Ausstellung im Spree Park - Punks auf dem Kettenkarussell

Mo 11.11.24 | 08:04 Uhr | Von Marie Kaiser
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Kulturpark, Fotoserie, 1982/83, Punkszene im Kulturpark Plänterwald (Quelle: Christiane Eisler)
Bild: Christiane Eisler

Die Ausstellung "Vergangenes Vergnügen" im Eierhäuschen lässt ganz persönliche Erinnerungen an den Kulturpark Plänterwald und späteren Spreepark Berlin aufleben. Auch ist nicht zu übersehen, dass der Spreepark sich auf ein neues Kapitel vorbereitet. Von Marie Kaiser

"Willkommen im Glück" steht in Großbuchstaben gleich am Eingang der Ausstellung. Darunter baumeln an Fäden aufgehängt historische Fotos aus der bewegten Vergangenheit des damaligen "VEB Kulturpark" im Plänterwald, der vor 55 Jahren als einziger Vergnügungspark in der DDR eröffnet und oft einfach "Kulti" genannt wurde.

Menschen, die sich auf Karussells drehen oder die Achterbahn heruntersausen und vor Glück strahlen. Der Blick bleibt aber auch sofort hängen an einem Foto von den Weltfestspielen der Jugend aus dem Jahr 1973. Fünf Jugendliche in FDJ Hemden sind vor einem Riesenrad zu sehen, jeder ausgestattet mit einer Portion Zuckerwatte, die für den Fotografen besonders genießerisch verspeist wird. Das sieht eher nach inszenierter Fotografie und inszeniertem Vergnügen aus.

Treffpunkt der fröhlichen Leute

Genau in diesem Spannungsfeld bewegt sich die Ausstellung. Der Vergnügungspark als propagierten "Treffpunkt der fröhlichen Leute", als Bühne für einen Staat, der demonstrieren will, wieviel Freiheit und Glück in der DDR möglich ist. Aber auch das tatsächlich erlebte Freiheits- und Glücksgefühl. "Uns war es ganz wichtig, dass wir die Ausstellung mit den Erinnerungen formen, denn das macht den Spreepark so besonders, dass es so wahnsinnig viele Erinnerungen gibt und die Menschen immer emotional auf den Park reagieren", erklärt die künstlerische Leiterin des Spree Park Art Space Katja Aßmann im Interview mit rbb24.

Kulturpark Plänterwald, X. Weltfestspiele der Jugend, 1973 (Quelle: Wolfgang Thieme)

Leben unterm Riesenrad

Ein Jahr lang wurden für "Vergangenes Vergnügen" Erinnerungen gesammelt von Menschen, die den Vergnügungspark besucht haben, aber auch dort gearbeitet haben. Die Autorin und Journalistin Anne Waak hat daraus das über 80-minütige Hörstück "Leben unterm Riesenrad" gemacht, das als Begleiter durch die Ausstellung funktioniert. In drei Kapiteln führt das Hörstück in die verschiedenen Abschnitte der Ausstellung. "Willkommen im Glück", "Der Park als Bühne" und "Hinter den Kulissen".

Der Kulturpark wurde zu einem Sehnsuchtsort, in dem es sich ein bisschen anfühlte, als könne man die DDR für ein paar Stunden verlassen.

Christian Hiller, Kurator

Als könne man die DDR für ein paar Stunden verlassen

Im Kapitel "Der Park als Bühne" fallen ungewöhnliche Schwarz-Weiß-Fotos der Fotografin Christiane Eisler auf, die in den frühen 1980er Jahren eine Gruppe junger Punks im Plänterwald mit der Kamera begleitet hat. Ein junger Mann mit Nietengürtel, Lederjacke und Irokesen dreht sich im Kettenkarussell und wird von den Mitfahrenden neugierig beobachtet. Andere Punks breiten die Arme aus als könnten sie fliegen oder kugeln vergnügt in einer Art Röhre herum.

Infos im Netz

"Uns hat das sehr überrascht, dass der Kulturpark damals ein Ort war, an dem sich Punks in der DDR relativ frei bewegen konnten", sagt der Kurator der Ausstellung, Christian Hiller. "Immer wieder haben sich Gruppen von Punks im Spreepark getroffen, haben gefeiert und Unsinn gemacht. Das galt nicht nur für die Punks, auch für verliebte Pärchen", so Hiller. Der Kulturpark war damals eine Art Sehnsuchtsort, wo man für eine gewisse Zeit Dinge machen konnte, die an anderen Orten in der DDR wahrscheinlich nicht möglich gewesen wären, vermutet er. "Er war frei, bunt und wurde zu einem Sehnsuchsort, in dem es sich ein bisschen anfühlte, als könne man die DDR für ein paar Stunden verlassen."

Spreepark als Lost Place

Nach der Wende wurde aus dem "Kulturpark Plänterwald" der "Spreepark". Im Kapitel "Hinter den Kulissen" werden zum ersten Mal Planungszeichnungen und Fotos des Architekturbüros von Doris und Hinrich Baller gezeigt aus dem Jahr 1993, als der Vergnügungspark für die neue Zeit umgebaut wurde. 2001 musste der "Spreepark" wegen finanzieller Probleme des Betreibers schließen und lag seitdem brach. Die Natur überwucherte die Fahrgeschäfte und viele klettern über die Zäune, um Fotos des "Lost Place" zu machen.

An diese Zeit erinnert eine Arbeit der Künstlerin Andrea Pichel, die selbst Erinnerungen aus der Kindheit an den Spreepark hat. Ein großer Fototeppich zeigt Überreste des Internationalen Spezialitätenrestaurants im Spreeparks. Rote Fliesen des ehemaligen Toilettentrakts die vollkommen von Pflanzen überwuchert sind bilden ein eigenes Muster, in das sich diese der Zeit und der Geschichte eingeschrieben haben.

Bauarbeiten in vollem Gang

Das Ausstellungsdesign von "Vergangenes Vergnügen" ist fröhlich und erinnert an bunte Spielbuden. Dazu passt, dass es auch eine Art Selfie-Ecke gibt, in der sich Besucherinnen und Besucher vor verschiedenen Fotoleinwänden mit riesigen Aufnahmen aus dem verwitterten Lost Place posieren können - vor dem Riesenrad oder dem Tunnel der Achterbahn "Spreeblitz", der an einen Drachenschlund erinnert.

Wer auf dem Weg zur Ausstellung am Spreepark vorbeifährt, kann sich überzeugen, dass die Bauarbeiten in vollem Gange sind. Ursprünglich sollte der Spreepark Ostern 2025 wieder eröffnen. Mittlerweile ist die Rede von einer Eröffnung im Jahr 2026. Dann sollen auf dem ganzen Gelände Kunstinstallationen zu sehen sein und das Riesenrad zurückkehren, das über großen Wasserbecken in Mitte des Parks schweben soll.

Katja Aßmann findet den Moment vor der Eröffnung genau den richtigen Zeitpunkt für eine solche Ausstellung: "Bevor es um das zukünftige Vergnügen im Spreepark geht, sollte die Ausstellung sich noch einmal auf die Vergangenheit besinnen." Alles, was das zukünftige Vergnügen des Spreeparks sei, werde so anders sein, aber das Vergnügen einfach in der Natur zu sein, finde sie genauso wichtig und spannend in der heutigen Zeit.

Kulturpark, Fotoserie, 1982/83, Punkszene im Kulturpark Plänterwald (Quelle: Christiane Eisler)

Beitrag von Marie Kaiser

15 Kommentare

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  1. 15.

    Absolut richtig. Nicht zu vergessen, es haben manchmal Bands unterm Riesenrad gespielt und das für den normalen Eintritt in den Kulturpark, wie er offiziell hieß. Ich kann mich nicht mehr erinnern, welche Bands ich da ungefähr zwischen 1977 bis 1985 gesehen habe, aber ich weiß, dass wir immer viel Spaß hatten.

  2. 13.

    Immer muss alles politisiert werden! "Der Plänterwald" als Feigenblatt + Demonstrationsobjekt der DDR-Regierung, wieviel Freiheit + Glück in der DDR möglich ist. Aha. Aber es kommt noch besser: "...als Sehnsuchtsort, in dem es sich ein bisschen so anfühlte, als könne man für ein paar Stunden die DDR verlassen." sagt niemand Geringeres als der Kurator der Ausstellung (!), dessen Vita keinen Bezug zu "Leben + Alltag in der DDR" erkennen lässt. Weder privat, wie offen einräumt. Noch beruflich: Kurator, Medienwissenschaftler + Redakteur einer Zeitschrift für Architektur + Urbanismus, als Kurator mit starkem Fokus auf Architektur (insbesondere dem Bauhaus). Ich spreche Hr. Hillers Kompetenzen in den v.g. Bereichen nicht ab, keineswegs. Ich frage mich vielmehr, wie derlei Aufträge wie die Kuratur einer Ausstellung "Vergangenes Vergnügen", die man "mit den Erinnerungen Formen" wolle (Katja Assmann), vergeben werden. Nach welchen Kriterien. Es ging einfach nur ums "Spaß haben"! Sonst nichts.

  3. 12.

    Das ist aber auch der Fall, wenn wir über das Römische Imperium sprechen.

  4. 11.

    Ich war dort sehr oft und sehr gern !
    Ganze Tage dort verbracht .

  5. 10.

    Die Erklärung, warum sich Punks, Grufties usw. im Plänterwald (niemand sagte "Kulti"!) treffen konnten ist recht einfach zu erklären. Sobald man in der Innenstadt auftauchte, wurden einem - nach der obligatorischen Ausweiskontrolle - entweder Alexanderplatzverbot oder Innenstadtverbot erteilt. Das galt dann bis zu der Gegend Ostbahnhof. Der Plänterwald lag außerhalb dieser "Bannmeile". Wichtiger Treffpunkt war die Gaststätte Plänterwald - PW. Niemand, den ich kenne, war im Plänterwald, um die DDR zu vergessen! Man war da, um Freunde zu treffen, neue Leute kennenzulernen und einfach Spaß zu haben. Aber danke, dass mir wieder einmal erklärt wird, wie ich damals gelebt und wie ich lt. dem Kurator gedacht habe. Höchstwahrscheinlich war es auch schon stummer Protest, wenn wir einfach nur in den Keller gegangen sind. Um damit den Staat zu zeigen, dass es abwärts geht!

  6. 9.

    Wieder mal ein Artikel von Wessis, die uns den Osten erklären wollen. Danke, brauchen wir nicht. Da schließe ich mich allen bisherigen Vorrednern an.

  7. 8.

    Leider merkt man auch hier, dass die eigentlichen Erlebnisse aus der Zeit in der DDR durch Leute erzählt werden, die die Zeit gar nicht miterlebt haben.

  8. 6.

    „Der Kulturpark wurde zu einem Sehnsuchtsort, in dem es sich ein bisschen anfühlte, als könne man die DDR für ein paar Stunden verlassen.“
    Was für ein Unsinn der da vermutet wird. Es war ein Rummelplatz wo wir hingingen um Spaß zu haben. Herr Hiller war wohl eher nicht dabei, aber muss seine Vermutungen natürlich kundtun.
    Ich hatte kurz überlegt mir die Ausstellung anzuschauen aber der Appetit ist mir vergangen.

  9. 5.

    Yo Man! Wir waren Punks und haben uns im Plänterwald ab Ende der 70er dort immer getroffen, getanzt, gelacht und getrunken, war be ,,geile Zeit“!

  10. 4.

    Korrekt. Als Kind mit den Eltern oder später mit den Freunden sind wir in den Plänterwald gefahren. Für meine Kinder war es der Spreepark. Meine Kinder, beide ü 30, erzählen noch gern von den Erlebnissen dort. Drachenbahn oder die Tassen gleich am Eingang, es waren schöne Tage.

  11. 3.

    Wir waren da und hatten einfach nur Spaß. Ich hab nicht einen Moment daran gedacht der DDR so entfliehen zu können. Ich geh auch nicht in denEuropapark um der BRD zu entfliehen. Einfach nur Spaß haben wollen ist wohl nicht genug, muss immer mit Dreck geworfen werden.

  12. 2.

    Also im Osten ist niemand in den "Kulti" gegangen. Hab ich noch nie gehört. Wir sind "in Plänterwald" gegangen. Und übrigens um Spaß zu haben, nicht um für paar Stunden "die DDR zu vergessen". Das ist einfach Quatsch.

  13. 1.

    Der Spreepark war ein Vergnügungspark mit Achterbahn und keinen Kunstinstallationen. Warum geht so etwas in Berlin nicht mehr ??

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