Proteste gegen Iran-Regime und Energiekrise - Zehntausende Demonstrierende in Berlin erwartet

Sa 22.10.22 | 11:35 Uhr
Archiv: Demonstrantinnen und Demonstranten halten sich an den Händen und rufen „internationale Solidarität“, während sie zwei Menschenketten bilden, die vom Oranienplatz aus gestartet sind. Sie solidarisieren sich mit den Aufständen im Iran und trauern um die getötete Kurdin Jina Mahsa Amini. (Foto: Annette Riedl/dpa)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.10.2022 | Anke Michel | Bild: Annette Riedl/dpa

In der Berliner Innenstadt könnte es am Samstag eng werden. Zwei Großdemos mit insgesamt 70.000 Teilnehmenden sind angemeldet. Die eine richtet sich gegen steigende Preise, die andere will sich mit den Protestierenden im Iran solidarisieren.

Zwei größere Demonstrationen führen am Samstag rund um das Berliner Regierungsviertel zu Verkehrseinschränkungen.

Am Mittag will ein Bündnis aus Gewerkschaften und Sozialinitiativen demonstrieren, es fordert mehr Unterstützung angesichts der steigenden Preise und zugleich eine Energiewende. Am Nachmittag wollen Demonstrierende gegen Unterdrückung und Diskriminierung durch die iranische Regierung protestieren. Insgesamt sind 70.000 Teilnehmer angemeldet.

Wegen der Demonstrationen werden laut Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ) die Straße des 17. Juni und die Ebertstraße vom frühen Morgen an in beiden Richtungen zwischen Großer Stern und Behrenstraße beziehungsweise Dorotheenstraße bis circa 23 Uhr gesperrt.

Laut Berliner Polizei werden weiträumige Umfahrungen eingerichtet. Personell werde man sich entsprechend auf die Zehntausenden Demo-Teilnehmenden einrichten, sagte ein Polizeisprecher dem rbb. Die Polizei gehe jedoch von ruhigen Verläufen aus.

"#SolidarischerHerbst"

Ein Bündnis aus verschiedenen Gruppen wie dem Bund für Umwelt- und Naturschtz (BUND) oder der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi haben zu der Demonstration unter dem Motto "Solidarisch durch die Krise – soziale Sicherheit schaffen und fossile Abhängigkeiten beenden" aufgerufen. In Berlin soll es um 12 Uhr am Invalidenpark losgehen. Die Abschlusskundgebung soll um 14 Uhr am Brandenburger Tor stattfinden.

Die Veranstalter erwarten auf mehreren Demos bundesweit insgesamt 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Gefordert werden weitere Entlastungsmaßnahmen und ein Strompreis- und Gaspreisdeckel. Kundgebungen sind auch in Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, Dresden und Hannover geplant.

In einer vorab verbreiteten Erklärung unterstrichen die Demo-Anmelder, dass es im kommenden Winter darum gehe, die Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren und gleichzeitig klimapolitische Weichen zu stellen. Zudem wende sich das Bündnis "#SolidarischerHerbst" gegen "jegliche Bestrebungen, Betroffene von Krieg und Krisen gegeneinander auszuspielen und wird rechten Hetzern und Spaltern nicht die Straße überlassen", hieß es.

50.000 Teilnehmende zu Iran-Protest angemeldet

Ab 15 Uhr könnte es dann zu der bisher größten Iran-Demo in Berlin kommen. Ein Frauenkollektiv hat unter dem Motto "Solidarität mit den Protestierenden im Iran" die Demonstration an der Siegessäule angemeldet. Das Kollektiv will sich nach eigenen Angaben gegen Unterdrückung und Diskriminierung im Iran stark machen.

Angemeldet sind bei der Polizei 50.000 Teilnehmer. Die Demonstration soll durch den Tiergarten und dann wieder zurück zur Siegessäule führen. Erwartet werden auch Teilnehmer aus anderen Städten Deutschlands. Schon am Vormittag versammelten am Großen Stern einige Menschen mit iranischen Flaggen.

Auch der bekannte iranische Aktivist Hamed Esmaeilion ruft zu der Demonstration auf. "Wir laden die europäischen Bürger ein, nach Berlin zu kommen", schrieb Esmaeilion auf Twitter. Nach dem Tod seiner Frau und Tochter tritt Esmaeilion als Aktivist mit Protest-Organisationen im Ausland gegen die Islamische Republik auf. Seine Familie starb bei dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine nahe Teheran im Januar 2020.

Auslöser ist der Tod einer iranischen Kurdin

Auslöser der systemkritischen Massenproteste im Iran war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Zwangsvorschriften für das Tragen eines Kopftuchs nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam.

Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamischen Herrschaftssystem. Auch in Berlin gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Protestaktionen.

Für Reisen in den Iran besteht eine Warnung des Auswärtigen Amtes [auswaertiges-amt.de]. "Für deutsche Staatsangehörige besteht die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. Vor allem Doppelstaater, die neben der deutschen auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, sind gefährdet. In jüngster Vergangenheit kam es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger", schreibt das Auswärtige Amt auf der eigenen Webseite.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.10.2022, 9 Uhr

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