Basketball-Euroleague - Alba spielt international nach eigenen Regeln
In der Bundesliga immer oben, in der Euroleague immer unten. Alba Berlin erlebt zwischen den zwei Wettbewerben ein Auf und Ab. Warum die Berliner international noch nicht aufschließen können. Von Lynn Kraemer
Dritter in der Bundesliga, Drittletzter in der Euroleague. Vor einem Höhenflug müssen die Basketballer von Alba Berlin keine Angst haben. Während sie national erst ein Spiel abgeben mussten, bekommen sie international Woche für Woche ihre Grenzen aufgezeigt. Das spielerische Niveau zwischen den beiden Ligen unterscheidet sich stark. Die Motivation vor jedem Spiel ist aber gleich: "Wir versuchen, da keinen Unterschied zu machen", sagt Alba-Sportdirektor Himar Ojeda. Doch auch international einfach aufzuschließen, geht nicht.
Keine Zeit, um die Koffer auszupacken
Der Einsatz in zwei Ligen hat vor allem eine Folge: Der Spielplan der Albatrosse ist voll. Auch zwischen den Jahren sind die Basketballer im Einsatz, denn die Bundesliga sieht keine Weihnachtspause vor. Immerhin spielen die Berliner am 22. und 27. Dezember jeweils vor heimischer Kulisse und müssen keinen Reisetag einplanen.
Das häufigere Beispiel: Drei Tage nach dem Olympiakos-Spiel in Griechenland musste die Mannschaft in Göttingen spielen. Dazwischen ging es nach Berlin, doch ohne Direktflug. Alba flog am Morgen nach dem Spiel nach Zürich, wartete auf den Anschlussflug nach Berlin und kam erst am Abend an. "Der ganze Tag war Reisen und nicht Erholung oder Training", so Ojeda. Und am Tag danach ging es direkt nach Göttingen weiter. Wieder wenig Zeit zum Ausruhen oder mental auch mal abzuschalten. Trainingseinheiten, um beispielsweise die Freiwurfquote zu verbessern, können bei dieser engen Taktung nur schwer untergebracht werden.
In der Verletzungsfalle
Die Dauerbelastung über die ganze Saison mit Bundesliga, Pokal und Euroleague wirkt sich auf die Gesundheit der Spieler aus. "Wir fangen an, Spieler wegen Verletzungen zu verlieren. Das passiert die ganze Zeit", sagt Ojeda. Die Berliner starteten mit mehreren angeschlagenen Spielern in die Saison und hatten seitdem keine Woche mit einem komplett fitten Kader. Je nach Spiel fielen bis zu fünf Spieler aus.
Daraus hat sich eine Dauerschleife ergeben, die nur schwer zu durchbrechen ist. Eigentlich ist es Teil der Strategie, dass die Spieler so viel wie möglich rotieren. Doch bei Verletzungen verteilt sich die Spielzeit auf weniger Verantwortliche, deren Verletzungsrisiko daraufhin wiederum steigt. Ojedas Vorgabe für die Saison: "Wir werden Spiele gewinnen und verlieren, aber es geht darum durchzuhalten."
Es geht ums Geld
Viele Euroleague-Topklubs entscheiden sich in solchen Situationen dafür, Spieler nachzuverpflichten. Manchmal bis zum Ende der Saison und manchmal auch nur für einen Monat. Für Alba Berlin ist das keine Option: "Wir wollen nicht Teil dieses Systems im professionellen Sport werden, wo man versucht, Dinge, die nicht funktionieren, mit Geld zu korrigieren, das man nicht hat", sagt Himar Ojeda. Alba wolle auch oben stehen, aber weil man von Jahr zu Jahr besser geworden sei.
Berlin hat den kleinsten Etat in der Euroleague und setzt auf organisches Wachstum. "Sport ist einer der wenigen Bereiche, in dem es realistisch ist, auch mit wenig viel zu erreichen", so Ojeda. Wenn es nach den Etats gehen würde, spielt Alba aktuell zu gut: "Da kommt es auch auf die Teamchemie, den Siegeswillen und die Entwicklung während des Jahres an."
Perspektivisch werden aber auch die Berliner weitere Geldgeber finden müssen, wenn sie sich im oberen Tabellendrittel der Euroleague etablieren wollen.
Entlastung durch den Nachwuchs
Ganz im Sinne der Vereinsphilosophie versucht Alba Berlin einen Teil des Euroleague-Problems über den Nachwuchs zu lösen. "Wir glauben daran, dass man solche Situationen auch mit Jugendarbeit verbessern kann", so Ojeda. So trainieren die Doppellizenz-Spieler Nils Machowski und Rikus Schulte bei den Profis mit und bekamen bereits Spielzeit. Sie sollen die Verletzten aber nicht komplett ersetzen: "Wir müssen natürlich darauf achten, dass wir sie nicht in Situationen bringen, für die sie noch nicht bereit sind. Dann sehen sie schlecht aus oder verletzen sich."
Motiviert gegen den Tabellenführer
Am Donnerstagabend empfängt die Mannschaft von Israel Gonzalez den aktuellen Tabellenführer Fenerbahce Istanbul in der Mercedes-Benz-Arena (20 Uhr). Die Gäste sind die klaren Favoriten, doch die Albatrosse konnten zuletzt auch gegen Barcelona lange mithalten. "Wir wollen die Unterschiede im Geld und in der Qualität der Spieler mit unserer Spielweise und Ambition ausgleichen", sagt Alba-Sportdirektor Himar Ojeda. Und auch wenn es nicht klappen sollte: Die Berliner haben den Willen zu warten.
Sendung: rbb24, 08.12.2022, 21:45 Uhr