Urteil des Bundesgerichtshofs - Mieter bekommen mehr Zeit zur Überprüfung des Mietpreises

Mi 12.07.23 | 16:46 Uhr
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Symbolbild: Ein Makler uebergibt einen Schluessel an den neuen Mieter einer Wohnung in Berlin (Quelle: dpa/Sebastian Rau)
Audio: rbb|24 Inforadio | 12.07.2023 | Klaus Hempel | Bild: dpa/Sebastian Rau

Wer in einem per Mietpreisbremse geschützten Gebiet wohnt, hat künftig mehr Zeit, sich vom Vermieter den Mietpreis erklären zu lassen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil festgelegt. Endlos dafür Zeit haben Mieter allerdings nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Mietern mit einem Grundsatzurteil den Rücken gestärkt: Betroffene, die in Gebieten mit der sogenannten Mietpreisbremse leben und möglicherweise zuviel für ihre Wohnung bezahlen, haben künftig mehr Zeit, wichtige Informationen zur Zulässigkeit der Miete zusammenzutragen.

Bisher begann die dreijährige Frist mit Abschluss des Mietvertrages. Danach konnten Mieter vom Vermieter keine Angaben mehr etwa zum Baujahr des Hauses oder genaue Nachweise einst durchgeführter Sanierungen verlangen. Künftig läuft die Frist erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Mieter die Auskunft erstmals vom Vermieter verlangt, entschied der zuständige 8. Senat am Mittwoch in Karlsruhe. Er setzte damit eine Zwischenlösung mit mehr Spielraum um, die er schon bei der Verhandlung Ende Mai angedeutet hatte.

Auskünfte zur Wohnung sind für den Mieter wichtig, um einzuschätzen, ob die entrichtete Miete tatsächlich zu hoch ist - und ob sich eine Klage lohnt.

Auskunftspflicht gilt nicht unbegrenzt

Gleichzeitig stellte das Gericht damit aber auch klar, dass der Anspruch auf Auskunft nicht unverjährbar ist. Er kann sehr wohl unabhängig davon verjähren, ob Ansprüche auf Rückzahlung schon geltend gemacht wurden oder nicht. Vermieter sind somit nicht in alle Ewigkeit dazu verpflichtet, Auskünfte zu erteilen. Das hatten die Vorinstanzen in den vier verhandelten Fällen von Berliner Mietern zum Teil anders gesehen.

Die Klagen, die stellvertretend der Rechtsdienstleister Conny eingereicht hatte, hatten insofern nicht in jedem Fall uneingeschränkten Erfolg. In den vorliegenden Fällen hatten sich die Vermieter geweigert, die aus Sicht der Kläger zu viel entrichtete Miete zurückzuzahlen. Gleichzeitig lehnten sie es wegen Verjährung ab, bestimmte Angaben zu den Wohnungen zu machen.

Die Landesregierungen können seit Juni 2015 "Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten" ausweisen. Auch die Berliner Wohnungen in den vier BGH-Verfahren liegen in solch besonders begehrten Vierteln. Dort gilt dann etwa, dass Vermieter beim Einzug neuer Mieter höchstens zehn Prozent auf die örtliche Vergleichsmiete draufschlagen dürfen. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel für neue oder modernisierte Wohnungen oder wenn schon der bisherige Mieter mehr gezahlt hat. Die Mietpreisbremse gibt es bundesweit in zahlreichen Städten und Gemeinden.

Rechtsdienstleister geht von Tausenden Betroffenen aus

Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte das Urteil und nannte es eine gute Entscheidung. Es bedeute eine Hürde weniger für Mieterinnen und Mieter, sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Gleichzeitig appellierte er an den Gesetzgeber, immer noch bestehenden Ausnahmen für die Mietpreisbremse abzuschaffen. Verstöße müssten geahndet werden.

Wieviele Mieter von der BGH-Entscheidung profitieren könnten, ist nach Angaben des Eigentümerverbandes Haus und Grund unklar, auch der DMB hat dazu keine Zahlen. Der Rechtsdienstleister Conny hingegen geht nach früheren Angaben von bundesweit Tausenden betroffenen Mietern aus, die nun Informationen zu mutmaßlich überhöhter Miete einfordern und dann versuchen könnten, Ansprüche geltend zu machen.

Eine Sprecherin des DMB hatte schon im Vorfeld die Bedeutung der Auskunftsansprüche betont. Er diene nicht nur dazu, vom Vermieter geltend gemachte Ausnahmen von der Mietpreisbremse zu prüfen, sondern auch dazu herauszufinden, ob die verlangte Miete überhaupt im ortsüblichen Vergleich der Wohngebiete mit aufgeheiztem Wohnungsmarkt zulässig ist.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.07.2023, 19:30 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    Das heißt jemand der zu spät auf den Immobilen Zug aufgesprungen ist und aufgeblasende Preise bezahlt hat, soll das Recht haben die Kosten Weiterzugeben? Schutz für Spekulanten und Glücksritter, wer für Marktwirtschaft ist, sollte wissen, daß wer höhere Renditen auf seine Investitionen erwartet als ei der Sparkasse, auch ein höheres Risiko eingeht.

  2. 16.

    Richtig schlimm ist, dass es "Rechtsdienstleister", allein das Wort schon, wie Conny & Co. sowie spezialisierte Anwälte gibt, die hier sich sinnlos die Taschen mit diesem Thema vollstopfen. Hier sollte eine Kostendeckelung stattfinden, damit hier nicht unnötig das Rechtssystem von Juristen ausgenutzt wird, nur um sich die eigenen Taschen vollzuhauen. Sieht man übrigens neben den "Rechtsdienstleistern" auch bei Lobbyvereinen wie den Mietervereinen, wo wegen jeder Mücke prozessiert wird, weil es ja die Rechtschutzversicherung abdeckt.

  3. 15.

    Zumal es immer eine Frage der Alternativen ist. Wenn ich mittlerweile 3,5% aufs Tagesgeld bekomme und ähnliche oder sogar darunter liegende Werte mit potenziellem Mieterterror für die Vermietung eines Objekts langfristig erhalte, ist es nachvollziehbar, dass ein Großteil der Menschen den Weg der sorgenfreien Tagesgeldrendite wählt.

  4. 14.

    Bei WBS-Wohnungen muss dringend wieder auch eine regelmäßige Überprüfung stattfinden. Die Berechtigung muss unbedingte Voraussetzung sein. Wenn die Bedingungen nicht mehr vorliegen, muss der Mietvertrag innerhalb von 3 Monaten enden. Aktuell reicht es aus, wenn man bei Einzug so einen WBS hat. Das ist aber in der Praxis nicht genug, sondern man sollte die Berechtigung regelmäßig wie der TÜV beim Auto unaufgefordert als Mieter nachweisen müssen.

  5. 13.

    Gegenfrage: Warum soll jemand eine Wohnung kaufen und dem Mietmarkt zur Verfügung stellen und dafür auch noch viel eigenes Geld aufwenden müssen. Eine Miete muss kostendeckend sein, also Refinanzierungskosten, Verwaltungskosten und Investitionskosten mindestens finanziell abdecken.
    Die Denke der Mieter ist echt unglaublich. In Analogie bezahlen Sie etwa auch dafür, dass Sie arbeiten gehen "dürfen"?

  6. 12.

    Also wenn du Deutschland mit der miesen Rechtschreibung übernimmst, sorgst du wohl eher für einen Untergang des Landes. ;)

  7. 10.

    Aber so funktioniert Vermietung nun mal. Niemand vermietet mit Verlusten. Natürlich muss die Miete zumindest die Kosten decken.

    Ist bei keinem Vermieter anders.

  8. 9.

    Das mit dem Eigentum verpflichtet, dass bedeutet keinesfalls, dass der Mieter von Vermieter subventioniert wird, dies muss notfalls der Staat übernehmen.
    Aus Vermietung und Verpachtung gilt in hiesigen System als Kapitalanlage, ergo ist ein angemessene Verzinsung vorgesehen.Wäre dem nicht so, dann würde kein Investor zur Nutzung dritter bauen.
    Tja, und wo würde man dann wohnen können?

  9. 8.

    Was hat ein Recht auf Auskunft über die Grundlegenden Daten des Objektes mit einschneiden von Rechten der Vermieter zu tun?
    Ganz einfach, wer spekuliert und mit Minderwertigkeit Geld verdienen will, wird künftig öfter auf die Nase fallen.
    Wer eine weiße Weste hat, wird auch nicht um seine "Vorsorge" bangen müssen.
    Spekulation und Geldschieberei mit Grundbedürfnissen, wie Wohnraum, ist ein Armutszeugnis der Gesellschaft, die Indexmiete ist das Paradebeispiel dafür.
    bei jeder Neuvermietung 20% wesentlichkeitsgrenze über dem gültigen alle zwei Jahre neu aufgestellten Mietspiegel verlangen und jedes Jahr den steigenden Index als Bonus draufschlagen. Mehr Ausgaben des Verbrauchers, steigender Index. So werden aus 650€ Kaltmiete für eine 3-Raum Wohnung mit 75m² im Mietspiegel bei Neuvermietung 780€, nach zwei Jahren den Index anpassen, weil das eigene Brot ja auch teurer wird und wir sind mit 5-7% Aufschlag schon bei über 820€ Kalt. Und weiter geht der Kreislauf, bei Neuvermietung.

  10. 7.

    Eigentum verpflichtet nun mal. Kaufen und vermieten und erwarten, dass die Miete alles abdeckt ist wohl nicht Ihr Ernst.

  11. 6.

    Dafür sind viele Bürger in vielerlei Hinsicht aber einfach „zu schwach“.

  12. 5.

    Damit auch bald Schluss sein wenn wir Deutschland wieder übernehmen

  13. 4.

    Mal sehen wie lange Wohnungen noch auf Standard gehalten werden können. Vermieter werden als Großverdiener dargestellt, obwohl man das nicht ist, wenn man auch immer mal was investiert. Hat man den Kauf endlich finanziert, darf man neue Kredite für Wärmepumpen und Dämmung aufnehmen. Obwohl man mal an Altersvorsorge gedacht hat.
    Immer haut auf die Vermieter drauf...

  14. 3.

    Als Vermieter ist man fast rechtlos. Gott sei Dank vermiete ich seit Jahren nur noch per Index

    Vermieten wird immer uninteressanter. Vielleicht sollten sich mehr Bürger Wohneigentum anschaffen

  15. 2.

    Jetzt bringen Sie alles durcheinander, das heutige Urteil ist nachvollziehbar und richtig, da für die Mieter die Verjährungsfrist verlängert wurde, und endlich den heutigen Gegebenheiten angepasst wurde.

  16. 1.

    Was lernen Vermieter daraus? Vermieten lohnt sich nicht und bringt nur Ärger und Stress und Anfeindungen bis hin zum Diebstahl auch Enteignung genannt. Mieter müssen endlich dazu gezwungen werden sich selbst zu kümmern. Die ausgeuferten Mieterrechte erinnern mich stark an betreutes Leben. Vor allem die Politik muss auch dafür sorgen, dass in den angeblich so günstigen (aber mit 17 Milliarden verschuldeten = ca 35.000 pro Wohnung) öffentlichen Wohnungen keine Gutverdiener leben und mit ihrem fetten Gehalt die günstigen Wohnungen blockieren. Drastische Fehlbelegungsabgabe wieder einführen. Aber wirklich drastisch!

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