Urteil im Streit um Bauprojekt - Adler Group kann nicht von Kaufverträgen im Steglitzer Kreisel zurücktreten

Mi 26.07.23 | 18:37 Uhr
  43
Der Gebäudekomplex Steglitzer Kreisel aufgenommen am 12.02.2022 in Berlin Steglitz. (Quelle: Picture Alliance / XAMAX)
Audio: rbb24 Inforadio | 26.07.2023 | Annette Kufner | Bild: Picture Alliance / XAMAX

Beim stockenden Prestige-Projekt, dem Steglitzer Kreisel, darf die Adler-Group nicht von gültigen Kaufverträgen zurücktreten. Das Berliner Landgericht entschied zugunsten eines Käufers, der sich 2018 eine Wohnung in dem Bauprojekt gekauft hatte. Von Wolf Siebert

Im Streit um das Bauprojekt Steglitzer Kreisel muss der Immobilien-Investor Adler Group seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen.

Das hat das Landgericht Berlin am Mittwoch entschieden. Es gebe keine wichtigen Gründe, wonach das Unternehmen von einem gültigen Kaufvertrag zurücktreten könnte, so die zuständige Richterin. Das Gericht entschied damit zugunsten eines Käufers, der sich 2018 eine Eigentumswohnung mit Garagenstellplatz in dem Bauprojekt ausgesucht hatte.

ÜBerlin: Der Rohbau des Steglitzer Kreisel am 29.11.2019 von der Schloßstraße aus gesehen (rbb/Götz Gringmuth-Dallmer)
Der Steglitzer Kreisel 2019 | Bild: rbb/Götz Gringmuth-Dallmer

Eine Eigentumswohnung im 19. Stock mit Südwest-Blick

Der Käufer, André Gaufer, 57 Jahre alt, wohnt in Steglitz. Er hat eine Agentur für Fondsberatungen. Als er hörte, dass im Steglitzer Kreisel 330 Eigentumswohnungen gebaut werden sollten, griff er zu. 2018 kaufte er eine Wohnung im 19. Stock, rund 70 Quadratmeter, Südwest-Blick. Ein Tiefgaragenstellplatz und ein Fahrradaufzug waren inbegriffen. 2021 sollte die Wohnung fertig sein.

Ab 2020 ruhten dann aber die Arbeiten auf der Baustelle. Begründet wurde das vom Bauherrn mit Verzögerungen durch die Pandemie.

Adler Group wollte die Baupläne ändern

Eines Tages bekam Gaufer Post von der Adler Group, der das Projekt Steglitzer Kreisel gehört: Sie wollte die Baupläne ändern. Das jetzige Parkhaus wollte sie nun zu einem Bürogebäude umbauen.

Für André Gaufer hätte das bedeutet: Der Tiefgaragenstellplatz, den er als Sondereigentum erworben hatte, sollte wegfallen. Dafür sollte er lediglich ein Nutzungsrecht für einen Stellplatz an einer anderen Stelle des Gebäudes bekommen. Das aber wäre juristisch deutlich weniger gewesen als das Sondereigentum an einem Stellplatz, so wie es Gaufer 2018 vertraglich vereinbart hatte. Auch der Fahrradaufzug sollte wegfallen.

Ein Mann mit Anzug und kurzen braunen Haaren steht vor einem Gebäude.
Käufer André Gaufer | Bild: rbb/Wolf Siebert)

André Gaufer wehrt sich

Die Adler Group forderte Gaufer und die anderen Käuferinnen und Käufer auf, die Vertragsänderung zu akzeptieren. Einige taten das. Andere wollten nach rbb|24-Recherchen ihre Verträge rückabwickeln und ihre Kaufpreisraten zurückbekommen. André Gaufer aber widersetzte sich: "Mir geht es um Gerechtigkeit. So kann man mit Käufern nicht umgehen", sagte er jetzt rbb|24.

2021 war die Adler Gruppe zudem in die Schlagzeilen geraten. Ihr wurde vorgeworfen, den Wert ihrer Immobilien künstlich überhöht zu haben. Eine renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verweigerte der Adler das Testat für einen Jahresabschluss. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde aktiv, begann mit einer Prüfung.

Adler Group muss Großteil ihrer Wohnungen verkaufen

Adler hat die Vorwürfe stets bestritten, aber die Firma geriet in finanzielle Schwierigkeiten, hat mehrere Milliarden Euro Schulden, wie aus einer Ergebnispräsentation von Adler im Internet aus dem Mai 2023 hervorgeht. Obwohl auf der Habenseite Immobilienwerte stehen, musste die Gruppe, die einstmals einer der größten Wohnungsvermieter Deutschlands war, einen komplizierten Restrukturierungsprozess einleiten, um das finanzielle Aus abzuwenden.

Das bedeutet, die Adler-Gruppe wird nach eigenen Angaben einen Großteil ihrer Wohnungen verkaufen und auch einen Teil ihrer Entwicklungsprojekte. Eins ihrer Entwicklungsprojekte ist der Steglitzer Kreisel. Weil sich André Gaufer geweigert hatte, die Änderungen des Kaufvertrags zu akzeptieren, trat sein Vertragspartner vom Kaufvertrag zurück. Dagegen zog Gaufer vor Gericht. Und hat nun Recht bekommen: Der Vertrag hätte nicht nachträglich geändert werden dürfen und es gab auch keinen Grund, vom Kaufvertrag zurückzutreten, so begründete das Landgericht Berlin am Mittwoch seine Entscheidung.

André Gaufer reagierte im Anschluss erleichtert: "Notarverträge müssen eingehalten werden. Das ist ein grundlegendes Recht. […] Jetzt erwarte ich von der Adler Group die Erfüllung meines Vertrags", sagte er dem rbb.

Mir geht es um Gerechtigkeit

André Gaufer, Käufer einer Wohnung im Steglitzer Kreisel

Gaufer glaubt nicht mehr an die Adler Group

Was das konkret bedeutet, ist zurzeit unklar. Zunächst ist die Adler Group durch das Urteil verpflichtet, Gaufer eine Teilungserklärung auszufertigen, die dem ursprünglichen Inhalt des Kaufvertrags entspricht. Ob Adler aber die Wohnung auch bauen wird? Dazu wollte sich das Unternehmen auf rbb-Anfrage vom Dienstag nicht äußern. Man werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und analysieren.

In Präsentationen der Adler Group im Internet heißt es, dass das Bauprojekt Steglitzer Kreisel 2025 vollendet wird. André Gaufer geht davon aus, dass die Adler Group die 330 Wohnungen im Steglitzer Kreisel nicht bauen wird. "Sie wird das Projekt wohl vorher verkaufen", sagte er rbb|24. Auch zu ihren Verkaufsabsichten wollte sich die Adler Group auf die rbb|24-Anfrage hin nicht äußern.

Große Koalition wollte Wohnungskäufer wie Gaufer besser schützen

Käufer Gaufer hofft, wie er sagt, aber auch, dass sein Fall zu einem verbesserten Verbraucherschutz in Deutschland führt. Seit 2019 – noch zu Zeiten der Großen Koalition – liegt der Abschlussbericht einer Arbeitsgruppe vor, die das Bauträgervertragsrecht verbessern sollte.

Vor allem sollte der Schutz von Wohnungskäufern im Insolvenzfall des Bauträgers verbessert werden. Bis heute ist aber noch kein entsprechender Referentenentwurf vorgelegt worden. Das Bundesjustizministerium erklärte auf rbb|24-Anfrage, es sei nicht absehbar, wann das geschehen werde.

André Gaufer hofft noch immer, eines Tages die Wohnung auch nutzen zu können. Falls nicht, will er zumindest sein Geld zurück, wie er sagt. Und auch Schadenersatz.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.07.2023, 12:35 Uhr

43 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 43.

    Wie bitte? Interessant was sie aus meinen Kommentar herauslesen wollen. Was dubiose Geschäfte und "Spenden" aus dunklen Kanälen angeht spielt die rechtsextreme AfD fast in der gleichen Liga.

    " In der Affäre um illegale Parteispenden hat die AfD eine weitere juristische Schlappe erlitten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin aus dem Jahr 2021, wonach die AfD eine hohe Strafzahlung wegen der Annahme der Spende leisten muss.

    Die Spende war von zwei Unternehmen aus der Schweiz an den Kreisverband der AfD Bodenseekreis überwiesen worden, wie das Oberverwaltungsgericht mitteilte. Da das Parteiengesetz Parteien verbietet, anonyme Spenden anzunehmen, hatte die Bundestagsverwaltung gegenüber der AfD Sanktionszahlungen in Höhe von rund 396.000 Euro festgesetzt, was dem dreifachen Spendenbetrag entspricht. "

  2. 42.

    Endlich wird mal nicht auf der AfD rumgehackt, sondern die wahren Spitzbuben aufs Korn genommen. Ich möchte nicht wissen, was da in Wirklichkeit alles abgeht ? Da würden sich bei vielen die Zehnägel kräuseln....

  3. 41.

    "... Ist das nun der Weisheit letzter Schluss ?"

    Bei Ihnen auf jeden Fall nicht. (Sonst käme es nicht zu dem, pardon, Reiz-Reaktions-Muster. ;-)

    In meinem Beitrag zog ich in der Tat keine braunen Parallelen auf irgendetwas und schon garnicht von irgendeinem Verhalten her, sondern markierte den Endpunkt für den Denkmalschutz, was den Rubikon markiert. Ohne Markieren des "Feldes", in dem eine Abwägung denkmalrechtlicher Belange vorgenommen werden muss, wird das Ganze beliebig.

  4. 40.

    Wozu muß ich ihrer Meinung nach "stark" sein? Und danke, es ist mir bekannt dass Gröner geschäftliche Beziehungen zu dem undurchsichtigen Geflecht der Adler Group hält.

    Insofern keine neue Informationen. Aber sie können mich gerne aufklären wie das alles mit der Berliner cDU zusammenhängt.

  5. 39.

    Wozu muß ich ihrer Meinung nach "stark" sein? Und danke, es ist mir bekannt dass Gröner geschäftliche Beziehungen zu dem undurchsichtigen Geflecht der Adler Group hält.

    Insofern keine neue Informationen. Aber sie können mich gerne aufklären wie das alles mit der Berliner cDU zusammenhängt.

  6. 38.

    Wozu muß ich ihrer Meinung nach "stark" sein? Und danke, es ist mir bekannt dass Gröner geschäftliche Beziehungen zu dem undurchsichtigen Geflecht der Adler Group hält.

    Insofern keine neue Informationen. Aber sie können mich gerne aufklären wie das alles mit der Berliner cDU zusammenhängt.

  7. 37.

    Die denkmalgeschützte Deutschlandhalle konnte der Senat Wowereit III auch abreißen lassen, obwohl sich der Bezirk letztendlich erfolglos gewehrt hatte.

    "Am 1. Januar 1998 wurde die Deutschlandhalle geschlossen und der Berliner Senat plante trotz des Denkmalschutzes auf Drängen der Messe Berlin den Abriss. Die Messegesellschaft wollte zu diesem Zeitpunkt ein Parkhaus errichten, da die notwendige Sanierung aus ihrer Sicht zu teuer gewesen wäre. "

    Also noch unter dem Senat Diepgen IV.

    Hier aber steckt der Großspender der Berliner cDU in dem Projekt mit drin. Alte Westberliner Betonmafia, ick hör dir trapsen... würde der Berliner sagen.

  8. 36.

    Der Bezug zu Hitler dürfte ja beim Kreisel nicht fehlen. Da muss man sich nun wirklich langsam an den Kopf fassen. Es gibt heute fast keine Nachrichten, Meldungen, Kommentare, Reportagen usw. mehr, ohne dass irgendwie ein Hinweis oder eine Anspielung auf Rechtsextreme, braune Horden, Nazis und weiß ich was noch alles drin vorkommt. Selbst die banalsten Themata werden noch mit solchen Attributen garniert, ausgemalt und geschmückt.
    Ist das nun der Weisheit letzter Schluss ?

  9. 35.

    Die denkmalgeschützte Deutschlandhalle konnte der Senat Wowereit III auch abreißen lassen, obwohl sich der Bezirk letztendlich erfolglos gewehrt hatte.

    "Am 1. Januar 1998 wurde die Deutschlandhalle geschlossen und der Berliner Senat plante trotz des Denkmalschutzes auf Drängen der Messe Berlin den Abriss. Die Messegesellschaft wollte zu diesem Zeitpunkt ein Parkhaus errichten, da die notwendige Sanierung aus ihrer Sicht zu teuer gewesen wäre. "

    Also noch unter dem Senat Diepgen IV.

    Hier aber steckt der Großspender der Berliner cDU in dem Projekt mit drin. Alte Westberliner Betonmafia, ick hör dir trapsen... würde der Berliner sagen.

  10. 34.

    Sie müssen jetzt ganz stark sein:
    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/07/berlin-cdu-spende-wegner-groener-bundestag-transparency-international.html

  11. 33.

    Es gehört offenbar eine große persönliche und gesellschaftliche Souveränität dazu, eigene Irrtümer im Städtebau zu erkennen und sie nicht trotzköpfig behalten zu wollen. Und der Denkmalschutz muss sich in einem solchen Falle fragen lassen, ob der große Zuspruch zum Denkmalschutz anhand wirklich ansprechender Gebäude mit menschlichem Maß, dieser nicht unterminiert wird durch die Unterschutzstellung von Gebäuden mit brutalem, unmenschlichen Maß.

    Gewiss mag so mancher in die Stadt hineingeschlagener Autobahnknoten ein authentisches Werk seiner Zeit sein - wenn die heutige Empfindung dazu aber klar eine ganz andere ist, kann auf eine solch Art Authentizität getrost gepfiffen werden.
    Wir können froh sein, dass dieses Land keine "authentischen" Hitler-Denkmäler bekommen hat, weil der "immer nur hart für das eigene Land Arbeitende" DIESE ART von Personenkult ablehnte und sich die Debatte darüber folglich nicht stellte. ;-

  12. 32.

    Sie wollen einem undurchsichtigen Firmengeflecht Steuergelder hinterherwerfen um später auf den Schulden sitzenzubleiben?

  13. 31.

    Ein Wahrzeichen der Korruption und Großmannssucht des alten Westberlin. Stimmt. Da bekommen alte cDU Granden ganz feuchte Augen.

    Kressmann, Antes, Garski, Otto Schwanz.

    Und wieder sind cDU Politiker in dem Adler Group Geflecht verstrickt.

  14. 30.

    Ich habe als Bauarbeiter das 'Wahrzeichen Berlins' (wirtschaftliche u. pol. Korruption) das Ding verflucht. An dem Ding sind alle 'Geschichten' Murks. Abreissen - Leerfläche - mit (bald zusammenbrechendem) Denkmalsschild 'Urian City'

  15. 29.

    Warum bezuschusst das Land Berlin hier die Adler Group nicht, damit von den 330 Wohnungen mindestens 280 Einheiten für 8,50 EUR pro qm im Schnitt angeboten werden. Natürlich die Mieten gestaffelt nach Lage im Objekt, also (Himmelsrichtung und Etage). Dann hätten hier insgesamt ca. 660 Menschen eine Wohnung, die gut an den ÖPNV und die Strasseninfrastruktur angeschlossen sind, ohne dass man erst teure Grundstücke irgendwo wieder versiegeln muss.

  16. 28.

    Ich hoffe, dass das alte Wahrzeichen der ehemaligen City West nun bald in neuem Glanz erstrahlen wird. Es gehört einfach zur Geschichte Berlins und sollte nach dem Umbau zu einem Baudenkmäler der Architektur erklärt werden.

  17. 27.

    ist wohl ein Stahlgerüstbau wie es aussieht,das schwankt bei starken Wind Turbulenzen ,nicht jedermanns Sache

  18. 26.

    Vielen Dank für diese wundervolle Beispiel sozialistischen Wutbürgertums. Wenn Sie erstmal gelesen hätten statt einfach nur Ihre Vorurteile und ihre Klassenkampf-/Sozialneidphantasien zu pflegen, hätten Sie erfahren, dass der Kläger keine 300-, sondern eine 73-Quadratmeter-Wohnung erworben hat.

    Und wie sollen die schönen Sozialwohnungen finanziert werden? Ach ja, mit dem klassischen Finanzierungsmodell der Linken: Das nehmen wir einfach den Reichen weg! ("Reiche" sind in dieser Phantasie natürlich immer die anderen) Und sicher werden sich die so beglückten Krankenschwestern (warum nicht pensionierte Krankenschwestern mit Behinderungen und queerer Lebensweise?) nicht beschweren über den Verkehrslärm, von dem der Kreisel allseitig umbraust wird. Und den Feinstaub. Und so weiter.

  19. 24.

    "Aber leider stehen dem wohl etliche Hürden im Weg: zuerst muss ein Beschluss her, dann: wer finanziert Abriss und Neubau; der Denkmalschutz hat wohl auch ein Wort mitzureden und nicht zuletzt ist es der ideelle Wert des von den alten Westberlinern so geliebten Gebäudes. "

    Also ich als "alter Westberliner" habe das Raumschiff nie gemocht. Kein Flair. Eher ein Ausdruck von Westberliner Größenwahnsinn.

Nächster Artikel