Tiere und Feuerwerk - "Vögel fliegen oftmals bis zur Erschöpfung und fallen dann vom Himmel"

Do 29.12.22 | 11:16 Uhr
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1.01.2019, Berlin: Raketen steigen hinter der Oberbaumbrücke in den Himmel (Aufnahme mit Langzeitbelichtung). (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb24 Abendschau | 30.12.2022 | V. Marquardt | Bild: dpa/Paul Zinken

Zum Jahreswechsel darf wieder offiziell geböllert werden. Tierschützer kritisieren das Comeback. Vor allem für wildlebende Tiere sei die Pyrotechnik häufig eine tödliche Gefahr. Doch auch Haustiere leiden unter der Knallerei.

Zwei Jahre lang herrschte in Berlin weitgehend Stille zum Jahreswechsel. Wegen der Pandemie war ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper erlassen worden - auch um Krankenhäuser in Folge von möglichen Brandverletzungen nicht zusätzlich zu belasten. Begrüßt wurde die Entscheidung damals auch von Tierschützern. Sie plädierten dafür, das Verbot sogar dauerhaft einzuführen. Die Gefahren für Haus- und wildlebende Tiere seien enorm.

Nun sind die Böller und Raketen wieder zurück - und damit auch die Sorgen der Tierschützer. Eine Böllerverbotszone für ganz Berlin, fordert etwa der in der Hauptstadt ansässige Tierschutz. "Die jährliche Böllerei schadet Mensch, Tier und Umwelt gleichermaßen. Zuletzt wurden Millionen buchstäblich in die Luft geblasen. Davon könnten wir als spendenfinanzierte Organisation unseren Verein und das Tierheim zwei Jahre sorgenfrei betreiben", sagt die Sprecherin des Berliner Tierschutzes, Ute Reinhardt, auf Nachfrage von rbb|24.

Auch der BUND Berlin fordert erhebliche Einschränkungen für das private Abbrennen von Pyrotechnik: "Das massenhafte Zünden von Böllern und Raketen zu Silvester bedroht Mensch und Umwelt und ist eine massive Ressourcenverschleuderung". Für Wild- und Haustiere sei die Silvesternacht zudem ein "Horror".

Panische Flucht vieler Vögel

Weitestgehend schutzlos sind Wildtiere in der Stadt den Böllern und Raketen ausgeliefert. Vor allem in der Silvesternacht, aber auch schon in den Tagen davor. "Vögel fliegen oftmals bis zur Erschöpfung und fallen dann vom Himmel", erklärt die Berliner Tierschutz-Beauftragte Kathrin Herrmann. Vor allem sorgen demnach Lichtblitze und Knallgeräusche für panisches Fluchtverhalten. Rauch sorge zusätzlich noch für Orientierungslosigkeit.

Viele Vögel würden zudem bei der panischen Flucht gegen Glasscheiben und Stromleitungen prallen und dann verenden, betont der Naturschutzbund (NABU). Darauf einstellen können sich die Vögel nicht. Sie haben zwar ein Gespür für Jahreszeiten, nicht aber für menschliche Feiertage, an denen tonnenweise Pyrotechnik in die Luft gesprengt wird.

Flucht auf Kosten lebensnotwendiger Energie

Diese Jahreszeit sei dabei ohnehin besonders herausfordernd für wild lebende Tiere wie etwa Füchse, Biber oder Eichhörnchen. Das Nahrungsangebot, so der NABU, sei knapp. Der extreme Lärm in der Silvesternacht scheuche die Tiere panisch auf und veranlasse sie zur Flucht. Da sie aber nirgends Ruhe fänden, würden die Tiere viel Energie verbrauchen, die sie in der kalten Jahreszeit zum Überleben bräuchten. "Das kann schnell lebensbedrohend werden", betont NABU-Geschäftsführer Leif Miller.

Die Reaktionen auf den Feuerwerkslärm unterscheiden sich zwischen Wild- und Haustieren dabei nicht wesentlich, sagt Moira Gerlach, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Hunde und Katzen besitzen im Vergleich zu Menschen ein deutlich empfindlicheres Gehör. Die Knallgeräusche versetzen sie ebenso in Panik. Hunde würden sich zitternd in der hintersten Wohnungsecke verkriechen und tagelang nicht aus dem Haus wollen. Katzen, die draußen unterwegs sind, würden in Panik fliehen und nicht mehr heimfinden.

Erlebnisse wie die Silvesternacht können auch Haustiere zudem dauerhaft traumatisieren, erklärt die Berliner Tierschutzbeauftragte Herrmann. In der Folge können demnach dauerhafte Verhaltensstörungen auftreten.

Vorbereitungen des Berliner Tierheims

Das Berliner Tierheim, obwohl am Stadtrand gelegen, lässt Hunde deshalb am Silvestertag nicht in den Außenbereich und bietet Katzen mehr Versteckmöglichkeiten als sonst, sagt Tierheimsprecherin Ute Reinhardt. "Wir tun unser Mögliches, die Tiere in der Silvesternacht zu schützen. Nichtsdestotrotz leiden unsere Tiere sehr unter den hellen Blitzen und der Knallerei. Sie sind an den darauffolgenden Tagen sehr verstört."

Viele entlaufene Haustiere an Silvester

Hundehalter:innen rät der Tierschutz Berlin, Gassigänge am Silvestertag möglichst schon vor der Knallerei durchzuführen und am frühen morgen des 1. Januars erst dann, wenn die Knallerei vorbei ist. Hunde sollten am Silvestertag zudem "ausnahmslos angeleint und mit einem gutsitzenden Geschirr ausgeführt werden, aus dem der Hund sich nicht herauswinden kann", sagt Reinhardt. "Da gerade an Silvester viele Tiere entlaufen, ist die Telefonnummer am Halsband unbedingt empfehlenswert." Katzenhalter:innen sollten ihre Tiere möglichst mit vielen Spielen beschäftigen. Das lenke sie gut ab.

Die Anwesenheit einer Bezugsperson wirkt demnach zudem stressmindernd vor allem auf Hunde und Katzen – allein lassen sollte man seine Tiere zu Silvester somit auf keinen Fall. Wenn alles nichts nützt und sich die Tiere nur verkriechen möchten, sollten Halter:innen sie auch in Ruhe lassen. Unterstützend könne wirken, einen besonders kuscheligen und geschützen Ort einzurichten, den die Tiere als Höhle nutzen können.

Die Gabe von Beruhigungsmittel soll laut Tierschutz nicht ohne vorherigere tierärztlicher Absprache erfolgen – und nur dann, wenn es nicht anders geht.

Sendung: 88.8, 29.12.2022, 5 Uhr

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63 Kommentare

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  1. 63.

    Gut das Baumärkte keine Böller mehr verkaufen. Da werden sich zwar die Einfallslosen beschweren, aber gut für den Umwelt- und Tierschutz und für die Nachhaltigkeit. Ich glaube auch viele verstehen nicht, was das Wort Nachhaltigkeit bedeutet. Jetzt ist die Gelegenheit zum Nachschauen.

  2. 62.

    Der letzte Depp kriegt es erst mit, wenn er selbst oder seine Familie Schäden am Körper oder an Sachen durch Böller erlitten haben. Ich glaube, von denen, die jährlich in der Silvesternacht in der Notaufnahme landen, nimmt keiner mehr Böller in die Hand.

  3. 61.

    Na, vielleicht könnten mal die Böllerbefürworter gegenüber der Mehrheit der Menschen Toleranz üben. Das wäre bei den Umweltverschmutzungen angebracht.

  4. 60.

    Kritik ist herzlich Willkommen!

    Bitte vergesst nur alle nicht, dass man die Tiere im Tierheim retten könnte. Nächstenliebe wäre auch ein solches Tier zu sich zu nehmen; bevor man den nächsten überzüchteten Welpen seiner Mutter klaut.

    Ach ja und vergesst vlt auch ab dem 01.01. nicht als gutes Beispiel im Alltag voranzugehen (Mehrweg satt Einweg, Heizung aus und Decke raus, Licht ausschalten, mal nicht bei rot über die Ampel gehen, nicht immer nur Meckern und mal Ruhe bewahren, Empathie empfinden,..) Wenn wir in der besseren Welt 2023 angekommen sind, dann kann ich all die Böller-Kritiker hier verstehen.. Vorher kann ich die Kommentare leider nur mit Schmunzeln verfolgen, während ich dazu stehe, dass ich hier gerade nach Knallzeug anstehe..

    PS: Natürlich habe ich kein Haustier, meine Eltern haben eins in einem schönen Haus mit Garten (da wo Tiere artgerecht gehalten werden können).

  5. 59.

    Die scheintoleranten Knallköpfe verbieten sich seit Wochen selbst. Schon seit November geht es im MV gut ab.
    Ich habe da reichlich Phantasie wo man die "Toleranten" einsetzen könnte.

  6. 58.

    Abgesehen von der Umwelt und den Tieren haben auch viele Menschen Angst am Silvesterabend raus zu gehen bzw. zu fahren. Man weiß nie, ob man heil nachhause kommt ohne Verletzungen oder Löchern in den Klamotten. Ich warte seit Jahren dass es endlich ein Ende hat!

  7. 57.

    Vielen Dank Patrick, Sie bringen es auf den Punkt. Ist auch übertragbar auf Tempolimit im Speziellen und Verkehrspolitik im Allgemeinen.

  8. 56.

    Ja verstrahlt mit positiver Energie und Hilftsbereitschaft. Lassen sie mich raten, bei ihnen ist es Angst und Neid?

  9. 55.

    "in Ruhe böllern" ach das wollen sie ungestört tun? Sie wollen wohl sagen, so lange es nur um einen selber geht ist alles ok?

  10. 54.

    Also sie wollen gleich mal mehr als die Hälfte aller Berliner das leben verbieten, das sie ihren Spass beim Böllern haben können
    Oder wie ist ihr Schwachsinniger Kommentar zu verstehen

  11. 53.

    Danke rbb24 für diese wichtige Perspektive pro Tiere, die viel zu selten oder - wie zu Silvester - sonst nie berücksichtigt wird!

  12. 52.

    Von mir aus kann die ganze Böllerei verboten werden! Gibt genug andere sinnvolle Dinge die man statt Böllern machen kann!

  13. 51.

    inoffiziell ---------seit ca. 3 Wochen jeden Abend in der Gropiusstadt

  14. 50.

    Wenn wir einfach die ganzen Schreihälse aus dem Lager der Böllergegner verbieten, ist das Problem gelöst!
    Die Einen haben ihr geliebtes Verbot, Andere können in Ruhe böllern und der Rest übt sich derweil in Toleranz.

  15. 48.

    Ja, und am besten verbietet man auch die Wildtiere in der Großstadt. Übrigens wird auch in kleineren Städten geknallt. Sollen dort auch alle Haus- und Wildtiere verboten werden? Selten etwas so dämliches gelesen.

  16. 47.

    Die Polizei wird doch das ganze Jahr über von gewissen Polizei-Hasser-Milieus ständig in ihrer Arbeit behindert, beschimpft und diffamiert.
    Daher wissen Gewalttäter, dass sie am 31.12. erst Recht nach Lust und Laune mit nur wenig Konsequenzen durchdrehen können.
    Die Täterschutz- und Endlos-Resozialisierungs-Lobby hat das ganze Jahr über den Boden für Silvester-Kriminalität bereitet.

  17. 46.

    Ebenso könnten die Grünen den kompletten Flugverkehr verbieten, wo sich bekanntermaßen Vögel in Rotoren verfangen und sterben.
    Oder würde man hier zu stark gegen die eigene Vielflieger-Klientel vorgehen müssen?
    Es nervt einfach, wenn Umweltthemen immer nur dann ausgepackt werden, wenn man der Gegenseite etwas verbieten möchte.
    Ebenso könnte die Rüstungsindustrie die Hälfte ihrer Gewinne in den Naturschutz abführen.
    Haben die Grünen diesbezüglich schon Gesetze in die Wege geleitet?

  18. 45.

    Vogelschutz in allen Ehren, aber es gibt auch zahlreiche politische Entscheidungen, unter denen Menschen leiden.
    Zum Beispiel lascher Umgang mit Gewalttätern.
    Dort wird den Menschen dann immer erklärt, die Kriminalitätsrate sinkt und alles sei nur gefühlte Unsicherheit.
    Also würden mich mal ganz offizielle Zahlen zum Vogelsterben am 31.12. interessieren.
    Dazu dann bitte die durch Windräder getöteten Vögel auflisten.

  19. 44.

    Die Welt die Sie dann bevorzugen wäre dann geprägt von Verboten und Beschränkungen ... Nein Danke .

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