Berlin-Charlottenburg - Putzschicht des "Happy Go Lucky" wird entfernt - neuer Streit eskaliert
Im November wurde festgelegt, dass die schreiend bunte Außenfassade des "Happy Go Lucky"-Hostels am Stuttgarter Platz übermalt werden muss. Derzeit wird der obere Putz entfernt - verbunden mit handfesten Vorwürfen der Beteiligten. Von Frank Preiss
- Streit um die schillernd bunte Fassade des Hostels "Happy Go Lucky" geht weiter
- Seit Beginn dieser Woche wird der Putz des Hostels abgetragen
- Hostel-Chef sagt, dies sei gar nicht nötig und spricht von "Manipulation an der Fassade"
- Baustadtrat betont wiederum im rbb, der Eigentümer "lüge wiederholt"
- Arbeiten an der Außenfassade sollen "zeitnah" abgeschlossen werden
Der Streit um die Außenfassade des Hostels "Happy Go Lucky" am Stuttgarter Platz in Berlin-Charlottenburg geht in die nächste Runde. Mitte dieser Woche teilte Hostel-Eigentümer Alexander Skora mit, am Dienstag hätten Abbrucharbeiten an der Fassade begonnen, obwohl diese gar nicht nötig seien und die Fassade doch eigentlich nur übermalt werden sollte [macheete.com].
Er habe deshalb einen Eilantrag beim Berliner Landgericht auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Denn für Abrissarbeiten bestehe keinerlei Grund, so Skora: "Vor dem Aufstellen des Gerüsts am 13. November 2023 befand sich die Fassade (…) in einwandfreiem Zustand. Unter Polizeischutz wurde das Bauwerk als vollständig intakt dokumentiert."
Erst nach einer "heimlichen Begehung am 20. November 2023 durch den Leiter der Rechtsabteilung des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf (…) zusammen mit dem Malermeister (…) kam es zu Manipulationen an der Fassade", erklärt Skora. Diese Aktionen seien durch "ein parteiisches Gutachten" unterstützt worden.
Baustadtrat verweist auf Zweifel an Tragfähigkeit des Putzes
Im vergangenen Jahr hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg festgelegt, dass die künstlerisch gestaltete kunterbunte Außenfassade beige oder grau übermalt werden muss. Denn die bunte Gestaltung verstoße gegen das Denkmalschutzrecht und gegen das baurechtliche Verunstaltungsverbot. Damit hatte sich das Ordnungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf gegen Hostel-Inhaber Alexander Skora durchgesetzt.
Bezirksbaustadtrat Christoph Brzezinski (CDU) bestätigte am Freitag dem rbb, dass in dieser Woche mit dem Abtragen der obersten Putzschicht am "Happy Go Lucky"-Hostel begonnen wurde. Allen anderen Vorwürfen von Skora widerspricht er in seiner Mitteilung an den rbb aber sehr deutlich.
Anfang Dezember 2023 habe das Bezirksamt eine Bausachverständige mit der Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt, so Brzezinski. Zuvor habe die beauftragte Malerfirma zahlreiche Mängel an der Fassade festgestellt. Die Tragfähigkeit für den erforderlichen Farbanstrich habe nicht garantiert werden können. Letztlich habe die Sachverständige festgestellt, dass es unumgänglich sei, die oberste Putzschicht zu entfernen.
Baustadtrat: "Einlassungen des Eigentümers sind erlogen"
"Der Grundstückseigentümer ist rechtzeitig über den bevorstehenden Beginn der Arbeiten informiert worden", betont Brzezinski. Die entsprechenden Arbeiten seien bald abgeschlossen, "womit die Ersatzvornahme zur Umsetzung der bestandskräftigen Beseitigungsanordnung hinsichtlich der ungenehmigten und rechtswidrigen Fassadenbemalung ihre Erledigung finden wird", teilt der Baustadtrat weiter mit.
Gleichzeitig widerlegt er die Schilderungen von Hostel-Chef Skora, wonach die Bauarbeiten am Dienstag von der Polizei und Bauaufsicht vorübergehend gestoppt worden seien, weil die Arbeiten "ohne die notwendige Schutzausrüstung" durchgeführt worden sei. Brzezinski macht vielmehr Skora schwere Vorwürfe. Der Baustadtrat schildert dem rbb, die Arbeiten hätten "mehrfach durch mutwillige Sachbeschädigungen (Baustromaggregat, Bauwagenschloss, Baugerüstteile etc.) sowie Nötigungen des Grundstückseigentümers gegenüber den Mitarbeitern der bauausführenden Firma" unterbrochen werden müssen. "Mehrfach waren Polizeieinsätze erforderlich, um eine Fortführung der Arbeiten zu ermöglichen, zuletzt am Freitagvormittag."
Auch Skoras Vorwürfen gegen die Gutachterin sowie der Manipulation an der Fassade widerspricht Brzezinski deutlich: "Die Einlassungen des Grundstückseigentümers sind selbstverständlich (und wiederholt) fern jeglicher Realität und erlogen. Sie reihen sich ein in einer lange Reihe von erfundenen und abstrusen Geschichten des Grundstückseigentümers, mit denen er erfolglos versucht, die Rechtsmäßigkeit des Handelns des Bezirksamtes in Zweifel zu ziehen."
Streit schwelt seit 12 Jahren
Die Auseinandersetzung um die Fassade des Hostels reicht zurück bis ins Jahr 2012, als Skora sie orange streichen ließ und ein Schriftzug darauf die Internetadresse des Hostels zeigte. Dies wertete der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf als "unzulässige Werbung". 2016 beauftragte Skora den irischen Street-Art-Künstler Dom Browne damit, die Fassade zu besprühen. Seitdem ist das Haus am Stuttgarter Platz ein buntes Kunstwerk aus Smileys, Pilzen, imperialen Sturmtruppen aus den "Star Wars"-Filmen und Porträts von Jack Nicholson, Kurt Cobain und Bruce Lee. Der Schriftzug wurde in "Happy Go Lucky Hearts" ohne Internetadresse geändert. Damit könne nicht mehr von Werbung die Rede sein, hieß es damals von Skora.
Das Bezirksamt wollte dies dulden, knüpfte das aber an Bedingungen, die Skora wiederum nicht erfüllen wollte. Der Streit eskalierte: Am Ende stand die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts, wonach das - so wörtlich - "schreiend bunte" Streetart-Gemälde den Blick auf ein nahes denkmalgeschütztes Haus beeinträchtigt. Bei einer "Verunstaltung des Ortsbildes" sei die "Kunstfreiheit nicht schrankenlos", hieß es in dem Urteil.
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