Anhaltende Lärmbelästigung - Berliner Rettungshubschrauber verursacht weiterhin Unmut in Panketal
Seit zehn Monaten ist ein stationärer Rettungshubschrauber in Berlin-Buch im Einsatz. Mehr als 1.300 Mal wurde er schon alarmiert. Anwohner aus dem benachbarten Panketal klagen seitdem über Lärmbelästigung. Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht.
Seit Anfang des Jahres hat Berlin einen dritten Rettungshubschrauber 140 Meter vor der Landesgrenze zu Brandenburg am Helios-Klinikum in Berlin-Buch (Pankow) stationiert. Der rot-weiße Helikopter des Typs H145 startet als einziger in der Hauptstadt von 6 bis 22 Uhr zu Rettungseinsätzen und dient dazu, die notfallmedizinische Versorgung zu verbessern.
Viele Anwohner befürchteten schon vor der Inbetriebnahme von Helikopter "Christoph 100", dass sich der Lärmpegel im benachbarten Panketal (Barnim) erhöhen wird. Sie sollten Recht behalten. Denn der Landeplatz liegt nur einen Steinwurf von den Wohnhäusern der Panketaler Anwohner entfernt. "Der Lärm ist dermaßen laut und eigentlich unerträglich. Man kann draußen fast nicht mehr sitzen und wenn ich drinnen in der Schlafstube bin, werde ich immer wach", berichtete Anwohner Herbert Hoffmann. Schon ab 5 Uhr morgens würde der Hubschrauber starten und damit auch der Krach, sagt der 80-Jährige dem rbb.
Mehr als 1.300 Einsätze bis Ende August
Auch Panketals Bürgermeister Maximilian Wonke (SPD) sagt, er kenne das Problem. Seine Versuche, mit dem zuständigen Berliner Senat Kontakt aufzunehmen, seien bislang erfolglos gewesen, erklärt der SPD-Mann dem rbb: "Wir erkennen natürlich an, dass Notfallflüge auch ihre Berechtigung haben. Hier ist aber in Frage gestellt, ob nicht so ein Hubschrauber-Landeplatz mitten ins Wohngebiet gesetzt werden muss. Die Flüge sind derart laut, dass Sie selbst mit Ohropax wahrscheinlich nachts aus dem Bett gerüttelt werden." Wonke forderte vom Berliner Senat, zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen wie die Installation von Lärmschutzwänden. Zugleich kritisierte er gegenüber dem rbb, dass die Anwohner bei der Planung der Luftrettungsstation "völlig ignoriert" wurden.
Auf dem Dach des Klinikums in Buch existierte bereits zuvor ein Landeplatz, der laut Daten der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg etwa 230 Mal im Jahr benutzt wurde. Der neue Rettungshubschrauber "Christoph 100" ist deutlich häufiger im Einsatz: Von Anfang Januar bis Ende August wurde der Helikopter schon 1.326 Mal alarmiert. Pro Tag sind es also durchschnittlich fünf bis sechs Flüge, also zehn bis zwölf Starts und Landungen. Ursprünglich wurde für den neuen Bodenlandeplatz anfangs mit 3.000 An- und Abflügen pro Jahr gerechnet.
Goethestraße vor allem betroffen
Umso unverständlicher erscheint Anwohnern die Standortwahl, ein Luftrettungszentrum so dicht an ein Wohngebiet zu setzen. Bereits im Feburar teilte die Verkehrsverwaltung dem rbb mit, dass die am stärksten von Fluglärm belasteten Grundstücke in der Goethestraße in Panketal liegen. "Der berechnete äquivalente Dauerschallpegel beträgt dort bis zu 59 Dezibel", hieß es damals. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Lärm ab 60 Dezibel gesundheitsschädlich. Den Genehmigungsunterlagen zufolge will die Luftfahrtbehörde den Lärm in der Panketaler Goethestraße messen und die Daten auswerten.
Zuständig dafür ist die Berliner Senatsverwaltung für Inneres, die sich vor der Kamera aber nicht gegenüber dem rbb äußern wollte. Für den Luftverkehr verantwortlich ist wiederum die Senatsverwaltung für Mobilität und Verkehr. Deren Sprecherin Petra Nelken sagte dem rbb, dass sie den Antrag lediglich prüfen und genehmigen habe können. "Wir wissen aber von den Beteiligten, dass andere Varianten geprüft worden sind, dass man geguckt hat und sich dann von den Fachleuten für diesen Standort entschieden hat."
Zwölf potenzielle Orte wurden geprüft
Konkreter wird die Senatsverwaltung für Verkehr und Mobilität in einem Antwortschreiben vom 6. Mai 2024 auf eine parlamentarische Anfrage des Berliner CDU-Abgeordneten Johannes Kraft. Darin heißt es, dass insgesamt zwölf potenzielle Orte geprüft worden seien, unter anderem mehrere am alten Flughafen Tegel. Auch die ehemaligen Flughäfen Tempelhof und Gatow seien als Alternativen für Buch ins Auge gefasst worden. Die Umsetzung an den ehemaligen Flughäfen scheiterten laut Senat aber daran, "dass mit der Schließung des Flughafens eine weitere zivile Nutzung nicht mehr vorgesehen sei" [pardok.parlament-berlin.de].
Zudem sei bei der Standortwahl inbesondere "die Anbindung an ein Krankenhaus der Maximalversorgung und das Fehlen eines Luftrettungszentrums im Norden des Landes Berlin" berücksichtigt worden. Die beiden Kriterien seien für die Berliner Feuerwehr von hohem einsatztaktischen Wert, heißt es weiter. Schließlich sei die Errichtung auf dem Gelände des Helios-Klinikums die einzige Option gewesen.
Der neue Landeplatz war 2019 vom Land Berlin ausgeschrieben geworden, weil es zuvor nur zwei dauerhafte Luftrettungsstationen in Marzahn und Steglitz gab.
Notfallfahrzeug statt Helikopter
Der Berliner CDU-Abgeordnete Johannes Kraft schlägt vor, ein Notfallfahrzeug am Helios-Klinikum zu stationieren, um die Lämbelastung für die Menschen im direkten Umfeld reduzieren zu können. "Dann werden sich zumindest mal diese ganzen Nahbereichseinsätze – die machen inzwischen ein Drittel aus – deutlich reduzieren. Und das trägt zu einer gewissen Erleichterung für die Anwohner bei", sagte Kraft dem rbb.
Bei der DRF Luftrettung in Buch weiß man um die Lärmbelästigung. DRF-Stationsleiter Tim Saueressig bittet trotzdem um Verständnis: "Ich glaube, dass jeder Bewohner, der vielleicht selbst einmal betroffen ist, die Sache auch anders sehen würde."
Viele Anwohner aus Panketal betonen dem rbb gegenüber, dass sie die Luftrettung für lebensnotwendig halten. Ein lebenswerte Wohnumgebung aber auch.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 01.10.2024, 19:30 Uhr
Mit Material von Georg-Stefan Russew