Großstreik in Berlin und Brandenburg - Fahrgäste offenbar gut auf Warnstreik vorbereitet - kein Verkehrschaos
Berlin und Brandenburg waren vom bundesweiten Warnstreik im Verkehr zwar stark betroffen, das befürchtete Chaos blieb am Montag jedoch aus. Bis zum Abend lief der Verkehr wieder weitgehend normal. Auch auf den Straßen blieb es größtenteils entspannt.
- Ein Großstreik hat dam Montag weite Teile Deutschlands lahmgelegt
- Der Fernverkehr wurde eingestellt, der Regionalverkehr kam zum Erliegen
- Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen fuhren in Berlin und Brandenburg aber wie gewohnt
- S-Bahn hat am Nachmittag den Verkehr wieder aufgenommen
- Fast alle innerdeutschen Verbindungen am BER wurden gestrichen
- Ein befürchtetes Chaos auf den Straßen blieb aus
Nach dem großen Warnstreik ist der Betrieb bei der Deutschen Bahn am Dienstagmorgen nach Unternehmensangaben wieder planmäßig angelaufen - auch in Berlin und Brandenburg rollen die Züge wieder. "Im Fernverkehr fallen in den Morgenstunden lediglich noch einzelne, wenige Fahrten aus", teilte ein Konzernsprecher der dpa mit. Der Regional- und S-Bahn-Verkehr laufe weitgehend ohne streikbedingte Ausfälle.
Vor dem Streikbeginn hatte die Bahn noch die Erwartung geäußert, die Auswirkungen des Warnstreiks auf den Bahnverkehr würden noch am Dienstag an vielen Orten zu spüren sein.
Die Berliner S-Bahn hatte schon am Montagnachmittag um kurz nach 15 Uhr den Betrieb in Teilen wieder aufgenommen. Das teilte das Unternehmen bei Twitter mit. Allerdings musste weiter mit Unregelmäßigkeiten, Ausfällen und Einschränkungen gerechnet werden. Bis zum Abend funktionierte der Verkehr wieder weitgehend normal.
Ab 4 Uhr, dem regulären Betriebsbeginn bei der S-Bahn, hatten die Züge am Montag stillgestanden - wegen eines bundesweiten Verkehrswarnstreiks der Gewerkschaften Verdi und EVG. Dieser legte in Berlin und Brandenburg den Regional- und Fernverkehr weitgehend lahm. Vielerorts blieben die Bahnsteige fast leer.
Reisende waren auf den Warnstreik gut vorbereitet und nutzten alternative Verkehrsmittel wie U-Bahn, Tram und Bus. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) waren nicht direkt vom Streik betroffen. "Erwartungsgemäß verzeichnete die BVG am Montagmorgen ein erhöhtes Fahrgastaufkommen", teilte das Unternehmen am Morgen mit. Am Bahnsteig stehen gelassen worden sei niemand. "Nur beim Bus kam es in einigen Fällen dazu, dass Fahrgäste auf die nächste Fahrt warten mussten", hieß es.
Bei der Bahn hingegen hieß es am Morgen: "Seit Betriebsbeginn fahren im Regionalverkehr auch in Berlin und Brandenburg keine Züge mehr", wie eine Sprecherin sagte. Auf einzelnen Regionalbahn-Linien waren ab Montagnachmittag wieder Züge unterwegs, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Gegen Abend begann die Bahn nach eigenen Angaben auch damit, den Stau der Güterzüge aufzulösen.
Die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (Odeg) meldete, dass 14 Linien mindestens bis zum Nachmittag nicht verkehren, da die Infrastruktur der Deutschen Bahn wegen des Warnstreiks nicht bedient werde.
Das Personal der Niederbarnimer Eisenbahn AG (NEB) war nicht am Streik beteiligt, der Verkehr auf den Linien der NEB war dennoch betroffen. "Es finden aktuell nur Fahrten auf der Linie RB35 und RB27 zwischen Schönerlinde und Wensickendorf/Klosterfelde bzw. Groß Schönebeck statt", teilte die NEB mit.
Wasserstraßen und Häfen sowie die Autobahngesellschaft waren ebenfalls vom Streik betroffen. Daher wurden Auswirkungen auf Autobahntunnel befürchtet. Aber auch hier gab es keine Probleme: Die Tunnel der Berliner Stadtautobahn blieben am Montag normal geöffnet.
Die Verkehrsinformationszentrale in Berlin (VIZ) vermerkte auf den Straßen keinen stark erhöhten Verkehr. "Unsere Einschätzung ist, dass es zwar voller geworden ist, aber bei weitem nicht so stark wie erwartet", teilte die Zentrale auf Anfrage mit. Der Stau sei im Berufsverkehr ein wenig länger gewesen als sonst, ansonsten sei die Anzahl der Autos aber nicht besonders auffällig. "Die Menschen haben sich gut vorbereitet. Viele haben sicherlich auch die Möglichkeiten des Homeoffice in Anspruch genommen."
Der ADAC berichtete von mehr Verkehr und Behinderungen auf Autobahnen, ein Chaos sei aber ausgeblieben. Rund um die Ballungsräume stocke der Verkehr zwar, "einen Kollaps oder ein Riesenchaos sehen wir aber nicht", sagte eine Sprecherin. Die Brandenburger Polizei verzeichnete ebenfalls trotz des Warnstreiks nicht mehr Verkehr auf den Autobahnen und Landstraßen.
Auch am BER blieb die Lage übersichtlich. Der Flughafen in Schönefeld (Dahme-Spreewald) wurde nicht direkt bestreikt. Dennoch mussten so gut wie alle Inlandsflüge gestrichen werden. Flüge ins Ausland waren nicht betroffen. Massive Ausfälle gab es an den Flughäfen in Frankfurt am Main und München. Allein dort mussten insgesamt rund 2.000 Flüge gestrichen werden.
Bisher keine Annäherung bei der dritten Verhandlungsrunde
Der Warnstreik hatte um Mitternacht begonnen und sollte 24 Stunden dauern. Die Gewerkschaft Verdi sowie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) wollten so den Druck im laufenden Tarifkonflikt erhöhen. Allein bei der Bahn legten nach Angaben der EVG mehr als 30.000 Beschäftigte die Arbeit nieder.
In Potsdam trafen sich am Montag Vertreter von Verdi und dem Beamtenbund DBB erneut mit den Verhandlern von Bund und Kommunen. Eine Annäherung der beiden Tarifparteien war jedoch auch in dieser dritten Verhandlungsrunde nicht in Sicht. Bis zum Montagabend gab es keine Annäherung, die Gespräche wurden daher unterbrochen. Bleibt bis Mittwoch eine Einigung aus, könnten bald weitere Warnstreiks folgen.
Bei der EVG stehen weitere Verhandlungen mit den verschiedenen Bahnunternehmen ab Mitte der Woche an. Mit der Deutschen Bahn soll erst nach Ostern weiterverhandelt werden. Die EVG sicherte am Wochenende zu, rund um die Osterfeiertage nicht streiken zu wollen.
Einen derart weitreichenden Streik im öffentlichen Verkehr wie am Montag hatte es seit etwa 30 Jahren nicht mehr in Deutschland gegeben.
Rund 350.000 Beschäftigte waren dazu aufgerufen. Die Gewerkschaften begründeten ihr Vorgehen mit mangelnden Fortschritten in den jeweiligen Tarifrunden. Für die bundesweit etwa 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen fordert Verdi 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber ein Plus von 500 Euro pro Monat. Die EVG verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei Bahn- und Busunternehmen und will für diese zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr.
Die Angebote von Deutscher Bahn und öffentlichen Arbeitgebern sind vergleichbar und umfassen je in zwei Schritten insgesamt fünf Prozent mehr Lohn und Einmalzahlungen von bis zu 2.500 Euro.
Verdi hatte zuvor auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in allen Verwaltungen, Bauhöfen, Friedhöfen, Kitas und Bibliotheken zum ganztägigen Streik aufgerufen. In Berlin und Brandenburg blieben deshalb auch viele Kindertagesstätten geschlossen, die sich in der öffentlichen Hand befinden. Kitas in freier Trägerschaft waren nicht betroffen.
Brandenburger Schülerinnen und Schüler, die wegen des Streiks nicht zur Schule konnten, durften zu Hause bleiben. Allerdings musste dies vorher bei den Schulen angemeldet werden. In Berlin mussten Schülerinnen und Schüler hingegen zur Schule kommen. Die Bildungsverwaltung verwies darauf, dass die U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen der BVG wie gewohnt fahren.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trifft auch im Falle eines solchen Streiks das sogenannte Wegerisiko. Rechtlich liegt es in ihrer Verantwortung, pünktlich am Arbeitsplatz zu sein [tagesschau.de].
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.03.2023, 13:20 Uhr