben wir doch bitte beim "Sie".
    Was tun sie selbst fürs Klima? Ich z.b Fliege nicht, damit bin ich vielen Menschen schon mal weit voraus.

  14. 10.

    100 Teilnehmer waren da, das sagt alles. Respekt!

  15. 9.

    Ich finde es so frustrierend, verletzend und daneben wie wir Menschen mit Migrationsgeschichte immer wieder diskriminiert und unsichtbar gemacht werden. Die Journalistin tut genau das. Es haben sehr wohl Menschen, die nicht “Menschen mit weißer Hautfarbe”(was auch immer die Journalistin damit meint) sind an der Veranstaltung teilgenommen und mitgewirkt. Diese Denkweisen, wie wir sie hier vorfinden sind ein Teil des Problems!

  16. 8.

    Warum erwähnen Sie hier nur die USA Armee explizit, aber nicht die russische?

  17. 7.

    Es scheint sich auf der Ebene des Marketings schlichtweg zu verlaufen. Wo es bei "den anderen" darum geht, dass Diejenigen, die am Meisten zur Schädigung beitragen, mit einem "Du, Du" da herauskommen und der weltweit spätpubertäre Wettbewerb möglichst ungehindert weiterlaufen soll, geht es den anderen darum, PR-mäßig "GoodCop1" dagegenzuhalten.

    Weniger Schaubilder, weniger begrifflicher Kauderwelsch würde m. E. mehr bewirken. Das Eingängigste ist eine Sprache, die eine Wirkung im Menschen hat und ihn zum Handeln veranlasst, keine Sprache aber, bei der Übersetzungshilfen benötigt werden und die allein im Kopf verbleibt.

  18. 6.

    Warum schreiben sie den gleich Quatsch hier nochmal, was sie meinen ist eine Minderheit im Land. Die meisten Menschen sind sich darüber im Klaren, dass es so nicht weitergehen kann.

    Die wirtschaftliche Situation hat eher was mit dem Versagen unserer Wirtschaftslenker zu tun, siehe KfZ Branche.

  19. 4.

    Was ist mit Dir los? Was tust Du selbst gegen die ganze Klimachause? Nix, konnte ich mir denken! Sinnloser ,, Kommentar“!

  20. 3.

    Das Thema ist durch, die Menschen lassen sich nichts mehr vorschreiben oder einreden. Wohin der ganze Wahnsinn führt, sehen wir an der aktuellen wirtschaftlichen Situation im Land.

  21. 2.

    Detlef, weil Wenige Aktiv(isten)e sich nicht um alle Probleme gleichzeitig kümmern Können. Wenn alle Aktivisten sich themenübergreifend verbünden z.B. unter einem Ziel "Alle für eine bessere Welt" wären alle/wir breiter aufgestellt, lauter, aktiver, wirkmächtiger.

  22. 1.

    Warum verurteilen die Aktivisten keine Kriege, sinnlose Übungen und Truppenverlegungen rund um den Globus?
    Warum wird NIE aufgeführt, was das Militär im Einzelnen und die daraus entstehenden Konflike für einen CO2-Ausstoß verursachen? Haben sich Aktivisten schon einmal an einer Air-Base der US-Armee festgeklebt?

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