Inflation und Kostendruck - Betriebe für Bio- und Demeter-Fleisch sorgen sich um Existenz

Mo 25.03.24 | 14:17 Uhr
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Schlachterei Heinersdorf von Lutz Lehmann für Tiere aus Bio und Demeter Haltung
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.03.2024 | Sabine Tzitschke | Bild: rbb

Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges war die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln deutlich gesunken. Zwar zeigt der Trend wieder nach oben. Bei Betrieben für Haltung und Schlachtung ist das aber noch nicht angekommen. In Oder-Spree drohen Schließungen.

Einsam liegt der kleine Landschlachthof von Familie Lehmann zwischen Wiesen und Feldern in Heinersdorf bei Steinhöfel (Oder-Spree). Jeden Montag wird dort Vieh aus Demeter- und Bio-Haltung geschlachtet. Gehöfte wie dieser sind in Brandenburg rar gesät. Und es könnten zukünftig noch weniger werden. Denn die Betriebe sehen sich und ihre Branche in der Krise.

Tiere werden "würdig" geschlachtet

Die Tiere für die Heinersdorfer Schlachtung kommen aus der nahen Umgebung und werden den Fleischern zufolge ohne Hektik getötet. Auch die seit 1928 biologisch-dynamisch bewirtschaftete Hofgemeinschaft Marienhöhe aus Bad Saarow ist Kundin der Lohnschlachterei, sagt Gerald von Hackewitz. "Wir bringen unsere Tiere hierher. Ich führe sie in den Schlachthof hinein und bin bis zum Schluss dabei. So habe ich eine Wahrnehmung dafür und es ist uns wichtig, dass sie würdig geschlachtet werden."

Krieg und Inflation bremsen Bio-Nachfrage

Auch vom Landgut Jahnsfelde werden Schweine verarbeitet. Doch deren Chef Frank Prochnow sieht den Handel mit Bio-Fleisch in Gefahr. Nach 33 Jahren Ökolandbau stehe nicht nur sein Betrieb auf der Kippe. "Es ist äußerst schwer und wir haben jetzt seit zwei Jahren mächtig Sorgen, gerade wir kleinen Betriebe, die regional arbeiten", sagt Prochnow. "Wir haben viele Kunden durch den Ukraine-Krieg verloren. Wir haben einen Lieferservice nach Berlin. Da haben 50 Prozent der Läden, die wir dort beliefern, zugemacht. Auch unser Hofladen vor Ort wird nur noch gering frequentiert. Da haben wir auch bis zu 50 Prozent Umsatzverluste."

Bereits vor zwei Wochen berichtete auch das Ökodorf Brodowin im Barnim von ähnlichen Erfahrungen. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage mussten dort Tiere verkauft und die Milchproduktion unterbrochen werden. Die Nachfrage nach Bioprodukten sei 2022 nach Beginn des Kriegs gesunken und auch der Bio-Boom in Berlin hatte seinen Zenit überschritten.

Der Umsatz von Bio-Lebensmitteln ging laut Daten des Bundes Ökologischer Lebensmittelwirtschaft im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent zurück. Doch die Branche erholte sich bereits 2023 mit einem Plus von fünf Prozent und erreichte einen Umsatz von 16,1 Milliarden Euro [www.boelw.de].

Kosten sind deutlich gestiegen

Bei vielen Betrieben ist das aber noch nicht angekommen, berichten die Brodowiner. Und auch in der Heinersdorfer Schlachterei bewegen sich die Kosten weiterhin auf Rekord-Niveau, sagt Inhaber Lutz Lehmann. Die Löhne für Gesellen und Lehrlinge seien auch im Fleischerhandwerk gestiegen. Hinzu komme, dass die Lohnschlachterei von Bio-Tieren eine preisintensivere Handarbeit sei. Sogar das Demeter-Schwein wird anders entbeint als ein normales Bio-Schwein. Der Fleischer braucht ein gutes Auge für Fett und Kotelett, so Fleischermeister Lehmann.

Er führt weitere Kostenfaktoren an. "Die Heizungswartung, die Entsorgung der Schlachtabfälle werden teurer. Wir müssen auch fahren. Benzin- und Dieselkosten. Wir haben Kühlmaschinen und alles läuft mit Strom. Wenn das immer weiter steigt, kann man manchmal schon die Lust verlieren."

Lehmann: Nachfrage der Kunden ist entscheidend

Bettina Lehmann ist Landwirtin und ebenfalls in dem Betrieb in Heinersdorf tätig. Sie hat ausgerechnet, dass der Stundenlohn ihres Mannes bei etwas über einem Euro die Stunde liegt. Das treibe sie auf die Straße. So geht Bettina Lehmann regelmäßig demonstrieren und fährt zu den Kundgebungen bis nach Berlin. "Die kleinen Bauern kann man nicht mit den großen Konzernen und Heuschrecken vergleichen, die sich breit gemacht haben und alles platt machen. Wenn sich die Menschen ein bisschen damit beschäftigen würden, würde ich mich freuen, wenn sie vielleicht auch ein bisschen ihr Kaufverhalten ändern, und nicht dort kaufen, wo sie es am billigsten kriegen."

Obwohl es sich kaum noch lohnt, machen Lehmanns noch einmal pro Woche den Hofladen mit frischer Wurst und Fleisch von Tieren aus der Region auf. Wie lange das noch so bleibt, entscheide am Ende allein der Kunde.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.03.2024, 19:30 Uhr

Mit Material von Sabine Tzitschke

40 Kommentare

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  1. 40.

    Ja, und Eier wären auch Küken geworden. Diese Tränendrüsenmentalität geht mir gelinde gesagt langsam auf den Salat.

  2. 39.

    Warum nicht mal weniger essen? Statistisch gesehen leben Menschen, die ganz wenig essen viel länger!

  3. 38.

    Manchmal habe ich den Eindruck, dass das Geschmacksempfinden in Deutschland nicht gut ausgebildet ist. Es ist so ein merklicher Unterschied zwischen Fleisch von Kaufland oder Bioland. Das gleiche gilt auch bei Gemüse. So wie etwas wächst oder aufwächst so schmeckt es auch. Gute Nahrung ist auch Medizin

  4. 36.

    Danke. Sehe ich genauso. Wenn in Supermärkten kein Bio Fleisch aus Brandenburg angeboten wird kann man auch keins kaufen. Stattdessen machen Betriebe aus NRW, Niederlande und sogar aus Litauen das Geschäft.

  5. 34.

    Ein Gourmet wird aus Ihnen wohl nicht mehr. Aber macht ja nichts, Hauptsache, es schmeckt Ihnen.
    Guten Appetit weiterhin!

  6. 33.

    Worum machen hier einige eigentlich so ein Gewese ?
    Die Diskussion über das Tierwohl ist eine typisch deutsche. Es gibt jede Menge Vorschriften dazu und die paar schwarzen Schafe, die sich nicht daran halten, wird es immer geben.
    Wie gesund oder ungesund das Fleisch aus dem Discounter ist (also das ohne Bio- Label) kann man doch überhaupt nicht seriös beurteilen. Allgemein werden Lebensmittel in Deutschland streng kontrolliert, sonst gäbe es ja nicht soviele Rückrufaktionen. Ein Massensterben unter der Kundschaft, wegen Fleischverzehr, ist mir auch noch nicht aufgefallen. Also Biofans, kauft was eure Brieftasche hergibt und lasst die anderen in Ruhe mit eurer Ideologie!

  7. 32.

    "Als es aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine (das war Putin, nicht die Grünen) "
    Da musste man ja nicht lange warten bis dieses Argument mal wieder strapaziert wird.
    Pech nur, dass die Preistreiber im eigenen Land sitzen.
    Edeka, Rewe und wie sie alle heißen.

  8. 31.

    Was für ein Statement! Er kauft keine Bioprodukte, weil zu viel Gewese darum gemacht wird, was ihm auf den Zaun geht - was auch immer das nun bedeuten möge.
    Fast kryptisch...

  9. 30.

    Was die Leute einkaufen...Ich kaufe immer Rinderbeinscheiben im Angebot beim Discounter aber erst wenn sie preisreduziert sind. Allerdings ist das was Leute wie ich einkaufen, nicht immer unbedingt für den Kochtopf. Ich kaufe dieses Fleisch für meinen Hund, der Knochen ist eine geniale Zahnbürste und er ist gut beschäftigt damit. Mache ich schon immer so zum Leidwesen vom Tierarzt.

  10. 29.

    Ich "fresse" was mir beliebt. Und Fleisch kommt bei uns nicht täglich auf den Tisch, da sind wir sehr hinterher. Ansonsten muss ich mir von jemanden, der das 29€ Ticket für das Allheilmittel der Berliner Politik hält, keine Ernährungstips geben lassen. Wir gehen arbeiten und wir gönnen uns bewusst gute, saisonale Lebensmittel und kochen gerne.
    Und Spieße (ich denk jetzt mal an Schaschlik) mach ich selbst und muss dann auch nicht teilen. Unseren Körpern geht es damit ausgezeichnet!

  11. 28.

    So meinte ich es auch nicht. Es kann natürlich nicht jeder Bioware essen, denn das würde ja auch in Biomassentierhaltung münden. Also ganz entspannt. Mir gefällt auch nicht, dass so viel Bioware in Plastik verpackt ist. Es gibt noch einiges zu tun. Bis denne;-)

  12. 27.

    Und ich kaufe bewusst keine Bioprodukte obwohl ich mir diese gut leisten könnte. Das ganze Gewese darum, geht mir nämlich mächtig auf den Zaun!

  13. 25.

    Ließ bitte mal den Post von ,,der Gelassenen''. Was Sie sagt ist die Wahrheit, absolut. Thanks!

  14. 24.

    Ich höre viel Kritik an den Grünen.
    Aber beim Essen sagen doch die meisten:
    Gar nicht verkehrt, wenn Lebensmittel etwas teurer werden.
    Für gute Lebensmittel bin ich bereit, auch etwas mehr zu bezahlen.
    Es sind aktuell ganz andere Dinge Grüner Politik, die den Menschen zu schaffen machen.
    Nicht die Lebensmittelpreise.

  15. 23.

    >"eines können Politiker mit immer mehr Geld ganz bestimmt: Für gutes Klima sorgen...Wetten?"
    Ihre Witzitschkeit treibt mir gerade die Trauertränen in die Augen... ;-))

  16. 22.

    Mein Tipp an alle:
    FDH
    Friss die Hälfte!
    Und langsam essen.
    Das spart vor allem Geld.
    An der Fleischtheke kann man sich auch einen Spieß geben lassen. Dann hat jeder 2 Stückchen.
    Schönes Risotto dazu oder Pellkartoffeln.
    Man kann beim Essen viel sparen.
    Wir haben uns nur leider anerzogen, viel zu fressen.
    Und dann noch das falsche.
    Ich bin immer wieder schockiert, was Leute einkaufen.
    Aber ich wusste es selbst früher auch nicht besser.
    Aber am Ende muss jeder selber wissen, welche organschädlichen Substanzen er in seinen Magen pumpt.

  17. 21.

    Ich esse auch gern gesunde Sachen.
    Allerdings sollte man Bio tatsächlich auch nicht glorifizieren.
    Der Körper braucht auch, wenn man nicht gerade im Büro arbeitet, auch mal einen Kraftriegel.
    Tierwohl gehe ich auch mit.
    Weniger Schlachtprozesse ebenso.
    Aber ich esse auch das ein oder andere Fleisch- und Fischprodukt.
    Es wäre schon schön, wenn nicht so viel Essen weggeworfen wird. Allerdings ist das ganze ungesunde Kunstessen irgendwo auch gut für die Tiere.
    Stellen Sie sich mal vor, es gäbe keinen Industriezucker und Obst. Ich glaube, wir würden schon im Kannibalismus leben.

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