Krisengipfel in Berlin - Streit um Krankentransporte steht vor Lösung

Mi 08.02.23 | 16:41 Uhr
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Symbolbild: Ein Krankentransportwagen des DRK wird präsentiert. (Quelle: dpa/B. Pedersen)
Audio: rbb24 Inforadio | 08.02.2023 | Nachrichten | Angela Ulrich | Bild: dpa/B. Pedersen

Künftig sollen die Krankenkassen für die Vermittlung von Krankentransporten aufkommen, bei denen es sich nicht um Notfälle handelt. Das ist ein erstes Ergebnis eines Spitzentreffens in Berlin. Einige Fragen bleiben aber noch ungeklärt.

Im Streit um die Vermittlung von Krankentransporten in Berlin zeichnet sich eine Einigung ab. In einem ersten Schritt wurde bei einem Krisentreffen am Mittwoch festgelegt, dass künftig die Krankenkassen für die Vermittlung dieser Fahrten bezahlen sollen, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dem rbb. Dies hatte bis Ende Januar die Leitstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin kostenlos gemacht, sich aber aus Kapazitätsgründen zurückgezogen.

Zwei Fragen sind aber noch offen: Wieviel Geld die Krankenkassen für die Vermittlung bezahlen werden, und wer die Vermittlung übernimmt. Hier werde zeitnah mit verschiedenen Trägern weiter verhandelt, erklärte Spranger. Sie kündigte an, dass innerhalb der nächsten Wochen dazu Kooperationsvereinbarungen geschlossen werden sollen, "wer welchen Transport übernimmt und wie". Ein weiteres Treffen der Runde sei in Planung, um die noch offenen Punkte zu klären, hieß es aus der Senatsverwaltung für Inneres.

DRK will Vermittlung in einer Leitstelle übernehmen

Es geht dabei um die Vermittlung eines kleinen Teils der jährlich rund eine Million Krankentransporte insgesamt in Berlin – im Schnitt rund 17.000. Betroffen sind Patienten, denen der ärztliche Bereitschaftsdienst vor Ort einen Transport empfiehlt, die sich nicht selbst kümmern können oder die die Feuerwehr nicht als "Notfall" einstuft.

Nach dem Spitzentreffen der Senatsverwaltungen für Inneres und Gesundheit sowie Vertretern von Feuerwehr, Krankenkassen, Hilfsorganisationen und Krankentransportunternehmen sprach Innensenatorin Spranger von einem "konstruktiven" Gespräch.

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) nennt es "gut und wichtig, dass wir einen Schritt weitergekommen sind", wie Sprecher Karsten Hintzmann dem rbb sagte. Das DRK hat angeboten, die Vermittlung von Krankentransporten in einer Leitstelle zu übernehmen.

Krankenkassen hatten Finanzierung angeboten

Die Kassenärztliche Vereinigung hatte nach dem Ende ihrer Vermittlungstätigkeit darauf hingewiesen, sie werde Anfragen von Versicherten künftig an die Berliner Feuerwehr weitergeben. Diese ist über die Notrufnummer 112 aber eigentlich nur für Notfälle zuständig. Die Feuerwehr sagte, in der vergangenen Woche seien nur wenige Transportanfragen dieser Art bei ihr eingegangen: die Zahl liege im einstelligen Bereich.

Die Berliner Krankenkassen und Krankenkassenverbände hatten am Dienstag gefordert, die Vermittlung der Krankentransporte an die Leitstelle der Berliner Feuerwehr zu übergeben. Im Namen der Krankenkassen und -verbände forderte die AOK Nordost alternativ eine Kooperation mit einem Unternehmen, das eine neue Leitstelle für Krankentransporte einrichtet. Die Krankenkassen hatten sich zudem schon im Vorfeld bereit erklärt, die Finanzierung des laufenden Betriebs einer neuen Leitstelle zu übernehmen.

Die Leitstelle der KV hatte Ende Januar wegen Überlastung die Vermittlung von allen Krankentransporten eingestellt, die keine akuten Notfälle sind. Anschließend war ein Streit zwischen Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) über die Zuständigkeit ausgebrochen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 08.02.2023, 19:30 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Ja, das ist leider so, weil das zum allgemeinen Lebensrisiko zählt. Zwar käme hier prinzipiell ein Krankentransport mittels Taxi in Frage, dieser müsste aber vorher von der Krankenkasse genehmigt werden. Der Staat geht in solchen Fällen schlicht und ergreifend davon aus, dass im Notfall ein Familienmitglied, Bekannter oder Nachbar den Transport zur Notaufnahme übernimmt. Der Rat der KV war in jedem Fall falsch und fahrlässig.

  2. 9.

    In Berlin ist halt einiges komplizierter geregelt, als in anderen Bundesländern. Was dort einfach direkt abgerechnet und organisiert wird, muss hier möglichst kompliziert sein. Berlin ist meines Wissens auch das einzige Bundesland, in dem ein Krankenhausaufenthalt (Ausnahme natürlich Notfälle) vorher von der Krankenkasse genehmigt werden muss. Woanders bekommt man vom Krankenhaus einfach den Termin und erscheint pünktlich.

  3. 8.

    Sehr "lustig", meine Krankenkasse weigert sich, das Taxi zu bezahlen, mit dem ich auf Anraten des 116117 ärztlichen Notfalldienstes ("das bekommen Sie erstattet") mit gebrochenem Sprunggelenk gefahren war. Und natürlich von da auch wieder nach Hause. Wie ich dann die Stockwerke bewältige, um in meine Wohnung zu gelangen, bzw. auf dem Hinweg von dort hinunter hat auch niemanden interessiert.

    Irre, wie man die Menschen allein lässt in solchen Situationen.

  4. 6.

    "Es ist kein Problem, wenn der Patient in Vorleistung geht und dann selbst mit der Kasse abrechnet." Oder so, ja.
    "Auch Berliner Bürger können zum Telefon greifen und such selbst ein e Fahrt organisieren" hm, offenbar ja nicht...

  5. 5.

    Es ist kein Problem, wenn der Patient in Vorleistung geht und dann selbst mit der Kasse abrechnet. Kein Taxifahrer geht in Vorleistung und nimmt das Risiko in Kauf, dass die Kasse nicht zahlt. Ein Stempel der Kasse ist keine Garantie der Kostenübernahme und auch nicht verbindlich. Über die Kosten wird erst bei Abrechnung entschieden.

    Meine Güte, man kann es auch übertreiben. Auch Berliner Bürger können zum Telefon greifen und such selbst ein e Fahrt organisieren

  6. 4.

    "In anderen Städten können Taxi-Unternehmen die Krankenfahrten direkt mit den Krankenversicherungen abrechnen. Nur in Berlin funktioniert das offenbar nicht" doch, das funktioniert -auch, wenn es Ihnen nicht passt- auch in Berlin! Die Taxifahrer machen das nicht gern, verständlich, wenn man weiß, wie viele KVen es gibt. Da bräuchte jeder Fahrer eine Bürokraft für die Abrechnung.

  7. 3.

    Woraus schließt die AOK, dass die Feuerwehr bzw. die Senatsverwaltung für Inneres, als Aufsichtsbehörde, für die Organisation von Krankentransporten zuständig zu sein hat. Das gehört ganz gewiss in das Ressort der Gesundheitsverwaltung, in Person von Frau Gote. Hoffentlich läßt sich Frau Spranger das nicht überhelfen, wo bei in der Leistelle sowieso schon Personalmangel herrscht. Es handelt sich nämlich hier um vom Arzt oder einer Klinik verordnete Krankenfahrten, die von privaten Unternehmen durchgeführt werden.

  8. 2.

    Es geht doch gar nicht um Krankentransporte, sondern um Krankenfahrten, die die KV freiwillig vermittelt hatten.
    In anderen Städten können Taxi-Unternehmen die Krankenfahrten direkt mit den Krankenversicherungen abrechnen.
    Nur in Berlin funktioniert das offenbar nicht.

  9. 1.

    "Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) über die Zuständigkeit ausgebrochen.

    Zum Krisengipfel am Mittwoch hatte schlussendlich Spranger eingeladen. "

    Failed State Berlin. Hat die Grüne torpediert?

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