Marzahn-Hellersdorf erster Bezirk - Berlin plant Pilotprojekt für betreute Taubenschläge

Sa 05.10.24 | 10:07 Uhr
  10
Archivbild: Tauben sitzen auf dem Taubenhaus. (Quelle: dpa/Gollnow)
dpa/Gollnow
Audio: rbb 88.8 | 05.10.2024 | Sabine Müller | Bild: dpa/Gollnow

Schön finden sie die wenigsten, aber sie gehören praktisch zu jeder Großstadt: Tauben. In Berlin könnte noch in diesem Jahr ein Pilotprojekt starten, dass die Population der Vögel kontrollieren soll.

Im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf soll demnächst ein Pilotprojekt zum sogenannten Taubenmanagement angesiedelt werden. Das Projekt soll Teil eines berlinweiten Gesamtkonzepts zum Umgang mit Stadttauben sein, das die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz plant. Ziel sei die "Bestandskontrolle beziehungsweise Bestandsregulation".

Der Container für den Taubenschlag, wo unter anderem Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden, soll in der Nähe des Alice-Salomon-Platzes in Hellersdorf aufgestellt werden, der als Tauben-Hotspot identifiziert wurde. Im Umkreis soll nach dem Willen der Senatsverwaltung ein Fütterungsverbot gelten, der genaue Radius muss noch festgelegt werden.

Die Anschubfinanzierung von 18.000 Euro für den Container übernimmt die Verbraucherschutzverwaltung. Die Kosten für den Unterhalt werden auf jährlich 10.000 Euro geschätzt, wer sie trägt, muss noch entschieden werden.

Wie der rbb aus der Verwaltung erfuhr, geht Marzahn-Hellersdorf davon aus, dass die Anschaffung des Taubenschlags noch in diesem Jahr erfolgen kann. Die Berliner Landestierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann hatte im April 2023 ein Konzept zum Taubenmanagement vorgelegt. Die Verbraucherschutzverwaltung hält es allerdings für zu eng gefasst und will es ausweiten.

Bisher wenig Resonanz auf Pilotprojekt zum Taubenmanagement in Berlin

Unter anderem möchte sie auch den Einsatz der "Taubenpille" - also einem Verhütungsmittel für die Tiere - und von Fressfeinden wie Greifvögeln prüfen. Herrmann hatte diese Überlegungen gegenüber dem rbb schon vor Wochen als "nicht zielführend" bezeichnet.

Die Senatsverwaltung hat sich zum Ziel gesetzt, bis Jahresende gemeinsam mit Bezirken und Stadtgesellschaft ein berlinweites Gesamtkonzept zum Taubenmanagement zu erarbeiten. Allerdings ist fraglich, ob dies gelingen kann.

Denn die Einladung, sich an verschiedenen Arbeitsgruppen zu beteiligen, stieß bei den Bezirken auf sehr verhaltene Resonanz. Weil die Verwaltung kaum positive Rückläufer bekam, sind bisher noch keine Termine für Arbeitsgruppen-Sitzungen angesetzt.

Stadttauben gelten als verwilderte Haustiere

Experten schätzen, dass in Berlin bis zu 19.000 Stadttauben leben. Die Verwaltung betont, daraus ergäben sich verschiedene Probleme, so würden Gebäude und Plätze verschmutzt, Menschen von den Tieren belästigt und möglicherweise Krankheiten übertragen.

Laut einer genetischen Studie aus Italien [sciencedirect.com] haben Stadttauben denselben genetischen Fingerabdruck wie lokale Brieftauben. Sie haben sich über die Jahre durchmischt mit Brieftauben und Haustauben. Stadttauben gelten biologisch als verwilderte Haustiere. Anders als Wildtiere wie die Ringeltaube suchen sie die Nähe des Menschen.

Viele Stadttaubenschwärme bestehen nicht nur aus verwilderten Haustauben und deren Nachkommen, sondern auch aus Zuchttauben, die aus privaten Taubenschlägen entflogen sind. Außerdem vergrößert der Brieftaubensport die Population - gestrandete Brieftauben und ausgesetzte Hochzeitstauben oder Friedenstauben schließen sich den Stadttaubenschwärmen an.

Ein Gutachten der Berliner Landestierschutzbeauftragten von 2021 [berlin.de] ordnet Stadttauben juristisch als Haustiere ein. Daraus würden sich dann mögliche Verpflichtungen des Landes Berlin und der Bezirke ergeben. Allerdings ist die juristische Einordnung von Stadttauben gerichtlich nicht geklärt, es bestehen dazu verschiedene Ansichten.

Sendung: rbb 88.8, 05.10.2024, 11:30 Uhr

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um einen Kommentar zu verfassen.

Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden Kommentare, bei denen die E-Mail-Adresse in den Feldern Name, Wohnort oder Text geschrieben wurde, nicht freigegeben. Mit Nutzung der Kommentarfunktion stimmen Sie unserer Netiquette sowie unserer Datenschutzerklärung (Link am Ende der Seite) zu. Wir behalten uns vor, Kommentare, die nicht zu einer konstruktiven Diskussion beitragen, nicht freizugeben oder zu löschen. Wir geben keine Auskunft über gelöschte oder nicht freigegebene Kommentare. Mit der Abgabe eines Kommentars erklären Sie sich mit diesen Regeln und den Kommentarrichtlinien des rbb einverstanden.

10 Kommentare

  1. 10.

    Ich finde Tauben hässlich und ich mag Krähen. Und nun? Tauben können weg, Krähen sind intelligent. Wir haben halt einfach unterschiedliche Meinungen.

  2. 9.

    Tauben sind nicht hässlich, sondern in Ihrer Vielfalt sehr schön. Die angebliche Hässlichkeit kommt von falschen Zuschreibungen wie "Ratten der Lüfte". Im ersten Weltkrieg wurden 120.000 Brieftauben abgeschossen, sie dienten dem Menschen. Wir tragen nicht zuletzt deswegen die Verantwortung, mit ihnen artgerecht umzugehen. Das Projekt ist gut und richtig. Man könnte dafür übrigens vllt auch geflüchtete junge Menschen aus Afghanistan einbinden. Mir hat mal ein junger Mann mit großer Begeisterung erzählt, er hätte dort Tauben in einem großen Taubenschlag versorgt, und dass es keine Seltenheit sei in Afghanistan mit Tauben umzugehen (nein, sie werden nicht gegessen!).
    Was macht Berlin eigentlich gegen die Massen von Krähen, die überall Müll durchwühlen und verteilen?

  3. 8.

    Genau!
    Wo ist die Neuigkeit? Ich denke, mehr solcher betreuten Stationen können hilfreich sein. Es gibt kontrollierte Fütterung mit geeigneten Futter und Geburtenkontrolle um die Population natürlich zu begrenzen.

  4. 6.

    Dass der Beitrag behauptet, die Schwärme vergrößerten sich durch entflogene Zuchttauben, ist leider nur die halbe Wahrheit. An zentralen Plätzen wie dem Kottbusser Tor tauchen immer wieder Rassetauben auf, die krank, verletzt und/oder flugunfähig sind. Das lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass sie dort bewusst ausgesetzt werden, weil sie für die Züchter wertlos sind.

  5. 5.

    Ein bisschen Beschäftigung mit den in Berlin ansässigen Tauben würde Ihnen klarmachen, mit wie vielen (nicht auf den Menschen übertragbaren) Krankheiten diese Tiere kämpfen müssen. Essen möchten sie die Kadaver danach sicher nicht.

  6. 4.

    Was ist denn daran neu. Am S-Bahnhof Schöneberg stehen schon seit Jahren zwei Taubenwagen wo das offensichtlich praktiziert wird. Gut das jetzt endlich die Justiz eingeschaltet wird das schüchtert die Tauben bestimmt ein. Wenn dann gar nicht klappt muß eben der Bürgermeister ran .

  7. 3.

    Ich fande es gut, wenn die Anzahl der fliegenden Ratten reduziert wird.

  8. 2.

    … um den Überbestand an Tauben zu reduzieren empfehle ich Verträge mit einigen Restaurants - Taubenbraten ist voll lecker und fettarm und nicht halb so eklig, wie Mehlwürmer zu Essen^^
    Ironie aus^^

  9. 1.

    Wohl kaum ein Tier kommt an die Ambivalenz heraus, die Tauben zugesprochen wird: Für die einen symbolhafte Botschafter des Friedens, für die anderen nichts anderes als "Ratten der Lüfte." Fotos vom Markusplatz in Venedig ohne Tauben wären sicherlich nur halb so viel wert, Tragegerüste und Streben in den Bahnhöfen ohne Taubendreck über kurz oder lang doppelt so viel. In Bernau ist das Angebot an die Tauben offenbar sichtlich schiefgelaufen, da ist das Fahrrad-Parkhaus total verdreckt, bleibt die Hoffnung, dass es in Hellersdorf mit Betreuung besser läuft.

Nächster Artikel