Landesverfassungsgericht - Milliardenschweres Brandenburger Hilfspaket ist zum Teil verfassungswidrig

Fr 21.06.24 | 14:53 Uhr
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Archivbild: Das Verfassungsgericht Brandenburg berät am 17.05.2024 mündlich über die Verfassungsklage der AfD-Landtagsfraktion. (Quelle: dpa/Oliver von Riegen)
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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 21.06.2024 | Hanno Christ | Studiogast: Katrin Lange | Bild: dpa/Oliver von Riegen

Milliardenkredite, begründet mit der Notlage durch den Krieg in der Ukraine: Das Brandenburg-Hilfspaket aus dem Doppelhaushalt 2023/2024 ist in Teilen verfassungswidrig. Eine Klage der AfD-Fraktion im Landtag gegen das Hilfspaket hatte damit Erfolg.

  • Notlage-Erklärung und Milliarden-Kredite in Brandenburg laut Landesverfassungsgericht verfassungswidrig
  • Klage der AfD-Fraktion im Landtag hat in Teilen Erfolg
  • Eine allgemeine Rückabwicklungspflicht folgt daraus aber nicht

Das Brandenburger Verfassungsgericht hat die Regelungen für das milliardenschwere Brandenburg-Hilfspaket zur Abfederung der Energiekrise von 2022 für nichtig erklärt. Eine Klage der AfD-Fraktion im Landtag gegen das Hilfspaket, das der Landtag im Rahmen des Doppelhaushalts auf den Weg gebracht hatte, hatte damit in Teilen Erfolg.

Gerichtspräsident Markus Möller betonte aber am Freitag, dass das Hilfspaket nicht rückwirkend abgewickelt werden müsse. Niemand muss demnach also befürchten, dass Hilfen zurückgezahlt werden müssen.

Gericht bemängelt unzureichende Begründungen

Der Ukraine-Krieg habe zwar für eine außergewöhnliche Notsituation in Brandenburg gesorgt, sagte Möller. Der Haushaltsgesetzgeber habe aber den notwendigen Zusammenhang zwischen der festgestellten außergewöhnlichen Notlage und den notlagebedingten Kreditermächtigungen "nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang" dargelegt. Die Begründungen reichten nicht, um die schuldenfinanzierten Maßnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro von allgemeinen politischen Maßnahmen abzugrenzen. Damit hatte die AfD mit ihrer Klage in diesem Punkt Erfolg.

Die Klage der AfD-Fraktion gegen die Ausrufung der Notlage ist dagegen laut Gericht unzulässig, weil es sich nur um einen einfachen Beschluss des Landtags handelte. Er sei froh, weil das Verfassungsgericht klargemacht habe, "dass man nicht einfach einen Kredit aufnehmen kann und einfach mal eine Notlage erklären kann", sagte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt.

Knackpunkt war Ausrufung einer Notlage im Jahr 2022

Die Klage der AfD im Landtag richtete sich gegen das Ausrufen einer Notlage Ende 2022 und gegen das Hilfspaket, das der Landtag im Rahmen des Doppelhaushalts auf den Weg gebracht hatte. Die Schuldenbremse darf nur umgangen werden bei negativer Konjunktur, einer Naturkatastrophe oder einer außergewöhnlichen Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Im Haushaltsgesetz verwies die Landesregierung damals infolge des Ukraine-Kriegs auf gestiegene Energiepreise und Inflation, eine Fluchtbewegung und eine verschärfte Sicherheitslage.

Über das Brandenburg-Paket waren nach Angaben des Finanzministeriums für das vergangene Jahr und für dieses Jahr Mittel von bis zu rund 1,6 Milliarden Euro vorgesehen. Es ist zur Abfederung der Folgen des Ukraine-Kriegs gedacht und soll Familien, Kommunen, Krankenhäuser und Wirtschaft unterstützen. Das Verfassungsgericht hatte in der mündlichen Verhandlung im Mai schon Zweifel am Hilfspaket anklingen lassen.

Urteil aus Karlsruhe gab Richtung vor

Der Präsident verwies darauf, dass sich das Verfassungsgericht weitgehend an den Maßstäben aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr orientiert habe. Die rot-schwarz-grüne Koalition hatte auf das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zu Notlagenkrediten aus dem vergangenen Jahr bereits reagiert.

Der Landtag erklärte eine außergewöhnliche Notsituation für 2024 noch einmal separat, um das Hilfspaket abzusichern. Eine pauschale Vorsorge in Höhe von 500 Millionen Euro wurde gestrichen, das Deutschland-Ticket wurde aus dem Hilfspaket genommen. Es ging bei der Klage der AfD jedoch um den bisher nicht geänderten Haushalt. Ob das Gericht weiteren Handlungsbedarf auch für das geänderte Hilfspaket sieht, war zunächst unklar.

Sondersitzung anberaumt

Auf Antrag der Regierungsfraktionen soll in der nächsten Woche der Brandenburger Landtag auf einer Sondersitzung über das Urteil des Landesverfassungsgerichts zum Brandenburg-Paket debattieren. Das kündigte SPD-Fraktionschef Daniel Keller für die Regierungsfraktionen am Freitag im Landtag an.

"Wir haben einen rechtlichen Fehler gemacht", sagte Finanzministerin Katrin Lange am Freitag auf einer Pressekonferenz nach der Entscheidung. Jetzt müsse man darauf reagieren. An der Notwendigkeit der Unterstützung von Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Vereinen hält die Koalition aus SPD, CDU und Bündnis 90 / Die Grünen fest.

Sendung: rbb24, 21.06.2024, 18:00 Uhr

63 Kommentare

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  1. 63.

    Dafür wurde Merz ja auch kritisiert. Die Regierungen versuchen es immer wieder, Motto „wo kein Kläger, da kein Richter“. Peinlich wenn dann doch einer klagt.

  2. 62.

    Gilt ihre Behauptung " auf Kosten und zum Schaden der Demokratie " dann auch für die CDU, denn die hat ja bekanntlich auf Bundesebene gegen das Hilfspaket der Ampelregierung geklagt und Recht bekommen .
    Ist die CDU also nach ihrer Meinung auch demokratiefeindlich ?

  3. 61.

    Die Bürger verzichten doch schon, indem sie die praktizierte Politik seit Jahren gewählt haben und somit ihre Zustimmung gegeben haben. Natürlich mehr indirekt, was sich auf vielen Feldern bemerkbar macht. Fehlende bezahlbare Wohnungen, Überlastung des Schul-und Bildungswesens um nur zwei Beispiele, von vielen, zu nennen. Die langfristigen Auswirkungen kann man nur erahnen.

  4. 60.

    Das ist Ihre persönliche Meinung, Andere sehen das zum Glück differenzierter. Es muss einen Anreiz geben, warum man sich anstrengen sollte. Wenn alles nur umverteilt wird, ist der nicht mehr gegeben und genau daran scheitert der Sozialismus. Konzerne kann man nicht unendlich besteuern, sonst produzieren die einfach woanders. Dann wird hier gar nichts mehr hergestellt und damit gibt es gar keine Steuern mehr. Im Übrigen auch keine Einkommensteuer, denn die Arbeiter sitzen dann auch zuhause. Wir haben weder ein Steuereinnahmen-, noch ein Verteilungsproblem. Wir haben massive Steuerverschwendung und Fehlanreize, von Sozialkosten bis hin zu Subventionen.

  5. 59.

    Aber auch nur weil sich ein Klientel aus FDP/CDU und CSU Wählern weigert die Kosten der Gesellschaft fair zu verteilen. Mit der Mindestbesteuerung globaler Konzerne tat man sich schwer und die 15% sind ein Witz und gerade Deutschland hat dafür gesorgt das es keine 25% wurden. Zudem werden viele Kosten auf die Sozialen Sicherungssysteme verschoben und jene die besonders viel einzahlen würden können sich diesen entziehen. Kosten für Pandemie, Flüchtlinge,Kriege,Rüstung,Klima usw. werden einseitig verteilt. Allerdings sind die Bürger auch nicht bereit auf etwas zu verzichten und biegen dann lieber nach rechts ab. Die AFD ist keine Lösung sondern durch die Blockade werden die Kosten nur großer und in die Zukunft verschoben.

  6. 57.

    Es ist ja nicht nur das legale Schuldenmachen was stört, es ist auch die wahrgenommene Dreistigkeit, mit der Mittel gesucht werden, Schulden illegal zu machen, über das Legale hinaus. Wenn es nicht reicht greift man zu Methoden die jede, aber auch jede Kompetenz vermissen lassen.

  7. 56.

    Die wahrscheinlichste Erklärung ist die unglaubliche Unfähigkeit gepaart mit einer ideologischen Verblendung. Mit Geld richtig umzugehen muss man lernen. Die Kunst ist, mit wenig Geld viel zu erreichen und zu realisieren und nicht möglichst schnell Steuern sinnlos zu verplempern. Die ganzen Schulden sind im Prinzip und Großteil nichts anderes als eingelöste Wahlversprechungen. Bei Privatpersonen würde der Gerichtsvollzieher schon zur Familie gehören.

  8. 55.

    Wofür wird das ganze Steuergeld denn so ausgegeben?
    Jeder muss mit dem auskommen was er hat.
    Wieso soll das nur für den Bürger gelten?
    Gefühlt schmeißen die da oben mit dem unserem SteuerGeld nur so um sich. Kassieren aber selber die dicke Kohle und feiern sich dafür noch gegenseitig.

  9. 54.

    Trifft genauso für Brandenburg zu...
    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/06/berlin-afd-landespartei-abrechnung-brief-von-mitarbeiter.html

  10. 52.

    Das Sie diese ,,Nazi-Parte'' als normale Opposition verharmlosen und ihre untergründige Zersetzung der Demokratie nicht im Auge haben, zeigt Ihre Naivität oder Befangenheit.

  11. 51.

    Warum nur fallen vornehmlich eher links Stehende mit dem Schuldenmachen auf und signalisieren das sie es nicht können?

  12. 50.

    Wobei die Lüge, aber nachweislich nicht vom Kläger ausging. Zum Anderen ist es richtig, wenn die Oppositionspartei ihre Arbeit ordentlich macht. Was Sie als "Behinderung" darstellen, ist in der Realität, der teilweise Abriß eines Lügengebäudes, daß durch Unredlichkeit aufgebaut wurde.

  13. 49.

    Immer wieder erstaunlich, wie viele Kommentatoren doch Fischaugen haben, und die Realität von unten durch einen Unterwasserblick betrachten und glauben, sie hätten den perfekten politischen Panoramablick.

  14. 48.

    Die Mutation hat doch schon längst stattgefunden. Merkt das noch immer nur eine Minderheit ?

  15. 47.

    Man kann es sich auch schön reden. Fakt ist aber, dass eine nichtige Begründung auch den Tatbestand der Notlage nicht erfüllt. Es gab somit auch keine Notlage.

  16. 46.

    Wer will denn die Demokratie abschaffen? Sie behaupten dies zwar ständig, nur belegen können Sie es nie. Fakt ist, dass die AfD hier ihrer Aufgabe als Opposition nachgekommen ist und dabei vom LVerfG bestätigt wurde. Das ist weder verwerflich, noch ein Skandal, sondern im Sinn des Steuerzahlers und damit gut und richtig. Man muss die AfD nicht gut finden, aber hier war sie im Recht und damit kommen Einige hier offenbar nicht klar.

  17. 45.

    ...ist nicht stänkern, ist Demokratie, mehr als nur alle 4 Jahre sein Kreuzchen zu machen.
    Desweiteren ein weiterer Beleg der mangelnden Qualität, der Arbeitsweise oder Ausbildung unserer Führungsriege....

  18. 44.

    Die Prüfung selber durch das LVG ist nicht demokratiefeindlich, sondern die Menschen, die dieses Instrument zwar abschaffen wollen, aber es ausgiebig nutzen, um die politische Arbeit zu erschweren.
    Aber zum Glück ist die Klage NUR in Teilen bestätigt worden, was nunmal kein Sieg oder Niederlage bedeutet. Es ist, wie mit Halbwahrheiten. Auch da stimmt nur ein Teil, und der Rest ist Lüge und Behinderung!

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