Streit um Organisation in Berlin - Kassenärztliche Vereinigung stellt Vermittlung von Krankentransporten ein

So 29.01.23 | 08:16 Uhr
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Archivbild. Ein Notarzt und zwei Rettungsassistenten versorgen eine verletzte Person. (Quelle: dpa/B. Nolte)
Audio: rbb 88,8 | 30.01.2023 | Doreen Herbe | Bild: dpa/B. Nolte

Die Kassenärzte hatten den Schritt bereits angekündigt, nun wird er vollzogen: Ab Montag vermittelt die KV Berlin keine Krankentransporte mehr über die Nummer des Bereitschaftsdienstes. Im Berliner Senat gibt es Streit darüber.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin gibt ab Montag die Vermittlung von Krankentransporten auf. Konkret bedeutet das, dass Berlinerinnen und Berliner über die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 keinen Krankentransport mehr anfordern können. Die KV Berlin hatte das unter der Woche mitgeteilt.

Als Grund wird die "hohe Belastungssituation" in der Leitstelle des Bereitschaftsdienstes genannt. "Bei der Vermittlung handelt es sich um eine Serviceleistung gegenüber den Versicherten, die von der KV Berlin in den vergangenen Jahren freiwillig übernommen wurde", schreibt die Vereinigung. Die Zahl der Vermittlungen sei jedoch zuletzt stark gestiegen, der Organisationsaufwand zu hoch. Laut der KV geht es um rund 17.000 von insgesamt rund einer Million Krankentransporte pro Jahr in Berlin.

Laut KV müssen Versicherte nun, die zeitnah einen Krankentransport benötigen, aber aus medizinischen Gründen selbst nicht in der Lage sind, einen solchen zu organisieren, an die Berliner Feuerwehr abgegeben werden. Diese müsse tätig werden, wenn kein Krankentransportunternehmen gefunden würde, hieß es.

Streit um Zuständigkeiten im Senat

Die KV kritisiert, dass sie bereits vor Weihnachten auf die Überlastung hingewiesen habe. "Leider hat es bis heute keine Entscheidung gegeben, obwohl laut unseren Informationen sehr gute Lösungsansätze auf dem Tisch liegen", schreibt die KV. Tatsächlich hatte es Ende Dezember und im Januar Gespräche über die Zukunft von Krankentransporten in Berlin gegeben, woran neben der KV auch Hilfsorganisationen, die Feuerwehr und die beiden Senatsverwaltungen für Inneres und Gesundheit beteiligt waren.

Allerdings streiten Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) über die Zuständigkeit, wie Schreiben, die dem rbb vorliegen, zeigen. So sorgt sich Gote, dass mit der Einstellung der Transporte durch die KV "ungesteuert" der ohnehin überlastete Berliner Rettungsdienst auch für Krankentransportfahrten in Anspruch genommen würde, also die Notruf-Nummer 112 angerufen würde. Das "sollte unbedingt verhindert werden", schreibt Gote und wirft Spranger vor, sich nicht stark genug für eine Lösung einzusetzen.

Spranger kontert, dass sie sehr wohl "an einer schnellen und tragfähigen Lösung" für einen funktionsfähigen Krankentransport interessiert sei - aber dass ihr Haus schlicht nicht zuständig sei für den Betrieb einer Krankentransportleitstelle. Dies müssten die privaten Transportunternehmen sowie die Kostenträger, wie zum Beispiel die Krankenkassen, selbst organisieren. Die Berliner Feuerwehr müsse nur einspringen, wenn die privaten Unternehmen zu Krankentransporten "nicht bereit oder in der Lage sind". Sonst müssten sich die Versicherten selbst ein geeignetes Transportunternehmen suchen.

Der Berliner Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hatte unterdessen angeboten, gemeinsam mit anderen Organisationen eine neue Leitstelle für die Vermittlung von Krankentransporten einzurichten – allerdings gegen Bezahlung. Sollte das DRK die Koordinierung solcher Fahrten übernehmen, rechnet Sprecher Karsten Hintzmann damit, dass allein sechs bis acht Mitarbeitende nötig sind, um in der Kernzeit von 6 bis 22 Uhr telefonisch ansprechbar zu sein. Einen konkreten Kostenrahmen wollte Hintzmann nicht nennen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.01.2023, 10 Uhr

32 Kommentare

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  1. 32.

    „In anderen Ländern“ wird den Bürgern (und Familien) ja auch nicht ihr privater PKW verboten bzw. (mit perfiden verkehrspolitischen Mitteln und Hetz-Propaganda) unmöglich gemacht.

  2. 31.

    Argumentieren Sie auch bei anderen Sachverhalten so? Wie machen es andere Länder? Wie schaffen es Menschen ohne Bürgergeld in anderen Ländern zu überleben und nicht unter der Brücke zu schlafen? Weiterhin Bedarf es bei der Umstellung auf Digitalisierung Zeit. Irgendwann gibt es nur doch die Generation welche es nicht anders kennt aber Sola ge das nicht der Fall ist gehört auch das analoge anbieten zwingend dazu. Kann nicht jeder Hipster sein

  3. 30.

    In anderen europäischen Ländern sind es andere soziale Verhältnisse. Dort kümmert sich mehr die Familie. Ihre Sichtweise klingt sowas nach einem Controller. Sie vergessen wohl das es sich um Menschen und keine Roboter handelt

  4. 29.

    Es ist klar geregelt, wer einen Anspruch auf verordnete Krankenfahrten hat. Das sind die genehmigungsfreien Fahrten (z.B. Fahrt zur Krankenhausbehandlung). Und es gibt die genehmigungspflichtigen Fahrten, die vorher von der Krankenkasse genehmigt werden müssen (z.B. Fahrten zu ambulanten Behandlungen).
    Wenn ein Arzt/eine Ärztin bei entsprechender Notwendigkeit eine Krankenfahrt verordnet, wird sie ihre Patienten/Patientinnen auf diesen Unterschied hinweisen. In den meisten Praxen werden die Patienten/Patientinnen, sowohl bei der Weiterleitung an die Krankenkasse, als auch bei der Suche nach einem Fahrdienst unterstützt. Wenn das in allen Praxen funktionieren würde, wäre die Vermittlung von Krankenfahrten durch die KV obsolet.

  5. 28.

    Alter ist keine Ausrede. Wie machen das alte Menschen in anderen europäischen Ländern, die kein System der Krankentransporte haben? Die kommen auch zum Arzt ect.

    Telefonieren kann man auch im hohen Alter.

    Fakt ist, dass sich vieles ändern wird und auch die Digitalisierung immer mehr zunimmt. Damit müssen auch alte Menschen klarkommen.

  6. 27.

    Wenn ich einen Krankentransport brauchte habe ich nie bei der KV angerufen, auch nicht bei der Feuerwehr. Immer Telefonnummern von Krankentransportunternehmen rausgesucht und angerufen. Spontan schwer was zu bekommen. DRK und Co würde ich gut finden. Leitstelle im Innern wäre auch angemessener als bei Gesund.

  7. 26.

    Das man keine Genehmigung der Kasse brauch wenn mann den Pg 3 hat bezieht sich nur auf Fahrten mit einem sogenannten Taxi/Mietwagen alle ambulanten Fahrten mit einem KTW (Krankentransportwagen) sind bei der Krankenkasse zu genehmigen.

  8. 25.

    Dann kannst du dich auch um andere Dinge nicht mehr kümmern und hast Unterstützung oder wohnst schon betreut.!

  9. 24.

    Ich glaube nicht, dass du mit 80 oder 90 Jahren Jahren noch selber in der Lage bist, Dich um solche Dinge zu kümmern.

  10. 23.

    Das ist nicht ganz korrekt. Der HA stellt eine Verordnung aus. Diese muß der Patient dann vorher bei der KK genehmigen lassen. Erst dann kann er sich eigenständig einen Transport organisieren bei den entsprechenden Unternehmen. Schwierig , da dies viele so allein nicht können. Hat man allerdings einen PG 3 , braucht man sich nicht die Genehmigung der KK holen. So zumindest kenne ich den Vorgang. Macht das die HA Praxis ist das als umsichtiger Service zu betrachten, denke ich.

  11. 22.

    Aber auch diesen Patienten ist es zuzumuten, sich um Verordnung und Transport zu kümmern. Krankheit schützt nicht vor Eigenverantwortung

    Einen Patienten in Watte zu packen. hat ihm noch nie geholfen.

  12. 21.

    Also in Brandenburg ist es üblich, dass die Patienten sich selber kümmern. Du besorgst dir die Zusage deines Arztes und dann telefonieren du.
    Auch bei Krankenhausentlassung will man deinen Vorschlag hören. Man nimmt dir dann nur das Telefonat ab.
    Wir verwöhnt war man in Berlin bisher?

  13. 20.

    "... Wo ist die Eigenverantwortung? ..."
    In (fast) jedem anderen Bereich stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu.
    Jedoch haben besonders Erkrankte, z.B. mit Krebs, andere Probleme als sich nun, um den Transport zu Chemo/Bestrahlung sowie eine Verordnung zur Bezahlung von der KV zu kümmern.

  14. 19.

    Für einen Krankentransport braucht man immer eine ärztliche Verordnung. Es geht hier nicht um Fahrten zur Rettungsstelle sondern um bestimmte medizinisch notwendige Transporte von Patienten von oder zur Behandlung. Es ist genau festgelegt, wo dies vom behandelnden Arzt direkt verordnet werden kann (zum Beispiel ein bewegungseingeschränkter Patient zur Krankenhausbehandlung) und wo die Krankenkasse eine Kostenübernahme bestätigen muss (zum Beispiel hochfrequente Behandlungen wie Chemo). Damit wendet man sich an ein Transportunternehmen seiner Wahl. Meist sind das Taxiunternehmen. Krankentransporte werden nur bezahlt, wenn dies wirklich notwendig ist, weil der Patient liegend transportiert werden oder überwacht werden muss. Krankenhäuser haben da ohnehin ihre bevorzugten Unternehmen, wo sie direkt anrufen. Das müssen dann die Patienten in Berlin auch wieder machen, ist ja im Telefonverzeichnis leicht zu finden. Nachteil ist nur, dass man vielleicht mehrere anfragen muss.

  15. 18.

    Das Transportunternehmen sucht man sich selber, Krankenkassen haben auch mit manchen Verträge. Warum sind die Menschen nicht mehr fähig sich selbst um die einfachsten Sachen zu kümmern? Wo ist die Eigenverantwortung? Immer soll der Staat für alles aufkommen und auf dem Silbertablet servieren. Bloß nicht selbst denken. (Es geht hier nicht um Notfall-Transporte sondern geplante Fahrten, den Unterschied sollte auch jeder erkennen!) Diese Generation „Unselbstständig“ macht mir echt Angst.

  16. 17.

    Sehr geehrte „Claudia13469“,
    normalerweise teile ich nie ihre Meinung. Aber diesesmal stimme ich Ihnen im vollem und ganzem zu. Denn mit dem Kommentar haben Sie es direkt auf den Punkt gebracht. Einen schönen Sonntagabend noch.

  17. 16.

    Ändern sich dadurch auch bereits vereinbarte Transport-Termine oder gilt dies nur für "akute" Transporte?

  18. 15.

    Ohje, nun muss der Patienten selbst beim Krankentransport anrufen.

    Wo ist das Problem? Telefonieren sollte jeder können

    Es war auch nie die Pflicht der KV, Transporte zu vermitteln

  19. 14.

    Der Missbrauch von Notrufen ist eine Straftat.

    Wer die 112 wählt und sich herausstellt, dass kein Notfall vorliegt, sollte diese Kosten selbst tragen und dazu noch eine Anzeige bekommen

    Ob ein lebensbedrohlicher Notfall vorliegt bestimmt nur ein Arzt und niemand sonst

    Auch Patienten müssen wirtschaftlich denken lernen

  20. 13.

    Es wird immer schlimmer in Berlin.
    So ein Chaos wie jetzt habe ich noch nie in Berlin erlebt.

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