Landtag stimmt für Polizeibeauftragte - Brandenburg bekommt Hüter für die Ordnungshüter
Nach jahrelanger Kontroverse hat der Brandenburger Landtag der Schaffung eines Polizeibeauftragten zugestimmt. Breite Zustimmung kam aus fast allen politischen Lagern. Kritisch zeigt sich die GdP. Von Markus Woller
Brandenburg bekommt einen Polizeibeauftragten. Das hat der Landtag heute mit großer Mehrheit beschlossen. Innenminister Michael Stübgen (CDU) äußerte sich in der Landtagsdebatte am Freitag wohlwollend über den mühsam ausgehandelten Kompromiss.
Bereits heute genieße die Polizei sehr hohes Vertrauen in der Brandenburger Bevölkerung, so Stübgen. Ein Beauftragter könne die "exzellente Arbeit der Polizistinnen und Polizisten für die Bürger noch transparenter machen". Er wünsche sich, dass so auch Vorurteilen entgegengewirkt werde, die der Polizei zum Teil entgegenschlügen.
Stübgen: Stelle soll Vertrauen in die Polizei weiter steigern
Der Kompromiss wurde nach einer zweijährigen Kontroverse im Innenausschuss ausgehandelt und von allen Fraktionen bis auf die der AfD getragen. Er sieht die Schaffung eines unabhängigen Beauftragten vor, der Ansprechpartner für Bürger, Polizisten und Parlamentarier gleichermaßen sein soll. Er handelt dabei als sogenanntes "Hilfsorgan" des Landtages, ist diesem aber nicht unterstellt.
Tätig werden soll er vor allem, wenn es Beschwerden oder Eingaben gibt. Er kann aber auch von sich aus tätig werden, wenn ihm Missstände bekannt werden. Grenzen setzt das Gesetz dem neuen Beauftragten vor allem dort, wo bereits Staatsanwaltschaften oder Gerichte tätig geworden sind.
Der Polizeibeauftragte ist eine Idee der Grünen und steht auch im Koalitionsvertrag. Der Abgeordnete Heiner Klemp (Bündnis90/Die Grünen) zeigte sich im Landtag zufrieden mit dem Gesetzentwurf. Das Gewaltmonopol der Polizei bringe eine besondere Verantwortung mit sich, der die allermeisten Polizisten auch gerecht würden. Gleichzeitig dürfe nicht vergessen werden, dass Polizisten nur Menschen seien.
"Und wo Menschen sind, kommt es zu Fehlern", so Klemp. Bei der Polizei seien diese geeignet, das Vertrauen in den Staat nachhaltig zu beeinträchtigen. Mit dem neuen Gesetz gebe es bald auch für Beamtinnen und Beamten die Möglichkeit, sich "ohne Angst und vertraulich" zu Vorfällen einer externen Person anvertrauen zu können, so der Grünenpolitiker.
Freie Wähler wünschen sich breiteres Mandat
Die Linken im Landtag hatten sich in den vergangenen Jahren immer wieder dafür eingesetzt, der neuen Stelle möglichst umfangreiche Kompetenzen einzuräumen. "Eine demokratische Polizei ist immer auch eine kontrollierte Polizei", so die Abgeordnete Marlen Block (Die Linke), die darin aber keinen Generalverdacht gegen die Beamten sehen will. Sie verwies darauf, dass die Polizei in anderen Ländern der Welt bereits enorm an Vertrauen bei der Bevölkerung verloren habe. Ein Polizeibeauftragter könne einer ähnlichen Entwicklung hier im Land entgegenwirken und so auch Vorbild für andere Bundesländer werden.
Auch die Freien Wähler tragen den Gesetzentwurf mit. Sie hätten sich allerdings gewünscht, dass der Beauftragte das Parlament auch hinsichtlich der Lage und Ausstattung der Polizei zukünftig beraten und auf dem Laufenden hätte halten können. Die Regierungsfraktionen entgegneten, man wolle den mit insgesamt fünf Stellen ausgestatteten Posten nicht zu einer Art Wehrbeauftragten für Polizisten machen.
Rund die Hälfte aller Bundesländer haben bereits einen vergleichbaren Posten geschaffen oder in Vorbereitung. In Berlin gibt es seit Mitte des Jahres einen entsprechenden Beauftragten, der aber nicht allein auf die Arbeit der Polizei ausgerichtet ist. Der sogenannte "Bürger- und Polizeibeauftragte" soll hier auch Konflikte mit anderen Behörden im Blick haben.
AfD fordert andere Ausrichtung der Stelle
Eine andere Ausrichtung des Beauftragten hat auch die AfD im Brandenburger Landtag gefordert. Die Fraktion schlug vor, dieser solle sich lieber für die "Sicherstellung der politischen Neutralität" und "gegen die politische Instrumentalisierung staatlicher Institutionen" einsetzen. Der Abgeordnete Wilko Möller kündigte an, eine Wieder-Abschaffung des Polizeibeauftragten zum Wahlkampfthema machen zu wollen. Die Stelle sei überflüssig, Polizei und Justiz bereits intern gut für Konfliktfälle aufgestellt.
Auch die Gewerkschaft der Polizei stört sich an der Fokussierung der Stelle allein auf die Polizeiarbeit. Sie blende die bereits bestehenden Strukturen für das polizeiinterne Konfliktmanagement aus, so die GdP-Vorsitzende Anita Kirsten gegenüber dem rbb. Kirsten hätte die rund 500.000 Euro, die im Haushalt dafür vorgesehen sind, lieber in die Ausstattung der Polizei investiert gesehen.
Dem noch zu suchenden neuen Beauftragten sicherte sie trotzdem eine enge Zusammenarbeit zu, um dem Bedürfnis nach mehr Transparenz nachkommen zu können. Kirsten fordert gleichzeitig, dass dieser auch die Arbeitsbedingungen und – Belastungen der Beamten verstärkt in den Blick nimmt.
Hinter den Kulissen hat die Suche nach einer geeigneten Person für das Amt bereits begonnen. Wann Brandenburgs neuer Polizeibeauftragter seinen Dienst antreten wird, steht noch nicht fest.
Sendung: rbb24, 16.12.2022, 16:00 Uhr