Bis 2024 - Wie der Volkspark Hasenheide für den Klimawandel fit gemacht werden soll
Dem Volkspark Hasenheide geht es schlecht. Der Klimawandel macht Bäumen und Wiese zu schaffen. Nun werden Konzepte getestet, um den Park für die Erwärmung zu rüsten - und das in Rekordzeit.
- Die Hasenheide ist Neuköllns wichtigste Grünanlage
- Der Park soll klimaresilient umgebaut werden
- fünf Millionen Euro müssen bis 2024 ausgegeben werden.
Mehr als die Hälfte der Bäume im Volkspark Hasenheide ist krank. Der Klimawandel hat auch in Neuköllns wichtigster Grünanlage deutliche Spuren hinterlassen. Bereits jeder zehnte Baum musste gefällt werden – mehr als 400 Bäume seit 2019. Besonders Kiefern und Birken wachsen nur noch schwerlich im Volkspark.
Nun soll die Hasenheide klimaresilient umgebaut werden: Im Rahmen eines Förderprogramms zur Klimaanpassung und Modernisierung in urbanen Räumen hat der Bezirk Neukölln dafür rund fünf Millionen Euro vom Bund erhalten.
Neue Bäume pflanzen sei das Wichtigste, damit der Park auch künftig den Klimawandel überleben kann, erzählt Landschaftsarchitekt Johann Senner, der sich mit der Neugestaltung der Hasenheide beschäftigt. Er lädt Interessierte zum Rundgang über den ersten Bauabschnitt der Hasenheide ein. Trotz Regen und kühlen Temperaturen trägt er kurze Hose und Sandalen.
Bäume aus Mittelmeerraum werden gepflanzt
Die neusten Klimadaten schätzen, dass die Temperatur in wenigen Jahren schon drei Grad wärmer sein soll. Der Anstieg sei viel zu schnell, als dass sich die Bäume in der Hasenheide von selbst an die neuen Bedingungen anpassen könnten, erklärt Zenner.
Baumarten aus dem Mittelmeerraum, zum Beispiel Zerr-Eichen oder Amberbäume, seien besser für die steigenden Temperaturen gerüstet, heißt es auf einer Infotafel an der Absperrung. Deswegen sollen diese zwischen die einheimischen Bäume gepflanzt werden.
Bei neugepflanzten Bäumen wird getestet, wie man das Wasser besser in Wurzelnähe halten kann. Dafür werden Wannen unter die Jungbäume eingegraben, die Versickern verhindern. Um zu überwachen, ob die Methode funktioniert, werden auch Feuchtigkeitssensoren mit dem Wurzelwerk versenkt. Die so erhobenen Daten sollen zeigen, welche Methoden für die Parks in Berlin sinnvoll sind.
Konzepte aus der Landwirtschaft
Bisher gibt es kaum Konzepte, wie städtische Grünflächen an den Klimawandel angepasst werden können. Deswegen übernimmt Senner Ideen aus der Landwirtschaft. "Wir errichten eine Art Wanderwirtschaft." Wie bei einer Dreifelderwirtschaft werden hier einzelne Flächen für einige Jahre brach liegen gelassen. Parkbesucher:innen müssen sich daran gewöhnen, dass Teile einer Liegewiese zeitweise abgesperrt sind.
Im ersten Bauabschnitt im Osten des Volksparks durchtrennen Bauzäune bereits einige Wiesen. 32 Bäume sollen auf dem halben Hektar gepflanzt werden. Hier sind "Laborflächen" ausgewiesen, auf denen verschiedene Ideen zur Naturerhaltung getestet werden. Ein Miniaturwald, ein Konzept aus Japan, soll hier entstehen. Dabei werden über 100 Bäume auf einer winzigen Fläche angebaut. Ein kleiner Bereich, in denen die Natur wild wuchern und ein Ökosystem formen kann.
Totholz für mehr Leben
Doch auch im Großen soll das Ökosystem Hasenheide wieder in Schwung kommen. Tote Bäume werden nicht überall geräumt. An manchen Orten im Park werden sie den Tieren überlassen. Denn Insekten wie Wildbienen oder Wespen fühlen sich dort wohl. Eidechsen, Igel und Vögel nisten in Totholz. Und auch Wasser wird gespart: Zerfallene Baumstämme bedecken den Boden, verhindern so Verdunstung. Die Erde bleibt somit lange feucht.
Um die Wiesen der Hasenheide grün zu halten, müssen neue Pflanzenarten ausgesät werden. "Der Boden in der Hasenheide ist sehr verdichtet", erklärt Senner, "fast schon versiegelt."
Deswegen werden Pflanzen verstreut, die die Erde auflockern können. Gründüngung wird das genannt. Lupine oder verschieden Kleearten eignen sich besonders dafür, weil ihre Wurzeln weit in die Erde reichen.
Hasenheide wichtig für Stadtklima
Die 47 Hektar große Grünfläche kann die Wohngebiete im Sommer herunterkühlen und Feinstaub filtern. Die Hasenheide sorge dafür, dass "Nord-Neukölln und Kreuzberg auf lange Sicht bewohnbar bleiben", erklärt Jochen Biedermann (Grüne). Der Bezirksstadtrat begleitet den Parkrundgang kurz. Einen Tag zuvor hat er die erste Baumpflanzung im ersten Bauabschnitt getätigt.
Das Geld für den Umbau zur "klimaresilienten" Hasenheide kommt vom Bund. Gut fünf Millionen Euro wurden bewilligt. Der Geldtopf muss jedoch bis Ende 2024 ausgeschöpft sein. Eine kurze Zeit, um einen Volkspark wie die Hasenheide für den Klimawandel zu rüsten, findet Biedermann.
"Das ist das erste Projekt, dass in dieser Größenordnung untersucht, wie wir unsere Grünflächen an den Klimawandel anpassen", erklärt Biedermann. Die Erkenntnisse aus dem Volkspark Hasenheide könnten in Zukunft auch auf andere Grünflächen in Berlin angewendet werden.
Sendung: rbb|24, 06.04.2023, 16:30 Uhr