Mögliche NS-Verherrlichung - Berliner Polizei ermittelt gegen Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters

Fr 26.05.23 | 11:26 Uhr
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Archivbild: Roger Waters live auf der Buehne am 21.05.2023 in Muenchen, Olympiahalle. (Quelle: dpa/Jens Niering)
Audio: rbb|24 Inforadio | 26.05.2023 | Peter Klinke | Bild: dpa/Jens Niering

Dem früheren Pink-Floyd-Mitglied Roger Waters wird immer wieder Antisemitismus vorgeworfen. Mitte Mai gab er zwei Konzerte in Berlin. Jetzt ermittelt die Polizei, ob Waters dort mit seiner Kleidung die NS-Herrschaft verherrlicht haben könnte.

Die Berliner Polizei ermittelt gegen den Mitbegründer der Band Pink Floyd, Roger Waters. Polizeisprecher Martin Halweg sagte dem rbb am Freitag, man habe Ermittlungen gestartet nach Hinweisen auf die Bühnenkleidung Waters' bei einem Konzert in Berlin am 17. Mai 2023. Zuvor hatte das Nachrichtenportal "Jewish News" darüber berichtet.

Rote Binde mit gekreuzten Hämmern auf weißem Grund

Die Polizei verfolgt eigenen Angaben zufolge Hinweise, nach denen die Bühnenkleidung des Musikers die Würde von Opfern des Nationalsozialismus verletzen oder die NS-Herrschaft verherrlichen, relativieren oder legitimieren soll.

Der Staatsschutz überprüfe die Vorwürfe nun, sagte Halweg. Nachdem die Beweise gesichtet worden sind, wird die Angelegenheit Polizeisprecher Halweg zufolge an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, die dann über den weiteren Verlauf entscheiden soll.

Roger Waters hatte bei dem Berliner Konzert unter anderem einen schwarzen, langen Ledermantel getragen sowie am linken Oberarm eine rote Binde mit gekreuzten Hämmern auf weißem Grund. Auf Videos, die auf Twitter kursieren [twitter.com], ist zudem zu sehen, wie er eine nachgemachte Maschinenpistole in der Hand hält und diese dann unter Soundeffekten "abfeuert". Neben ihm stehen zwei Männer mit Helmen, die den Helmen von Wehrmachtssoldaten ähneln.

Waters: "The Wall" ist Statement gegen Krieg und Faschismus

Es ist nicht das erste Mal, dass Waters mit einer solchen Bekleidung in Erscheinung trat. In einem vor acht Jahren hochgeladenen Musikvideo trägt Rogers einen identisch aussehenden Mantel mit Schulterklappen und Binde. Das Musikstück, zu dem Waters den Mantel damals wie heute trug, heißt "In the Flesh" und ist Teil der Rockoper "The Wall". Waters hat stets betont, "The Wall" sei ein Statement gegen Krieg und Faschismus. Der Protagonist Pink, im Film gespielt von Bob Geldof, hält sich an dieser Stelle der Handlung unter Drogen für einen faschistischen Anführer.

Dem 79-jährigen, ehemaligen Pink-Floyd-Mitglied werden immer wieder israelfeindliche und antisemitische Äußerungen vorgeworfen. So ist er nach eigenen Angaben Mitglied der vom Bundestag als antisemitisch eingestuften BDS-Bewegung - Boykott, Desinvestition und Sanktionen gegen Israel. Bei Konzerten ließ der Sänger zudem Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen. Bei seinen bisherigen Deutschland-Konzerten gab es das Schwein noch immer - aber ohne den Davidstern. Außerdem soll Waters dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine positiv gegenüber eingestellt sein.

CDU und Bezirksbürgermeisterin Herrmann hatten Absage des Konzertes gefordert

Bundesweit hat es viel Kritik an den Konzerten des britischen Musikers gegeben. So hatte die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus im Vorfeld den Veranstalter beziehungsweise den Hallenbetreiber aufgefordert, den Auftritt Waters' abzusagen. Auch die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Grüne), hatte sich für eine Absage ausgesprochen. Sie begrüße die Ermittlungen der Behörden gegen Waters. "Aber auch Spielstätten und Veranstalter stehen in der Pflicht. Antisemitismus darf keine Bühne geboten werden. Kunst, Kultur und Musik haben ein besonderes Potenzial, Menschen zu erreichen. Um so wichtiger ist es, diese Energie dafür zu nutzen, ein solidarisches Miteinander zu stärken", erklärte sie. Die Sicherheitsbehörden hatten das Konzert auf mögliche Rechtsverstöße hin beobachtet.

Waters wies zuletzt über sein Management Vorwürfe von sich, antisemitisch zu sein, und gab an, Antisemitismus wie alle Formen von Rassismus zu verurteilen. "Meine allgemein bekannten Ansichten beziehen sich ausschließlich auf die Politik und die Handlungen der israelischen Regierung und nicht auf die Menschen in Israel", sagte er demnach.

Sendung: rbb24, 26.05.2023, 13:00 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    In Stuttgart gab es vor Jahren ein Ermittlungsverfahren gegen einen jungen Mann wegen Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole. Sein Vergehen: er trug einen Aufnäher auf der Jacke, der eine Hand zeigte, die ein Hakenkreuz in einen Abfallbehälter befördert. Bei Waters ist diese Symbolik seit der 82er Verfilmung von "The Wall" ein Zeichen für Diktatur und Gewalt. Wann gibt es eigentlich ein Ermittlungsverfahren gegen die indonesische "Künstler"gruppe, die auf der Documenta Antisemitismus zelebriert

  2. 28.

    Die Kommentatoren hier pöbeln ahnungslos, der feingeistige Roger "Fuck Off" Waters hingegen ist ein Mann der sanften Töne.

    Genau mein Humor.

  3. 27.

    Ersr nennt er es Kunstfreiheit und nun ist es anscheinend seine Meinung.

    ...

  4. 26.

    Nachtrag: Der Videoausschnitt zeigt eine Sequenz mit dem The Wall -Song In The Flesh, wo der Protagonist zu einem faschistoiden Charakter mutiert, und findet sich so schon bei älteren Konzerten und in ähnlicher Form im The Wall -Film von 1982 (Hauptdarsteller Bob Geldof). Von daher nichts neues. Die Polizei sollte seine Äußerungen ermittlungstechnisch ernst nehmen, aber seine Arbeit differenziert betrachten. - Ja, ich halte Waters für einen Antisemiten, aber die Diskussion muss sachlich bleiben, sonst geht man ihm auf den Leim.

  5. 25.

    CDU und die berühmte Bezirksbürgermeisterin Herrmann hatten Absage des Konzertes gefordert. Warum ist man der Aufforderung nicht nachgekommen?

  6. 24.

    Sehr gut kommentiert! Das Thema setzt sich fort auf dem "The final cut"-Album. Aber das wird die Leute, die hier ahnungslos herumpöbeln auch nicht interessieren.

  7. 23.

    Sehe das ähnlich wie Sie, denn seit den Videos von The Wall sollte das schonmal irgendwie aufgefallen sein. Jetzt soll's plötzlich ein Problem sein? Never ever!
    Es ist doch immer ein ganz schmales zweischneidiges Damoklesschwert zwischen Kunstfreiheit und strafbarer Handlung, wie z.Bsp. auch die Kostüme, Bühnendeko und Videokunst von Rammstein oder das Auftreten der Front Deutscher Äpfel oder der Partei, etc. Der künstlerische Kontext ist juristisch entscheidend, nicht die zusammenhanglose bloße Symbolik.

  8. 22.

    Bei aller wirklich berechtigten Kritik an Waters' antisemitischer Haltung: Die verwendeten Symbole aus The Wall stammen von 1979, wurden jahrzehntelang verwendet und sind Teil einer inhärent enthalten Kritik an totalitären Systemen, die in The Wall künstlerisch aufgezeigt wird. Das muss man trennen. Alles andere ist Willkür. Die Kritik an Waters ist wichtig, aber das hier schmälert die Seriosität der Debatte.

  9. 21.

    Stimme Ihnen 100 % zu. Übrigens Staatsschutz, Staatsanwaltschaft und auch Polizei haben bestimmt noch andere „Baustellen „!

  10. 20.

    Unglaubliche Hetzjagd gegen Roger Waters. Solche Kleidung und Symbole werden seit 1980 in den Videos, Filmen, Konzerten von ihm und den Pink Floyds getragen und gezeigt. Das hat alles mit dem Konzeptalbum "The Wall" und seinen Hintergründen zu tun. Jetzt, dass Rogers Waters wegen angeblichen Antisemitismus in der Kritik steht, versucht man ihm alles anzuhängen, sogar die Verherrlichung der Nazis. Ein Hauptthema von "The Wall" ist gerade die schwierige Kindheit von Waters, der ohne Vater aufwuchs, nachdem dieser im Krieg gegen die deutsche Wehrmacht fiel. Glauben Sie wirklich, dass Waters diejenigen verherrlichen würde, die seinen Vater auf dem Gewissen haben?

  11. 19.

    Er wird bei der nächsten Ankunft am BER festgenommen? Irgendwie kommt mir das vor wie Provokation ala Rammstein, vielleicht mal objektiver sehen?

  12. 18.

    Verstörend ist die Bekleidung für Sie, weil Sie keinen Schimmer haben, worum es bei The Wall geht.

  13. 17.

    Waters ist Britte. Ihn wird nicht interessieren, wie der Deutsche Bundestag etwas einstuft ("So ist er nach eigenen Angaben Mitglied der vom Bundestag als antisemitisch eingestuften BDS-Bewegung"), das wirkt übergriffig.
    Das oft kritisierte Schwein erschließt sich zwanglos aus Animals (https://en.wikipedia.org/wiki/Animals_(Pink_Floyd_album) - englische Seite ist um Längen besser dort als die deutsche) - außerdem hat er sich mal die Rechte an den inflatable animals gesichert nach dem Verlassen der Band.
    Die kritisierte Performance paßt genau zu The Wall - woran er sich auch die Rechte gesichert hatte - was damals auch in Deutschland von der Kritik weithin gefeiert wurde.

  14. 16.

    Vielleicht sollte sich die Staatsanwaltschaft mal „The Wall“ und die Filmausschnitte anschauen. Aber die aufgeregten linken Identitären und Bilderstürmer müssen ja besänftigt werden. ;)

    Die Uniformen und Armbinden sind nun nix neues ( man schaue sich " in the Flesh " an ), schon in den 80er hat Waters dies für sein Bühnenprogramm wieder entdeckt,

    nur bis vor kurzem , mußte man Waters nicht canceln, daher hat danach kein Hahn danach gekräht ;)



  15. 15.

    ...eine Geschichte, die mit der Veröffentlichung vor 43 Jahren ihren Ursprung nahm und die Herr Waters' immer weiter schreibt.
    Stellt sich die Frage : Ist ihm in der Zwischenzeit nix Neues eingefallen?

    Aber davon mal ab: Mithilfe seiner nun wirklich äußerst originellen Requisiten ( aufblasbares Schweinchen mit u.a. Judenstern und "Shell"-Logo) also u.a. gegen einen Ölkonzern auszuteilen und dabei als Venue die "Mercedes-Benz-Arena" zu wählen ist natürlich recht erheiternd.

    Jethro Tull ist besser gealtert. Jagger auch. Altern ist eben nicht so einfach... Grüße ins Erzgebirge.

  16. 14.

    Genau hier liegt die Problematik...
    The Wall ist nicht nur ein Lied. The Wall ist erstmal ein ganzes Album! Und viel Wichtiger: eine Geschichte. Auch ist mit The Wall nicht die ganze Geschichte erzählt.

  17. 13.

    Ach ja... Leider wird und werden immer wieder die Zeichen und Symbole, aus politischen Gründen, aus dem Zusammenhang oder besser, aus der eigentlich zu erzählenden Geschichte gerissen und für den Mainstream aufgearbeitet. Als im Bundestag die Feierstunde zum 75. Jahrestag der Staatsgründung gedacht wurde, so ist im Anschluss ein Vertreter Israels gefragt worden, wie er die Redebeiträge so empfunden hat. Er antwortete (Sinngemäß und Auszugsweise da sonst keine Relevanz zur Diskussion): Das er alle Redebeiträge interessant und in freundschaftliche Art und Weise gegenüber Israel wahr nahm. Allerdings wünsche er sich doch etwas mehr Kritik und kritischere Auseinandersetzung mit Israel.
    Ich fand dies äußerst interessant!
    Nun sollten sich bitte alle selbsternannten Antisemitismus experten (Experten gibt es ja seit geraumer Zeit in jeglicher "Fachrichtung" ob nun Corona oder Krieg exponentiell viel) die Hintergrundstory, die Familiengeschichte von Waters und seine Initiativen betrachten!

  18. 12.

    Fordert man jetzt seine Auslieferung, wird seine Musik verboten? Wie geht es jetzt weiter?

  19. 11.

    Genau das war mein Gedanke als ich diese Meldung eben las.......... Die Rezension war ja deutlich kritisch Waters ggü., aber dass die Aufmachung mit keinem Wort erwähnt wurde, finde ich schon arg seltsam.

  20. 10.

    Tja, Alter geht nicht bei Allen zwangsläufig mit Erwachsensein einher. Meine Neffen bezeichnen solches als Kunst verbrämtes Gebaren als "Boomer Cringe". Auf Hochdeutsch: "Jeder blamiert sich so gut er kann." Waters' Methode, auch bekannt als 'épater les bourgeois' (also: die Bürgerlichen mit allerlei Schnick-Schnicksack aus der symbolischen Schockerkiste zu verstören) ist weder originell noch neu, sondern vorhersehbar und peinlich.

    Schade, 'The Wall' ist eigentlich ein ganz okayes Lied.

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