Fliegen ohne Kerosin - Wasserstoff-Kleinflugzeug aus Strausberg soll nächstes Jahr fliegen können
Strausberger Ingenieure arbeiten an alternativen Antriebsmöglichkeiten für Flugzeuge und haben ein Viersitzer-Flugzeug entwickelt, das mit Wasserstoff fliegen soll. Noch wird in Strausberg geschraubt, doch 2023 soll der erste Prototyp abheben.
In einer Strausberger Industriehalle ist ein weißer Propeller der einzige Hinweis darauf, dass hier an einem neuen Flugantrieb gearbeitet wird. Alle anderen zu prüfenden Geräte im Raum sehen wie Bauteile eines riesigen Computers aus – verbunden mit orangenen Hochvoltkabeln. Das Herzstück der Testanlage ist die Brennstoffzelle, gut versteckt in einer weißen Kiste. Robert Adam berührt den Propeller sanft. Er kennt sich damit aus.
"Wir schließen Wasserstoff an. Die Brennstoffzelle selbst braucht die Umgebungsluft. Mit der Umgebungsluft und dem Wasserstoff wird Strom erzeugt", sagt der Flugzeugingenieur und Mitbegründer des Strausberger Unternehmens Apus, das an einem Wasserstoffantrieb für Flugzeuge arbeitet. Zwei eigene Kleinflugzeuge werden dafür in Strausberg entwickelt.
Schon in einem Jahr soll Strom aus Wasserstoff die erste Viersitzer-Maschine – zwei Tonnen schwer, acht Meter lang – aufsteigen lassen, sagt Adam. Die Strausberger Flugbauer müssen den Behörden immer wieder Nachweise über die Sicherheit liefern, um am Ende eine Zulassung zu bekommen. 2021 wurde Apus mit dem Brandenburger Innovationspreis ausgezeichnet.
Ein sehr komplexes System
Um die Maschine zu entwicklen, habe man nicht nur den Antrieb, sondern das ganze Flugzeug neu denken müssen. Es gehe dabei um teilweise sehr schwere Komponenten. "Unsere eigentliche Herausforderung ist die Systemkomplexität", so Adam. Man müsse die Brennstoffzelle, den Elektromotor und die Batterie managen, und dabei den Piloten nicht vergessen. "Der muss auch die ganze Zeit wissen, was da abläuft und ob alles im grünen Bereich ist oder nicht." Der gasförmige Wasserstoff werde in den Flügeln des Kleinfliegers gelagert.
Serienreif erst in vier Jahren
Das Team von Ingenieuren hat noch viel zu tun, bevor der Prototyp fliegen kann und später in die Serienproduktion gehen kann. Die Reichweite von 800 Kilometer ist eher für den Privatfliegermarkt gedacht. "Die Idee ist, diese Technologie für den kommerziellen Flugverkehr am Ende auch zu verwenden", sagt Apus-Geschäftsführer Philipp Scheffel. Mittel- und Kurzstrecken sollen "in gar nicht so ferner Zukunft" mit dieser Technologie möglich sein.
Und diese Technologie wird offenbar gebraucht: Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt [dlr.de] beträgt der Anteil der globalen Luftfahrt am menschengemachten Klimawandel 3,5 Prozent. Dabei entfallen 1,5 Prozent auf die CO2-Emissionen, der Rest auf Nicht-CO2-Effekte. Wasserstoffflugzeuge könnten dabei helfen, CO2-Emissionen zu verringern.
Bis der Wasserstoffantrieb aus Strausberg serienreif ist, werde es noch vier Jahre dauern, so Geschäftsführer Scheffel. An Flughäfen wäre aber auch eine Tankinfrastruktur für Wasserstoff notwendig, die es bisher nicht gibt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 24.11.2022, 14:42 Uhr
Mit Material von Philipp Gerstner