Streit um Antisemitismus-Position - Weitere prominente Linken-Politiker denken über Partei-Austritt nach

Mo 21.10.24 | 18:37 Uhr
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Eine Teilnehmerin des Bundesparteitages der Partei Die Linke trägt eine Weste mit der Aufschrift «Hier ist die Linke». (Quelle: dpa/Hendrik Schmidt)
Audio: rbb24 Inforadio | 22.10.2024 | Seve Neuwirth | Bild: dpa/Hendrik Schmidt

Verliert die Linke weitere prominente Politiker? Nach rbb-Informationen wollen einige Mitglieder nach der Vorstandssitzung am Dienstag entscheiden, ob sie aus der Partei austreten. Es geht auch um die Positionierung zum Thema Antisemitismus.

In dieser Woche wird die Entscheidung erwartet, ob die Linke in Berlin noch weitere prominente Parteimitglieder verliert.

Nach Informationen des rbb wollen einige bekannte Linkenpolitiker nach der Vorstandssitzung am Dienstagabend entscheiden, ob sie in der Partei bleiben. Sie vermissen grundsätzliche Positionierungen der Partei zu grundlegenden Fragen, darunter auch ein klares Bekenntnis gegen Antisemitismus. Ein entsprechender Antrag war auf dem Landesparteitag der Linken vor gut einer Woche heftig diskutiert und schließlich zurückgezogen worden. Zahlreiche Delegierte verließen damals unter Protest den Parteitag, darunter auch Berlins früherer Kultursenator Klaus Lederer, die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau.

Der Berliner Landesvorstand will in der Sitzung am Dienstag über die schwierige Situation der zerstrittenen Partei beraten. Offen ist, ob es gelingt, dort Beschlüsse zu fassen, die die Konflikte um Antisemitismus, die Positionierung zum Nahostkonflikt und einiges mehr befrieden können.

Landesvorsitzender sieht Gesprächsbedarf

Aus Sicht des Berliner Linke-Landesvorsitzenden Max Schirmer gibt es zum Streit über das Thema Antisemitismus beim vergangenen Landesparteitag noch dringenden Gesprächsbedarf. "Wir werden uns jetzt die Zeit nehmen, den letzten Landesparteitag im Landesvorstand, aber auch mit allen Bezirksvorsitzenden, der Abgeordnetenhausfraktion und den Bezirksstadträten aufzuarbeiten", sagte Schirmer am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Und wir gehen davon aus, dass wir eine gute, konstruktive Debatte dazu miteinander führen werden." Das werde etwas Zeit brauchen. "Aber die werden wir uns nehmen", kündigte der Linke-Parteichef an. "Wir werden auch über den Umgang miteinander reden müssen."

Schirmer betonte, die Linke sei eine Partei, die sich klar gegen Waffenexporte und für einen Waffenstillstand ausspreche und auf der Seite der Betroffenen stehe. "Wir haben dazu immer klar formuliert, dass wir gegen jede Form von Antisemitismus einstehen, egal aus welcher Ecke er kommt", sagte er.

Wolf vermisst klare Position gegen Antisemitismus

In der vergangenen Woche hatten bereits der frühere Fraktionschef der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, seinen Parteiaustritt erklärt. Seit dem Bundestagswahlkampf 2021 hätten sich für ihn die Gründe fast monatlich gemehrt, die nun zum Austritt führten, schrieb er auf Facebook. Dazu zählte er 2021 die Sprachlosigkeit der Partei zur Evakuierung der Ortskräfte aus Afghanistan, danach die "mangelnde Klarheit bezüglich der Aggression Russlands und des Selbstverteidigungsrechts der Ukraine" und schließlich der Eklat auf dem Landesparteitag zum Antisemitismusantrag am 11. Oktober. Das Existenzrecht Israels sei für ihn nicht verhandelbar, schreibt Udo Wolf, der Kampf gegen jeden Antisemitismus ein Kern linker Politik. Da er auch hier eine klare Positionierung der Linken vermisste und von Mitgliedern der Linken die Hamas als antikoloniale Befreiungsbewegung gefeiert wurde, die Solidarität verdiene, zog er nun den Schlussstrich. Er trat nach über 30 Jahren Mitgliedschaft aus der Linken aus.

Benn beklagt Antiamerikanismus

Der frühere Bürgermeister von Pankow, Sören Benn, tat es ihm am Wochenende nach dem Bundesparteitag der Linken in Halle gleich. In seiner Austrittserklärung schrieb er am Sonntag, dass der Entfremdungsprozess ein langer war und nennt ähnliche Punkte wie Udo Wolf.

Benn beklagt in seiner Austrittserklärung darüber hinaus, dass die Linke strategie- und gestaltungsunfähig sei. "Sie mutiert zu den Zeugen Jehovas der Politik", schreibt er. Benn beklagt außerdem eine völlige Fehleinschätzung, was Ursache und Befriedung der Konfliktherde in der Welt angeht. Diese Fehleinschätzung basiere im Wesentlichen auf einem tiefsitzenden und fortwirkenden Antiamerikanismus, schreibt Benn. Einem Bild vom Westen, das in den Zeiten des Kalten Krieges entstanden und weitgehend unverändert und unreflektiert weitergetragen werde. "Und dass Linke meinen, bei sich selbst Antisemitismus ausschließen zu können, ist absurd", kritisierte er mit Blick auf die Nahost-Debatte.

Gysi bringt "Aktion Silberlocke" ins Spiel

Der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi dagegen kündigte auf dem Parteitag in Halle an, über die "Aktion Silberlocke" nachzudenken. Je nachdem wie sich die Partei in der kommenden Zeit entwickle, wolle er gemeinsam mit dem früheren Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Dietmar Bartsch und dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow, für ein Direktmandat für den nächsten Bundestag im kommenden Jahr kämpfen. Wann die Entscheidung über die "Aktion Silberlocke" fällt, ist noch offen.

Sendung: rbb24 Inforadio , 22.10.2024, 07:00 Uhr

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49 Kommentare

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  1. 49.

    Interessant, scheinbar ist für die Medien die AfD nicht mehr so interessant, diese ist etabliert - kaum eine Schlagzeile lockt noch jemanden hinterm Ofen hervor.
    Es müssen Medienökonomisch neue Schlagzeilen her. Also schießt man sich auf auf den neuen "Feind" BSW ein. Gleichzeitig fühlt man sich dem Bildungsauftrag verbunden. Schließlich wächst da eine Konkurrenz für die "demokratische Mitte" heran. Die Verbotskeule wird hier nichts bringen, man braucht das BSW zum Machterhalt.

  2. 48.

    Correctiv deckt nicht auf. Correctiv-recherche bedient ein Ziel/Ergebnis was vorher feststeht. Dann wird solange gesucht, bis es passt....Logisch das dann Unseriöses rauskommt.

  3. 47.

    Bitte etwas genauere Quellenangaben. So sind Ihre Angaben kaum Nachprüfbar. Im übrigen gilt nach wie vor, dass höhere MfS-Offiziere heute zumindest ca. 70 bis 80 Jahre alt sind.

  4. 46.

    Wie man sieht, gehts hier weniger um die Linken, eher um das BSW. Und um die "Stasi-Leute", die sich nach 35 Jahre Ende der DDR noch immer betätigen sollen. Ist das Neid, Missgunst, weil das BSW in den letzten Wahlen überall so viele Stimmen erzielt hat und die Linke nicht?
    Ich frag ja nur.

  5. 45.

    Ich weiß nicht, warum Sie nicht erstmal nachlesen, bevor Sie anderen Hass unterstellen. Sie scheinen an der Wahrheit wenig interessiert.

  6. 43.

    Jeder Linke Politiker sieht das Schiff untergehen, also den eigenen Ar...retten und woanders sein Glück versuchen.

  7. 42.

    Sie sollten sich Wahrheit und Wirklichkeit von Schirach anhören.

    Nur weil Sie es nicht wissen, ist es trotzdem tatsächlich wahr.

  8. 41.

    Vielleicht wissen Sie es nur nicht, aber da tummeln sich tatsächlich viele ehemalige Stasi–Leute um Wagenknecht, wird wohl wenig überprüft, welche Vergangenheit mitgebracht wird. Könnte ich niemals wählen, zurück in die Vergangenheit ist mir leider zu dumm.

  9. 40.

    Wolfhard Hack, auf der Liste der hauptamtlichen. Ulf Lange, Tilo Kummer, Sven Weber; MfS Berlin und Hans-Jürgen Scharfenberg, ebenfalls bei der Stasi. Über die Gesinnung müssen wir nicht spekulieren.
    Wer wählt denn freiwillig jene, die uns früher einsperrten, überwachten?

  10. 39.

    Sie können Ihre Aussagen sicher belegen, oder erfindet Ihr Hass vielleicht irgendwelche Verschwörungen?
    Was den Ukraine-Konflikt betrifft, war es aufgrund der klassischen russischen Militärdoktrin, wonach eine erfolgreiche Offensive eine Überlegenheit von 5:1 erfordert, nicht zu erwarten, dass Russland eine Intervention einleitet.

  11. 38.

    Rechnen Sie einfach mal nach, wie alt höhere MfS-Offiziere heute in etwa wären. Ich sehe nicht, dass das Durchschnittsalter des BSW bei ca. 80 Jahren liegt. Was Sie schreiben, ist folglich völliger Unsinn.

  12. 37.

    Frau Wagenknecht hält Vorträge in der Schweiz für Vermögensverwalter, für Superreiche, SwissRock, bekommt von jenen viel Geld, obwohl sie eigentlich erzählt, sie wäre gegen jene und für Steuergerechtigkeit, hätte den Superreichen den Kampf angesagt.

    Wie gesagt, vor dem Angriffskrieg Putins behauptete sie, dass Putin niemals angreifen würde. Jetzt tut sie so, als würde hier niemand verhandeln wollen. Populismus und nichts als Populismus.
    Da sollte man sehr vorsichtig sein.

  13. 36.

    Was soll Bodo Ramelow in der SPD? Er ist Sozialist, kein rechter Sozialdemokrat.

  14. 35.

    Für Sie vielleicht nicht, 2,4 Mio Menschen haben das zur Europawahl 2024 in Deutschland anders gesehen.

  15. 34.

    Das BSW steht nicht auf Arbeitnehmerseite. Haben Sie schon mal die Stasi-Funktionäre gezählt, die Wagenknecht um sich gescharrt hat? Mir wäre neu, dass die Stasi arbeitnehmerfreundlich gewesen wäre. Das Gegenteil ist der Fall und wer diese Leute heute um sich haben will, dem trau ich nicht über den Weg.

  16. 33.

    Hab kurz in den Parteitag reingesehen und mir wurde sofort klar, dass diese Partei den gleichen Weg wie die Piraten nehmen wird.
    Was da hin und her abgestimmt und beschlossen wird, über welche heute belanglosen Punkte, auch aus unserer Geschichte, da mit "überlebenswichtigem" Enthusiasmus rumfabuliert wird, zeigt mir, dass die gesamte Linke, von Jung bis Alt, den Knall nicht mehr hört.
    Bodo Ramelow tue dir selbst einen Gefallen und wechsele einfach in die SPD. Nicht dass diese Partei irgendetwas auf die Reihe bekäme, aber da kannst du wenigsten noch ein paar Jahre länger um soziale Themen streiten ohne auch noch sanktioniert zu werden.

  17. 31.

    Die Linke, also der Rest, der über bleibt, sollte sich vielleicht mal Ferdinand von Schirach zu Gemüte führen.

    Wahrheit und Wirklichkeit

    Es lohnt sich.

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