Interview | Deutscher Tierschutzbund - "Am Hungerknick erkennt man, ob der Igel untergewichtig ist"

So 27.10.24 | 08:02 Uhr
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Symbolbild: Abgemagerter Igel im Herbst. (Quelle: dpa/Karin Jähne)
dpa/Karin Jähne
Audio: Radioeins | 25.10.2024 | Interview mit Lea Schmitz | Bild: dpa/Karin Jähne

Der Deutsche Tierschutzbund ist besorgt über die zunehmende Zahl untergewichtiger und kranker Igel. Die Tiere finden nicht mehr genug Futter, wie Lea Schmitz im Interview sagt. Wer jetzt nicht genug futtert, kommt nicht über den Winter.

rbb: Frau Schmitz, warum geht es den Igeln momentan so schlecht?

Lea Schmitz: Es sind Insektenfresser. Bedingt durch den Klimawandel, durch Pestizide und den Lebensraumverlust haben wir immer weniger Insekten, was den Igeln zu schaffen macht. Sie finden keine Nahrung mehr. Dazu kommt beispielsweise, dass Mähroboter im Einsatz sind, die den Igel massiv verletzen können. Die Gärten sind auch total aufgeräumt und geordnet, wo sie kaum Nahrung und Unterschlupf finden.

Wenn sie keine Insekten zum Fressen finden, gibt es doch auch Igelfutter zu kaufen? Oder kann man Igel auch mit Milch füttern?

Milch auf keinen Fall. Beim Igelfutter muss man auch schauen, weil oft Getreide oder Obst enthalten sind. Wir empfehlen Katzenfutter mit einem hohen Fleischanteil, also Katzenfeuchtfutter. Damit kann man schon mal zufüttern. Man muss halt gucken, ist der Igel wirklich nur dünn oder ist er vielleicht sogar krank oder verletzt? Dann sollte man auf jeden Fall zu einem igelkundigen Tierarzt oder eine Auffangstation kontaktieren.

Wenn Igel tagsüber unterwegs sind, ist das immer ein sehr schlechtes Zeichen. Denn es sind nacht- und dämmerungsaktive Tiere.

Lea Schmitz, Deutscher Tierschutzbund

Auffällige Verletzungen erkennt man ja vielleicht. Aber woran erkennt man, dass der Igel wirklich Hilfe braucht?

Anfang November sollte der Igel um die 500 Gramm wiegen. Das ist so eine Richtschnur, damit er in den Winterschlaf gehen kann. Wenn er deutlich weniger wiegt, braucht er auf jeden Fall Hilfe. Man erkennt es daran, dass der Igel nicht rundlich birnenförmig ist, sondern er wirkt eingefallen. Es gibt eine Art Knick im Genick, den sogenannten Hungerknick. Daran erkennt man auch, dass er untergewichtig ist.

Wenn Igel tagsüber unterwegs sind, ist das immer ein sehr schlechtes Zeichen. Denn es sind nacht- und dämmerungsaktive Tiere. Deshalb begegnen wir ihnen eher selten. Wenn sie apathisch sind, rumtorkeln, sollte man eingreifen und die Tiere zu einer sachkundigen Pflegestelle oder eben einem igelkundigen Tierarzt bringen.

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Gibt es etwas, was man auf gar keinen Fall machen sollte?

Auf gar keinen Fall sollte man, wie gesagt, falsch zufüttern und sich vorher erkundigen oder lieber gar nicht füttern, bevor man dem Igel irgendetwas anbietet, was ihm schadet. Wichtig ist zum Beispiel auch, wenn man ihn sichert, muss man immer dran denken, dass es Wildtiere sind. Man sollte nur eingreifen, wenn der Igel wirklich Probleme hat und in Gefahr ist. Wenn man ihn in einer Kiste reinholt und warmstellt, sollte man vorher gucken, ob zwischen den Stacheln Fliegeneier sind und diese absammeln. Im Warmen können sich die Tiere sonst entwickeln und das kann richtig gefährlich werden.

Im Herbst sammeln alle wieder flächendeckend Laub auf. Was bedeutet das für den Igel?

Zum einen finden Igel im Laub natürlich Insekten. Wenn das alles weggeräumt wird, ist auch die Nahrung weg. Natürlich sind Laub- oder Reisighaufen auch ein Unterschlupf für den Winterschlaf. Also lieber das Laub in der Ecke im Garten irgendwo aufschichten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Lea Schmitz führten Katrin Wosch und Tom Böttcher, Radioeins.

Der Text ist eine redigierte Fassung. Das Gespräch können Sie auch oben im Audio-Player nachhören.

Sendung: Radioeins, 21.10.2024, 09:40 Uhr

Kommentar

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27 Kommentare

  1. 26.

    Besuchen Sie doch mal eine Igelauffangstation, die zeigen Ihnen gerne auch die verletzten bzw verstümmelten Igel. Der Anblick ist nicht schön, und man kann froh sein, dass es solche hilfsbereite Menschen gibt.

  2. 25.

    Sie haben den Text falsch wiedergegeben, haben Sie das mit Absicht gemacht, um ein bisschen zu stänkern?

    „ Der Mähroboter erkennt die Anwesenheit des Igels nicht. Er fährt über den Igel, wobei die Frontplatte des Geräts angehoben wird. Das führt dazu, dass die Messer aufhören zu rotieren. Die Klingen des Roboters können mit dem Igel in Berührung kommen, verletzen aber die Haut des Igels nicht.“

  3. 24.

    Der Mähroboter erkennt die Anwesenheit des Igels nicht. Er fährt über ihn hinweg. Die Klingen kom- men mit dem Igel in Berührung und fügen ihm Verletzungen zu. Diese reichen von kleinen Einschnit- ten der Haut (1 cm) bis zu einem Abschneiden von Gliedmassen, der kompletten Freilegung des gesamten Bauchraumes oder einer Enthauptung. recherchieren Sie mal, es ist alles, auch mit grausamen Fotos der verstümmelten Igel, dokumentiert!

  4. 22.

    Ein Mähroboter kann schon vom technischen Aufbau her keinen Igel totfahren, schreiben Sie doch nicht solch einen Unsinn, das ist doch kein Mähdrescher.
    Man kann sich hier nur noch an den Kopf fassen!

  5. 21.

    Wir brauchen mehr Igel, auch in den Kleinstädten. Laßt das Gras wchsen, die Blätter (Laub) mal liegen, da sind viele Insekten für Igel drin. Und legt endlich Hecken an. Verbrennt nicht immer die Gartenabfälle, sondern macht daraus kreative bauwerke im garten, mannshohe Hecken, Zäune usw. Gefällt den Vöglen, Insekten und eben den Igeln.

  6. 19.

    Das ist wieder diese Lüge, vom Mähroboter, der Igel verschont. Es gibt genügend grausame Filme von schwer verletzten Igel durch Mähroboter, die die nacht hindurch durch den garten fahren! Wo leben Sie? Oder haben Sie ein Mährobotergeschäft?

  7. 18.

    Merkwürdige Aussagen, wo doch längst ein Umdenken ja lange eine Umgestaltung der Gärten usw. stattfindet. Mähroboter die Igel verletzen? Wie alt sollen die sein? Kein mir bekannter Mähroboter könnte das, zumindest nicht bei halbwegs ausgewachsenen. Als die Gärten noch überwiegend steril waren, gab es komischerweise kaum Probleme mit Igeln, zumal die früher im Wald wohnten. Neuerdings scheinen die ja nur noch in Privatgärten vorzukommen.
    Aber wir haben irgendwann in den 80ern auch schon mal einen Igel im Keller überwintern lassen, den fanden wir hilflos bei extremer Kälte. Der fraß doch tatsächlich Äpfel.

  8. 17.

    Halt mein Freund: Ich halte die asozialen Netzwerke für einen Sargnagel der Demokratie. Und deshalb meide ich die wie die Pest.

  9. 16.

    Das ginge ja noch, aber bei uns mähen die Wahsinnigen jede Woche mit Benzinmotoren die Wiesen! Das ist total krank!

  10. 15.

    Wir haben vor Jahren bei uns die Gartenzäune an ein paar Ecken so gestaltet, das Kleintiere problemlos "wechseln" können. Die Viecher finden die Lücken ganz schnell. Wildtierkameras brachten doch erbauliches zu Tage. Fuchs, Waschbär, Igel, Nachbars Katze, unser Kampfdackel, mal ein Marder - da ist mehr los wie nachts auf dem Ku'damm. Wohnungsmangel herrscht auch. Drei Igelhäuser auf versch. Grundstücken sind belegt und einer pennt unter der frischen Holzmiete, hat also einen Jahresvertrag. Katzenfutter hat sich dagegen nicht bewährt, das lockte auch unerwünschte Gäste an. Getrocknete Insekten und eine Schale Wasser waren schon besser. Die Gärten selbst sind nicht unordentlich aber auch nicht übermässig gepflegt, schotter- und roboterfrei. Es sind Wildtiere, die finden ihre Lücken ganz allein, wenn man sie lässt. So niedlich ein Igel auch ist, wenn der ein Mäusenest ausräumt gleicht das fast einem Splatterfilm.

  11. 13.

    Dem stimme ich zu.
    Auch muss nicht alle zwei bis drei Monate das Grün Bor den Häusern gemäht werden. Man kann auch mal eine grüne und Insektenfreundliche Wiese belassen.

  12. 12.

    Solange Insekten von uns Menschen täglich zu Milliarden getötet werden wie zum Beispiel durch die Laubbläserbrigarden die auch uns den Dreck um die Ohren blasen, werden Igel und andere Tiere aus der Natur verschwinden und nicht nur die Insekten.

  13. 11.

    Wildtiere gehören nicht in die Stadt. Sie kommen nur, weil Futter „rumliegt“.
    Kennen wir doch von Menschen!

  14. 10.

    Es gab schon Zeiten, die waren für Mensch und Tier wesentlich schlimmer! Nur da mußten die Menschen um ihr Leben und ihre Existenz kämpfen und arbeiten. Heute wird nur noch gemeckert, demonstriert und gestreikt.
    Die, die hier am meisten „Klugscheißen“ tun doch am wenigsten bis nüscht!
    Ich wohne am Rande von Berlin, hier gibts noch Igel, Füchse, Waschbären usw.

  15. 9.

    Es sollte auch bei den landeseigenen Wohnungsgesellscjaften eine Weisung geben des Rasen im Rahmen der Grünflächenpflege nicht vollständig vom Laub zu befreien.

  16. 8.

    Da die Ursachen menschengemacht ist, kann man von ausgehen, dass der Mensch die Ursache nicht ändern wird bzw will, also dürfen die Igel, und auch andere Tiere, darunter leiden. Traurig, diese Rücksichtlosigkeit. Bei uns gibt es seit 5 Jahren keine Igel mehr, da kann ich meinen Garten noch so igelfreundlich gestalten, wenn alle um mich herum einen aufgeräumten Rasengarten haben.

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