Berlin - Bezirke sollen Cannabis-Lizenzen erteilen - es fehlen aber wichtige Vorschriften

Fr 28.06.24 | 15:58 Uhr
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Symbolbild: Trockene Cannabis-Pflanzen und Samen und ein Joint liegen auf den Tisch. (Quelle: dpa/Frank Hoermann)
Bild: dpa/Frank Hoermann

Ab dem 1. Juli dürfen sich Vereinigungen für den Cannabis-Anbau gründen. Bislang war aber völlig unklar, welche Berliner Behörde zuständig ist. Nun gibt es hier zwar eine Lösung. Doch wichtige Vorschriften fehlen.

  • Die Senatsverwaltung für Gesundheit hat mitgeteilt: Die Berliner Bezirke sollen Cannabis-Anbauvereinen künftig die nötigen Lizenzen ausstellen
  • Es fehlen aber bisher eine Cannabis-Verordnung und andere Vorgaben für die Lizenzvergabe
  • Damit ist unklar, wer im Bezirk was genau genehmigen darf

Kurz vor knapp ist in Berlin eine vorübergehende Lösung für Cannabis-Anbauvereinigungen gefunden worden. Menschen, die gemeinschaftlich Gras anbauen wollen, können eine entsprechende Lizenz ab dem 1. Juli bei den Berliner Bezirksämtern beantragen. Das teilte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung der Deutschen Presse-Agentur mit. Nach Eingang aller Angaben und Nachweise würden die Anträge innerhalb von drei Monaten bearbeitet.

Eine Verordnung, die die Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Cannabisgesetz regelt, gibt es nach Angaben der Sprecherin noch nicht. Bis dahin liege die "Auffangzuständigkeit" bei den Bezirken. Geplant sei, dass die Bezirke auch in Zukunft zuständig seien.

Wie genau das im Detail aussieht, ist bislang völlig unklar. Die Gesundheitsverwaltung machte auch keine Angaben dazu, welches Fachamt innerhalb der Bezirke zuständig ist und ob die Anträge per Post oder digital eingereicht werden sollen.

Cannabis Social Clubs mit Lösung unzufrieden

Die Clubs sind angesichts der vielen offenen Fragen unzufrieden. "Die Lösung ist unausgereift und hätte bereits vor Wochen in die Wege geleitet werden können. Es reicht nicht, fünf Minuten vor zwölf zu sagen, wer sich darum kümmern soll, wenn die neu zuständige Person weder die Zeit noch die Kapazitäten hatte, einen ordentlichen Prozess zur Beantragung zu initiieren", sagte Jana Halbreiter, Vorständin des Verbands "Cannabis Anbauvereinigungen Deutschland" (CAD), der Deutschen Presse-Agentur.

Viele Fragen seien weiterhin offen, kritisierte Halbreiter, etwa wo genau die Unterlagen eingereicht werden sollten. "Wird erwartet, dass die Unterlagen am Empfang abgegeben werden?" Unklar sei außerdem, welcher Bezirk zuständig sei, wenn sich die geplante Anbaufläche und die Abgabestelle für Mitglieder in unterschiedlichen Bezirken befinden. "Der Senat hat es nach Monaten lediglich geschafft, den schwarzen Peter weiterzureichen", kritisierte die CAD-Vorständin.

Bezirksämter scheinbar unvorbereitet

Die Bezirksämter scheinen alles andere als vorbereitet zu sein. Auf die Frage, auf welchem Weg die Lizenzen ab Montag beantragt werden könnten und ob es spezielle Kontaktdaten gebe, antwortete das Bezirksamt Pankow, dass "zu diesem Thema nichts bekannt" sei. Aus Marzahn-Hellersdorf hieß es, die Bezirksverwaltung hätten diesbezüglich keine Informationen von der zuständigen Senatsverwaltung erreicht. Eine Sprecherin des Bezirksamts Mitte sagte auf Anfrage: "Die rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Umsetzung des Cannabisgesetzes sind nach wie vor noch nicht abschließend geregelt bzw. liegen dem Ordnungsamt Mitte noch nicht vor."

Ob am Montag tatsächlich Anträge in den Ämtern eintrudeln - auf welchem Wege auch immer - ist fraglich. "In Berlin ist uns kein Club bekannt, der bereits am Montag bereit wäre, seine Unterlagen abzugeben. Wie auch, wenn keine Stelle bekannt war, an die man sein behördliches Führungszeugnis hätte schicken lassen können", sagte Halbreiter. Der Verein "Green Social Club" sei deswegen bereits vor einigen Wochen mit seinem Satzungssitz von Berlin nach Brandenburg gezogen, um eine reale Chance auf eine zeitnahe Erlaubniserteilung zu haben. Auch in anderen Bundesländern sind die Zuständigkeiten bereits seit Längerem geklärt. Zum Teil gibt es spezielle Online-Formulare und Kontaktdaten.

Zeitpunkt für Beschluss von Verordnung noch unklar

Wie lange die Berliner Clubs noch auf eine Verordnung mit klaren Regelungen warten müssen, bleibt offen. Nach Angaben der Sprecherin der Berliner Gesundheitsverwaltung wurde am Donnerstag auf Ebene der Staatssekretäre konstruktiv über einen Entwurf beraten. Ungeklärte Fragen zur Umsetzung des Gesetzes, etwa was die Überwachung der Anbauvereinigungen angeht, sollten zeitnah geklärt werden, damit die Verordnung zügig in das senatsinterne Mitzeichnungsverfahren gebracht werden könne. "Anschließend wird die Verordnung dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme vorzulegen und danach vom Senat zu beschließen sein", sagte die Sprecherin.

Eine senatsübergreifende Arbeitsgruppe werde sich regelmäßig mit dem Thema beschäftigen und alle Fragen für eine einheitliche Umsetzung des Cannabisgesetzes im Land Berlin klären. Die Zeit zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April und der Regelung für die Anbauvereinigungen sei sehr kurz und "mehr als ambitioniert". Die Umsetzung des Gesetzes stelle die Behörde vor große Herausforderungen.

Drei Monate nach der Freigabe von Cannabis für Erwachsene und den privaten Anbau mit zahlreichen Vorgaben tritt zum 1. Juli eine zweite Stufe in Kraft. Ab dann können nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" mit bis zu 500 Mitgliedern an den Start gehen. Volljährige Menschen können dann Cannabis gemeinsam anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben. Die Clubs müssen eine Erlaubnis beantragen, gesetzlich vorgesehen sind auch regelmäßige Kontrollen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.07.2024, 13:00 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Ja, das ist Berlin. Wenn aber auch die Cannabisfreigabe erst gestern beschlossen wurde , wie sollen unsere unermüdlichen Beamten so schnell mit hieb- und stichfesten reagieren. Na ja, trotz aller Ironie für die Konsumenten um die Ecke, der Stoff wird schon nicht ausgehen. Gibt es eigentlich etwas, was n büschen flott geht ??

  2. 6.

    Was spricht dagegen nach (Teil-)Legalisierung des Konsums wenigsten für sich selbst eine legale Quelle zu beanspruchen? Nicht jeder hat einen Balkon oder kann gewährleisten, dass keine Minderjährigen beim privaten Anbau in der eigenen Wohnung Zugang haben. In der Summe könnte man schon einen Teil des Schwarzmarktes reduzieren. Oder sollte man einfach nach dem Motto handeln, "es reicht sowieso nicht, da braucht man erst gar nicht anfangen"?

  3. 4.

    Echt? 50 g im Monat bei 500 Mitgliedern sind 375 kg im Jahr...
    Wir können doch die vielen Äcker in Berlin nutzen... aber natürlich nur wenn keine Kita oder Schule daneben steht....
    Aber mal ehrlich: 50 g im Monat? Spiegel das den Verbrauch unserer Politiker wieder? Das würde viel erklären......

  4. 3.

    Haben Sie keine? Wenn Tausende Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden und nur etwa 5% der Käufer, Dealer, Konsumenten erwischt wurden, dann lautet die Rechnung: Anzahl aller Verfahren multipliziert mit 20. Das sind sicher ein paar kg pro Tag.
    Ich bleibe bei Pfefferminztee, dafür ist kein Club und keine Lizenz nötig. :-)

  5. 1.

    Den Bedarf kann man überhaupt nicht mit Clubs decken. Ein Tropfen auf den heißen Stein.

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