Landesverfassungsgericht - Milliardenschweres Brandenburger Hilfspaket ist zum Teil verfassungswidrig
Milliardenkredite, begründet mit der Notlage durch den Krieg in der Ukraine: Das Brandenburg-Hilfspaket aus dem Doppelhaushalt 2023/2024 ist in Teilen verfassungswidrig. Eine Klage der AfD-Fraktion im Landtag gegen das Hilfspaket hatte damit Erfolg.
- Notlage-Erklärung und Milliarden-Kredite in Brandenburg laut Landesverfassungsgericht verfassungswidrig
- Klage der AfD-Fraktion im Landtag hat in Teilen Erfolg
- Eine allgemeine Rückabwicklungspflicht folgt daraus aber nicht
Das Brandenburger Verfassungsgericht hat die Regelungen für das milliardenschwere Brandenburg-Hilfspaket zur Abfederung der Energiekrise von 2022 für nichtig erklärt. Eine Klage der AfD-Fraktion im Landtag gegen das Hilfspaket, das der Landtag im Rahmen des Doppelhaushalts auf den Weg gebracht hatte, hatte damit in Teilen Erfolg.
Gerichtspräsident Markus Möller betonte aber am Freitag, dass das Hilfspaket nicht rückwirkend abgewickelt werden müsse. Niemand muss demnach also befürchten, dass Hilfen zurückgezahlt werden müssen.
Gericht bemängelt unzureichende Begründungen
Der Ukraine-Krieg habe zwar für eine außergewöhnliche Notsituation in Brandenburg gesorgt, sagte Möller. Der Haushaltsgesetzgeber habe aber den notwendigen Zusammenhang zwischen der festgestellten außergewöhnlichen Notlage und den notlagebedingten Kreditermächtigungen "nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang" dargelegt. Die Begründungen reichten nicht, um die schuldenfinanzierten Maßnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro von allgemeinen politischen Maßnahmen abzugrenzen. Damit hatte die AfD mit ihrer Klage in diesem Punkt Erfolg.
Die Klage der AfD-Fraktion gegen die Ausrufung der Notlage ist dagegen laut Gericht unzulässig, weil es sich nur um einen einfachen Beschluss des Landtags handelte. Er sei froh, weil das Verfassungsgericht klargemacht habe, "dass man nicht einfach einen Kredit aufnehmen kann und einfach mal eine Notlage erklären kann", sagte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt.
Knackpunkt war Ausrufung einer Notlage im Jahr 2022
Die Klage der AfD im Landtag richtete sich gegen das Ausrufen einer Notlage Ende 2022 und gegen das Hilfspaket, das der Landtag im Rahmen des Doppelhaushalts auf den Weg gebracht hatte. Die Schuldenbremse darf nur umgangen werden bei negativer Konjunktur, einer Naturkatastrophe oder einer außergewöhnlichen Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Im Haushaltsgesetz verwies die Landesregierung damals infolge des Ukraine-Kriegs auf gestiegene Energiepreise und Inflation, eine Fluchtbewegung und eine verschärfte Sicherheitslage.
Über das Brandenburg-Paket waren nach Angaben des Finanzministeriums für das vergangene Jahr und für dieses Jahr Mittel von bis zu rund 1,6 Milliarden Euro vorgesehen. Es ist zur Abfederung der Folgen des Ukraine-Kriegs gedacht und soll Familien, Kommunen, Krankenhäuser und Wirtschaft unterstützen. Das Verfassungsgericht hatte in der mündlichen Verhandlung im Mai schon Zweifel am Hilfspaket anklingen lassen.
Urteil aus Karlsruhe gab Richtung vor
Der Präsident verwies darauf, dass sich das Verfassungsgericht weitgehend an den Maßstäben aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr orientiert habe. Die rot-schwarz-grüne Koalition hatte auf das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zu Notlagenkrediten aus dem vergangenen Jahr bereits reagiert.
Der Landtag erklärte eine außergewöhnliche Notsituation für 2024 noch einmal separat, um das Hilfspaket abzusichern. Eine pauschale Vorsorge in Höhe von 500 Millionen Euro wurde gestrichen, das Deutschland-Ticket wurde aus dem Hilfspaket genommen. Es ging bei der Klage der AfD jedoch um den bisher nicht geänderten Haushalt. Ob das Gericht weiteren Handlungsbedarf auch für das geänderte Hilfspaket sieht, war zunächst unklar.
Sondersitzung anberaumt
Auf Antrag der Regierungsfraktionen soll in der nächsten Woche der Brandenburger Landtag auf einer Sondersitzung über das Urteil des Landesverfassungsgerichts zum Brandenburg-Paket debattieren. Das kündigte SPD-Fraktionschef Daniel Keller für die Regierungsfraktionen am Freitag im Landtag an.
"Wir haben einen rechtlichen Fehler gemacht", sagte Finanzministerin Katrin Lange am Freitag auf einer Pressekonferenz nach der Entscheidung. Jetzt müsse man darauf reagieren. An der Notwendigkeit der Unterstützung von Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Vereinen hält die Koalition aus SPD, CDU und Bündnis 90 / Die Grünen fest.
Sendung: rbb24, 21.06.2024, 18:00 Uhr