Kontrollen gegen Schleuserkriminalität - Polizei greift laut Stübgen mehr als 500 Geflüchtete in zwei Wochen auf
Immer mehr Menschen kommen illegal über die deutsch-polnische Grenze. Die Polizeipräsenz wurde in Brandenburg jüngst verstärkt, Innenminister Stübgen zieht nun Bilanz. Unterdessen kündigt Bundesinnenministerin Faeser zusätzliche Kontrollen an.
- Innenministerium spricht von zunehmender illegaler Migration nach Brandenburg
- Stübgen fordert nun auch Schengen-Notfall-Mechanismus für sofortige Kontrollen
- Faeser kündigt zusätzliche Kontrollen an Grenzen zu Polen und Tschechien an
Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat eine Zwischenbilanz der Polizeikontrollen an der Grenze zu Polen gezogen. Seit knapp zwei Wochen führt dort neben der Bundespolizei auch die Landespolizei Kontrollen durch. Dabei seien 550 geschleuste Personen festgestellt worden, sagte Stübgen am Montag bei einem Besuch im Spree-Neiße-Kreis. Es seien außerdem acht Schleuser gefasst worden.
An den Kontrollen waren laut dem Innenminister insgesamt gut 1.000 Kräfte von den Polizeidirektionen Süd und Ost beteiligt. Sie hätten gut 900 Fahrzeuge und über 1.700 Personen kontrolliert.
Ministerium: Täglich mehr illegale Migration
Aus Sicht des Innenministeriums nimmt die illegale Migration nach Brandenburg täglich zu. Im Juli dieses Jahres seien im Durchschnitt 22 Menschen pro Tag illegal eingereist, im August seien es schon 35 Menschen gewesen und im September zeichne sich eine Zahl von weit über 50 Menschen ab, hatte Innenstaatssekretär Markus Grünewald am Freitag im Landtag in Potsdam gesagt.
Laut Stübgen sind die Schleusungen an der deutsch-polnischen Grenze derzeit sogar massiver als 2015 und 2016. Die meisten der aufgegriffenen Personen kommen demnach aktuell aus Syrien, danach folgen Menschen aus der Türkei. Kleinere Gruppen kämen zudem aus Indien, Irak und Afghanistan, so Stübgen.
Erst am Montagvormittag wurden nach Angaben der Polizeidirektion Süd wieder 24 Geschleuste und ein Schleuser im Spree-Neiße-Kreis aufgegriffen. Einen Tag zuvor war in dem Landkreis ein mutmaßlicher Schleuser mit seinem Kleintransporter verunglückt. In dem Fahrzeug befanden sich 28 Menschen, von denen laut Leitstelle Lausitz einige leicht verletzt wurden.
Faeser kündigt zusätzliche Kontrollen an
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte unterdessen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität zusätzliche Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen an. "Wir verknüpfen unsere zusätzlichen Maßnahmen sehr eng mit der bereits stark intensivierten Schleierfahndung im gesamten Grenzgebiet, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Mit ihren Amtskollegen in Tschechien und Polen sei sie in einem engen Kontakt, um "gut abgestimmte Maßnahmen zu treffen". "Mein Ziel ist maximaler Ermittlungsdruck auf Schleuser und der Schutz der Menschen, die unter lebensgefährlichen Bedingungen, oft ohne Wasser und mit kaum Sauerstoff, über Grenzen geschmuggelt werden", sagte sie.
Erst vor wenigen Tagen hatte Faesers Ministerium angekündigt, kurzfristige stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien zu prüfen. Für solche festen Kontrollen hatten sich neben Stübgen unter anderem auch SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag ausgesprochen.
Gewerkschaft der Polizei sieht Kontrollen an festen Punkten kritisch
Innenminister Stübgen erneuerte am Montag auch seine Forderung nach stationären Grenzkontrollen, um illegale Einreisen und Schleusungen einzudämmen. "Die Zunahme der illegalen Schleusungen, gerade über die deutsch-polnische Grenze, sprengt gerade jeden Rahmen", sagte Stübgen. "Jeder verhaftete Schlepper bedeutet, dass er Dutzende von Leuten nicht mehr die nächsten Tage hierher bringen kann", sagte der Innenminister. Die Verluste für die Schlepper würden größer, wenn sie durch die Kontrollen auch ihre Fahrzeuge verlören.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Kontrollen an festen Orten eigenen Angaben zufolge weiter sehr kritisch. "Wir plädieren dafür, dass Personal immer wieder flexibel im Land im Rahmen der Schleierfahndung eingesetzt werden kann", sagte die GdP-Landesvorsitzende Anita Kirsten am Montag dem rbb. Mit stationären Kontrolle binde man "unheimlich viel Personal", sagte Kirsten.
Stübgen sprach sich zudem dafür aus, den Schengen-Notfall-Mechanismus in Kraft zu setzen, um sofort Kontrollen der Bundespolizei an der Grenze zu Polen durchführen zu können. Das dafür erforderliche Notifizierungsverfahren könne parallel dazu in Brüssel laufen. Stübgen warf der Bundesregierung und vor allem Innenministerin Faeser vor, viel zu lange gewartet zu haben.
Noch vor kurzem hatte Faeser stationäre Kontrollen abgelehnt. Ihren Kurswechsel begründete sie in der Zeitung "Welt am Sonntag" damit, dass solche Kontrollen helfen könnten, Schleuserkriminalität härter zu bekämpfen. Sie betonte aber, dass dadurch nicht weniger Asylbewerber kommen würden. Wenn eine Person an der Grenze um Asyl bitte, dann müsse der Asylantrag in Deutschland geprüft werden. Entscheidend bleibe also der Schutz der EU-Außengrenzen, "den wir mit dem gemeinsamen Asylsystem erreichen".
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 25.09.2023, 19:30 Uhr