Berliner Feuerwehr - "Mit unseren Warn-Mitteilungen wollen wir jeden abholen"
Eine Pushmitteilung hat am Freitagmorgen viele Berliner vor einem Brand im Ortsteil Heinersdorf gewarnt, obwohl sie weit weg wohnen - und obwohl außer viel Rauch nichts gewesen ist. Ein Feuerwehrmann erklärt, warum auch solche Meldungen wichtig sind. Von Frank Preiss
Ein nahendes Unwetter, Starkregen, Gewitter, Geruchsbelästigung durch Großbrände - gefühlt ploppen inzwischen täglich Warnmeldungen von Apps wie Katwarn und Nina auf Smartphones in Berlin und Brandenburg auf. Jüngstes Beispiel: Der Brand auf einem Recyclinghof am Freitag im Pankower Ortsteil Heinersdorf im Nordosten Berlins.
Am frühen Morgen wurde über Katwarn vor Geruchsbelästigung durch Rauch gewarnt, Menschen im Umkreis um den Brandort wurden dazu aufgerufen, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Gleichzeitig wurde in der Meldung betont: Es bestehe keine Gefahr.
Manche mögen sich fragen, warum sie überhaupt diese Mitteilung bekommen haben - zum einen, weil sie zu weit weg vom Brandort wohnen. Und zum anderen, weil doch gar keine Gefahr bestehe. Andere waren dagegen froh, weil sie schnell eine Antwort auf die Frage nach der Ursache für den frühmorgendlichen beißenden Rauchgestank bekamen.
Auch besorgte Anrufe lösten die Mitteilung aus
Für die Feuerwehr steht fest: lieber zu häufig warnen als zu selten. Denn Auslöser für eine solche Gefahrenmeldung müsse nicht immer eine tatsächliche Gefahr für Leib und Leben sein. Vielmehr sei auch die Information an sich nicht zu unterschätzen, sagt Feuerwehrsprecher Thorsten Vollbrecht am Freitag dem rbb: "Wir wurden am frühen Freitagmorgen um 3.30 Uhr zu dem Brand in Heinersdorf gerufen. Dort gab es durch brennende Baurecyclingstoffe eine starke Rauchentwicklung, die dann leider stadteinwärts zog", erklärt er.
Zur Versendung der Mitteilung via Katwarn habe man sich entschlossen, weil dazu zahlreiche Anrufe bei der Feuerwehr eingegangen seien. "Und es gab auch entsprechende Reaktionen im Social-Media-Bereich." Information sei in solchen Momenten immer wichtig, auch weil bei den Leitstellen der Feuerwehr immer wieder Fehlalarmierungen eingingen. "Auch hier versuchen wir vorbeugend, steuernd einzugreifen."
Feuerwehr nutzt "MoWaS"-System
Wie genau eine solche Gefahrenmeldung auf den Weg geschickt wird und wer alles in den Entscheidungsprozess eingebunden ist, erklärt Feuerwehrsprecher Kevin Bartke: "Wir haben die Anwendung "MoWaS" (Modulares Warnsystem, Anmerkung der Redaktion) bei uns im Lagedienst installiert. Mit dieser bundesweit einheitlichen Anwendung können wir deutschlandweit an die Bevölkerung herantreten und im entsprechenden Umfeld über Gefahren informieren."
Das System bietet vorgefertigte Texte an, die Ausführenden können aber immer auch individuelle Warnmeldungen selbst verfassen. Mit diesen bespielt die Berliner Feuerwehr dann die Apps Nina und Katwarn und seit kurzem auch Cell Broadcast. Cell Broadcast-Warnungen benötigen keine App, sondern werden SMS-ähnlich an eingeschaltete Handys versandt, die in Funkzellen eines möglichen Katastrophengebiets eingewählt sind.
Feuerwehrsprecher zur Meldekette: "Das geht alles recht schnell"
Alles Weitere wird nicht etwa von Algorithmen entschieden, sondern ausschließlich von Menschen, ist es Bartke wichtig zu betonen: "Der Einsatzleiter gibt vor Ort eine Empfehlung und macht einen Vorschlag, dieser wird dann mit dem Lagedienst abgesprochen, dann wird gemeinsam entschieden, was und in welcher Form herausgeschickt wird. Danach wird das noch mit der externen Kommunikation und mit der Behördenleitung abgestimmt. Das alles geht recht schnell, und wenn das steht, können wir die Warnung herausgeben."
Manchmal sei es durchaus nicht schlüssig, warum Warnmeldungen herausgeschickt würden, räumt Bartke ein, aber: "Wir wollen vor die Lage kommen", soll heißen: Die Gefahr schon zu erkennen und zu warnen, bevor sie akut für die Bürger werden könnte.
"Wir müssen der Bevölkerung auch mitteilen, dass wir im Bilde und an der Einsatzstelle sind. Wir warnen vor Rauchbelästigung, damit die Bevölkerung Maßnahmen ergreifen kann wie zum Beispiel Fenster und Türen schließen", erklärt er. "Wir wollen jeden abholen. Jeder entscheidet für sich selbst, ob er diese Information aufnehmen will oder nicht. Für uns ist einfach wichtig, vollumfänglich an die Bevölkerung heranzutreten und dass wir da kein Nachsehen haben und keinen auf der Strecke lassen."
Bundesamt betont Vorteile von Warn-Apps
Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz wirbt für die Warn-Apps und betont, wie wichtig eine umfängliche Information sei. "In den jeweils zuständigen Stellen sitzt eigens geschultes Personal, das die eingehenden Informationen bewertet und dementsprechend weitere Maßnahmen ergreift", erklärt Behördensprecher Hennig Hahn dem rbb.
Das Bundesamt stellt allen Bundesländern, Landkreisen und Kommunen Regionen das digitale Warnsystem "MoWaS" zur Verfügung. Über das System werden die Warninformationen an verschiedene Stellen weitergegeben: an den sogenannten Warnmittelmix. Der umfasst Warn-Apps, Sirenen, Stadtinformationstafeln, Fahrgastinformationssysteme, auch Medien als Warnmultiplikatoren.
"Die Nutzer haben viele Möglichkeiten, diese Meldungen für ihren Bedarf einzurichten, das Gebiet bis auf einen Quadratkilometer geografisch einzugrenzen und ganz konkrete Ortschaften zu abonnieren", betont der Bundesamtssprecher weiter. Und: "Ein großer Vorteil ist, dass neben der Warnmeldung auch Handlungsempfehlungen gegeben werden. Und hinzu kommt die Mehrsprachigkeit – die Apps kommunizieren in ganz viel verschiedenen Sprachen."
Sendung: rbb24 Abendschau, 18.08.2023, 19:30 Uhr