Ende nicht absehbar - Wasserstoff-Tankstellen leiden seit Wochen unter Lieferproblemen

Fr 18.10.24 | 16:41 Uhr | Von Oliver Noffke
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Archivbild: Tankstelle in Berlin-Friedrichshain mit der Möglichkeit Wasserstoff zu tanken am 25.07.2023. (Quelle:dpa/Christian Ditsch)
Bild: dpa/Christian Ditsch

Seit einem Zwischenfall in Leuna Ende August kann von dort kein Wasserstoff geliefert werden. Pkw-Zapfsäulen in Berlin und Brandenburg werden notversorgt, manche sind dauerhaft leer. Wann das Problem gelöst sein wird, ist offen. Von Oliver Noffke

Nach sechs Wochen konnte Wolfgang Paasch am Donnerstag zum ersten Mal wieder sein Auto volltanken. So lange gab es in Potsdam keinen Wasserstoff für Pkw. "Ich habe seit dem 10. September fast jeden Tag drei, vier Mal geschaut, ob es wieder etwas gibt. Aber da war nichts zu machen", so der Rentner gegenüber rbb|24. "Ich bin 71 Jahre und kann nicht viel laufen. Auf das Auto bin ich angewiesen für Einkäufe oder Besuche im Pflegeheim. Und bei der Kälte muss Fahrradfahren wirklich nicht sein."

Wer wie Paasch ein Auto mit Wasserstoffantrieb besitzt, hat seit Wochen damit zu kämpfen, eine funktionierende Zapfsäule zu finden. Nach einem Unfall auf dem Gelände eines Chemieparks in Leuna Ende August bestehen Lieferprobleme. Berlin und Brandenburg sind besonders stark betroffen. Wasserstofftankstellen in der Region werden hauptsächlich aus der Stadt in Sachsen-Anhalt beliefert.

Wann der Mangel beseitigt sein wird, ist laut dem Berliner Unternehmen H2 Mobility nicht absehbar. "Wir haben es geschafft, für die aktuelle Situation eine Notversorgung aufzubauen", so Pressesprecherin Daniela Dietz auf Anfrage von rbb|24.

Meterhohe Flamme über dem Tankwagen

H2 Mobility betreibt die Zapfsäulen an sechs der sieben Tankstellen, die in Berlin und Brandenburg Wasserstoff für Pkw anbieten. Bei allen handelt es sich um Kooperationen mit Total oder Shell. Die Energieriesen sind allerdings weder in die Belieferung noch in die Abrechnung eingebunden. Dem Nachschubmangel entgegenwirken können sie nicht. Sie stellen lediglich ihre Standorte für die Säulen von H2 Mobility zur Verfügung.

In den vergangenen Tagen konnte immerhin wieder an drei oder vier Tankstellen in der Region Wasserstoff angeboten werden. Doch auch dort muss weiterhin mit Engpässen gerechnet werden. Mancherorts sind die Tanks hingegen seit Wochen leer. Aktuell würden vor allem Tankstellen beliefert, die eine höhere Kundenfrequenz hätten, so Dietz.

Ursache für den Engpass ist eine Verpuffung an einem Lkw-Anhänger am 26. August. Offenbar gab es eine undichte Stelle an einem Tankwagen, der auf dem Gelände des Gasherstellers Linde geparkt war. Anfang September berichtete die "Leipziger Volkszeitung", dass Linde Fremdeinwirkung als Ursache ausschließe. An dem Tag des Unfalls habe es außerdem keine besonderen Vorkommnisse gegeben.

Auf der Videoplattform x.com existiert ein kurzer Videoclip von dem Feuerwehreinsatz im Chemiepark Leuna. Darauf ist zu sehen, wie eine meterhohe Gasflamme über einem Tank flackert und dichter, schwarzer Rauch aufsteigt.

Wieso es zu dem Zwischenfall kam, wird offenbar nach wie vor untersucht. Anfragen von rbb|24 an die Firma Linde blieben unbeantwortet. An der Ursachensuche ist auch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (Bam) beteiligt. Aus diesem Grund könne man aktuell keine Fragen beantworten, hieß es.

Linde hatte nach dem Vorfall alle baugleichen Anhänger vorübergehend stillgelegt. Das Unternehmen könnte offenbar weiterhin Wasserstoff in Leuna produzieren, hat aber momentan anscheinend keine Möglichkeit auszuliefern. Betroffen sind auch andere Wasserstoffproduzenten, wenn sie Anhänger des selben Typs nutzen.

Mitarbeiter des Spezialgasherstellers Linde stehen am 26.08.2024 vor dem Chemiepark Leuna. (Quelle: dpa/Jan Woitas)
Bild: dpa/Jan Woitas

Schwierige Suche nach neuen Lieferanten

"Das ist tatsächlich ein riesiges Problem für uns", so Dietz vom Tanksäulenbetreiber H2 Mobility. "Wir haben uns bemüht, andere Anbieter als Lieferanten zu gewinnen. Was aber gar nicht so einfach ist. Der Markt ist sehr klein. Viele Wasserstoffhersteller haben langfristige Lieferverträge mit ihren Kunden und begrenzte Produktionskapazitäten."

Die Senatsverwaltung für Verkehr teilte mit, man stehe mit H2 Mobility im Austausch. Aber: "Zum heutigen Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, wann die vollständige Versorgung wieder erreicht ist."

Dietz empfiehlt Besitzer:innen von Pkw mit Brennstoffzelle regelmäßig die App des Unternehmens zu checken. Dort kann eingesehen werden, ob an einer Säule Wasserstoff gezapft werden kann oder nicht und wann das zuletzt geschehen ist. Alle Wasserstoff-Tankstellen in Europa werden dort abgebildet - auch wenn sie nicht von H2 Mobility betrieben werden.

Das Unternehmen wurde 2015 gegründet und mit öffentlichen Mitteln gefördert, um eine Infrastruktur für Wasserstoffautos aufzubauen. 2022 stieg der Investmentfonds Hy24 ein. Seitdem arbeitet H2 Mobility rein privatwirtschaftlich und setzt zunehmend auf die Versorgung von Nutzfahrzeugen. Dort gebe es aktuell keine Lieferprobleme, so Dietz.

Enttäuscht über die Versorgungsprobleme

Zu H2 Mobility gehören vier Tankstellen in Berlin, eine in Potsdam, eine in Neuruppin. Zudem betreibt die Firma Teal eine Wasserstoff-Tankstelle in der Nähe des Flughafens BER. An zwei Tankstellen in Prenzlau und Senftenberg können bislang nur Nutzfahrzeuge betankt werden, Säulen für Pkw sind dort in Planung.

Mit Wasserstoff betriebene Pkw sind nach wie vor eine absolute Seltenheit auf den Straßen. Laut dem Kraftfahrtbundesamt waren am 1. Juli 2024 bundesweit rund 2.070 Autos mit Brennstoffzelle gemeldet. Doch die Technik gilt als Hoffnungsträger, mit dem die Energiewende im Verkehr gelingen soll. Weg von Benzin, Diesel oder Erdgas, hin zu – idealerweise – grünem Wasserstoff. Also solchem, der mit Hilfe von erneuerbaren Energien hergestellt wird.

Wolfgang Paasch, Besitzer eines Pkw mit Brennstoffzelle aus Potsdam, ist enttäuscht über die anhaltenden Nachschubprobleme. "Ich fahre seit März mit Wasserstoff." Er habe einen Antrieb gewollt, der möglichst klimaschonend sei. "Probleme gab es bisher nie." Doch dass es sechs Wochen lang keinen Wasserstoff zu tanken gab, sei eine teure Herausforderung gewesen. "Ein anderes Auto habe ich nicht. Deswegen musste ich 700 Euro in einen Mietwagen investieren." Paasch fügt hinzu: "Wenn man so umweltfreundlich fahren soll? Na, Dankeschön."

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14 Kommentare

  1. 13.

    Der Chinese interessiert sich nicht für die Umwelt, er macht es wegen des Geldes. Sie können als Neuwagen gern eine E Karre kaufen, aber lassen Sie die anderen damit in Ruhe. Der letzte Verbrenner wird 2034 bestellt, reicht dann fürs restliche Leben.

  2. 12.

    >"Ob es grüner Strom ist, können Sie nicht wissen, es ist Strom der eingespeist ist."
    Na doch kann ihr Stromanbieter dies schon nachweisen. Das Stromnetz ist wie ein großer See, in den alles reinfließt, was erzeugt wird und dann über viele Millionen Kanäle wieder abgenommen wird. Ihr Stromanbieter erzeugt selber "grünen Strom" oder kauft diesen bei anderen Erzeugern ein, die ihn in diesen großen Stromsee einspeisen. Ihr Stromanbieter kann und darf auch nicht mehr erneuerbar erzeugten Strom verkaufen, als er durch eigene Erzeugung einspeißt oder bei Fremderzeugern zukauft. Das wird streng überwacht in Deutschland durch mehrere Bundesbehörden. Jeder Solarbesitzer, der in einer Größenordnung schon als gewerblicher Stromerzeuger gilt und registriert sein muss, kennt diese statistischen Erhebungen und Abrechnungen gegenüber z.B. der Bundesnetzagentur.

  3. 11.

    Ob es grüner Strom ist, können Sie nicht wissen, es ist Strom der eingespeist ist. Ich muss auch den Strom nehmen der bei mir an der Steckdose ankommt, grünen Strom bezahle ich auch.

  4. 10.

    >"Nur weil ich mehr für Strom bezahle, wird die verfeuerte Kohle nicht plötzlich co2-neutral. So ehrlich muss man sein dürfen."
    Zu Ihrer Beruhigung: Kohle und Gas machen derzeit nur noch um die 40% der Stromerzeugung aus. Unter günstigen Wind- und Sonnenbedingungen sogar weniger. Der Anteil von CO2 erzeugtem Strom wird auch weiter sinken bis dann wohl in 2038 gen Null. Gaskraftwerke werden uns noch ne Weile begleiten müssen zur Sicherung von Verbrauchsspitzen. Hoffentlich gibt es auch bis 2038 brauchbare Technologien, um überschüssigen Strom aus erneuerbaren Quellen zu speichern für Verbrauchsspitzen. Das ist eine Aufgebe einer neuen Bundesregierung, solche Technologien für Großspeicher zu fördern.

  5. 9.

    Ich bezweifle nicht, dass man auf andere Technologien umsteigen darf und längerfristig muss.

    Ich bin nur gegen diesen Zertifikatshandel und das greenwashing. Die Hamburger S-Bahn oder der ice fahren angeblich mit 100 % ökostrom. Nur weil ich mehr für Strom bezahle, wird die verfeuerte Kohle nicht plötzlich co2-neutral. So ehrlich muss man sein dürfen. Das Elektroauto gab es schon ein Mal zu Beginn des letzten Jahrhunderts (wenn ich mich zeitlich nicht irre). Einen e bus gab es als o-Bus.

  6. 8.

    >"Alles wird elektrisch. "
    Falsch! Alles kann nicht elektrisch werden. Verbrenner haben für richtige Kraftanwendungen schon noch ihre Berechtigung. Riesencontainerschiffe auf den Weltmeeren werden auch in 50 Jahren noch mit Verbrenner betrieben werden. Ansonsten bräuchten die ein eingenes kleines Kraftwerk an Bord, was wieder viel kostbaren Transportplatz kostet. Mit welchem Brennstoff diese Verbrenner dann betrieben werden, ist natürlich eine Technologiefrage. Für so schmale Alltagsantriebe wie Autos ist Elektro natürlich eine gängige Alternative, wenn die Infrastruktur dies auch problemlos im Alltag ermöglicht. Dem ist ja leider bisher noch nicht so. Aber kann ja noch werden...

  7. 7.

    Genau!!!, weg von Kerzen, Zigaretten (= Tabakkonsum), Gas- und Kohleherd, Holzkohlegrill, Räucheröfen (und -männchen) - ja auch ich sehne mich dannach.
    Ich will elektrisch und digital ernährt, bewegt und unterhalten werden.
    Wir beide gehen Hand in Hand.

  8. 6.

    Wer nicht anfängt aufzuhören, der macht immer weiter. Wir müssen Stück für Stück weg vom Verbrenner. Es ist Gestern-Technologie. Es ist umweltschädlich. Sogar die Chinesen begreifen es und gehen voran. Alles wird elektrisch.

    Ein existierender Verbrenner soll natürlich bis an sein Ende noch fahren. Das ist umweltfreundlicher als ihn vorzeitig zu verschrotten. Aber bei Neuwagen wird es elektrisch. Es muss.

  9. 5.

    Alles alternativen sind schon so ausgereizt. Der ganze Strom ist bestimmt zum Laden und für den Wasserstoff ist sicher noch kein ökostrom.

    Ich kaufe ja auch keine normalen Bananen und zahle dann an der Kasse einen Euro mehr als ich muss, damit die Verkäuferin mir ein bio-bananen-siegel rauf klebt, damit ich mich besser fühle und das Klima gerettet habe. Dieser ganze öko-Zertifikate (zum greenwashing) geht mir ganz schön auf den Sack. Fast überall wird noch Kohle und Gas für Energie verbrannt.

  10. 4.

    Wasserstoff zu produzieren und wieder zu verstromen ist extrem verlustreich. Wasserstoff zu lagern und zu transportieren ist extrem schwierig und auch gefährlich. Wasserstoffmoleküle H2 sind so klein, dass sie sich in alle Stoffe hineindrängen, wie Erbsen in eine Schale mit Golfbällen. Alle Strukturen der Behälter werden dadurch spröde. 100% wirksame Dichtungen gibt es praktisch nicht. Insofern bin ich kein Wasserstoff-Fan. Ich hoffe sehr, dass es bald brauchbare Natrium-Ionen-Akkus gibt. Alles, aber auch alles wird elektrisch werden.

  11. 3.

    Derzeit kostet ein e-Auto im Schnitt 11.000€ mehr als ein Verbrenner….
    Das sind über 6000 Liter Sprit…. Rechnen sie mal wann ihr e-Auto (Strom kostet ja auch) im Plus ist.

  12. 2.

    Da braucht sich keiner wundern, wenn es mit den eAutos nix wird.
    Hier muss Versorgungssicherheit her, sonst wenden sich die Kunden endgültig vom eAuto ab.

  13. 1.

    Wie war das nochmal?

    - Wo kommt der ganze Strom fuer die E-Autos her?
    - Wir wollen Technologieoffenheit
    - Wasserstoff kann man mit dem ueberschuessigen Strom erzeugen und speichern
    - [hier bitte eigenes Stanmtischgelaber einsetzen]

    Ich lade gerade mit gruenem Strom fuer 29ctvan einer oeffentlichen Ladesaeule und erledige nebenbei meinen Wochenendeinkauf.

    Das Auto schneller aufgeladen als ich den Einkauf im Kofferraum haben

    Es ist so entspannt nicht mehr an stinkende Tankstellen zu muessen ;)

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