Zahnreport - Mädchen werden womöglich zu oft mit Zahnspange behandelt

Di 04.06.24 | 12:20 Uhr
  21
Ein Mädchen trägt eine Zahnspange. (Quelle: Picture Alliance/Norman Krauß/Shotshop)
Bild: Picture Alliance/Norman Krauß/Shotshop

Mädchen bekommen in Deutschland einer aktuellen Auswertung zufolge möglicherweise zu oft eine Zahnspange. Das legt der aktuelle Zahnreport der Krankenkasse Barmer nahe, der am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde. Demnach wurden im Untersuchungszeitraum 60 Prozent der Mädchen zwischen acht und 17 Jahren kieferorthopädisch behandelt. Bei gleichaltrigen Jungen waren es es zehn Prozentpunkte weniger - 50 Prozent.

Mädchen (61,2 Prozent) und Jungen (50,3 Prozent) aus Brandenburg belegen laut der Erhebung den dritten Platz nach Bayern und Baden-Württemberg bei den kieferorthopädischen Behandlungen. Berlin liegt im Mittelfeld mit 59,9 Prozent bei den Mädchen und 49,3 Prozent bei den Jungen.

"Mögliche Übertherapie"

"Überdurchschnittlich hohe Werte bei der Inanspruchnahme kieferorthopädischer Leistungen in einigen Bundesländern deuten auf eine mögliche Übertherapie hin", erklärte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub. "Mit Kieferanomalien und Zahnfehlstellungen allein sind die teils gravierenden regionalen Unterschiede bei solchen Behandlungen nicht begründbar." Ursache könnten hingegen Unschärfen bei der Bewertung einer Behandlungsbedürftigkeit sein.

Schönheitsideale spielen häufig eine Rolle

"Schönheitsideale, Gruppendruck und elterliche Fürsorge sind mögliche Gründe dafür, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Mädchen häufiger nachgefragt und behandelt werden als bei Jungen", so Straub.

Auch zwischen den Bundesländern gibt es dem Zahnreport zufolge erhebliche Unterschiede. So wurden etwa in Bremen mit 46 Prozent die wenigsten Kinder und Jugendlichen kieferorthopädisch betreut, in Bayern hingegen 60 Prozent. Bei den Mädchen in Bayern lag der Wert sogar bei fast 65 Prozent, in Bremen lediglich bei knapp 53 Prozent.

Anteil von kieferorthopädischen Behandlungen in Prozent. (Quelle: rbb)Anteil der Jungen und Mädchen, die in kieferorthopädischer Behandlung waren nach Bundesländern

Für den Zahnreport wurden Abrechnungsdaten von 53.000 Achtjährigen über einen Zeitraum von zehn Jahren zwischen 2013 und 2022 ausgewertet, also bis zu ihrem 17. Lebensjahr. Damit gäbe es erstmals solche validen Daten zum Anteil kieferorthopädisch behandelter Kinder und Jugendlicher, erklärte die Barmer.

Sendung: rbb24 radioeins, 04.06.2024, 18:40 Uhr

21 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 21.

    Jo, der Behandlungsplan lässt viel ,Raum' ...
    Deshalb war ja auch meine Frage, warum z.B. die Barmer bei einer 10 Jahre dauernden ,Statistik' nicht einmal genauer hinschaut/hinterfragt/kontrolliert.

  2. 20.

    Evtl. liegen die ,vermehrten' Zahnfehlstellungen auch am ständigen ,Nuckeln an der Flasche'?
    Früher hieß es "Daumennuckeln" kann zu Fehlentwicklungen des Kiefers führen.

    Wie schon geschrieben, meine Sicht als Laie mit Kind-Spangen-Erfahrung

  3. 19.

    Ein Grund für viele Spangen ist bestimmt, weil sich viel Geld verdienen lässt...

    Doch könnte es sein, dass die Kiefer der Mädchen einfach etwas schmaler sind und dadurch für die Zähne weniger Platz ist?
    Daher ist es auch verständlich, wenn Mädchen häufiger eine Spange bekommen.

  4. 18.

    Jetzt müsst man mal rausfinden ob das vielleicht damit zusammenhängt dass Mädchen öfter und länger Schnuller haben …

  5. 17.

    @sabi: Natürlich werden "rein ästhetische Spangen" von der Kasse nicht bezahlt. Das steht auf dem Behandlungsplan ja auch nicht drauf ;-))....

  6. 16.

    Rd. 60% (sechzig = über die Hälfte!!) der kleinen Menschen haben Zahnfehlstellungen. ...... Das muss man mal gaaanz langsam aussprechen, dann bemerkt der normal denkende Mensch, wie absurd das ist. Da hat sich eine einträgliche Sparte über Jahrzehnte ganz unbeobachtet entwickelt und nun wachen die Kassen hoffentlich auf.

  7. 15.

    Ach was:

    Die Zahnspangenflut liegt in kommerziellen Interessen begründet? Und dient in Amerika außerdem als eine Art Verhütungsmittel?

    Was für eine überraschende Tatsache!

  8. 14.

    Mädchen, müssen schön sein, und Jungs müssen stark sein, da spiegelt sich die Wunschvorstellung der Gesellschaft. Wie ano dazumal....

  9. 13.

    Auch ein richtiger Gegenbiss ist wichtig. Sonst wächst ein Zahn raus. Einseitig kauen kann auch für Nacken-Rücken Probleme bringen. Weisheitszähne brauchen Platz an der richtigen Stelle. Aussprache ist auch gefärdet bei Schießstand. usw

  10. 12.

    Empfehle zu diesem und weiteren Merkwürdigkeiten des Dentalbiz das Magazin Royal vom 08.03.24y

  11. 11.

    Zahnspangen haben m.W. meist einen ,Zahngesundheits-Hintergrund'

    Mal etwas laienhaft:
    - Ein Zahn steckt fest, da kein Platz ist. Also werden die anderen Zähne verschoben, um Platz zu schaffen.
    - Die Zähne stehen zu eng, wachsen schief, blockieren sich gegenseitig, Pflege ist kaum möglich

    Rein ästhetische Spangen werden m.E. auch nicht von der Krankenkasse bezahlt.

  12. 10.

    Wo hat denn eine Zahnspange etwas mit Gesundheit zu tun? Sind das nicht immer (vermeintlich) ästhetische Aspekte die da rein spielen? Ich lasse mich gerne belehren :)

  13. 9.

    Müsste da nicht auch die Barmer (oder andere Kassen) in ,Aktion' treten und diese unterschiedlichen Zahlen hinterfragen/überprüfen/überwachen?

  14. 8.

    Vielleicht legen Mädchen einfach auch mehr Wert auf ihre Gesundheit ...und gehen insgesamt sorgfältiger mit ihrem Körper um ... man weiß es nicht ... vielleicht laufen die Krankenkassen auch auf, weil sie sparen wollen und begründen das nun so...früher gab es keine Frage ob die Spange gezahlt wird oder nicht, wenn sie verordnet wurde, hat sie die Kasse auch gezahlt- zumindest U18 ...

  15. 7.

    Merkwürdig: Einerseits wird doch allerorten geklagt, wir hätten zu wenig (Zahn-)Ärztinnen und Ärzte. Naja, wenn ein Teil der Arbeitszeit für mehr oder weniger nicht unbedingt notwendige, aber wahrscheinlich einträgliche Leistungen genutzt wird... .

  16. 6.

    Geld, Geld, Geld. Kieferorthopäden denken offenbar immer noch, sie hätten die Lizenz zum Gelddrucken und müssten ihre Villen für 1,5 Mio € in kürzester Zeit abzahlen. Bei uns wurden gar Leistungen mit einem Faktor von 4,5 angesetzt, weil es dem Arzt wohl zu schwierig war. Man denke an solche Steigerungen bei Ingenieurs- oder Handwerker-Leistungen: Das sind 350% Aufschlag!

  17. 5.

    Das finde ich tatsächlich interessant. Bei uns hat der Zahnarzt die Empfehlung für eine Zahnspange gegeben und da haben wir einen Termin beim KO ausgemacht. Dort wurde uns aber mitgeteilt das nach deren Meinung keine Zahnspange notwendig ist. Unsere Tochter hat nicht ganz gerade Zähne und eine Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen. Ich persönlich hätte da auch nie was "angeordnet" und war froh, daß der KO so reagiert hat.
    In meiner Kindheit wurde ich auch zu einer festen Zahnspange genötigt und habe seitdem ganz viele Probleme.
    Aber man merkt es gibt auch seriöse Ärzte in diesem Bereich.

  18. 3.

    Ein entscheidender Punkt fehlt: Umsatz in der Kieferorthopädie, da hilft man auch mal subtil nach "Sie wollen doch auch, daß ihr Kind schöne Zähne hat, oder?". Es ist ein Riesenmarkt.
    In Dänemark bekommen nur ca. 30% der Kinder eine Spange.

  19. 2.

    Wenn ich den Spaß bezahlen müßte, würd ich auch sagen, jemand wird zuviel behandelt statt jemand anders zuwenig.

Nächster Artikel