Übernahme durch Jüdische Gemeinde Berlin -
Die Ankündigung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die Trägerschaft des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs zu übernehmen, sorgt für Streit. Der Zentralrat der Juden in Deutschland teilte am Donnerstag mit, er sei erstaunt "über diesen Deal".
Die vollständige Übertragung der Anteile erfolgte nach Angaben des Zentralrats ohne Rücksprache mit Studierenden, Beschäftigten oder den bisherigen Zuwendungsgebern. Die Arbeit der Kollegs wird bisher vor allem vom Zentralrat sowie vom Bundesinnenministerium, der Kultusministerkonferenz und dem Brandenburger Kulturministerium finanziert.
Alle Anteile übernommen
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass sie die Trägerschaft der Potsdamer Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg übernimmt. Alle Anteile des als gemeinnützige GmbH firmierenden Kollegs für die Ausbildung liberaler Rabbiner seien übernommen worden.
Der Trägerschaftswechsel erfolge von der Leo-Baeck-Foundation, hieß es. Von ihr sei auch die Zuständigkeit für das Zacharias-Frankel-College übernommen worden, das für die Ausbildung konservativer Rabbiner zuständig ist.
Zentralrat stellt Finanzierung infrage
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, bezeichnete die Arbeit des Abraham-Geiger-Kollegs als unverzichtbar für den Fortbestand des liberalen Judentums in Deutschland. Vor allem die Jüdische Gemeinde zu Berlin habe von der Rabbinerausbildung profitiert, begründete er die Entscheidung. Ziel sei, das Abraham-Geiger-Kolleg in ruhiges Fahrwasser zu bringen und den Studierenden den Weg zu ebnen, ihre Ausbildung in einer stabilen Struktur fortzuführen.
Nach Ansicht des Zentralrats hingegen würde die Übernahme das Vorhaben, die liberale und konservative Rabbinerausbildung für die Zukunft zu sichern, keinen Schritt weiterbringen. Der Zentralrat der Juden stellt jetzt die weitere Finanzierung infrage. "Ob die Rabbinerausbildung in Potsdam unter diesen Umständen überhaupt vom Zentralrat weiter gefördert werden kann, wird rechtlich zu prüfen sein", heißt es in einer Pressemitteilung. "Die nun gegebene Trägerstruktur ist in jedem Fall ungeeignet." Parallel werde bereits eine trag- und förderfähige Struktur für die Rabbinerausbildung im Auftrag der Zuwendungsgeber entwickelt.
Lederer begrüßt Entscheidung
An der Rabbinerschule hatte es Vorwürfe wegen Machtmissbrauchs und sexualisierter Belästigung gegeben. Der frühere Rektor des Kollegs, der Wissenschaftler und Rabbiner Walter Homolka, hatte sich deshalb aus der Institution zurückgezogen.
Im vergangenen Jahr waren Veränderungen der personellen Strukturen geplant. Neue Interimsgeschäftsführerin der Rabbinerschule soll nun die Rechtsanwältin und amtierende Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Milena Rosenzweig-Winter, werden.
Der für Religionsgemeinschaften zuständige Berliner Senator Klaus Lederer (Linke) begrüßte laut Mitteilung die Entscheidung der Jüdischen Gemeinde.
Sendung: rbb24, 11.01.2023, 21:45 Uhr