Debatte um Lärmbelästigung - Trinken vorm Späti: Diese Regeln gelten in den Berliner Bezirken

Fr 21.07.23 | 06:35 Uhr | Von Laura Kingston
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Symbolbild: Blick auf ein Späi-Shop am Sommerabend (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Keine Bänke und Stühle mehr vor Spätis: Das ist der Plan des Bezirks Pankow, weil sich Anwohner über Lärm, Müll und Fäkalien beschwert haben. Wie handhaben die anderen Berliner Bezirke das Thema? Laura Kingston hat nachgefragt.

Es ist günstiger als Kneipe, geselliger als zu Hause und es geht einigen Anwohnern auf die Nerven: Das Trinken vor Spätis. Der Bezirk Pankow will Sitzgelegenheiten vor Spätis in Zukunft verbieten. "Es geht um Menschen, die Schlaf brauchen, weil sie im Schichtdienst arbeiten. Und um Fälle, wo nicht die Toilette im Spätkauf aufgesucht wird, sondern wo man sich an Hauseingängen erleichtert", begründet Ordnungsstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) die Entscheidung in der "Berliner Morgenpost" [Bezahlinhalt]. Zu weiteren Details wollte sich der Bezirk gegenüber dem rbb nicht äußern

Mitte hat das Sitzen vor Spätis 2020 eingeschränkt

Von den elf anderen Bezirken hat nur einer eine ähnliche Regelung wie diejenige, die der Bezirk Pankow anstrebt. Das Bezirksamt Mitte gibt an, im Mai 2020 "aufgrund immenser Beschwerden von Anwohnenden seine Festlegungen zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im Hinblick auf Schankvorgärten" geändert zu haben. Das sei vom Verwealtungsgericht Berlin im Eilverfahren bestätigt worden [Mitteilung des Bezirksamts Mitte].

Gleichzeitig beteuert der Bezirk auf rbb-Anfrage: "Dem Bezirksamt ist die Berliner Späti-Kultur sehr wichtig. Spätis sind beliebte Treffpunkte im Kiez. Es ist leider nicht möglich, für einen Einzelfall und nur für die 'friedlichen, ruhigen' Anlaufstellen die allgemeine Regelung aufzuheben."

Video: Pankow will Bänke vor Spätis verbieten

Typischer Späti, Prenzlauer Berg, Berlin (Quelle: dpa/Karl-Heinz Spremberg)
dpa/Karl-Heinz Spremberg

Kein anderer Bezirk plant Einschränkungen von Spätis

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf sagt auf rbb-Anfrage, dem zuständigen Ordnungsamt lägen gar keine Beschwerden vor.

Nur drei Beschwerden gingen 2022 im Ordnungsamt in Lichtenberg ein. Es bestehe keine Notwendigkeit, Spätis mit Sondernutzungsregelungen ihre Lizenz wieder zu entziehen, heißt es aus dem Bezirk.

Auch Neukölln gibt auf rbb-Anfrage bekannt, dass "nur vereinzelte Beschwerden der Anwohnenden" eingegangen seien, vor allem im Schillerkiez. Die Spätis mit Sondergenehmigungen für Sitzbänke sollen in Neukölln nach Bezirksangeben weiterhin offen bleiben. Bei wiederholten begründeten Beschwerden gegenüber einzelnen Standorten sei es "natürlich auch möglich, dass die jeweilige Sondernutzungserlaubnis widerrufen wird".

Sonderregelungen können in Einzelfällen widerrufen werden

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg verfährt ähnlich - einzelne Beschwerden gebe es "vor allem in den urbanen Innenstadt-Bereichen". Aktuell gebe es keine Planungen, Sondernutzungsrechte von Spätis einzuschränken.

Der Bezirk Reinickendorf weist darauf hin, dass Sondergenehmigung für Spätis "versagt bzw. widerrufen werden, wenn es das öffentliche Interesse erfordert" Das bedeute, dass bei einer entsprechenden Beschwerdelage genauer hingeschaut werde. Ein generelles Verbot von Sitzgelegenheiten bezeichnet der Bezirk Reinickendorf als "unverhältnismäßig und vermutlich rechtlich auch nur schwer umzusetzen".

Friedrichshain-Kreuzberg teilt auf rbb-Anfrage mit: "Als erlaubnisfreie Gaststätten dürfen Spätis alkoholische Getränke lediglich verkaufen, nicht jedoch vor Ort ausschenken." Lärmstörungen durch große Gruppen und wildes Urinieren im Bereich des Spätkaufs kämen auch dort vor. Dennoch gebe es "derzeit in Friedrichshain-Kreuzberg keine Planungen, vor Spätis grundsätzlich keine Sondernutzungen mehr zu erteilen".

Steglitz-Zehlendorf will landesweite Regelung

Steglitz-Zehlendorf spricht von zehn bis 15 Lärmbeschwerden durch Späti-Betrieb pro Jahr. Das Ordnungsamt gibt auf rbb-Anfrage an: "Eine landesweite Regelung wäre zielführend und ist wünschenswert."

22 Sondernutzungserlaubnisse für Tische und Stühle gibt es für Spätis in Charlottenburg-Wilmersdorf, so ein Sprecher des Bezirks. Auch hier gebe es Beschwerden über nächtlichen Lärm, "nächtliche Saufgelage etc." Mit der Thematik des Verbots des Herausstellens von Tischen und Stühlen habe sich der Bezirk noch nicht so konkret befasst.

Spandau und Treptow-Köpenick haben sich bislang auf die rbb-Anfrage noch nicht zurückgemeldet.

Beitrag von Laura Kingston

14 Kommentare

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  1. 14.

    So sind Gesetze… ein Wirt braucht eine Schanklizenz, weil er das Bier im Glas serviert. Das läßt er sich dann auch teurer bezahlen.
    Wenn die Spätis Bier einfach in der Flasche verkaufen braucht es dafür eben keine Lizenz, wie jede Tanke, Aldi usw. Und das schlägt sich eben auch im Preis nieder.
    Denke mal da nimmt keiner dem anderen die Kunden weg. Ist doch ein unterschiedliches Klientel.
    Also wozu schon wieder mit Bürokratie „um sich werfen“

  2. 13.

    Weg mit den Spätis als Pseudokneipen!
    Wer legal ein Schanklokal/Gaststätte betreiben will, muss verschiedenste (teils teure) Auflagen erfüllen.
    Hygienevorschriften und Toiletten sind da nur ein kleiner Teil...

    Die Ungleichbehandlung der Spätis ist wettbewerbsverzerrend!
    Wieso wird geduldet, dass Spätis diese Vorschriften umgehen, obwohl sie faktisch als Kneipe agieren und verdienen?

  3. 12.

    Ok... was dem deutschen Staat allerdings nutzt, ist Deutschenware nach Polen zu verticken...

  4. 11.

    Weg damit, die sollen richtig sozialversicherungspflichtig arbeiten, Polenware verticken nutzt dem deutschen Staat nichts.

  5. 10.

    Stimmt und trifft den Nagel auf den Kopf. Gebt den Menschen mehr Platz im öffentlichen Raum. Gratis und nutzbar für jeden, mehr Mülleimer und öfter mal die Stadtreinigung vorbeischicken. Damit Berlin lebens- und liebenswert bleibt und nicht nur in kommerzieller Hinsicht betrachtet wird.

  6. 9.

    Nun, die Grüne Beziksbürgermeisterin muss ihren Klientel gerecht werden, sonst wird sie in zwei Jahren nicht mehr wiedergewählt.

  7. 8.

    Na endlich Prenzlberg zu dem Dorf machen, aus dem man damals in die Großstadt geflohen ist...

  8. 7.

    Spandau hat sich nicht gemeldet, weil Spandau Spandau ist und nicht Berlin. ;)
    In Spandau laufen die Uhren halt anders.

  9. 6.

    Als wir als Kleinstkneipen müssen Auflagen erfüllen um in den Besitz einer Schankerlaubnis zu kommen.
    Spätis sind keine schützenswürdige Kulturgüter sonder auf großen Umsatz angelegte Einzehandelsgeschäfte mit dem Drang Regelungen und Vorgaben zu umgehen. Kassen sind aus, Sonntags verkaufen angemietete Verkäufer. Sollen die Behörden hier doch mal bitte genauer hinschauen. Ich habe aber meine Bedenken das dieser Post nicht ankommt. Gernn kann der rbb Kontakt aufnehmen.

  10. 5.

    Sinnvoller als Verbote sind die Schaffung von dringend benötigten öffentlichen Toiletten für alle (Parkbesucher, Jugendliche, Touristen etc.) sowie mehr kostenfreie öffentliche Sitzgelegenheiten in Form von Sitzbänken etc. damit alle Menschen den Sommer an der frischen Luft erleben können, unabhängig vom Geldbeutel und frei vom Konsumzwang! Nicht jeder hat Geld um in Kneipen oder Spätis zu sitzen oder in den Urlaub zu fahren oder in einem eigenen Garten im Sommer an der frischen Luft zu sein... eine Lebensrealität, die diese Dame offensichtlich nicht kennt, wird Frau Manuela Anders-Granitzki (CDU) doch ausreichend mit Steuergeldern, also von uns bezahlt....Der öffentliche Raum ist für alle da und muss auch entsprechend nutzbar gestaltet werden.

  11. 4.

    Der Lärm vom Späti hält sich in Grenzen, aber der Anblick von pinkelnden Männer direkt am Haus Kreuzung (0derbruchstr/Landsberger Allee ist hier normal.

    Ein Ökoklo würde uns Mietern eine Ecke weiter auf die Wiese vors Haus gestellt hinter BurgerKing - die haben aber Klo.

    Muss man nicht verstehen.



  12. 3.

    Das auf dem Foto ist ja schon mehr ein Biergarten, da verstehe ich die Anwohner. Man könnte probeweise die Anzahl der Tische reduzieren; bzw. ab 22 Uhr die Sitzgelegenheiten sperren. Gaststätten müssen Toiletten haben - im Späti gibt es keine, das geht gar nicht. Gegen diese (männliche) Mentalität, sich überall zu erleichtern, ist wohl leider noch kein Mittel gefunden ....

  13. 2.

    Spandau meldet sich nicht zurück , weil es vor den Spätis nicht laut wird, sondern
    in Spandau wird Nachts auf den Spielplätzen getrunken, gefeiert etc.! Und das stört richtig, es wird auch immer schlimmer!

  14. 1.

    Da wo die Spätkaufs schon zu lautstarken Szene-Treffpunkten geworden sind wundere ich mich auch, da da nicht eingeschritten wird, das kann für Anwohner wirklich nervig sein. Aber es ist schon schön und ich glaube auch gut so, daß man sich auf dem Heimweg noch schnell ein relativ preiswertes Bier holen kann und dann vor die in aller Ruhe vor die Tür setzen kann und ein paar Worte wechseln. Schützt auch vor Überfällen, was mir auch schon so von einem Betreiber/Angestellten so erzählt wurde.

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