Brandenburg - Stundenkürzung an Schulen? Bedarfsberechnung sorgt für Unruhe

So 26.02.23 | 18:52 Uhr
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Der achtjährige Schüler Henrik Behrendt schreibt von der Tafel ab. (Quelle: dpa/Oliver Gierens)
Bild: dpa/Oliver Gierens

Der Brandenburger Landeselternrat schlägt Alarm: Das Bildungsministerium plant offenbar, flächendeckende Kürzungen im Stundenbudget von Lehrerinnen und Lehrern vorzunehmen. Das gehe überhaupt nicht, so der Landeselternrat.

Eine vom Brandenburger Bildungsministerium erstellte vorläufige Bedarfsermittlung der Lehrkräfte für das kommende Schuljahr sorgt bei Schulen und Eltern für Unruhe. Aus einer Aufstellung, über die die Schulen am vergangenen Donnerstag informiert wurden, gehe hervor, dass das Bildungsressort flächendeckende Kürzungen im Bereich der Stundenbudgets an den Schulen plane, sagte die Sprecherin des Landeselternrats, Ulrike Mauersberger, der Deutschen Presse-Agentur (DPA) am Sonntag. Diese Rückmeldung sei aus den Schulen des Landes gekommen. Eine entsprechende Tabelle zur Aufstellung der Bedarfe liegt der DPA vor.

Landeselternrat beobachtet schleichenden Prozess

Der Sprecherin zufolge sollen Lehrerwochenstunden in einigen Bereichen gekürzt werden, etwa beim flexiblen Lernen, beim Förderunterricht und dem jahrgangsübergreifenden Flex-Unterricht in Klasse 1 und 2. "Wir haben extreme Lerndefizite, vor allem im Grundschulbereich. Eine Kürzung ist nicht der richtige Weg", warnte Mauersberger. Die Minderung des Bedarfs der Schulen ist ihrer Beobachtung nach mittlerweile ein schleichender Prozess.

Im kommenden Schuljahr werden an Brandenburgs Schulen rund 1.800 neue Lehrkräfte gebraucht. Weil so viele ausgebildete Pädagogen nicht zu finden sind, sollen die vorhandenen Lehrkräfte möglichst länger oder bei Teilzeitarbeit mehr unterrichten. Zudem sollen Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben und der besonderen Unterstützung von Schülern entlastet werden. Deshalb sollen bis zu 200 Planstellen für Lehrkräfte für Schulassistenzen und Schulsozialarbeit in Anspruch genommen werden.

"Man nimmt Lehrerwochenstunden, um etwas zu finanzieren, was aus dem Haushalt anders hervorgehen muss", kritisierte Landeselternratssprecherin Mauersberger. Das Bildungsministerium war für eine Stellungnahme am Wochenende nicht zu erreichen.

Linke befürchtet "Beruhigungspillen"

Die Linke-Fraktion nannte die Bedarfsrechnung des Ministeriums einen "schlechten Überraschungscoup". Die parallel in Aussicht gestellten Assistenzstellen seien nur Beruhigungspillen, um die eigentliche Lehrkräfteabsenkung in der Öffentlichkeit zu verkaufen, erklärte die bildungspolitische Sprecherin Kathrin Dannenberg. Die Fraktion hatte deshalb eine Sondersitzung des Bildungsausschusses gefordert. Ministerin Britta Ernst (SPD) solle für Aufklärung sorgen, hieß es.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.02.2023, 07:00 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    Gut, dass es die Gewerkschaft gibt. Sonst würde die Politik die Lehrkräfte rücksichtslos ausbeuten. Die Maßnahmen, die im Gespräch sind, dass Lehrkräfte das oder das noch machen sollen, Reduzierung von Teilzeit usw, werden nur dazu führen, dass mehr Lehrkräfte krank werden oder aufhören.
    An die Eltern: sorgt mal dafür, dass sich eure Kinder normal in der Schule benehmen. Damit wäre schon etwas erreicht. Abgeben von Erziehung an die Schule, weil man es selber nicht möchte oder nicht kann, muss den Entzug der Erziehungsberechtigung zur Folge haben.

  2. 24.

    Im Zusammenhang mit Brandenburgs Bildungspolitik das Wort 'Win-Win-Situation' zu erwähnen, wie die Ministerin eben im RBB-Beitrag, ist schon sehr frech.

  3. 23.

    Fast 30 Jahre verantwortet die SPD das Bildungsressort (ein Pfarrer, drei Lehrer, eine Ärztin).
    Während bis vor 10 Jahren eher der Finanzminister die Bildungspolitik bestimmte, sind es jetzt bildungspolitische Unfähigkeit und der Personalmangel.
    Wir sind das Land der kurzatmigen Experimente, der "Modellversuche" (Sek. II ), der Inklusionsschnellschüsse, des populist. Digitalisierungswahns(das ist nur eine Technik!)... Kinder=kleine Erwachsene mit Lehrern, die degradiert zu Lernbegleitern...

  4. 22.

    "200 Planstellen für Lehrkräfte für Schulassistenzen und Schulsozialarbeit"
    200 Stellen für 600 Schulen... Es geht voran... mit der Entlastung... der Lehrer.

  5. 21.

    Es geht nicht um "Personalpolitik nach Kassenlage", es geht darum, dass ausgeschiebene (also finanzierte) Stellen mangels Bewerbern nciht besetzt werden können. Also Personalpolitik nach realem Angebot.

  6. 20.

    Es bleibt schon jetzt so viel auf der Strecke...für die Kinder.
    Die Stundenreduzierung der Stundentafel geht zu Lasten der Kinder, die es am Nötigsten haben...
    Was jetzt an Schulen läuft ist verantwortungslos...Integration, Inklusion, Migranten auffangen, Flexmodule...alles bei weniger Stunden, fehlenden Lehrern...es wäre an der Zeit...dass Eltern Alarm schlagen...es sind eure Kinder...und die Lehrer, die übrig bleiben, können das auch nicht auffangen...
    Leider!!

  7. 19.

    Genau so ist es! Aber jetzt muss sofort konstruktiv nach schnellen Lösungen gesucht werden, anstatt im Schock zu verharren. Und Stundenkürzungen bei den Schülern sind das sicher nicht. Außerdem brauchen wir engagiertere Mitarbeiter im Ministerium, die echte Verantwortung übernehmen.

  8. 18.

    "vorläufige Bedarfsermittlung der Lehrkräfte für das kommende Schuljahr" - Das ist eine Umschreibung für Personalpolitik nach Kassenlage. Und das Wörtchen "vorläufig" verschlimmert es noch. Weil innerhalb eines Schuljahres noch mehr Verschlechterungen auftreten können. Und das wird es. Weil die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von ganz alleine für Schlimmeres sorgt.

    Wenn man das, bis wirklich ganz zu Ende denkt, wie die Bildungsverwaltung augenscheinlich "tickt", dann ist es nur noch eine Frage der Zeit bis die Schüler-Noten "ausgelost" werden und Eltern mit einer "4-Tage Woche" klar kommen müssen. Oder so ähnlich in diese Richtung.

  9. 17.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie tatsächlich Lehrer sind (gilt auch für #Peter aus Potsdam). Sie würden ansonsten den § 4 und hier insbesondere den Absatz 7 kennen, Zitat: "Schülerinnen und Schüler werden gemeinsam erzogen und unterrichtet."! Ich stimme Ihnen nur insofern zu, dass die Erziehung eine gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule ist und einige Eltern sich hier zu sehr zurücknehmen bzw. überfordert sind, wobei ich das Letzteren weniger vorwerfe als den Eltern, die nur zu gern diesen Auftrag an die Schule "delegieren".
    Speziell noch an #Peter: Ich halte das immer so, dass ich einen geschriebenen Test auch zur nächsten Unterrichtsstunde zurückgebe, mindestens aber so schnell wie möglich. Wenn man da nur auf seine Work-Life-Balance achtet, schafft man das natürlich nicht.

  10. 16.

    Mit den Stundenkürzungen wird aktionistisch versucht, ein von Grund auf verkorkstes Bildungssystem wieder aufzurichten. Das geschieht wieder nur auf Kosten der Lehrkräfte. Der Grund des Übels: Politiker denken nur in den Zeiträumen ihrer Legislaturperioden. Wenn die Probleme ruchbar werden, sind die, die den Mist verzapft haben längst weg. Die Nachfolger "doktern" dann genauso dilettantisch nur an einzelnen Symptomen und "verschlimmbessern" alles.

  11. 15.

    …Wenn Erzieher und Lehrer zumindest an Grundschulen gleichgestellt würden, wie in anderen Ländern auch…

  12. 14.

    Das ist richtig. Disziplin ist ein großes Problem, vor allem, weil die ruhigeren Kinder so nicht zu ihrem Recht kommen. De fakto muss man als Lehrkraft erzieherisch tätig sein - in Zusammenarbeit mit den Eltern. Aber diese sind oft uneinsichtig. Man verbraucht viel Energie und Zeit, bevor man zum eigentlichen Unterricht kommt. Das kostet über die Jahre viel Kraft und Nerven. Habe jahrzehntelange Erfahrung als Grundschullehrerin. Trotzdem habe ich den Beruf gern ausgeübt.

  13. 13.

    Stimme zu 100% zu. Eltern werden ist leicht, Eltern sein ist schon schwieriger. Das spiegelt die Einstellung vieler, auch in anderen Bereichen wider: Ich habe ein Problem - es muss mir jemand helfen. Am besten der Staat. So auch mit der Kindeserziehung - hier sollen es die Schulen richten.

  14. 12.

    Einer der entscheidenden Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen ist: Kinder müssen erzogen werden, Erwachsene sollten erzogen sein. Guter Mann, schauen Sie mal ins Schulgesetz, da sind Ihre Kernaufgaben beschrieben - das Erziehen ist eine davon. Tests korrigieren - also die stupide Arbeit, Fehler rot anzustreichen, macht Ihnen Spaß, und wenn der Unterricht vorbei ist, haben Sie Schluss? Werden Sie Maler, da können Sie ganz viel rot anstreichen. Als Lehrer sind Sie eine Zumutung

  15. 11.

    Ich bin Angestellter und habe immer gut verdient. Ich werde die Schule verlassen, wann ich es will und bis dahin werde ich soviel Unterricht erteilen, wie ich möchte, keinesfalls 25 Ustd. wöchentlich. Die Kinder waren immer schrecklich und toll, unerträglich und nett, dumm und klug usw. Für die Kinder habe ich meinen Beruf gerne gemacht. Aber die Schule und die Politik haben sich sehr verändert, und zwar zum Negativen. Frau Ernst ist da nur ein unrühmlicher Gipfelpunkt. Ich gehe vorzeitig und entscheide selbst, wann. Es wird nicht mehr lange dauern und verantwortlich für das frühere Gehen vieler Lehrer ist die Politik, deren Ideologie, deren Versagen, deren Inkompetenz. Es ist schwer für diesen Arbeitgeber noch mit reinem Gewissen zu arbeiten.

  16. 10.

    Endlich mal einer der es sagt, danke...
    Ich finde den Lehrerberuf schon attraktiv. Habe früh Schluss, das korrigieren der Tests macht echt spaß und wenn ich den Rest während der Arbeitszeit nicht, schaffe bleibt er halt liegen.
    Das Hauptproblem sind die unerzogenen Kinder, die teilweise komplett fehlenden Sprachkenntnisse und die teilweise sehr überforderten Eltern.

    Liebe Grüße Lehrer aus Potsdam

  17. 9.

    Wir bekommen das, was wir gewählt haben. Darüber sollte jeder mal nachdenken bevor er das nächste Mal wählt.

  18. 8.

    Dieses nennt man deutsches Bildungssystem

  19. 7.

    Der Lehrerberuf ist schon attraktiv

    Vielleicht sollten viele Eltern ihre Kinder besser erziehen, denn die Schule hat keinen Erziehungsauftrag

    Was die Eltern den Lehrern antun ist unbeschreiblich und mit Geld nicht zu bezahlen.

    Viele Kinder sind absolut unerzogen.

  20. 6.

    Wer will heute noch Lehrer werden? Bei diesen Kindern und den immer nervigeren Eltern.

  21. 5.

    Das kennen wir in Berlin defakto schon seit Jahrzehnten. Als ich noch Schüler war, war es schon eher die Ausnahme, dass 100% des Unterrichts stattfanden. Nennt sich hier "diese Unterrichtsstunden fallen aus". Heutzutage können Schüler dann in die "Notbetreuung" oder "später kommen / früher gehen" oder in den höheren Klassen "sich selbst beschäftigen"....
    Aber für die wirklich wichtigen Dinge ist natürlich reichlich Geld da ;)

  22. 4.

    Lt. GEW gehen in Brandenburg in den nächsten 10 Jahren über 12000 Lehrer in Rente oder Pension, etwa 60 Prozent des Lehrpersonals.
    Es ist eine Katastrophe mit Ansage. Die Demographie ist nicht Schuld, Schuld ist allein das Bildungsministerium in Potsdam. welches versäumt hat, rechtzeitig und bedarfsgerecht Studienplätze bereitzustellen und den Lehrerberuf attraktiv zu gestalten.

  23. 3.

    Wenn Bradenburg,
    Seine Lehrer-Planstellen umwidmet,
    bleiben um so mehr Lehrer*Innen für Berlin übrig.
    Nun muss Berlin einen Bildungs- Verantwortungs- Träger finden,
    der/die/div Das will, kann und .... macht ....

  24. 2.

    Es wird höchste Zeit, den Lehrerberuf wieder attraktiv zu machen. Auch für motivierte Quereinsteiger. Es ist schon lange erwiesen, dass die persönliche positive Zuwendung zunächst mal vor allem für Grundschulkinder das Allerwichtigste ist. Da ist das Beschäftigen von Lehramtsstudenten immer noch tausendmal besser als Stundenkürzungen! Corona hat wohl eindrücklich gezeigt, dass das pädagogisch unverantwortlich ist und Lernlücken nur vergrößert. Mehr Verantwortung, Frau Ernst!

  25. 1.

    Es soll nicht das Stundenbudget der Lehrkräfte gekürzt werden, sondern das Angebot für die Schüler reduziert und Kürzungen in der Stundentafel der Schülerinnen und Schüler vorgenommen werden.
    Bei so viel fehlenden Stellen werden die Lehrkräfte eher mehr arbeiten.

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