Studie der Uni Göttingen - Viele Berliner Lehrkräfte haben ein hohes Gesundheitsrisiko

Mo 18.11.24 | 14:08 Uhr
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Symbolbild:Eine Lehrerin schreibt während des Unterrichts etwas an die Tafel.(Quelle:imago images/U.Grabowsky)
Video: rbb24 Abendschau | 18.11.2024 | Norbert Siegmund | Bild: imago images/U.Grabowsky

Zeitdruck, Überstunden, große Klassen: Einer Studie zufolge sind Lehrkräfte in Berlin einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Viele von ihnen gehen zur Arbeit, obwohl sie sich richtig krank fühlen. Eine Gruppe ist besonders betroffen.

Eine hohe Zahl Berliner Lehrkräfte soll ein erhöhtes Gesundheitsrisiko haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Kooperationsstelle der Universität Göttingen. Die Studienergebnisse wurden am Montag gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin vorgestellt.

Dabei gehe es vor allem um psychische Erschöpfung und fehlendes Wohlbefinden. Besonders stark sind demnach Lehrkräfte an Grundschulen und Gemeinschaftsschulen in der Grundstufe betroffen.

Für die Umfrage wurden 2.744 Lehrkräfte im November 2023 und August 2024 online zu ihrer Arbeitssituation befragt.

Erhöhtes Depressionsrisiko

Der Studie zufolge haben 44 Prozent der Lehrkräfte ein allgemein erhöhtes Gesundheitsrisiko, 23 Prozent ein erhöhtes Depressionsrisiko. 38 Prozent der Lehrkräfte sehen sich sehr häufig zu einem Arbeitstempo gezwungen, das ihnen gesundheitlich nicht guttut.

Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Berliner Lehrer gaben an, an mehr als sieben Tagen pro Jahr gearbeitet zu haben, obwohl sie sich richtig krank fühlten. 24 Prozent erklären, dass sie keine Zeit mehr für private Verpflichtungen und Interessen haben.

Immer mehr außerunterrichtliche Aufgaben

Die Studie macht die Arbeitsbedingungen an Berliner Schulen maßgeblich für die Gesundheitsrisiken verantwortlich, vor allem Zeitdruck, Überstunden, große Klassen und zu viele außerunterrichtliche Aufgaben, also etwa die Schulorganisation. Der Anteil dieser Aufgaben steige seit Jahren und setze Lehrkräfte unter Zeitdruck, heißt es in dem Papier.

Jede dritte Lehrkraft in Berlin hat der Studie zufolge den Eindruck, dass Gehalt, beruflicher Erfolg und Anerkennung in keinem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen Anstrengungen stehen. Viele Berliner Lehrkräfte erwarten zudem eine weitere Verschlechterung ihrer beruflichen Situation.

Mehr Personal und weniger Zeitdruck empfohlen

Die Macher der Studie empfehlen mehr Personal und weniger Zeitdruck. Außerdem sollten die Klassen kleiner werden. Lehrkräfte sollten zudem bei Verwaltungsaufgaben entlastet werden.

Anne Albers, Leiterin des Vorstandsbereichs Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik der GEW Berlin forderte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) auf, den Lehrkräften schnell wirksame Angebote zur Entlastung zu machen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 18.11.2024, 19:30 Uhr

55 Kommentare

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  1. 55.

    Ich finde die Idee ja lustig, aber irgendwie finde ich keine guten Kriterien, nach denen man Lehrkräfte bewerten soll. Leistung der Schüler geht nicht, da dann Schulen in Problemregionen keine Lehrkräfte mehr finden. Verbesserung der Schüler sieht gegensätzlich aus, weil an Eliteschulen kaum Platz nach oben existiert. Geleistete Arbeit wird in Deutschland nicht gemessen, was von Lehrkräften aber gefordert wird. Helmke konnte in seinen Studien nichtmals definieren, was einen guten Lehrer ausmacht, aber bitte helfen Sie da doch, wenn sie Bewertungskriterien kennen.
    Aber auch sonst fallen mir tatsächlich keine Beamten oder Jobs in der öffentlichen Verwaltung ein, die nach Leistung bezahlt werden. Allgemein fallen mir da kaum Jobs ein bis auf Freelancer, die immerhin bei fehlender Leistung nicht bezahlt werden. Das würde aber Lehrern auch passieren, wenn sie Veranstaltungen fern bleiben.
    Vielleicht meinen Sie auch Aufstiegschancen, aber das passiert auch bei Lehrern nicht automatisch.

  2. 54.

    Interessant. Ihnen gefällt das Ergebnis und das Setting der Studie nicht und deswegen unterstellen Sie der GEW Einflussnahme und den Befragten falsche Angaben zur Arbeitszeit. Woher kommt nur dieser Hass und diese Missgunst Lehrkräften gegenüber? Diese Studie ist übrigens eine Reaktion darauf, dass sich der Senat weigert, sich mit der Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften auseinanderzusetzen, weil das angeblich nicht möglich sei. Obwohl sie das müssten, da es sich um geltendes EU-Recht handelt.

  3. 53.

    Sie sind ein anstrengender Mensch. Sie kritisieren, dass Lehrkräfte ihre eigene Arbeitszeit erfasst haben. Ja, wer hätte es denn sonst tun sollen? So viel, wie Lehrkräfte arbeiten, da können Sie eben keine studentische Hilfskraft daneben setzen und die Erfassung übernehmen lassen. Sie haben überhaupt keine Ahnung von unserem Beruf und belegen das mit jedem Ihrer Kommentare. Ende der Durchsage.

  4. 52.

    Das kann man aber auch umgekehrt sehen: jeden Kommentar, der von Ihrer Meinung abweicht, machen Sie runter. Ich spreche Ihnen Ihre Negativerfahrungen nicht ab. Aber es ist schon gewagt, von Ohren persönlichen Erfahrungsfällen (mögen es 1000 sein) auf alle 35000 Berliner Lehrer zu pauschalisieren. Plus 22000 in Brandenburg. Ständig schreiben Sie "die Lehrer" und verbreiten einfach mal Vorurteile. Kommen Sie, retten Sie das Bildungswesen und die armen Schüler vor bestrafenden ignoranten Monstern.

  5. 51.

    Ein Tipp noch: einfach mal das Setting der Studie ansehen! Gemacht wurde sie von der "Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften" der Uni Göttingen. Unterstützt wurde sie von der GEW! In der Zielsetzung der Studie heißt es: "Die Arbeitsbedingungen sollen aus Sicht der unmittelbar betroffenen Lehrkräfte in den Blick genommen und die tatsächliche Arbeitszeit dokumentiert werden." Im Klartext heißt das: auch bei dieser Studie zur Arbeitszeiterfassung handelt es sich um eine Dokumentation die von den Lehrkräften selber erstellt wird...
    Also - die Gewerkschaft ist beteiligt (auch bei der Hochschule) und es findet keine extern validierte Zeiterfassung statt. Natürlich ist die GEW, bezogen auf das Ergebnis, völlig neutral und die Lehrkräfte schreiben natürlich nur die tatsächlichen Stunden auf....Fällt einem irgendetwas auf oder kommen zumindest Fragen...?!

  6. 50.

    Sehr geehrte Meckerer und Besserwisser,

    ich leite eine Schule und wie jede meiner Kolleginnen und Kollegen freue ich mich über Ihre Bewerbung als Lehrkraft. Ein Studium sollten Sie mindestens mit guten Leistungen abgeschlossen haben und hier gerne mit Master oder Diplom.
    Ich freue mich, von Ihnen zu hören und Ihre Leistungen beurteilen zu können.
    Leider leider gibt es so wenig Bewerbungen ... woran das wohl liegt?


  7. 49.

    Es ist schon lustig: wenn man eine andere Meinung zu den Belastungen als Lehrkraft vertritt, dann wird hier sofort davon ausgegangen, dass man absolut keine Ahnung hat. Das ist typisch Lehrer: sie vertreten die objektiv richtige Wahrheit und wer anderer Meinung ist, der kann das nicht beurteilen und als Schüler bekommt man eine schlechte Note, gerne auch mal eine Strafe. Dass andere Meinungen möglich sind, insbesondere dann, wenn man in verschiedenen pädagogischen Bereichen gearbeitet hat, kommt den Personen nicht in den Sinn. Wie bereits geschrieben: als Pädagoge habe ich an Schulen gearbietet, aber auch in kommerziellen Akademien und in Unternehmen ( Bildungs-Personalbereich). Viele Lehrer würden, wenn sie an einer Akademie, die sich selber finanzieren muss, auch nur ein halbes Jahr gearbeitet haben, ihren alten Lehrerjob für die Hälfte des Gehaltes machen! Thema Studien zu der Qualität von Lehrern: Einfach mal lesen, was der Leiter der Pisa-Studien (Andreas Schleicher) da so schreib

  8. 48.

    Das kann ich wirklich auch nicht verstehen: Es gibt so viele fundierte Studien wie diese hier zu Arbeitsbelastung der Lehrkräfte etc., objektiv sichtbar schlechte Arbeitsbedingungen (man muss ja einfach mal in eine beliebige Schule reinschauen...), es kommt immer weniger Uni-Nachwuchs in die Schule, Referendare und Lehrkräfte kündigen (obwohl der Job angeblich so toll ist). Und trotzdem wissen es einige Foristen immer besser und meinen beurteilen zu können, wie easy der Arbeitsalltag von Lehrkräften doch ist - oft ist dabei die einzige Grundlage für dieses "Wissen" der eigene frühere Schulbesuch... da kann man wirklich nur den Kopf schütteln!

  9. 47.

    Ich wundere mich schon sehr, wie hier einige Lehrer:innen verunglimpfen; inkl. unsäglicher Unterstellungen was deren Arbeitszeiten oder Arbeitsmoral angeht. Diese Studie sollte ein Alarmsignal sein. Es geht hier schließlich um die Zukunft euer aller Kinder und Enkelkinder. Wenn die Lehrer:innen Berlin verlassen, kündigen oder dauerkrank werden, wer übernimmt dann die Bildung in Berlin? Und wenn viele schon im Referendariat aufgeben, dann stimmt etwas gewaltig nicht!

  10. 46.

    ... ggf., weil sehr viele Lehrer positiv mit ihrem Beruf verbunden sind, auf bloß anderer Ebene wie das, dass Inhaber kleiner Kaufmannsläden von morgens bis abends im Laden stehen? Eine Art Berufung, ggf. inneres Feuer, manchmal auch ein Nicht-Loslassen-Können. Da ist die Hemmschwelle für Lehrer zehnmal höher als für Schüler, die nicht zum Unterricht erscheinen.

  11. 45.

    Ich wiederhole meine Einladung.
    Und: Niemand "geht lieber in den Burnout". Der ist nämlich kein Spiel sondern eine bittere, sehr belastende Erkrankung, die niemandem zu wünschen ist.
    Es gibt immer Leute, die schnell den Hintern an der Wand haben. Dadurch denjenigen, die einen tollen Job machen, vorzuwerfen, ist einfach nur ungerecht.
    Jede Medaille hat 2 Seiten. Viele Praktikant*innen sind sehr erstaunt, wenn sie Schule aus einer anderen Perspektive erleben. Also, kommen Sie, überzeugen Sie sich

  12. 44.

    Herzliche Einladung in meine "Komfortzone".
    Pro Woche mind. 10 Std. Mehrarbeit, flexibel einsetztbar als Techniker, Richter, Anwalt, Krankenschwester, Übersetzer, Maler, Lehrmittelhersteller ..., als Problemlöser sämtlicher gesellschaftlicher Schwierigkeiten missbraucht, superflexible Arbeitszeit von 6-24 Uhr auch am Wochenende und in den Ferien.
    Lehrkräfte sind u.a. überlastet, weil sie für ihre Kerngeschäft Unterricht kaum Teut gaben. Aber genau das haben sie gelernt. Alles andere nicht

  13. 43.

    Der erwartete Bevölkerungsrückgang ist also ein guter Grund., mit denen die jetzt die Arbeit wuppen, achtlos umzugehen, sue mit unerfüllbaren Anforderungen zu konfrontieren?
    Kann man so sehen, muss man nicht.

  14. 41.

    Warum sind Sie nicht längst ausgestiegen und haben sich dem verweigert, am besten mit Kolleg/innen? Warum tragen Sie diese Ausbeutung mit, sogar als Vorbild? Das würde ich gern verstehen.

  15. 40.

    Finde ich nicht: wäre es gut, das wertende Leistungsprinzip auch für Schulen einzuführen. Dieses Prinzip funktioniert nach permanenter Bemessung und Bewertung der Mitmenschen. Daumen hoch/runter wie im Colosseum. Das ist Gift.

    Ebenso wie die Verinnerlichung des Gifts "Leistungsprinzip" – was soll denn das sein? Permanenter Bemessung und Bewertung? Bemessung an irgendwelchen Maßstäben? So wie die Algorythmen sie den Arbeitern vorgeben?

    Arbeit ist Leben. Leben hat Würde. Würde ist nicht bemessbar, es gibt sie nicht nach "Leistung".

  16. 39.

    Ich wiederhole mein Angebot: Kommen Sie zu uns! Die Türen jeder Schule stehen weit offen. Sie können dann auch das viele Geld verdienen und die viele Freizeit genießen! Und noch dazu die pädagogische Wende einleiten. Dieses Angebot können Sie nicht abschlagen!

  17. 38.

    Sie scheinen vielfältige und gute Ideen zu haben für die Ausübung des Lehrerberufs. Wir an den Schulen freuen uns auf Ihre Bewerbung und Ihre tatkräftige Mitarbeit. Aber nicht nach vier Wochen wieder aufgeben!

  18. 37.

    Von "cool sein" habe ich nie geschrieben! Als Führungskraft sollte man in der Lage sein genau zu lesen und keine eigenen Interpretationen / Wertungen als Basis von Aussagen machen!
    Bildungsarbeit zu realisieren ist total spannend und natürlich auch herausfordernd - aber welcher Job (der im Wettbewerb steht) ist nicht herausfordernd?!
    Interessant finde ich, dass viele Kommentare zu meinen Äußerungen hier darauf abzielen, dass die Komfortzonen für Lehrkräfte unbedingt erhalten werden müssen und ein Leistungswettbewerb wohl deutlich negativ konnotiert wird.
    Übrigens: Führungskräfte, die nicht selber mit komplexen Herausforderungen in konstruktiver Weise umgehen können, sollten ihren Job an den Nagel hängen, denn es wird nicht nur zur eigenen Überlastung, sondern auch für die anderen Lehrkräfte und insbesondere für die Schüler (soweit man die im Fokus haben will).

  19. 36.

    Jaja. Und arbeitet Ihre Frau auch an einem Gymnasium im sozialen Brennpunkt Vollzeit und mit zwei Korrekturfächern? Und ist nebenher noch alleinerziehende Mutter? Wie kommen Sie dazu, mich der Lüge zu bezichtigen? Ich habe die Situation von mir und an meiner Schule geschildert, wenn es bei Ihrer Frau anders ist, heißt das nicht, dass es allen so geht. Die Studie belegt genau das, was ich geschildert habe.

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