Entscheidung des Bundestags - Alte Bergbauflächen sollen schneller für Wind- und Solaranlagen genutzt werden
Nach einer Bundestagsentscheidung sollen auf ehemaligen Tagebauflächen bald leichter Solar- und Windkraftanlagen gebaut werden können. Die Leag hat darauf gewartet und will nun in der Lausitz ein Großprojekt umsetzen. Doch es gibt auch Kritik.
Der Aufbau von erneuerbaren Energien, etwa Windkraft- oder Solaranlagen, auf ehemaligen Tagebauflächen soll künftig deutlich schneller gehen. Der Bundestag hat am späten Donnerstagabend eine entsprechende Gesetzesänderung für ein vereinfachtes Baurecht verabschiedet. Der Bundesrat muss dem aber am 16. Dezember noch zustimmen.
Die Mitglieder der Ampelkoalition und die Linke stimmten kurz vor Mitternacht für die Einführung des Paragraphen 249b in das Baugesetzbuch. Das Ziel ist ein schnellerer Ausbau Erneuerbarer Energien. Komplizierte Planungsverfahren für Erneuerbare Energien auf Tagebauflächen sind damit nicht mehr nötig. Begründet wird die Entscheidung unter anderem damit, dass Beschwerden von Anwohnern auf den weitläufigen Flächen nicht zu erwarten sein dürften.
Gesetz als Startschuss für "Gigawatt-Factory"
Der Lausitzer Tagebau- und Kraftwerksbetreiber Leag hat nach eigener Aussage auf diese Entscheidung gewartet und begrüßte sie am Freitag in einer Mitteilung ausdrücklich. Bis 2030 will das Unternehmen eine sogenannte "Gigawatt-Factory" aufbauen. Erst das neue Gesetz ermöglicht eine Einhaltung des ambitionierten Zeitplans. "Gemeinsam mit den Ländern können wir jetzt den Turbo bei der Umsetzung unseres Projektes Gigawatt-Factory anwerfen" so ein Sprecher am Freitag. Laut den Plänen sollen auf einer Fläche von insgesamt 33.000 Hektar große Wind- und Solarparks entstehen, die eine Gesamtleistung von sieben Gigawatt liefern sollen.
Das entspreche der Leistung, die aktuell von der Leag durch Verstromung der Braunkohle produziert werde. Die Leag will nach eigenenen Angaben so zum größten Zentrum erneuerbarer Energien in Deutschland werden. Den Angaben zufolge könnten vier Millionen Haushalte so mit grünem Strom versorgt werden.
Auch die Leag begründet das Vorhaben damit, dass die Flächen "konfliktarm" zur Stromproduktion genutzt werden könnten. Naturschutz, Anwohner und die Umwelt würden kaum beeinträchtigt.
Grüne Liga befürchtet Marktverzerrung
Kritik kommt hingegen aus der Kommunalpolitik und von Umweltverbänden. Noch vor Verabschiedung des Gesetzes erklärte die Grüne Liga, dass auch bei der Ausweisung von Wind- und Solarflächen auf Tagebaukippen die Anwohner beteiligt werden sollten. Zudem befürchtet der Verband nach eigener Aussage eine Marktverzerrung zugunsten der Leag. "Die Tagebauflächen müssen für andere Erneuerbare-Investoren jenseits von Leag und Mibrag geöffnet werden, um Marktverzerrungen zu vermeiden. Dazu wäre die Überführung der Flächen in eine öffentliche Stiftung der richtige Weg", sagte Rene Schuster von der Grünen Liga.
Zudem sei die Nutzung der Tagebauflächen keinesfalls "konfliktarm". Zuvor seien in jahrelangen Planungsprozessen Braunkohlepläne und damit die Bedingungen zur Nutzung der Flächen erarbeitet worden. Diese würden auch eine vielfältig nutzbare Folgelandschaft einschließen, die nun über Nacht abgeschafft worden sei, heißt es vom Umweltverband. Die Grüne Liga erklärte weiter, dass zudem die Planungshoheit der Kommunen und der zuständigen Regionalplanung eingeschränkt werde.
Weniger Akzeptanz für Erneuerbare Energien
Auch der Lausitzer Kommunalpolitiker Andreas Stahlberg (Grüne) hat sich mit einer Stellungnahme an den Bundestag gewandt. Stahlberg ist Kreistagsabgeordneter im Landkreis Spree-Neiße, sitzt im Braunkohleausschuss des Landtags und im Vorstand der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald. Die Annahme, dass die Tagebauflächen "konfliktfrei" nutzbar seien, deute "auf einen Bundesfernblick und mangelnde Kenntnis der örtlichen Betroffenheit" hin, so Stahlberg.
Stahlberg bemängelt etwa, dass die Flächen in der Hand der Braunkohlekonzerne bleiben würden. Die zu DDR-Zeiten gegen ihren Willen enteigneten ursprünglichen Flächenbesitzer hätten damit weiter keine Chance, ihre Flächen zurückzubekommen. Auch Stahlberg kritisiert die eingeschränkte Planungshoheit der Kommunen und dass Großkonzernen wie der Leag die Möglichkeit gegeben wird, Monopole im Bereich der Erneuerbaren Energien aufzubauen. Dieser Wirtschaftszweig sei bisher mittelständisch geprägt.
Diese Punkte könnten, so Stahlberg, für eine sinkende Akzeptanz von Erneuerbaren Energien in der Region sorgen. Dabei hätten sich die Kommunen in der Region zuletzt selbst für den Ausbau der Erneuerbaren stark gemacht. Dieses Engagement sei nun gefährdet, so Stahlberg.
Sendung: Antenne Brandenburg, 02.12.2022, 10:30 Uhr