Rückkauf des Fernwärmenetzes - Berlin wärmt sich wieder selbst

Fr 03.05.24 | 11:15 Uhr
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Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße in Berlin Mitte.(Quelle: picture alliance/Schoening)
Video: rbb24 | 03.05.2024 | Nachrichten | Bild: picture alliance/Schoening

Das Land Berlin ist seit Anfang Mai wieder Eigentümer der Fernwärme in der Hauptstadt. Das neue Landesunternehmen trägt den Namen Berliner Energie und Wärme AG (BEW).

Mit einem Festakt im Heizkraftwerk Mitte wurde der Rückkauf der Fernwärme gefeiert, teilte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe am Freitag mit. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, CDU, sprach von einem "historischen Tag". Die Fernwärme kehre in den Kreis der Landesunternehmen zurück. "Willkommen zu Hause", so der Regierende Bürgermeister. Zu Gästen zählten neben Wegner auch Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Finanzsenator Stefan Evers (CDU).

Wegner sagte dazu: "Die Fernwärme ist eine zentrale Säule bei der Wärmeversorgung der Berlinerinnen und Berliner und hat darüber hinaus auch eine strategische Bedeutung für die Transformation der Energieversorgung in unserer Stadt. Mit der Rückkehr der Fernwärme in die Unternehmensfamilie des Landes Berlin gewährleisten wir eine sichere, effiziente und nachhaltige Energieversorgung zu fairen Preisen und sichern rund 2.000 Arbeitsplätze in unserem Landesunternehmen BEW."

Franziska Giffey sagte, mit dem Rückkauf der Fernwärme sei die größte energiepolitische Weichenstellung dieses Jahrzehnts gelungen: "Wir haben die Wärme nach Hause geholt. Diese politische Entscheidung und die darauffolgenden erfolgreichen Verhandlungen führen dazu, dass die wichtigsten Güter zur Versorgung der Grundbedürfnisse unserer 3,9 Millionen-Metropole – Strom, Wasser und Wärme - nun alle in öffentlicher Hand sind. [...] Das Land Berlin hat die Chance ergriffen, in Zukunft selbst für eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Fernwärmeversorgung für die Berlinerinnen und Berliner zu sorgen und damit einen wichtigen Beitrag für eine klimaneutrale und zukunftsfähige Metropole zu leisten."

Berlin hatte rund zwei Jahre mit dem schwedischen Vattenfall-Konzern über die Rekommunalisierung der Fernwärme verhandelt. Im Dezember letzten Jahres war der Kaufvertrag unterzeichnet worden. Berlin hat für die Fernwärme 1,39 Milliarden Euro bezahlt. Finanzsenator Stefan Evers, CDU, nannte den Kaufpreis ein "faires Verhandlungsergebnis, das mit "gutem Augenmaß" erzielt worden sei.

Energieexperte: "Umbau der Fernwärme anspruchsvoll"

Der Umbau des Fernwärmenetzes in der Hauptstadt wird aus Sicht eines Energieexperten anspruchsvoll. "Die Herausforderungen bei diesem Umbau der Fernwärme ist, dass man auf sehr viele unterschiedliche Quellen der Wärmeerzeugung setzen muss", sagte der Energiespezialist Felix Matthes vom Öko-Institut in Freiburg am Freitag im RBB-Inforadio.

"Das heißt, das Fernwärmenetz, was heute im Kern die Funktion hat, von großen Kraftwerken Wärme zu den Verbrauchern zu bringen, wird auch in Zukunft noch ein paar große Kraftwerke haben", sagte Matthes. Allerdings werde man zusätzlich auch auf viele kleine Anbieter setzen und unterschiedliche Wärmquellen nutzen. Genutzt werden könne etwa Abwärme aus Industriebetrieben. Aber auch Flusswasser, Abwasser oder die Abfallverbrennung könnten künftig als Wärmequelle dienen. "Und es wird natürlich einen Teil geben, der auch mit Holz oder Biogas und auch mit Wasserstoff gemacht werden muss. Das sind aber unter allen Optionen wahrscheinlich die teuersten und die knappsten."

Fernwärme ist dem Experten zufolge nach wie vor ein Monopol. "Da kann man auch viel Unfug betreiben." Etwa in dem man versuche, hohe Gewinne auf Kosten der Berlinerinnen und Berliner zu machen. Dass der Umbauprozess unter öffentlicher Kontrolle stattfinden wird, findet der Ökonom daher richtig. "Es ist total wichtig, dass Berlin der Eigentümer ist, weil das ein Riesen-Umbauprojekt wird, wo ganz viel technisch und auch ganz viel regulatorisch geändert werden muss."

Der Kauf des Fernwärmenetzes wurde Mitte Dezember zwischen dem Land Berlin und dem schwedischen Energieversorger Vattenfall vereinbart. Nach Angaben von Vattenfall hat das Wärmenetz eine Gesamtlänge von etwa 2.000 Kilometern. Teil der Übernahme sind zudem zehn große Heizkraftwerke sowie 105 kleinere Blockheizkraftwerke und verschiedene weitere Anlagen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.05.2024, 9 Uhr

36 Kommentare

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  1. 35.

    Au ja, Berlin hat jetzt endlich eine sehr große Zukunft.
    Die auf Island gewonnene Erdwärme läßt sich bestimmt hier gut nutzen. Das einzig kleine Problem sind die realiv langen Leitungen von da um die Wärme hier zu nutzen. Aber der Senat wird dafür bestimmt eine gute Lösung finden - koste es was sie soll.

  2. 33.

    Kaufen,wieder verkaufen. Ein einziges Hin und Her. Von schwarzer Null kann nicht die Rede sein. Die Kernschulden von Landowski und Co(60 Milliarden)sind noch da. Hoffentlich wird das Stromnetz nach der Sanierung nicht wieder billig verkauft.

  3. 32.

    Der Ausstieg aus der Kohleverstromung soll bis 2038 erfolgen, jetzt kauft Berlin ein genau solches Kraftwerk zurück und ist in der Verantwortung dieses Kraftwerk umzurüsten. Vattenfall freut, viel Geld verdient und die Sorge los geworden sich um die Modernisierung zu kümmern.

  4. 31.

    Wieder was zum Spielen gekauft?
    Schön, dass endlich wieder etwas gegen die Wand gefahren werden kann.
    Gibt's überhaupt was Funktionierendes vom Land Berlin betrieben, was mit am Markt vergleichbaren Personal rund läuft?

  5. 28.

    Vattenfall war immer ein preiswerter und günstiger Versorger...

    ... der einen Investitionsdtau von 2,5-3,5 Mrd € vor sich hergeschoben hat, weil er gewinnorientiert und nicht umwelt- oder gar verbraucherorientiert gehandelt hat.

  6. 27.

    Das sind die offiziellen Zahlen. Kann man so in den Protokollen der Abgeordnetenhaussitzungen nachlesen.
    Kein Fake, nur News

  7. 26.

    Zwei Anmerkungen von mir:
    - es verdreifacht sich der KAUFpreis (wenn der Sanierungsbedarf stimmt), nicht der Preis für uns, den Endkunden
    - es gibt einen Widerspruch in sich in Ihren Aussagen: Sanieren heißt altes raus, neues rein. Wenn das stimmt, wie so wird dann keine neue Leitung gelegt?

  8. 25.

    Die Antwort steht im Text: Fernwärme ist ein Monopol. Und wie alle Monopole lädt es dazu ein Unfug damit zu treiben. Es muss also nicht unbedingt „billiger“ i.S.v. preiswerter werden. Es würde mir schon reichen, wenn es nicht mehr teurer als notwendig wird.

  9. 24.

    "Berlin hätte nicht billig verkaufen und teuer ankaufen müssen"
    Doch.

  10. 23.

    Im Moment wird Fernwärme zu 95 Prozent aus Steinkohle und Erdgas und 5 Prozent erneuerbaren Energieträgern hergestellt. Das Land Berlin hatte 1997 seine Anteile an der damaligen Bewag an private Investoren verkauft, später wurde die Bewag an Vattenfall veräußert. Überschlägig könnte es durchaus hinkommen, dass rein numerisch Berlin für die Fernwärme nun das zwanzigfache zahlt, allerdings ist die Abgrenzung schwierig und es sind inzwischen über 25 Jahre vergangen. Da macht schon die inflationäre Entwicklung einen großen Teil der Relation aus.

  11. 22.

    Bisher wird ähnlich viel Wasserstoff eingesetzt wie vor 101 Jahren, aber durchaus schon in einzelnen Kraftwerken Erneuerbare Energie. Verfolgen Sie die aktuelle Berichterstattung auch des RBB, dann sehen Sie dass auch dafür Kapazitäten aufgebaut werden wie es ja auch Veröffentlichungen gibt, in denen etwas detaillierterer auf die CO2-freie Fernwärmestrategie eingegangen wird.

  12. 21.

    Quatsch, Berlin hätte nicht billig verkaufen und teuer ankaufen müssen. Es bleibt bei der schwarzen Null, sagt der ehemalige Finanzsenator der SPD, Dr. Kollatz.

  13. 20.

    "Berlin hat für die Fernwärme 1,39 Milliarden Euro bezahlt." Wieviel hat Vattenfall bezahlt, als es die Fernwärme von Berlin abgekauft hat?

  14. 19.

    Da Sie sich offensichtlich so gut auf dem Gebiet auskennen, wieviel Grüner Wasserstoff und wieviel Fossiles wird zur Erzeugung der Fernwärme im Augenblick eingesetzt?

  15. 18.

    Sind das Fake News? Verschiedentlich ist zu lesen, Berlin kauft zum Zwanzigfachen die Fernwärme zurück. Gibt es offizielle Zahlen?

  16. 17.

    So ist es, Vattenfall hat alles verkommen lassen und deshalb ist es wichtig Versorger wieder in kommunale Hände zu bekommen.

    Es wird ja immer noch behauptet der Bankenskandal hätte mit einer schwarzen Null geendet. Wenn Berlin alles wieder zurückkauft was billig verscherbelt werden mußte wird sich zeigen was Landowsky und Diepgen angerichtet haben.

  17. 16.

    Ein sehr großer Erfolg für die Stadt und auch für die Bewohner Berlins.
    Soweit ich das aus der Pressemeldung entnommen habe, wurden auch die Töchterunternehmen der Vattenfall ebenfalls mit übernommen.
    Auch das ist ein Erfolg, weil es selten vorkommt, dass ein Staat auch die Interessen der Arbeitnehmer wahrnimmt. Als Beschäftigter einer Vivantes-Tochter übe ich jedoch Kritik, weil uns Töchtern von Vivantes und auch der CFM seit vielen Jahren versprochen wird, dass wir zurück zur Mutter kommen.

  18. 15.

    Wow, wenn das so gut klappt wie beim Stromnetz, dann wird es ja gar nicht so viel teurer.

  19. 14.

    vattenfall war bisher zuverlässig mit der wärmeversorgung und preise. ob dies mit berlin auch so wird? ich habe da meine zweifel...

  20. 13.

    Als wenn das eine Rolle spielt wo das Geld der Verbraucher in der heutigen Zeit landet. Dann jetzt vielleicht in der Schweiz oder Lichtenstein, für den Kunden ändert sich rein gar nichts. Vattenfall war immer ein preiswerter, zuverlässiger Versorger.

  21. 10.

    So, jetzt ist es staatlich. Deswegen bleiben die Preise garantiert stabil oder werden günstiger.

  22. 9.

    " steigt der Endkundenpreis um das dreifache" Sind Sie Wahrsager oder Panikmacher?

  23. 8.

    Mit einer Feier und unser Geld ? Kann die Regierung nicht auch mal sparen? Schließlich haben Sie die Misere herbei geführt und egal welche Partei es war.

  24. 7.

    Wossi muss aber endlich eingesehen, dass nur noch Erneuerbare Energien zu einem zukünftig sinnvollen Energiemix gehören - nicht nur bei der hier thematisierten Fernwärme.

  25. 6.

    Nun ist die Chance für schlaue Politik da: Ein strategisch sinnvoller Energiemix ist der Königsweg, sowohl für die Umwelt UND für die Preise. Eine Lebensbinsenweisheit.

  26. 5.

    Ich finde es spannend, dass Felix Matthes vom Öko-Institut in Freiburg eine Meinung zur Fernwärme in Berlin hat. Freiburg sollte genug eigene Probleme mit dem Thema haben, aber lassen wir das. Der Rückkauf der Berliner Fernwärme für 1,4 Milliarden Euro war kein Schnäppchen. Experten gehen von einem Sanierungsbedarf von rd. 3-4 Milliarden Euro aus. Somit steigt der Preis für die Endkunden vermutlich um das 3-fache, ohne, dass eine neue Leitung gebaut wird. Somit ein Knallerdeal.

  27. 3.

    Hat in Hamburg auch gut geklappt, jetzt wird auch wieder investiert und das Geld nicht nach Schweden transferiert.

  28. 2.

    Interessant wäre mal, zu wissen, was damals Berlin für den Verkauf bekommen hat und wie viele Vattenfall investiert hat.

  29. 1.

    Na endlich, das wurde auch langsam mal Zeit!

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